Tomi ObaroFreundin bleibst du immer

E-Book (EPUB)

Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (2022)

320 Seiten

ISBN 978-3-446-27543-0

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Kurztext / Annotation
Drei Frauen. Drei Jahrzehnte. Die Freundschaft ihres Lebens.
Als Funmis Tochter in Lagos heiratet, kommen die drei unzertrennlichen Freundinnen Funmi, Enitan und Zainab wieder zusammen. Nach der Universität führten ihre Wege in unterschiedliche Richtungen: Enitan, die sich immer Sicherheit wünschte, ist nun Mutter einer erwachsenen Tochter und frisch getrennt, die künstlerisch begabte Zainab pflegt ihren Mann, der nach einem Schlaganfall gelähmt ist. Funmi lebt als Frau eines zwielichtigen Geschäftsmannes ein Luxusleben im goldenen Käfig. Gemeinsam denken Zainab, Funmi und Enitan darüber nach, was sie geliebt und verloren haben. Aber auch die Gegenwart birgt Überraschungen, denn ihre Töchter sind genauso rebellisch und offenherzig, wie sie es einst waren.
Tomi Obaro erzählt die Geschichte dreier Frauen, von ihrem Verrat und ihren Triumphen und vor allem von ihrer unvergesslichen, unverrückbaren Freundschaft.

Tomi Obaro arbeitet als Kulturredakteurin bei BuzzFeed News. Essays und Artikel von ihr sind bei BuzzFeed News, The Morning News, und The Toast erschienen. Freundin bleibst du immer ist ihr Debütroman. Sie lebt in Brooklyn.

Textauszug

1

Enitan

Die haben unsere Koffer verschlampt«, sagte Enitan zu Remi. Beide sahen zu, wie das letzte verbliebene Teil auf dem Gepäckband - eine ramponierte, notdürftig verklebte Ghana must go-Tasche - eine weitere einsame Runde drehte. »Tja ...«, sagte Remi, sah ihre Mutter an, und die beiden brachen in Lachen aus, ein überdrehtes, übermüdetes Lachen. Die Reise von New York nach Lagos war chaotisch verlaufen. Remi hatte eigentlich bei ihrer Mutter im Jamaica-Viertel von Queens übernachten sollen, wo Enitan seit ihrem Auszug aus der kleinen Familienwohnung in Park Slope wohnte. Aber Remi hatte es vorgezogen, erst am Morgen mit dem Zug nach Queens zu fahren, weshalb sie viel Zeit verloren hatten.

Am Ende bekamen sie zwar ein Taxi, standen aber am Flughafen JFK über eine Stunde an der Security, weil offenbar ganz New York vierzehn Tage vor Weihnachten dringend in die Sonne musste. In Heathrow angekommen warteten sie wieder drei Stunden, weil der Flug nach Lagos Verspätung hatte. Jetzt endlich waren sie da, müde, hungrig und anscheinend kofferlos.

Wenigstens konnten sie zusammen lachen. Dass Remi überhaupt mitkommen wollte, war eine Überraschung. Seit feststand, dass Enitan und Charles sich trennen würden, hatte sich ihre neunzehnjährige Tochter in einen verstörten Teenager zurückverwandelt. Mit dicken Tränen hatte sie auf die Nachricht reagiert. Charles und Enitan hätten nicht gedacht, dass sie es so schwer nehmen würde, schließlich hatte sich die Trennung schon eine Weile abgezeichnet. Nachdem Remi zum Studium ausgezogen war, wurde Enitan klar, dass der Mann, für den sie Nigeria einst plötzlich und überstürzt verlassen hatte und mit dem sie (schon wegen der gemeinsamen Tochter) durchaus noch eine familiäre Liebe verband, nicht mehr der Mensch war, an dessen Seite sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte - jedenfalls nicht in einer Ehe. Für sie grenzte es an ein Wunder, dass sie überhaupt all die Jahre zusammengeblieben waren. Manchmal fragte sich Enitan, ob die Beziehung so lange gehalten hätte, wäre sie nicht in den ersten Jahren in den USA komplett von ihm abhängig gewesen, und hätten sie sich einander nicht so verpflichtet gefühlt: Er, weil er sie aus ihrem vertrauten Leben herausgerissen hatte, und sie, weil sie es zwar ohne Klage, doch auch ohne echte Vorfreude mitgemacht hatte.

Aber in den Augen von Remi, die Enitan für ihre neunzehn Jahre manchmal kindlich und naiv vorkam, war die Sache klar: Ihre Mutter hatte Verrat begangen. Sie hatte die Familie zerstört. Ihre schöne, heile Familie, die den Nachbarn immer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hatte, denn offenbar glaubten sie, Enitans Anwesenheit allein könnte über die zunehmend aggressive weiße Dominanz in ihrem Viertel hinwegtäuschen.

An diesem Morgen, als Enitan in der Fahrten-App immer wieder auf »Refresh« geklickt hatte, als könnte sie so ein Taxi herbeihexen, hatte Remi theatralisch die Augen verdreht und geseufzt, vielleicht sollten sie doch besser den Bus nehmen, dann könnte Enitan Geld für die Scheidung sparen. Hör auf damit, hatte Enitan gesagt, und als Remi erneut mit den Augen rollte, verpasste sie ihr im Reflex eine Ohrfeige. Im nächsten Moment starrten sie einander erschrocken an, und Remi kullerten Tränen übers Gesicht. Enitan entschuldigte sich, dann kam das Taxi.

Dass sie nun zusammen lachen konnten, tat also besonders gut, und es bedeutete, dass Remi ihr verziehen hatte - zumindest vorläufig. Nachtragend war ihre Tochter zwar noch nie gewesen, trotzdem fiel Enitan ein Stein vom Herzen. Sie war Remi dankbar, weil die einen Skiurlaub mit ihrem Freund und dessen Familie hatte sausen lassen, um in diesen Winterferien die Hochzeit einer jungen Frau zu besuchen, die sie erst zweimal im Leben gesehen



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