Patrik SvenssonDas Evangelium der Aale

E-Book (EPUB)

Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (2020)

256 Seiten

ISBN 978-3-446-26682-7

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Kurztext / Annotation
Das Rätsel des Aals wird zum Echo der Fragen jedes Menschen: Woher komme ich? Wohin bin ich unterwegs? - 'Eine literarische Sensation' La Stampa
Nie in seiner Kindheit war Patrik Svensson seinem Vater so nah wie beim Aalfischen. Als Erwachsener stellt er fest: Der Erinnerung an seinen Vater kommt er nicht auf die Spur, ohne nach dem Fisch zu suchen, der sie miteinander verband - und über den wir bis heute erstaunlich wenig wissen. Poetisch und spannend entwirft Svensson eine Natur- und Kulturgeschichte der Aale, von Aristoteles und Sigmund Freud über Günter Grass bis zu Rachel Carson, und verbindet sie mit seiner persönlichen Geschichte. Auf verschlungenen Wegen wird das Rätsel des Aals zum Bild für das Leben selbst. Und Das Evangelium der Aale zu einer großen, umwerfenden Erzählung über ein sonderbares Tier und ein Leben auf der Suche.

Patrik Svensson, geboren 1972, ist der Autor des Überraschungsbestsellers Das Evangelium der Aale, das in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde. Er studierte Sprachen und Literatur und arbeitet als Journalist für die schwedische Tageszeitung Sydsvenskan, wo er über Kultur, soziale Themen, Politik und Naturwissenschaften schreibt. Svensson lebt mit seiner Familie in Malmö.

Textauszug
Der Aal

Mit der Geburt des Aals ist es so: Sie findet im nordwestlichen Teil des Atlantiks statt, der als Sargassosee bezeichnet wird; ein Ort, der für die Entstehung des Aals in jeder Hinsicht geeignet ist. Denn die Sargassosee ist eher ein Meer im Meer als ein abgegrenztes Seegebiet. Wo sie beginnt und endet, ist nicht absehbar, unsere gewohnten Kriterien zur Vermessung der Welt lassen sich hier nicht anwenden. Sie liegt nordöstlich von Kuba und den Bahamas und östlich der nordamerikanischen Küste, gleichzeitig ist sie ständig in Bewegung. Mit der Sargassosee verhält es sich ähnlich wie mit einem Traum: Man kann nicht genau sagen, wann man eintaucht und wann man wieder hinausgleitet, man weiß nur, dass man drin gewesen ist.

Dieser flüchtige Charakter ergibt sich daraus, dass die Sargassosee ein Meer ohne Küsten und Inseln ist. Sie wird in allen Richtungen von mächtigen Strömungen begrenzt: im Westen vom lebenspendenden Golfstrom, im Norden von dessen Verlängerung, dem Nordatlantikstrom, im Osten vom Kanarenstrom und im Süden vom Nordäquatorialstrom. Fünf Millionen Quadratkilometer groß, bewegt sich die Sargassosee wie ein langsamer warmer Wirbel innerhalb dieses geschlossenen Kreislaufs. Was hereinkommt, gelangt nicht immer ganz leicht wieder hinaus.

Das Wasser ist tiefblau und klar und an manchen Stellen bis zu siebentausend Meter tief. An der Oberfläche treiben riesige Teppiche aus klebrigen Braunalgen, die man Sargassum oder Golftang nennt. Sie haben dem Meeresgebiet seinen Namen gegeben. Bis zu mehrere Tausend Meter lange Geflechte aus dicken Algenranken bedecken die Wasseroberfläche, schenken Leben und bieten zahlreichen Kreaturen Schutz: kleinen wirbellosen Tieren, Fischen, Quallen, Schildkröten, Garnelen und Krabben. In der Tiefe wachsen weitere Sorten Seegras und andere Pflanzen. Ein wogendes Leben im Dunkeln, wie ein Wald bei Nacht.

Hier entsteht der europäische Aal, Anguilla anguilla. Hier laichen im Frühling die ausgewachsenen Aale ab, hier legen und befruchten sie ihre Eier. Hier entsteht im Schutz tiefster Dunkelheit ein kleines, larvenartiges Wesen mit einem lächerlich winzigen Kopf und nur unzureichend ausgeprägten Augen, Leptocephalus-Larve genannt. Es sieht aus wie ein Weidenblatt, ist flach und so gut wie durchsichtig und nur wenige Millimeter lang. Das ist das erste Stadium des Aals.

Dieses durchsichtige Weidenblatt begibt sich sofort auf die Reise. Vom Golfstrom geleitet, schwimmt es Tausende von Kilometern über den Atlantik, bis es die europäischen Küsten erreicht. Es ist eine Reise, die bis zu drei Jahren dauern kann, und während dieser Zeit wächst die Larve Millimeter für Millimeter. An der europäischen Küste angelangt, durchläuft sie ihre erste Metamorphose und verwandelt sich in einen Glasaal. Das ist das zweite Stadium des Aals.

Glasaale sind, wie ihre vorherige Erscheinungsform, die Weidenblattlarven, beinahe vollkommen durchsichtige Geschöpfe, sechs oder sieben Zentimeter lang, schmal, beweglich und transparent, als könnten sich weder Farbe noch Sünde in ihren Körpern festsetzen. Laut der Autorin und Meeresbiologin Rachel Carson sehen sie aus wie »kaum fingerlange, bewegliche Glasrütchen«. Sie sind zerbrechlich und allem Anschein nach völlig schutzlos und gelten, zum Beispiel bei den Basken, als Delikatesse.

Von den europäischen Küsten wandern die meisten Glasaale die Zuläufe des Meeres hinauf und passen sich unmittelbar an das Süßwasser an. Eine weitere Metamorphose findet statt, der Glasaal wird zum Gelbaal. Sein Körper wird schlangenhaft und muskulös, seine Augen dunkel mit einem markanten schwarzen Punkt in der Mitte. Die Kiefer werden breit und kräftig. Seine Kiemenöffnungen sind klein und fast vollständig verborgen. Dünne weiche Flossen ziehen sich über die gesamte Ober- und Unterseite. Seine Haut färbt sich in Braun-, Gelb und Grautönen und bildet Sch



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