Emmanuel Saez; Gabriel ZucmanDer Triumph der Ungerechtigkeit

E-Book (EPUB)

Suhrkamp Verlag (2020)

260 Seiten; Mit zahlreichen Abbildungen

ISBN 978-3-518-76561-6

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Kurztext / Annotation

Bekanntlich sind auf der Welt nur zwei Dinge sicher: der Tod und die Steuern. Allerdings scheint Benjamin Franklins Bonmot nicht für alle zu gelten. Mit immer raffinierteren Methoden schleusen multinationale Großkonzerne ihre Gewinne am Fiskus vorbei und Steuerparadiese unterbieten sich in der Konkurrenz um die Gelder Wohlhabender.

Die Ökonomen Emmanuel Saez und Gabriel Zucman erklären Steuervermeidungsstrategien, zeigen auf, wie Steuerungerechtigkeit und soziale Ungleichheit miteinander verbunden sind und formulieren Vorschläge für gerechtere Abgabensysteme in einer globalisierten Welt. Wir müssen verhindern, so die beiden renommierten Forscher, dass eine Konzentration des Reichtums in den Händen weniger die demokratischen Entscheidungen vieler aushebelt.



Emmanuel Saez, geboren 1972, ist Professor für Wirtschaftswissenschaften der University of California, Berkeley. Für seine Arbeiten zu Steuersystemen und Ungleichheit wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2014 mit dem Horst-Claus-Recktenwald-Preis für Nationalökonomie. 2018 gab er zusammen mit Facundo Alvaredo, Lucas Chancel, Thomas Piketty und Gabriel Zucman den World Inequality Report heraus.



Textauszug
Einleitung
Eine Erneuerung der fiskalischen Demokratie

Der Abend des 26. September 2016 begann aussichtsreich für Hillary Clinton. Im ersten Fernsehduell mit Donald Trump, dem Reality-TV-Star, der als Sieger aus den Vorwahlen der Republikanischen Partei hervorgegangen war, hatte die ehemalige US-Außenministerin die Oberhand. Trump, nervös und aggressiv, fiel seiner Kontrahentin immer wieder ins Wort. Clinton dagegen war gut vorbereitet und entspannt. Sie konnte einen Punkt nach dem anderen für sich verbuchen - bis die Diskussion plötzlich auf das Thema Steuern kam.

Trump hatte mit einer seit den frühen siebziger Jahren etablierten Tradition gebrochen und sich geweigert, seine Steuererklärung offenzulegen. Aufgrund einer laufenden Prüfung durch die US-Bundessteuerbehörde Internal Revenue Service (IRS), so behauptete er, könne er seine Finanzen nicht öffentlich machen. Clinton versuchte, den Milliardär aus der Reserve zu locken. Sie wollte ihn dazu bringen, darüber zu sprechen, wie wenig Steuern er die letzten Jahre bezahlt hatte: »Die einzige seiner Steuererklärungen, die jemals jemand zu Gesicht bekommen hat, war die aus der Zeit, als er sich um eine Casinolizenz beworben hat, und die zeigt, dass er überhaupt keine Bundeseinkommensteuern gezahlt hat.« Trump gab das offen und voller Stolz zu: »Das zeigt, wie smart ich bin.«1 Clinton ging auf diese Äußerung nicht ein. Trockene Ausführungen zu den klug ausgearbeiteten, sorgfältig abgewogenen und genau durchdachten technokratischen Korrekturen, die ihre Pläne für die nationale Steuergesetzgebung vorsahen, hätten sich in diesem Augenblick nicht durchgesetzt.

Politisch gesehen war »Das zeigt, wie smart ich bin« eine raffinierte Aussage. Dass einer der reichsten Männer des Landes nach eigenem Bekunden überhaupt keine Steuern zahlte, war so absurd, dass es Trumps zentrale Aussage im Wahlkampf bekräftigte: Das Washingtoner Polit-Establishment hatte das Land im Stich gelassen. Die Steuergesetzgebung war, ebenso wie alles andere, rigged, manipuliert. In Trumps Einwurf hallten die Worte von Präsident Ronald Reagan wider, der die Steuergesetze in einer berühmten Wendung als »täglichen Raubüberfall« bezeichnet hatte.2 Die rücksichtslose Verfolgung von Eigeninteressen kommt sowohl in Trumps als auch in Reagans Augen dem Wohlstand aller zugute. Der Kapitalismus spannt die menschliche Gier vor den Karren des Gemeinwohls. Steuern sind ein Hemmnis, und sie zu vermeiden ist daher richtig.

Zugleich demonstriert der Satz »Das zeigt, wie smart ich bin« das Paradoxe an dieser Ideologie. Ein rücksichtsloses Eigeninteresse zerstört die Normen des Vertrauens und der Kooperation, die im Zentrum jeder prosperierenden Gesellschaft stehen. Trump selbst wäre nichts ohne die Infrastruktur, die seine Wolkenkratzer mit dem Rest der Welt verbindet, das Kanalsystem, über das ihre Abwässer ablaufen, die Lehrer, die seinen Rechtsanwälten das Lesen beigebracht haben, oder die Ärzte und die öffentliche Forschung, die ihn gesund halten, ganz zu schweigen von den Gesetzen und Gerichten, die sein Eigentum schützen. Was Gemeinschaften aufblühen lässt, ist nicht der ungezügelte Wettbewerb, sondern Kooperation und gemeinschaftliches Handeln. Ohne Steuern gibt es keine Kooperation, keinen Wohlstand, kein gemeinsames Schicksal, ja nicht einmal eine Nation, die eines Präsidenten bedürfte.

Trumps Prahlerei offenbarte einen bestimmten Defekt der US-amerikanischen Gesellschaft: Es ist so selbstverständlich geworden, dass die Wohlhabenden nichts zu den öffentlichen Kassen beitragen, dass ein Präsidentschaftskandidat dies unumwunden zugab und seine Gegnerin für dieses Problem keine Lösung anbieten konnte. Das Steuersystem des Landes - die wichtigste Institution jeder demokratischen Gesellschaft - hat versagt.

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