Hayfa Al MansourDas Mädchen Wadjda

E-Book (EPUB)

cbt; Penguin, US (2015)

304 Seiten; ab 10 Jahre

ISBN 978-3-641-15242-0

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Kurztext / Annotation
Ein unbeirrbares Mädchen. Ein grünes Fahrrad. Und ein großer Traum.
Riad, Saudi-Arabien: Die zehnjährige Wadjda (gesprochen: Wodschda) wünscht sich nichts sehnlicher als das grüne Fahrrad aus dem Laden um die Ecke. Dass Mädchen in ihrem Land gar nicht Rad fahren dürfen, interessiert den kleinen Wildfang wenig. Stattdessen setzt sie ihren Plan, sich das Geld für das Fahrrad selbst zu verdienen, geschäftstüchtig auf dem Schulhof um - bis ihr die strenge Schulleiterin auf die Schliche kommt. Da fällt Wadjda nur noch der hoch dotierte Koranwettbewerb der Schule ein; gleichzeitig eine willkommene Gelegenheit, sich wieder mit den Lehrerinnen gutzustellen. Am Ende kommt zwar alles ganz anders als gedacht, dennoch verliert Wadjda nie ihren Mut. Und so geht der lang gehegte Traum doch noch in Erfüllung ...

Hayfa Al Mansour ist die erste Frau in Saudi-Arabien, die Filme macht, sie gilt als eine der wichtigsten Filmschaffenden des Königreichs. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Literatur von der American University in Kairo und einen Master in Regie- und Filmstudien der University of Sydney.

Der Erfolg ihrer drei Kurzfilme, sowie die internationale Anerkennung für ihren preisgekrönten Dokumentarfilm Women Without Shadows, hat eine ganze neue Welle von saudi-arabischen Filmemachern beeinflusst und führte dazu, dass auf den Titelseiten der Zeitungen über die Eröffnung von Kinos diskutiert wurde. Im Königreich wird ihre Arbeit sowohl gelobt als auch verteufelt, weil sie Diskussionen über Themen anregt, die allgemein als Tabu angesehen werden, wie Toleranz, die Gefahr des Orthodoxen und die Notwendigkeit, die traditionelle und restriktive Kultur mit kritischem Blick zu betrachten.

Durch ihre Filme und ihre Arbeit für Fernsehen und Printmedien hat Al Mansour sich den Ruf erworben, die Mauer des Schweigens zu durchdringen, die das Leben der saudi-arabischen Frauen begrenzt, und ihnen ein Forum für ihre ungehörten Stimmen zu schaffen.

»Das Mädchen Wadjda« ist ihr erstes Kinderbuch und eine Adaption ihres erfolgreichen gleichnamigen Spielfilms. 2016 wurde Hayfa Al Mansour dafür mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Textauszug

1. Kapitel

Wadjda dachte überhaupt nicht an ihre Eintrittskarte ins Paradies. Das sah man an ihrem Gesicht.

Genau genommen sang sie nicht mal davon, sie bewegte nur die Lippen und wiegte sich im Rhythmus des Liedes, das von den anderen Mädchen der Klasse gesungen wurde. Dabei wanderten ihre braunen Augen ruhelos durch die Aula. Vielleicht gab es da ja irgendwas Interessanteres zu entdecken.

Wadjda steckte in der gleichen Schuluniform wie die anderen, einem langweiligen, grauen Kleid - trotzdem stach sie hervor aus der Masse der Mädchen mit den glatt gekämmten Haaren, den vorschriftsmäßig sitzenden Kleidern und der guten Haltung. Ihr langes, leicht lockiges Haar fiel ihr ins Gesicht, und das wirkte ein bisschen unordentlich, vielleicht sogar frech. Und hätte irgendjemand gesehen, wie sie da hi´nten in der Mitte der letzten Reihe herumstand, hätte derjenige schnell bemerkt, dass sie nicht ganz hierher passte.

»Es ist Zeit für die Schlacht, das ist der einzige Weg«, schmetterte Salma neben ihr voller Inbrunst. »Der Krieg ruft.«

Irgendwie schienen sie immer nur darüber zu singen, dass es ihre Pflicht war, tugendhafte junge Mädchen zu sein und Ungläubige in der Ferne zu bekämpfen - oder sonst wen, der kein Muslim war. Das war das Größte und Beste, das man als Gläubiger tun konnte. Besser noch als auf die haddj zu gehen, die heilige Pilgerreise, besser als zakat, Geldspenden für die Armen, besser noch als einen Sklaven zu befreien. Es war der sicherste Weg, ins Paradies zu gelangen.

Doch das machte das Singen auch nicht interessanter. Seufzend ließ Wadjda ihren Blick weiterwandern. Sie las die Plakate, die an den Wänden der leeren Aula hingen, eines nach dem anderen. Während der dhuhr-Gebete wurde der Raum in eine Moschee für Mädchen verwandelt. Auf jedem Plakat standen Verse aus dem Koran oder bekannte Aussprüche des Propheten über Frauen. Auf dem Plakat neben ihr war zu lesen: Meine muslimische Schwester, hüte dich vor den Wölfen in Menschengestalt - den Männern. Beschütze deine Ehre vor denen, die dich töten wollen.

Wadjda lächelte, als sie versuchte, sich ihren Freund Abdullah als Wolf vorzustellen.

Na ja, dachte sie, schwarze Haare hat er ja - irgendwie schon wie ein Wolf. Aber er hat nichts Wildes an sich. Er ist eher wie ein Hamster!

Wadjda musste lachen, aber das konnte sie hinter dem anschwellenden Gesang verbergen. Sie hatte ziemlich viele Zeilen ausgelassen und Salma sah sie wütend an. Wadjda schaute sich schuldbewusst um und bemühte sich, den Anschluss wiederzufinden.

Sie sangen zu einer männlichen Stimme vom Kassettenrekorder, den die Lehrerin für sie eingeschaltet hatte, damit sie üben konnten. Doch so sehr Wadjda sich auch anstrengte, mehr als ein Flüstern kam nicht aus ihrem Mund. In der ersten Reihe schmetterten drei Mädchen mit hocherhobenem Kinn aus voller Kehle. Sie hatten die besten Stimmen und wurden immer nach vorn gestellt.

Ganz anders als die Mädchen in Wadjdas Reihe, die nicht ohne Grund ganz hinten standen. Yasmine gab einen besonders schrillen Ton von sich und Wadjda zuckte zusammen - sie hätte sich gern die Finger in die Ohren gesteckt. Es war eindeutig besser, auf stille Art schlecht zu sein als auf laute, fand sie.

Inzwischen übten sie schon so lange, dass alle müde und unruhig geworden waren. Wahrscheinlich dachten die meisten ans Mittagessen und überlegten, wo sie sich in der Cafeteria am besten in die Schlange stellen sollten, um ein Falafelbrot zu ergattern. Es gab nur eine begrenzte Anzahl und sie waren immer schnell ausverkauft.

»Mädchen! Stellt euch auf eure Plätze!«, brüllte Ms Noof.

Mit einem ungeduldigen Schnauben musterte sie die drei Reihen der Elfjährigen auf der handgezimmerten Bühne. Die massige Gestalt der Lehrerin wurde von ihrem sehr weiten Rock und der langen, schlichten Bluse völlig verhüllt.



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