Peter WohllebenDas Seelenleben der Tiere

E-Book (EPUB)

Ludwig bei Heyne (2016)

240 Seiten

ISBN 978-3-641-18980-8

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Kurztext / Annotation
Das neue Buch des SPIEGEL-Bestsellerautors
Fürsorgliche Eichhörnchen, treu liebende Kolkraben, mitfühlende Waldmäuse und trauernde Hirschkühe - sind das nicht Gefühle, die allein dem Menschen vorbehalten sind? Der passionierte Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben lehrt uns das Staunen über die ungeahnte Gefühlswelt der Tiere. Anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und anschaulicher Geschichten nimmt er uns mit in eine kaum ergründete Welt: die komplexen Verhaltensweisen der Tiere im Wald und auf dem Hof, ihr emotionales und bewusstes Leben. Und wir begreifen: Tiere sind uns näher, als wir je gedacht hätten. Faszinierend, erhellend, bisweilen unglaublich!

Peter Wohlleben, Jahrgang 1964, wollte schon als kleines Kind Naturschützer werden. Er studierte Forstwirtschaft und war über zwanzig Jahre lang Beamter der Landesforstverwaltung. Heute arbeitet er in der von ihm gegründeten Waldakademie in der Eifel und setzt sich weltweit für die Rückkehr der Urwälder ein. Er ist Gast in zahlreichen TV-Sendungen, hält Vorträge und Seminare und ist Autor von Büchern zu Themen rund um den Wald und den Naturschutz, die sich allein im deutschsprachigen Raum 2,5 Millionen Mal verkauft haben. Für seine emotionale und unkonventionelle Wissensvermittlung wurde Peter Wohlleben 2019 die Bayerische Naturschutzmedaille verliehen. Seine Bücher sind in über 45 Ländern erschienen.

Textauszug

Mutterliebe bis zum Umfallen

Es war ein heißer Sommertag im Jahr 1996. Zur Abkühlung hatten meine Frau und ich im Garten ein Planschbecken unter einem schattigen Baum aufgestellt. Dort saß ich im Wasser mit meinen beiden Kindern, und wir aßen genüsslich saftige Schiffchen einer Wassermelone. Plötzlich nahm ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Ein rostbraunes Etwas hoppelte auf uns zu, verharrte dabei zwischendurch immer wieder für kurze Momente. »Ein Eichhörnchen!«, riefen die Kinder begeistert. Meine Freude wich allerdings schnell einer tiefen Besorgnis, denn das Eichhörnchen kippte nach wenigen Schritten auf die Seite. Es war offensichtlich krank, und nach weiteren Schritten (in unsere Richtung!) erkannte ich eine dicke Geschwulst am Hals. Es handelte sich also allem Anschein nach um ein leidendes, vielleicht sogar hoch infektiöses Tier. Und es hielt langsam, aber sicher auf das Planschbecken zu. Ich war schon im Begriff, mit den Kindern den Rückzug anzutreten, da löste sich die Situation in eine rührende Szene auf: Das Geschwür entpuppte sich als Baby, das sich wie ein Pelzkragen um den Hals der Mutter klammerte. Diese bekam deshalb kaum Luft, und in Verbindung mit der flirrenden Hitze reichte die Puste immer nur für wenige Schritte, bevor das Eichhörnchen erschöpft auf die Seite fiel und nach Atem rang.

Eichhörnchenmütter kümmern sich aufopferungsvoll um ihren Nachwuchs. Bei Gefahr schleppen sie die Jungen in der beschriebenen Art und Weise in Sicherheit. Dabei verausgaben sich die Tiere ordentlich, denn es können je nach Wurf bis zu sechs Knirpse sein, die sich um den Hals geklammert nacheinander transportieren lassen. Trotz dieser Fürsorge ist die Überlebensrate der Kleinen nicht hoch, rund achtzig Prozent erleben ihren ersten Geburtstag nicht. Da wären etwa die Nächte: Während die roten Kobolde tagsüber den meisten Feinden entwischen können, kommt der Tod im Schlaf. Dann schleichen Baummarder durch die Äste der Bäume und überraschen die träumenden Tiere. Bei Sonnenschein sind es Habichte, die in tollkühnem Flug zwischen den Stämmen hindurchsausen und nach einer leckeren Mahlzeit Ausschau halten. Wird ein Eichhörnchen erspäht, so beginnt eine Spirale der Angst. Und das ist wörtlich gemeint. Denn das Eichhörnchen versucht, dem Vogel zu entkommen, indem es auf die andere Seite des Baumstamms verschwindet. Der Habicht fliegt eine enge Kurve und folgt seiner Beute. Das Eichhörnchen weicht in Windeseile weiter um den Stamm herum aus, der Vogel folgt, sodass eine rasend schnelle Spiralbewegung beider Tiere um den Stamm herum entsteht. Der Flinkere von beiden gewinnt, und meist ist dies der kleine Säuger.

Viel schlimmer als jeder tierische Feind ist jedoch der Winter. Um gut gerüstet in die kalte Jahreszeit zu gehen, bauen Eichhörnchen Kobel. Das sind kugelförmige Nester, die im Geäst von Baumkronen angelegt werden. Um vor unangenehmen Überraschungsgästen flüchten zu können, formen die Tiere mit ihren Pfoten zwei Ausgänge. Die Grundkonstruktion des Kobels besteht aus vielen kleinen Zweigen, innen wird die Wohnung mit weichem Moos ausgepolstert. Das dient der Wärmeisolierung und ist bequem. Bequem? Ja, auch Tiere legen Wert auf Komfort. Zweige, die beim Schlafen in den Rücken drücken, empfinden Eichhörnchen als genauso unangenehm wie wir. Eine weiche Moosmatratze garantiert dagegen einen wohligen Schlaf.

Aus meinem Bürofenster beobachte ich regelmäßig, wie das flauschige Grünzeug aus unserem Rasen gepult und hoch in die Bäume transportiert wird. Und noch etwas anderes kann ich beobachten: Sobald im Herbst die Eicheln und Bucheckern von den Bäumen fallen, sammeln die Tierchen die nahrhaften Samen und vergraben sie einige Meter weiter im Boden. Dort sollen sie im Winter als Reserve dienen. Eichhörnchen machen nämlich keinen richtigen Winterschlaf, sondern verbringen die Tage meist dösend in einer Winterruhe. Der Körper verbraucht dabei weniger Energie, wird abe



Beschreibung für Leser
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Peter Wohlleben studierte an der Fachhochschule Rottenburg Forstwirtschaft. Nach 23 Jahren kündigte er seine Beamtenstelle bei der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz, um seine Vorstellungen von einer ökologischen Waldbewirtschaftung in der Gemeinde Hümmel umsetzen zu können.