Alexander Betts; Paul CollierGestrandet

E-Book (EPUB)

Siedler Verlag; Penguin (2017)

336 Seiten

ISBN 978-3-641-20659-8

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Kurztext / Annotation
Eine neue Flüchtlingspolitik für eine veränderte Welt
Mehr als 65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Doch die Instrumente und Institutionen, mit denen wir auf diese humanitäre Herausforderung reagieren, sind hoffnungslos veraltet und haben für Millionen Flüchtlinge fatale Folgen. Die beiden Experten für Flüchtlingsfragen Paul Collier und Alexander Betts zeigen, warum eine Politik der offenen Tür ebenso gefährlich ist wie Abschottung. Anhand konkreter Beispiele machen sie deutlich, wie wir den Menschen auf der Flucht wirklich helfen können.

Seit Jahren wird die Flüchtlingspolitik weltweit von einer »Politik des herzlosen Kopfes« bestimmt - bevor sie sich im Sommer 2015, vor allem in Deutschland, dann plötzlich in eine »Politik des kopflosen Herzens« verwandelte. Beides ist gefährlich, für die Flüchtlinge, die aufnehmenden Länder und die Heimatländer der Fliehenden. Statt wahllos Menschen ins Land zu lassen oder sie jahrzehntelang in Lagern oder Unterkünften zu verwahren, brauchen wir einen anderen Umgang mit Flüchtlingen. Wir müssen sie in die Lage versetzen, rasch wieder für sich selbst zu sorgen - und möglichst schnell in ihre Heimat zurückzukehren. Paul Collier und Alexander Betts ziehen in ihrem Buch eine schonungslose Bilanz der aktuellen Flüchtlingspolitik und zeigen, wie neue Regeln und Institutionen aussehen können, die ethische, humanitäre und ökonomische Überlegungen vereinen.

Alexander Betts ist Professor für Zwangsmigration und Internationale Angelegenheiten an der Universität Oxford, wo er auch das Zentrum für Flüchtlingsstudien leitet. Er hat für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen gearbeitet und zahlreiche internationale Organisationen und Regierungen beraten, ist ein Young Global Leader des Weltwirtschaftsforums, Berater des World Humanitarian Summit und Gründer des Huminatarian Innovation Project. Betts ist Autor mehrerer Bücher zu Fragen von Flucht und Migration und ein gefragter Redner u.a. bei den TED-Vortragsreihen.



Textauszug

Warum dieses Buch?

Unsere Zusammenarbeit bei diesem Buch geht auf eine Einladung zurück. Anfang 2015 kämpfte Jordanien täglich mit den Folgen des gescheiterten globalen Flüchtlingssystems. Das West Asia - North Africa Institute (WANA-Institut), ein jordanischer Thinktank, der mit unserer Arbeit vertraut war, lud uns deswegen zu einem Brainstorming mit der jordanischen Regierung ein. Wir waren beide keine Nahostexperten: Unser geografisches Interesse gilt vor allem Afrika. Und wir sind beide weder Juristen noch Anthropologen, also eher Außenseiter in der überschaubaren Auswahl akademischer Disziplinen, die die Flüchtlingsforschung dominieren. Paul ist Wirtschaftswissenschaftler und Alex ist Politologe, auch wenn wir beide regelmäßig die Grenzen unserer Fachbereiche überschreiten. Paul forscht zwar schon lange über die Themen Entwicklung und Konflikt, doch mit Flüchtlingen hatte er sich in seiner Arbeit noch nicht beschäftigt. Um keinen Schaden anzurichten, lehnte er es routinemäßig ab, sich in unbekanntes Terrain vorzuwagen, und so hätte er wahrscheinlich auch diese Anfrage abgelehnt. Doch für Alex ist das Thema Flüchtlinge kein unbekanntes Terrain, sondern sein Lebenswerk; seit 2014 leitet er das Refugee Studies Centre an der Oxford University, das weltgrößte Zentrum für Flüchtlingsforschung. Und so wurden wir ein Team.

Nach unserer Ankunft in Jordanien im März 2015 bemerkten wir schnell, dass wir es mit dem WANA-Institut sehr gut getroffen hatten. Seine Direktorin Erica Harper kannte den gesamten Kontext, der uns fehlte. Außerdem war ihr Mann Andrew Direktor des UNHCR in Jordanien. Seine eindrucksvolle Kombination von Tatkraft und Intelligenz wurde dringend gebraucht: Angesichts wachsender Not und schwindender Ressourcen wurde seine Arbeit täglich schwieriger. Durch ihn und Erica hatten wir leichten Zugang zu den Informationen und den Netzwerken, die wir brauchten, um unsere Wissenslücken zu schließen.

Dann begannen wir, eine neue Idee auszutesten. Die Regierung von Jordanien unterwarf die Flüchtlinge den typischen Restriktionen: Sie durften nicht arbeiten. Außerdem war das Land typisch für viele Länder mittleren Einkommens: nicht arm genug, um Entwicklungshilfe zu erhalten, aber kaum in der Lage, das bestehende Einkommensniveau zu verbessern. Wir fragten uns, ob es möglich wäre, den Zustrom von Flüchtlingen nicht mehr als Last, sondern als Chance zu betrachten und die internationale Gemeinschaft für eine neue Form des Engagements zu gewinnen. Wir diskutierten die Idee mit verschiedenen NGOs, internationalen Organisationen und der jordanischen Regierung, die alle zutiefst frustriert über die schwindende internationale Unterstützung für Flüchtlinge waren.

Wir besuchten das Flüchtlingslager Zaatari, wo es nach stillgelegten Leben stank: ein Thema, das dieses Buch immer wieder heimsuchen wird. Doch unser Besuch war von einem glücklichen Zufall gesegnet. Unserem offiziellen jordanischen Gastgeber wurde es langweilig, und er schlug vor, einen kleinen Abstecher zu machen und uns etwas anzusehen, auf das die jordanische Regierung stolz war. Nur eine Viertelstunde von Zaatari entfernt lag eine völlig andere Welt: Die King Hussain bin Talal Development Area (KHBTDA), in die das Land 120 Millionen Euro investiert hatte, eine riesige, gut ausgestattete Wirtschaftszone, die Unternehmen in diesen Teil des Landes locken sollte. Doch der Krieg in Syrien, auf der anderen Seite der Grenze, hatte das Projekt zum Stillstand gebracht. Nur zehn Prozent der Wirtschaftszone wurden genutzt, Jordanier wollten dort nicht arbeiten.

Bis zu 83 000 Flüchtlinge hatten also vier Jahre lang in erzwungener Untätigkeit in Zaatari gesessen, während 15 Minuten entfernt eine riesige Wirtschaftszone leer stand - aus Mangel an Arbeitskräften. Mit den vereinten geistigen Kräften zweier Oxfordprofessoren gelang es uns, eins und eins zusammenzuzählen: Mit



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