Assaf GavronAchtzehn Hiebe

E-Book (EPUB)

Luchterhand Literaturverlag; Sifrei alijat hagag/Jediot acharonot/Sifrei chemed (2018)

416 Seiten

ISBN 978-3-641-21563-7

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Kurztext / Annotation
Alles begann mit den Liebesgeschichten zwischen zwei britischen Soldaten und zwei jüdischen Mädchen im Palästina des Jahres 1946. Eitan Einoch ist Taxifahrer im heutigen Tel Aviv. Als junger Mann machte er Karriere in der Hightech-Branche, dann hat er innerhalb einer Woche drei Terroranschläge überlebt und wurde kurzfristig berühmt. Nun, zehn Jahre später, ist er geschieden, fiebert den Tagen entgegen, an denen er seine Tochter sehen darf, geht an zwei Abenden die Woche zum Boxen und unterhält seine Fahrgäste. Doch alles ändert sich, als er den Auftrag bekommt, eine charmante alte Dame täglich zum Friedhof zu fahren. Die Lebensgeschichte von Lotta Perl fasziniert ihn, und jeden Tag erfährt er ein bisschen mehr über ihre große Liebe zu dem britischen Soldaten, den sie gerade begraben hat, und über das Leben in Palästina kurz vor der Gründung des Staates Israel. Als Lotta plötzlich spurlos verschwindet, will Eitan herausfinden, was geschehen ist, jetzt, in Tel Aviv, und damals in Haifa ...

Assaf Gavron wurde 1968 geboren, wuchs in Jerusalem auf und studierte in London und Vancouver und lebt heute mit seiner Familie in Tel Aviv. Er hat mehrere Romane und einen Band mit Erzählungen veröffentlicht und ist in Israel Bestsellerautor. Assaf Gavron hat u.a. Jonathan Safran Foer und J.D. Salinger ins Hebräische übersetzt, ist Sänger und Songwriter der israelischen Kultband 'The Mouth and Foot' und hat das Computerspiel 'Peacemaker' mitentwickelt, das den Nahost-Konflikt simuliert.

Textauszug

1. Taxi zum Friedhof

Ich setzte meine Kleine an der Schule ab, genehmigte mir einen Espresso im Stehen, den ich mir mit einem Schluck direkt ins Hirn schüttete, und ging im Nieselregen zum Taxi, das vor dem Café rot-weiß aufflackerte. In dem Moment, in dem ich mich hineingesetzt hatte, kam der Ruf: Bin-Nun-Straße, Ecke Habaschan.

Wenn man Taxi fährt, steigt man in der Früh in den Wagen und weiß nicht, wo man in fünf Minuten sein wird. Man fährt und fährt, acht Stunden, zehn Stunden - verschiedene Richtungen, verschiedene Leute, verschiedene Unterhaltungen -, und kommt nirgendwo an.

Sie war alt und elegant. Trotz Regen trug sie eine ausladende Sonnenbrille, die ihre Augen verbarg, und ein türkisfarbener Schal aus zartem Stoff bedeckte einen Teil ihres vollen, silbernen Haars.

»Sie waren schnell da.« Wenn man Taxifahrer ist, kann man in der Regel an den ersten zwei Wörtern die Sprachfärbung erkennen und daraus auf Weiteres schließen - wann sie ungefähr geboren wurde, wann und woher sie nach Israel eingewandert war, Holocaust oder nicht. Mein Radar begann zu arbeiten. Ich dachte bei mir: eine typische Jeckin.

»Ich gebe mir Mühe«, antwortete ich, hob den Blick zum Fahrerspiegel und wartete.

Ich spürte, dass sie mich ansah, ein intensiver Blick trotz der doppelten Filterung durch Sonnenbrille und Spiegel, und dann zuckten ihre zinnoberrot geschminkten Lippen, die etwas zu voll und zu jung für ihr Alter schienen, und mit einem halben Lächeln sagte sie: »Zum Trumpeldorfriedhof.« Ich schaltete auf Drive.

Bis ich ein paar Minuten danach auf die Ibn-Gvirol einbog, fuhren wir schweigend. Dann sagte ich: »Wissen Sie, dass an der Stelle, wo Sie eingestiegen sind, das Haus ist, in dem sich Begin einmal vor den Briten versteckt hat?«

Ich liebe es, meinen Fahrgästen etwas über die Straßen zu erzählen, wo ich sie aufsammelte oder hinbrachte. Normalerweise wussten sie nichts - nicht, wer Masaryk oder Frug waren, nicht einmal Arlozorov. Ich hatte ein Buch im Handschuhfach, Straßenführer Tel Aviv-Jaffa, in dem ich manchmal gern las, wenn ich ein paar Minuten Pause hatte.

Jetzt lächelte sie mit ganzem Mund und wandte den Kopf zum Fenster. »Ob ich das weiß?«, sagte sie. »Die Frage ist, woher Sie das wissen, mein Junge. Ich bin von damals. Ich erinnere mich.« Sie blickte auf ihr iPhone und fügte hinzu: »Ich mag es, wie Sie fahren, Eitan, ruhiger als andere Taxifahrer. Sie haben bereits fünf Sterne, und die Fahrt hat erst begonnen.« Die roten Lippen lächelten wieder.

»Danke, Lotta Perl.« Ich gab ihr ein Lächeln im Spiegel zurück. Auch die Fahrer sehen in der App die Namen ihrer Fahrgäste, nicht nur umgekehrt. Dann sagten wir nichts mehr, bis wir am Friedhof ankamen. Die Sonne trat plötzlich aus den Wolken und funkelte in den Fensterscheiben der Autos, die sich träge vorwärtsschoben. Der Winter würde bald zu Ende sein.

In neun von zehn Fällen traf mein Radar ins Schwarze: Es ist nicht nur die Sprache oder die Art zu reden, auch wie einer ins Taxi einsteigt, an seiner Kleidung und Körpersprache, sogar am Gang erkenne ich, ob der Fahrgast aus Bat Jam oder dem schicken Norden von Tel Aviv oder irgendwo dazwischen ist, ob es Trinkgeld gibt und wie er sich mir gegenüber benehmen wird. Aber an jenem Morgen war entweder mein Radar gestört, oder Lotta Perl war einfach der eine unvorhergesehene Fall unter zehn - sie war weitaus lockerer, als ich geschätzt hatte, als sie ins Taxi einstieg.

Plötzlich war ich nicht mehr sicher, ob sie eine Jeckin, also aus Europa eingewandert, oder vielleicht doch hier in Israel geboren war, und auch was ihr Alter anging, geriet ich ins Grübeln. Und dann gab sie mir Trinkgeld. Ein äußerst großzügiges. Was ich nicht erwartet hatte. Nun war ich ziemlich verwirrt.

Am Eingang zum Friedhof standen ein paar Leute mit schwarzen Regenschirmen. Ein Mann eilte auf das Taxi zu, öffnete Lotta Perl die Tür und reichte ihr den



Beschreibung für Leser
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Barbara Linner, geb. 1955 in München, studierte Judaistik, Orientalistik und südosteuropäische Geschichte. Sie ist als Übersetzerin tätig.

Assaf Gavron, geb. 1968, wuchs in Jerusalem auf und studierte in London und Vancouver und lebt heute in Tel Aviv. Er ist in Israel Bestsellerautor, hat u.a. Jonathan Safran Foer und J. D. Salinger ins Hebräische übersetzt, ist Sänger und Songwriter der israelischen Kultband 'The Mouth and Foot' und war im Schreibteam des Computerspiels 'Peacemaker', das den Nahost-Konflikt simuliert.