Katarina SchicklingDer Konsumkompass

E-Book (EPUB)

Mosaik (2020)

352 Seiten

ISBN 978-3-641-25503-9

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Kurztext / Annotation
Wie viel »Öko« steckt im Bio-Apfel aus Neuseeland im Vergleich zum konventionellen Apfel vom Bodensee? Welche Kaffeepads kann man guten Gewissens kaufen und genießen? Sind waschbare Windeln mit Abhol- und Bringservice nachhaltiger als Öko-Wegwerfwindeln? Und wie viele Reisen mit dem Flieger kann sich unser Planet noch leisten? Jeden Tag stehen wir vor Konsum-Fragen wie diesen und finden statt klaren Antworten nur ein schlechtes Gewissen. Den Politikern beim Streiten zuhören, Studien wälzen, Recyclinghöfe besuchen - das alles können (und wollen) wir als Konsumenten gar nicht leisten und überblicken. Nun gibt es endlich Orientierung im alltäglichen Konsumdschungel. Wohnen, Körperpflege, Kleidung, Essen, Verkehr und Reisen - Katarina Schickling ist renommierte Expertin auf dem Gebiet ökologischer Ressourcennutzung und hat alle wichtigen Informationen für ein umweltbewusstes Leben ausgewertet und einen praktischen Leitfaden formuliert - klar, fundiert und nachvollziehbar. Das Buch der Stunde für alle, die im Alltag unkompliziert und ohne schlechtes Gewissen konsumieren möchten. Nachmachen unbedingt erwünscht!

Katarina Schickling ist Dokumentarfilmerin, Ernährungsexpertin und Autorin mit einem Schwerpunkt auf Nahrungsmitteln und der dazugehörigen Industrie. Als Expertin wird sie in zahlreichen Medien immer wieder zurate gezogen, wenn es ums Essen und umweltbewusste Leben geht. Sie lebt und arbeitet in München.

Textauszug
Die beste Einkaufstüte der Welt

Meine Großmutter wäre niemals ohne Korb einkaufen gegangen. Allerdings war sie auch nicht berufstätig. Der Gang zum Supermarkt fand bei ihr immer geplant statt, nicht spontan zwischen Job und Kindergartenabholung oder während einer sich plötzlich bietenden Lücke im Terminkalender. Für moderne doppelt bis dreifach belastete Menschen wie mich ist es deshalb durchaus praktisch, wenn man im Supermarkt Tüten und Taschen in allen Größen dazubekommt. Als ich das erste Mal in den USA war, habe ich gestaunt über die freundlichen Packhelfer, die meine Einkäufe in eine Unmenge von bereitliegenden Plastiktüten packten. In deutschen Supermärkten kosten Tüten seit ich mich erinnern kann Geld - allerdings so wenig, dass sich das prophylaktische Herumtragen eines Korbes nicht so richtig im Geldbeutel bemerkbar macht. Aber doch immerhin genug, um uns schon vor den jüngsten Aktivitäten der EU zu Europas sparsamsten Tütenverbrauchern zu machen: 71 Plastiktüten pro Kopf und Jahr - in Polen, Ungarn oder der Slowakei waren es 450.

Das mag damit zu tun haben, dass es in den Mangelgesellschaften hinter dem Eisernen Vorhang nicht nur keine Bananen, sondern auch keine Tüten gab und deshalb ein gewisser Nachholbedarf bestand. Dabei waren die Ostblockbewohner in Sachen nachhaltige Einkaufstransportmedien aus heutiger Sicht wegweisend ... Die Schauspielerin Gerit Kling, ein Kind der DDR, hat mir in einem Interview vor ein paar Jahren erzählt, dass sie immer einen sogenannten Dederonbeutel einstecken hatte, für den Fall, dass es plötzlich unerwartet etwas Besonderes zu kaufen gab. Nicht auszudenken, wenn der Kauf von zwei Kilo Orangen am fehlenden Behältnis gescheitert wäre ...

Auf der anderen Seite der Mauer galten die »Ich hab immer meine Plastikalternative dabei«-Typen eher als etwas skurril: Der »Jute statt Plastik«-Beutel gehört für mich genauso zur Folklore einer bundesrepublikanischen Kindheit in den Siebzigerjahren wie Bonanza-Räder oder Dolomiti-Eis. Ab 1978 wurden die Taschen für 1,50 DM in Dritte-Welt-Läden vertrieben und wurden zum unverzichtbaren Accessoire für Menschen, die ihre Schafwollpullover selbst strickten und für ihr Müsli morgens eigenhändig Haferflocken quetschten. Sie wurden dafür gerne belächelt. Doch der Lauf der Zeit gibt ihnen recht: Heute gibt es handliche, wiederverwertbare Einkaufstaschen sogar in Museumsshops und Duty-Free-Läden - so etwas nicht dabeizuhaben, outet einen sofort als Klimasünder.

Denn ehrlich gesagt: Jede Tüte, ob Plastik, Papier oder Stoff, die wir beim Einkaufen dazuerwerben, ist ein Ökoproblem. Ende April 2015 hat die EU-Kommission deshalb eine Richtlinie verabschiedet mit dem Ziel, dass der Verbrauch von Einwegtüten bis Ende 2019 auf 90 Stück pro Kopf reduziert werden soll. Bis 2025 soll der Verbrauch in der EU sogar auf 40 Stück pro Kopf und Jahr zurückgehen. Grundsätzlich können die EU-Länder im Rahmen der Richtlinie eine verpflichtende Abgabe für die Tüte einführen. Irland etwa hat dies vor einigen Jahren getan - mit Erfolg. Dort sank der Verbrauch von über 300 Tüten pro Person und Jahr auf nur noch 14 Tüten. Und auch bei uns in Deutschland hat sich noch mal etwas bewegt, seit Plastiktüten fast überall kostenpflichtig sind: 2018 lagen wir pro Person nur noch bei 24 Tüten jährlich - das ist etwa eine Tüte alle zwei Wochen.

Interessanterweise geht es uns dabei offenkundig wirklich mehr um die paar gesparten Cent als um unser reines Umweltgewissen. Gegenläufig zum sinkenden Tütenverbrauch ist nämlich unser Verbrauch an sogenannten »Hemdchenbeuteln« gestiegen - das sind die dünnen Plastiktüten, die in der Obstabteilung hängen ... Die sind eigentümlicherweise von der EU-Richtlinie ausgenommen. Das Bundesumweltministerium erklärte auf eine Anfrage der FDP, dass wir Bundesbürger 2018 37 solcher Tüte



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