Christina DalcherVox

Hardcover

Fischer (2018)

400 Seiten

ISBN 978-3-10-397407-2

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Vox

Langtext
In einer Welt, in der Frauen nur hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, bricht eine das Gesetz. Als die neue Regierung anordnet, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, will Jean McClellan diese wahnwitzige Nachricht nicht wahrhaben - das kann nicht passieren. Nicht im 21. Jahrhundert. Nicht in Amerika. Nicht ihr. Das ist der Anfang. Schon bald kann Jean ihren Beruf als Wissenschaftlerin nicht länger ausüben. Schon bald wird ihrer Tochter Sonia in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben beigebracht. Sie und alle Mädchen und Frauen werden ihres Stimmrechts, ihres Lebensmuts, ihrer Träume beraubt. Aber das ist nicht das Ende. Für Sonia und alle entmündigten Frauen will Jean sich ihre Stimme zurückerkämpfen...


Unvorstellbar gruselig
Die Idee: weibliche Wesen dürfen am Tag nur 100 Worte sprechen, nichts lesen, nichts bestimmen, nicht arbeiten gehen und brauchen für nahezu alles die Zustimmung eines männlichen Vormundes. So sieht der Wunschtraum einiger mächtiger Fanatiker aus. Gar nicht mal so weit hergeholt. Gehorcht das weibliche Wesen nicht, egal wie alt, bekommt es Stromschläge. Oder muss Sklavenarbeit verrichten. Auch Jean, erfolgreiche Hirnforscherin, unterliegt diesen Zwängen. Die Konsequenzen sind schrecklich, geistige Ödnis, Mädchen mit Fehlentwicklungen, Unterdrückung.
Plötzlich aber wird sie gebraucht: der Bruder des Präsidenten hat einen Unfall und erleidet einen Hirnschaden. Jean soll es richten. Spielt sie mit? Oder gibt es noch andere Hintergründe?
Christine Dalcher erschreckt mit einer furchtbaren, aber nicht unmöglichen Konstellation . Aus der Geschichte nichts gelernt, bedrohliche Entwicklungen verharmlost - Jean ist eine typische, politisch nicht besonders interessierte Frau. Sie hält sich raus und erlebt ein bitteres Erwachen. Absolut normal für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung. „Vox“ aus dem Fischer Verlag ( großartig übersetzt von Susanne Aeckerle und Marion Balknehol) ist ein Aufruf, Entwicklungen nicht zu verschlafen und aktiv zu werden, in welcher Form auch immer.

Vox
Mit der Idee, dass Frauen per Regierungsdekret nur 100 Wörter pro Tag erlaubt sind, hat Dalcher ein faszinierendes dystopisches Konzept entworfen. Die USA, die sie beschreibt, erscheinen zugleich entsetzlich und bekannt – patriarchisch, überaus patriotisch, zutiefst christlich, absolut konservativ. Kleine, schleichende Änderungen im System führen zu einem ungerechten, unterdrückerischen Regime – neue Schulbücher, Belohnungen für Mädchen, die gar nicht sprechen, verschwundene Reisepässe. Dalcher spricht in Vox eine Vielfalt von Themen an, indem sie einen Einblick in die Gedanken der Protagonistin Jean – Mutter, Ehefrau, renommierte Linguistin – gewährt. Diese ringt damit, ihre Söhne zu lieben, die nach und nach dem System in die Hände spielen, und ihren Ehemann, der passiv zusieht, wie sich die Situation zuspitzt. Verzweifelt versucht sie, ihrer Tochter Sofia einen Schein von Normalität zu vermitteln, obwohl sie ein Armband trägt, das ihr Elektroschocks gibt, sobald sie ein paar dutzend Worte zu viel spricht. Und plötzlich bietet sich ihr eine Möglichkeit, ihre Stimme wiederzuerlangen und sie zahlt bereitwillig den hohen Preis.

Vox regt zum Nachdenken an. Es ist ein Roman, der mit Nachdruck betont, wie wichtig Sprache und Worte sind – Werkzeuge, die wir tagtäglich benutzen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Dalcher beschreibt darin nicht nur die Neurologie hinter Sprache (Wernickes Aphasie) dar, sondern spricht auch die Wichtigkeit von politischer Beteiligung und den Zuschauereffekt an. Mit einer verschlungenen Handlung erzählt dieser Roman eine Geschichte von Verzweiflung, weiblicher Ermächtigung und davon, dass Hoffnung an unerwarteten Orten aufkommen kann.

Vox
Verbietet den Frauen das Mundwerk, wählt einen neuen Präsidenten, einen neuen männlich religiösen Führer und schon ist Amerika wieder zurück im 18. Jahrhundert. Wie konnte Jeanne die Zeichen übersehen, vor denen Jackie sie schon vor 20 Jahren gewarnt hat? Plötzlich ist der Pass weg, ihr Telefon, ihr E-Mail Account und sie und ihre 6-jährige Tochter Sonia müssen ein Armband tragen (wie alle weiblichen Geschöpfe in den USA): Wenn sie das Tageslimit von hundert Wörtern überschreiten, setzt es einen Stromschlag, der die Frauen fast umbringt. Und Richard ihr Mann, hat das ganze mit der Regierung geplant. Jeanne hat eine wissenschaftliche Forschung betrieben, die ein Serum entwickelt hat, welches auf das Sprachzentrum wiederherstellt. Jetzt hat sie keine Stimme mehr und wird Sonia jemals ihre Sprache teilen? "Vox" ist ein Warnruf für diejenigen, die ihre Stimme nie erheben und die Bedeutung der Sprache vergessen haben. Viele dieser schaurigen Szenen können in unserer Zukunft passieren!
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