Rezensionen

All die unbewohnten Zimmer
Roman

Autor: Friedrich Ani

Erschienen 2019 bei Suhrkamp
ISBN 978-3-518-42850-4
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Krimi mit vielen Gesellschftsthemen - 4 Sterne

All die unbewohnten Zimmer von Friedrich Ani war nicht mein erstes Buch des Autors und ich freute mich auf höhere literarische Kost und wurde in keinster Weise enttäuscht.

In seinem neuen Krimi schickt Ani gleich vier Ermittler ins Rennen die den Mord an einem Polizisten aufklären sollen. Geschickt verwebt Ani die Schiksale der unterschiedlichen Menschen miteinander, welche mal mehr oder weniger schuldig bzw.unschuldig sind. Durch die Fülle der Beteiligten verlangt das Buch dem Leser ein höheres Mass an Konzentration beim Lesen ab, was ich persönlich als angenehm empfinde.
Wie in allen Friedrich Ani Büchern fehlt auch in diesem der Bezug zu aktuellen Ereignissen nicht.
Der Aufbau des Buches, unterteilt in die vier Ermittler fand ich genial, vor allem wie die Geschehnisse am Ende solide und logisch zusammengeführt werden.

Alles in allem ein schriftstellerisch anspruchsvoller Krimi, der mir einfach nur Spass gemacht hat. Eine klare Leseempfehlung für Liebhaber anspruchsvoller Sparache und Literatur.
von Nele33 - 2019-08-19 12:25:00

Zu viele Köche verderben den Brei - 2 Sterne

Über den Inhalt möchte ich hier gar nicht viel verraten. Es gibt gleich zu Anfang einen verletzen Polizisten, wenig später gefolgt von einem toten Polizisten. Aber das sind längst nicht alle Toten, die in diesem Krimi Rätsel aufgeben.
Ebenfalls gibt es ganz einige Ermittler. Nicht nur die berühmten Ermittler Franck und Süden, aus den vorherigen Romanen, treten hier als Protagonisten auf. Auch der Ermittlern Fariza Nasri kommt eine zentrale Rolle zu.
Zusätzlich gibt es einen Erzählstrang mit einer Fluchtgeschichte aus Syrien, eine abgehalfterte Bademeisterin, einen ostdeutschen Rechtsradikalen und ein bisschen zeitgemäße politische Debatte.

Dieser Roman beinhaltet alles, was unsere Zeit gerade hergibt und dadurch auch irgendwie nichts. Mir wurde das alles spätestens in der Hälfte des Buches zu viel. So viele Themen werden angerissen und nicht wirklich abgehandelt.
Als dann zu guter Letzt noch sexuelle Belästigung und ein weiterer Mord dazu kommt, sah ich mich gezwungen meine Bewertung nochmals nach unten zu korrigieren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat der Roman für mich jede Glaubwürdigkeit verloren.

Vielleicht hätte ich es anders gesehen, wenn ich im Vorfeld bereits etwas von Friedrich Ani gelesen hätte und mit wenigstens einer handelnden Person vertraut gewesen wäre. Aber ich halte mich eigentlich für flexibel und aufmerksam genug, um damit umgehen zu können.

Stilistisch ist das Buch nicht schlecht. Dass der Autor schreiben kann, steht außer Frage, nur bin ich der Ansicht, dass er mit der Zusammenführung seiner Protagonisten ganz einfach über das Ziel hinausgeschossen ist und zu viel gewollt hat. Für mich geht sich das hier ganz und gar nicht aus. Ich musste mich streckenweise etwas quälen bei der Lektüre.
von Miro76 - 2019-07-03 21:57:00

Denkaufgabe - 4 Sterne

In München wird auf offener Straße eine Frau erschossen und ein Polizist verletzt. Ein weiterer junger Polizist wird am Tag einer rechten Demonstration mit einem Stein erschlagen. Beide Fälle stellen die ermittelnden Beamten vor ein Rätsel, sodass nicht nur das Spezialkommando verlegt wird, sondern sich auch sonst aus allen Reihen Spezialisten beteiligen...

Der Aufbau dieses Buches hat mir sehr gut gefallen. Da aus verschiedendsten Perspektiven erzählt wird, bekommt man viel Einblick in die unterschiedlichen Protagonisten und die Geschichte baut sich langsam auf. Der Nachteil an dieser Erzählweise ist jedoch leider, dass man sehr lange keinen Durchblick hat, weder in der Story selbst, noch bei den Charakteren oder wie diese zueinander stehen. Deshalb war es mir bei leider so, dass die ersten 150 Seiten nicht so wirklich Spannung aufgekommen ist. Danach hatte dieser Stil jedoch für mich bezüglich der Spannung und der versteckten Zusammenhänge nur Vorteile.

Die Sprache gefällt mir sehr gut. Der Roman ist flüssig zu lesen und spricht trotzdem sehr wichtige, gesellschaftspolitische Themen an. Gerade diese unterschwelligen Denkanstöße finde ich ganz toll.

Alles in allem habe ich dieses doch fordernde Buch - trotz anfänglicher Durchhänger - sehr gerne gelesen und werde sicher noch weitere Bücher des Autors entdecken.

Kein Buch nur so mal für zwischendurch - 5 Sterne

Aus einem Fenster in einem Haus am Weißenburger Platz in München wird eine Frau erschossen. Ein Polizist wird durch eine weitere Kugel verletzt. Kriminaloberkommissarin Fariza-Marie Nasri hat im Nachbarhaus einen Bekannten besucht und ist als erste am Tatort. Ermittelt ist der Schütze schnell, nur finden kann man ihn nicht. Bei ihren Recherchen stößt Fariza auf einen ungeklärten Polizistenmord, der das K111 vor eine wie es scheint unlösbare Aufgabe stellt.


Bereits in der dritten Zeile, bei der Begegnung von Tabor Süden und Fariza Nasri, fühle ich als Münchnerin mich durch den Lauf über den Marienplatz mitten in die Geschichte hineingezogen.
Über jedem Kapitel steht ein kleiner Satz, den man dann während des Lesens in den Abschnitt zuordnen kann. Eine gute Idee, die die komplexe Story etwas auflockert.
Zu Beginn eines jeden der fünf Teile bleibt es noch im Dunkeln, wer hier die Hauptperson ist. Das ergibt sich erst während des Lesens. Ich lerne nicht nur die vier Ermittler kennen: den ehemaligen katholischen Mönch Polonius Nikolai Maria Fischer, Jakob Franck, den „Verschwundenensucher“ Tabor Süden und
Kriminaloberkommissarin im K11 Fariza-Marie Nasri, sondern auch die einzigartigen Ermittlungsmethoden eines Jeden.

Ich liebe die bunte, facettenreiche, ruhige, blumige Sprache mit der Friedrich Ani mir seine Protagonisten und die Geschichte näher bringt. Obwohl die Spannung hier nur unterschwellig immer da ist, hat sie mich gefesselt. Man muss sehr viel mitdenken und vor allem aufmerksam lesen, damit man auch die kleinsten Feinheiten mitbekommt.
Vier Wochen bin ich mit den Ermittlern unterwegs, lerne sie und die verschiedensten Menschen kennen und bekomme einen tiefen Einblick in ihr Innerstes. Manches hat mich schockiert, anderes hat mich berührt. Alles zusammen ergibt einen Sinn und zeigt einfach, wie breit gefächert die menschlichen Eigenschaften und Abgründe sind.

Ich habe diese Geschichte, die mir Friedrich Ani hier vorlegt, wie ein Puzzle betrachtet. Immer neue Erkenntnisse füllen nach und nach die noch offenen Stellen. Bis sich schließlich ein klares, verständliches Bild vor meinen Augen präsentiert.

Der Autor legt mir hier aber nicht nur einen spannenden und interessanten Fall vor. Er beleuchtet auch den gegenwärtigen Stand in Deutschland. Friedrich Ani nimmt die derzeit herrschenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auseinander und hält mir einen Spiegel vor. Unfähige Polizei, Fremdenhass, Vorurteile, verschwundene Kinder, Altersarmut, der immer breiter werdende Graben zwischen Ost und West, zwischen arm und reich, ergeben einen spannenden Krimi und einen interessanten Gesellschaftsroman.

Kein Buch zum schnell mal weglesen, sondern eine besondere Lektüre zum Genießen und zun Nachdenken.
von gaby2707 - 2019-06-28 13:38:00