Schrocke, KathrinWeiße Tränen

Hardcover

mixtvision Mediengesellschaft mbH (2023)

240 Seiten; 23 mm x 142 mm; ab 13 Jahre

ISBN 978-3-95854-205-1

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Weiße Tränen

Besprechung
Dieses Buch ist vieles gleichzeitig: spannend, berührend, aufwühlend, schockierend. Vor allem aber hält es uns gnadenlos den Spiegel vor. Die ideale Lektüre zum alltäglichen Rassismus und zur Diskriminierung in unserer Gesellschaft. Weiße Tränen ist ideal, um im Unterricht für das Thema Rassismus ohne erhobenen Zeigefinger zu sensibilisieren. "Kathrin Schrocke hat einen erhellenden Roman geschrieben über diejenigen, die ihre Privilegien für selbstverständlich halten und sich keine Gedanken machen über die anderen, denen ihr gesellschaftlicher Anteil nicht so selbstverständlich zufällt. [Es] ist ein hochpolitisches und sozialkritisches Buch, doch der dialogisch, pointiert und oft ironisch geschriebene Roman wird nicht von seiner Botschaft erdrückt." Deutschlandfunk - "Andruck" "Kathrin Schrocke will Jugendliche ab 13 Jahren durch Lennis sich verändernden Blickwinkel für den alltäglichen Rassismus sensibilisieren. Das gelingt der Essener Autorin mit wirklichkeitsnahen wie authentischen Figuren, die ambivalent sind und vor allem glaubwürdig agieren. Überzeugend ist auch der lebendige Erzählton, der subtil die Balance zwischen locker leichtem jugendlichen Geflachse und durchaus ernsten Gesprächsthemen trifft und zwischen den Zeilen danach fragt, wie die Lesenden selbst ganz unbewusst im Alltagsrassismus gefangen sind." MDR Kultur "Eine starke Sensibilisierung für uns und eine absolute Empfehlung für Schulklassen." Deutschland Funk "Tolle Dialoge, schräges Setting [...] - obwohl es ein sehr, ernstes Thema ist, hat [das Buch] eine total unterhaltsame Verpackung, was das Wichtigste heute bei einem richtig guten Jugendbuch ist." Deutschlandfunk

Langtext
Lenni und Serkan sind beste Freunde. Bis der neue Mitschüler Benjamin auftaucht, die Theater-AG fast sprengt, einen beliebten Lehrer kritisiert und Rassismus offen anprangert. Lenni muss plötzlich Stellung beziehen. Aber für wen? Wer hat ihr eigentlich recht? Und was haben Elif und ihr Kopftuch damit zu tun? - Ein hochaktuelles, aufrüttelndes Jugendbuch, das für Diskriminierung sensibilisiert ohne erhobenen Zeigefinger - Über Freundschaft und Liebe, über Leben und Tod - über weiße Privilegien und Alltagsrassismus- Von Sensitivity Readerinnen beraten - Unterrichtsmaterial von Miriam Rosenlehner

Kathrin Schrocke wurde 1975 in Augsburg geboren. Sie studierte Germanistik- und Psychologie und arbeitete im Anschluss einige Jahre als Pressereferentin im Verlagswesen und als Dozentin in der Erwachsenenbildung. Seit 2003 ist sie als freischaffende Autorin tätig. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der realistische Jugendroman, ein Genre für das sie schon zahlreiche Auszeichnungen und Nominierungen erhielt. "Weiße Tränen" ist ihr drittes Werk bei Mixtvision.


Einführung in weiße Fragilität
von Lu
"Weiße Tränen" von Kathrin Schrocke ist ein fesselndes Jugendbuch, das die Geschichte von Lenni und Serkan erzählt, die beste Freunde sind, bis der neue Mitschüler Benjamin auftaucht. Benjamin ist der einzige Schwarze Schüler am Gymnasium und stellt bald nicht nur die Theater-AG auf die Probe, sondern kritisiert auch einen beliebten Lehrer und prangert Rassismus offen an. Lenni muss sich bald entscheiden, ob er im Happyland bleibt und seinen besten Freund verliert oder, ob er das Happyland verlässt und anfängt, seine Privilegien zu hinterfragen. Um Jugendlichen deutlich zu machen, wie verbreitet Alltagsrassismus ist und wie unerträglich das Nichtstun und die Ignoranz vieler Weißer ist, ist der Roman deshalb sehr gut geeignet. Ich kann ihn dazu auf jeden Fall sehr empfehlen!

Einen Stern Abzug gibt es, weil mir teilweise der Schreibstil und die Beschreibung einiger Charaktere nicht gefallen haben. Die Erzählerin bemüht sich um einen authentischen jugendlichen Sprachstil, wobei das nicht immer gelingt. Richtig gut wird der Roman immer dann, wenn sich die Autorin ans Prinzip „Show, don‘t tell“ hält und die Charaktere komplex gezeichnet werden, neue Seiten an ihnen sichtbar werden oder, wenn es überraschende Wendungen gibt. Auch dies gelingt nicht immer, aber gerade in der zweiten Hälfte des Romans immer konsequenter. Ich hätte mir insgesamt mehr Mut zu Intersektionalität gewünscht, die Kategorien Klasse und soziales Geschlecht kommen nur am Rande vor bzw. werden teilweise ausgeblendet, auch wenn die Geschichte eigentlich Chancen dafür geboten hätte - teilweise kommen die Charaktere, an denen dies hätte gezeigt werden können, aber nur kurz oder nur einmal vor. Ich freue mich also auf eine Fortsetzung der Geschichte, da ich davon überzeugt bin, dass die Autorin hier noch nicht alles auserzählt hat :)

Sensibel für den Alltag werden
Der Titel und das Cover mit der Faust im Wald sind bereits ein Blickfang und wecken das Interesse für die Geschichte.
Es wird aus der Sicht des Protagonisten Lenni erzählt, der ein Gymnasium besucht. Man bekommt Einblick in dessen schulischen und familiären Alltag. Als eines Tages ein neuer Schüler namens Benjamin in die Klasse kommt, beginnt für Lenni die scheinbar heile Welt zu bröckeln. Benjamin nimmt sich kein Blatt vor den Mund und zeigt Vorurteile auf. Er weist auch Herrn Prasch, einen sehr beliebten Lehrer, in die Schranken, als dieser das Stück für die jährliche Theatervorführung und die Besetzung dafür bekannt gibt. Plötzlich scheint Rassismus allgegenwärtig zu sein. Die Meinungen diesbezüglich gehen stark auseinander. Lenni hat zwar immer wieder ein komisches Gefühl, kann aber Benjamins Sichtweise nicht verstehen und hält sie für übertrieben. Sein bester Freund Serkan und dessen Schwester Elif stehen eindeutig auf Benjamins Seite. Somit bekommt auch die Freundschaft Risse. Immer wieder versuchen die Geschwister Lenni zu zeigen, dass sie sich in der Gesellschaft mehr beweisen müssen und ständig mit Vorurteilen zu kämpfen haben, obwohl sie in Deutschland geboren sind. Lenni beginnt erst umzudenken, als er merkt, dass auch seine Familie nicht frei von Rassismus ist. Als er seine Eltern bittet, Elif einen Praktikumsplatz in ihrem Bestattungsunternehmen zu geben, haben diese plötzlich Bedenken, weil die Schülerin ein Kopftuch trägt. Von da an sieht Lenni mehr und mehr, womit Serkan, Elif und Benjamin auf Grund ihrer Hautfarbe und der Herkunft ihrer Eltern bzw. Großeltern täglich konfrontiert sind.
Mit der Geschichte ist es der Autorin gelungen, über scheinbar harmlose Alltagssituationen nachzudenken. Nicht immer ist Rassismus in Form von Beleidigungen oder Gewalt sichtbar. Auch nett gemeinte Worte können voller Vorurteile stecken und beim Gegenüber anders ankommen, als sie vielleicht gemeint sind. Was mir ein bisschen gefehlt hat, war, dass auch Benjamins Worte, die manchmal sehr verallgemeinernd waren, keine Konsequenzen hatten. Es wurde zwar aufgezeigt, dass er über die Stränge geschlagen hat, es verläuft jedoch im Sand, als klar wird, dass beispielsweise das ausgewählte Theaterstück und die Rollenverteilung kritisch betrachtet werden müssen.
Das Buch regt dazu an, Situationen kritisch zu hinterfragen und die eigene Wortwahl zu sensibilisieren. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und würde es ab ca. 15 Jahren empfehlen, da für Jüngere einige Zusammenhänge und Anspielungen schwer zu verstehen sein könnten.

Unbedingt lesen!!!
von Daggy
„Wenn weiße Menschen mit Rassismus und ihrem Weißsein konfrontiert werden, fühlen sie sich oft ungerecht behandelt und lenken mit den eigenen Emotionen von den Betroffenen ab. Dieses Verhalten wird als White Tears beschrieben.“
Auch ich empfinde es oft als schwierig, wenn ich merke, dass ich doch wieder einen rassistischen Gedanken habe oder ihn sogar ausspreche. Neben der Scham spüre ich dann auch, dass ich mich gerne rechtfertigen möchte, dass ich irgendwas finden möchte, dass von mir als Täterin ablenkt.
Lenni und Serkan sind seit der Kita Freunde und die Familien waren damals Nachbarn. Lennis Eltern führen jetzt ein Beerdigungsunternehmen und leben deshalb jetzt in einem anderen, besseren Stadtteil als Serkans Familie. Beide Jungen sind viele Jahre in der Theater-AG und deren Leiter ist Lennis Lieblingslehrer.
Doch als dunkelhäutige Benjamin auftaucht, stellt er gleich zu Recht die „Schule ohne Rassismus“ in Frage. Viele alltägliche Kleinigkeiten verdienen diese Bezeichnung nicht.
So muss sich Serkan als Osama ansprechen lassen und das Musical „King Kong“ ist auch nicht frei von rassistischen Elementen, die keiner wahrhaben möchte. Elifs Kopftuch bietet ebenfalls viel Stoff, zumal die Vorbehalte als Schutz für die Trägerin dargestellt werden.
Lenni tut sich sehr schwer Stellung zu beziehen und braucht einige Zeit, bis er versteht, dass Herr Prasch nicht von allen Schülerinnen und Schülern so gemocht wird, wie von ihm. Und dass das seine Gründe hat.
An einigen Stellen des Buches war ich erstaunt, dass vieles anders aussieht, als es scheint und dass ich mir mal wieder an meine Nase fassen musste, weil ich auch in Stereotypen denke.
Ein wichtiges Buch, dass klar macht mit welchen Problemen Deutsche mit internationaler Geschichte zu kämpfen haben und dass wir immer wieder versuchen müssen, diesen Rassismus zu erkennen und zu benennen.
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