Johannes ErlemannBefreit

E-Book (EPUB)

Penguin Verlag (2024)

288 Seiten

ISBN 978-3-641-30949-7

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Kurztext / Annotation
»Ich bin kein Opfer, ich bin ein Überlebender.«
Die Entführung von Johannes Erlemann gehört zu den spektakulärsten Verbrechen der Nachkriegszeit. Der Sohn des international agierenden Investors Dr. Jochem Erlemann ist elf Jahre alt, als er im März 1981 von drei Männern überfallen und brutal in ihre Gewalt gebracht wird. Schnell vermutet die Polizei in den Tätern Geschäftspartner seines berühmten Vaters, der mit seinen cleveren Konzepten Finanzgeschichte schrieb und die Bundesregierung mitunter schon mal zu Gesetzesänderungen nötigte. Denn kurz vor Johannes Entführung wird sein Vater mit dem Verdacht auf Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft festgesetzt. Johannes Erlemanns einzige Hoffnung: Er selbst. Er gibt nicht auf und kämpft sich durch unvorstellbare Abgründe seines kleinen Lebens. Nach Zahlung der höchsten Lösegeldsumme, die jemals in Deutschland für eine Kindesentführung bezahlt wurde, kommt er frei.

40 Jahre später begibt sich Johannes Erlemann auf die Suche nach seiner verlorenen Kindheit. Die schonungslose Konfrontation lehrt ihn einen versöhnlichen Umgang mit dem Schicksal. Erstmals erzählt Erlemann nun in bewegenden Worten von seiner lückenlosen Aufarbeitung dieser einzigartigen Kriminalgeschichte. Und davon, warum er heute sein Leben mit allen Höhen und Tiefen gegen nichts eintauschen würde. Eine inspirierende Geschichte, die Hoffnung und Mut im Umgang mit schweren Krisen macht. Aber auch eine spannende Zeitreise, ein echter Wirtschaftskrimi und ein Gesellschaftsportrait zugleich.

Mit 16-seitgem Bildteil

Jetzt auf RTL+: Der Spielfilm »Entführt - 14 Tage Überleben« und die Dokumentation »Lebenslänglich Erlemann«

Johannes Erlemann, geboren 1969, wuchs als Sohn des international agierenden Investors Dr. Jochem Erlemann auf und verbrachte weite Teile seiner Kindheit in Südfrankreich und Tirol.

Jahrzehnte später steht Johannes Erlemann als Co-Produzent eines von Veronica Ferres für RTL inszenierten Spielfilms und einer vierteiligen Dokumentation über sein Schicksal den Originalschauplätzen seiner Entführung gegenüber. Durch die kompromisslose Aufarbeitung möchte er auch anderen bei der Überwindung von schweren Krisen helfen.

Johannes Erlemann arbeitet als Journalist, Film- und Fernsehproduzent und lebt in Köln.

Textauszug
»WENN MIR EINES ZUWIDER IST, DANN IST ES PROVINZIALITÄT.«

Wie die Siebziger mein Lebensgefühl prägten und die Leibwache von Staatsminister Wischnewski mir das wahre Gesicht meines Vaters zeigte.

Ennio Morricones »Spiel mir das Lied vom Tod« tönt aus den Lautsprechern. Papi läuft rüber und dreht die Anlage mit ordentlich Druck voll auf. Jetzt dauert es nur noch wenige Sekunden und schon fliegt die erste Smirnoff-Flasche an ihm vorbei. Sie kracht mit wildem Getöse in die Cimbali-Espressomaschine. Das ging daneben. Aber egal. Die nächste Wodkaflasche ist schon unterwegs und rauscht über die Theke, die sich einmal quer durch die Bar in den Katakomben des ehrwürdigen Jagdschlosses Kühtai erstreckt.

Wir sind in Tirol auf 2020 Höhenmetern. Es ist fünf Uhr morgens in einer jener Nächte, die nicht enden dürfen. Nur noch die engsten Freunde sind da, man ist unter sich und es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kommen würde, die Schallplatte mit dem Soundtrack zu Spiel mir das Lied vom Tod aufzulegen. Sobald diese Musik läuft, weiß jeder, was er zu tun hat.

Während der Kellner eilig versucht, das wertvollste Interieur in Sicherheit zu bringen, holt der Barchef reihenweise Sechserkisten mit Wodka aus dem Lager. Prinz Michael von Preußen packt schon mal die Flaschen aus den Kisten. Papi hat bereits mit strengem Blick seine John-Wayne-Haltung eingenommen und Mami ihre Position am anderen Ende der Theke. Sie ist die »Fängerin«. Das heißt, sie schnappt die Flaschen, die über die Theke hinausfliegen, und feuert sie über den Handlauf am Tresen wieder zurück zum Absender. Das kann sie unheimlich gut.

Mainhardt Graf von Nayhauß, ein bedeutender Journalist und Bundesverdienstordenträger aus Bonn, versucht sich derweil davonzustehlen. Ihm ist dieses Spiel peinlich.

»Maini! Bleib hier!«, ruft Gräfin Plettenberg oder besser gesagt »Bügelhügel«, wie wir sie liebevoll nennen. Bügelhügel zieht einmal kräftig an ihrer verlängerten Zigarettenspitze und ergänzt mit tiefrauchiger Stimme: »Du willst mich doch nicht mit diesen Verrückten hier alleinlassen.«

Was wohl Kaiserin Sissi zu alledem gesagt hätte? Die war vor rund achtzig Jahren noch Hausherrin des Jagdschlosses aus dem 17. Jahrhundert. Nun ist ihr Urenkel, Graf Carl zu Stolberg-Stolberg, der Chef im Haus. Er hat es in den Fünfzigerjahren in ein ganz besonderes Hotel verwandelt. Viele Gäste wurden zu Freunden, darunter meine Eltern. Papi konnte ihn davon überzeugen, uns das Dachgeschoss zum liebevollen Ausbau und als eine Art zweiten Wohnsitz zu überlassen.

Die Musik erreicht ihren Höhepunkt und Papi ist mal wieder in Bestform. Nun schießen die Wodkaflaschen Schlag auf Schlag über den Tresen und werden mit nahezu akrobatischer Leichtigkeit von Mami aufgefangen und zurückgeschossen. Die Gäste sind außer sich. Papi genießt ihre Aufmerksamkeit. Allerdings auch die des Habsburger Gemüts, Graf Carl, der plötzlich im Türrahmen auftaucht und wie üblich zwischen aristokratischer Empörung und anerkennender Zustimmung (wegen der morgendlichen Umsätze) zu schwanken scheint. Am Ende winkt er ab und geht wieder schlafen. Auch er kennt das Spiel und außerdem ist er seit Jahren mit meinem Vater befreundet.

Papis kontinuierliches Engagement im Sellraintal hat ihn zum Präsidenten der Skischule, Förderer der nationalen Rennmannschaft und zum Ehrenmitglied der Tiroler Kaiserjäger gemacht. Seine Leidenschaft für die einzigartige Gebirgswelt hatte bei ihm schließlich den Wunsch geweckt, hier ansässig zu werden. Dank seiner hervorragenden Verbindungen zu der zuständigen Gemeinde klappte das und so wurde auch ich im Alter von sechs Jahren zum österreichischen Staatsbürger. Das war in Ordnung. Doch wirklich heimisch fühlte ich mich an der Côte d'Azur.

Seit meiner jüngsten Kindheit reisten wir in die gesegnete Region an der Französischen Riviera. Anfangs ins alte Grimaud, einen charmanten W



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