Elizabeth Finch
Hardcover
Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Verlag (2022)
240 Seiten; 23 mm x 133 mm
ISBN 978-3-462-00327-7
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€ 24,70
Besprechung
»Beim Lesen werde ich klüger.« Elke Heidenreich Der Spiegel KulturSpiegel 20221211
Langtext
Der neue Roman Julian Barnes' über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird.
Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht an der Abenduni eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar Affären und Liebeleien, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen - und stürzt sich in ein Studium Julian Apostatas, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel zur Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Der Schlüssel zur Gegenwart liegt nicht selten in der Verhangenheit, das zeigt dieser kenntnisreiche Roman auf unnachahmliche Weise.
Das Buch ist eine intelligente Hommage an die Philosophie, ein Ausflug in die Geschichte, eine Einladung, selbst zu denken.
eine romantische Stoikerin
Ein neuer Roman von Julian Barnes ist schon etwas besonderes. Er ist einer der wichtigsten englischen Schriftsteller neben Ian McEwan.
Das Buch wird von seiner Erzählart geprägt. Der Erzähler Neil berichtet in bewundernder Art von seiner Dozentin Elizabeth Finch, mit der er sich viele Jahre lang trifft.
Elizabeth Finch, auch nur EF genannt, gibt geschichtliche Vorlesungen für einen Erwachsenen-Fortbildungskurs. Sie ist unkonventionell, originell und bewahrt immer Haltung.
Neil ist eine leicht gescheiterte Existenz. Er war früher Schauspieler, bis er kein Engagement mehr bekommen hatte.
Er sonnt sich ein wenig in Elizabeth Anwesenheit.
Anfangs war ich sehr begeistert, doch mich störte dann, dass man an EF als Leser einfach nicht herankommt. Sie bleibt stets beherrscht und distanziert.
Doch dann gibt es einen Bruch in der Geschichte. EF stirbt und erst durch ihren Nachlaß an Notizbüchern kommt man ihr etwas näher.
Der Mittelteil besteht dann aus einem langen Essay, ausgehend von dem römischen Kaiser Julian und den Äußerungen von Milton, Voltaire und Ibsen.
Im dritten Teil des Buches ist Neil wieder auf den Spuren Elizabeth und versucht ihre Biografie zu rekonstruieren. Aber sie bleibt ein Rätsel.
Man merkt schließlich, dass es in dem Buch auch viel um Neil geht, seine Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen.
Elizabeth Finch ist ein geschickt gemachter Roman, wie man es von Julian Barnes gewohnt ist.