Lehner, AngelaVater unser

Taschenbuch

Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG (2021)

288 Seiten; 20 mm x 122 mm

ISBN 978-3-423-14792-7

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Vater unser

Besprechung
Ein wahrhaft wahnsinniges Debüt Sortimenterbrief, Juni 2021

Kurztext / Annotation

Wer ist hier eigentlich verrückt und muss vor wem gerettet werden? Angela Lehner definiert Geistesgestörtheit neu - hochkomisch, besserwisserisch und zutiefst manipulativ.



Langtext

Ein wahrhaftig wahnsinniges Debüt

Die Polizei hat sie hergebracht, in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals. Nun erzählt sie dem Chefpsychiater Doktor Korb, warum es so kommen musste. Sie spricht vom Aufwachsen in der erzkatholischen Kärntner Dorfidylle. Vom Zusammenleben mit den Eltern und ihrem jüngeren Bruder Bernhard, den sie unbedingt retten will. Auf den Vater allerdings ist sie nicht gut zu sprechen. Töten will sie ihn am liebsten. Das behauptet sie zumindest. Denn manchmal ist die Frage nach Wahrheit oder Lüge selbst für den Leser nicht zu unterscheiden. In ihrem fulminanten Debüt lässt Angela Lehner eine Geistesgestörte auftreten, wie es sie noch nicht gegeben hat: hochkomisch, besserwisserisch und zutiefst manipulativ.



Angela Lehner, 1987 in Klagenfurt geboren und in Osttirol aufgewachsen, lebt heute in Berlin. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaft in Wien, Maynooth und Erlangen. Ihr Debütroman 'Vater unser' (2019) wurde u. a. für den Deutschen Buchpreis nominiert und mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Zudem erhielt sie den Rauriser Literaturpreis (2020) sowie das Achsensee-LiteraTour-Stipendium (2022).


Vater unser
Eva ist manipulativ und irgendwie bekommt man das Gefühl, dass es ihr ganz recht ist, in die Psychiatrie eingeliefert zu werden. Sie weiß alles besser und mit ihrem Mundwerk therapiert sie sich selbst, die anderen Patienten, den Psychiater Korb und den Leser gleich mit. Teilweise habe ich "femdgeschämt", dann wieder "fremdgefreut", denn die Psychiatrie ist laut Eva gar nicht so schlimm, nur langweilig und blödsinnig halt. Wie "geistesgestört" muss man sein, um sein einen genialen Erstlingsroman zu schreiben? Angela Lehner manipuliert auch den Leser, denn beim Ende war ich mir plötzlich meiner Sache nicht mehr sicher: Lügt Eva und war es doch ganz anders? Großartig geschrieben, sehr witzig und doch äußerst intensiv!
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