Christian NürnbergerMutige Menschen

E-Book (EPUB)

Gabriel in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH (2023)

336 Seiten; ab 12 Jahre

ISBN 978-3-522-63076-4

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Kurztext / Annotation
Spannende und unterhaltsame Kurz-Biografien von mutigen und inspirienden Persönlichkeiten - vom Spiegel-Bestseller-Autor erzählt. Christian Nürnberger erzählt von Frauen und Männern, die Mut bewiesen haben oder immer noch beweisen: Mut, die Dinge anders zu sehen, mit der bisherigen Tradition zu brechen oder einer Übermacht die Stirn zu bieten. Sie kämpfen für Gerechtigkeit, für die Demokratie, für Feminismus, für mehr Klimaschutz, gegen Unterdrückung, Überwachung, Rassismus oder Korruption. Dabei riskieren sie viel und ob sich ihr Einsatz lohnen wird, wissen sie nicht. Porträts von: - Peter Benenson - Simone de Beauvoir - Bartolomé de Las Casas - Mahatma Gandhi - Maria Kolesnikowa - Martin Luther - Nelson Mandela - Alexej Nawalny - Rosa Parks - Disha Ravi - Bertha von Suttner - Edward Snowden - Ray Wong

Christian Nürnberger (Jahrgang 1951) ist ein hochkarätiger Autor. Der Journalist studierte Theologie, arbeitete als Reporter bei der Frankfurter Rundschau, als Redakteur bei Capital, und als Textchef bei Hightech. Seit 1990 arbeitet er als freier Autor. Für 'Mutige Menschen - Widerstand im Dritten Reich' wurde er mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 ausgezeichnet. Seine Luther-Biografie 'Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der größte Bestseller aller Zeiten' stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste

Textauszug

Vorwort

Mut ist etwas Sonderbares. Man hält die Sache für klar und denkt nicht weiter darüber nach, aber in meiner Familie lebte ein Kater, der mich lehrte, dass es so einfach auch wieder nicht ist.

Regelmäßig sah ich ihn jenseits unseres Gartenzauns durch den Stadtpark streifen. Manchmal kam ein Hund des Weges, erspähte von Weitem den mit seinem weiß-roten Fell gut sichtbaren Kater - und sofort passierte, was für solche Fälle die Natur vorgesehen hat: Adrenalingetrieben schoss der Hund wie eine Rakete aus dreißig Metern Entfernung auf seine Beute zu. Nun hätte eigentlich Teil zwei des von der Natur vorgesehenen Programms starten müssen: Mein Kater hätte in höchster Eile auf den nächsten Baum oder über den Zaun fliehen sollen.

Tat er aber nicht. Er stellte sich mit seiner Breitseite auf, machte einen Buckel, sträubte das Fell, fauchte und hob die Tatze. Und machte die Erfahrung, dass es wirkte. Die meisten Hunde zogen in gebührendem Abstand die Notbremse, trollten sich und taten so, als ob nichts gewesen wäre. Einige andere aber ließen sich davon nicht beeindrucken oder glaubten es nicht und rasten in unvermindertem Tempo auf meinen Kater zu, bis sie für ihn in Reichweite waren - und bekamen von ihm fürchterlich eine gewischt. Wer jemals die ausgefahrenen Krallen einer Katze auf seiner Haut gespürt hat, kann sich deren Wirkung in der weichen Hundeschnauze vorstellen. Solche Hunde, und seien sie noch so groß, ziehen gedemütigt winselnd von dannen.

Einmal, ein einziges Mal, hatte ich bisher indirekt beobachten können, dass die Strategie, dem Gegner furchtlos drohend ins Gesicht zu blicken, offenbar nicht funktionierte. Ich weiß nicht, warum. Ich war nicht im Park, habe den Hund nicht gesehen, sondern saß im Garten und sah, wie unser Kater panisch über den Zaun sprang, durch den Garten raste, über den Fischteich zu springen versuchte und ins Wasser platschte.

Das hat mich nicht nur amüsiert, sondern auch beruhigt, denn ich dachte immer: Mut ist für solche Fälle von der Natur aus guten Gründen nicht vorgesehen. Realistisch betrachtet hatte mein Kater gegen einen großen Hund keine Chance. Irgendwann wäre eine Dogge oder ein Kampfhund gekommen und hätte ihn in der Luft zerfetzt, darum wäre es für ihn stets »vernünftiger« gewesen, davonzulaufen. Aber offenbar konnte mein Kater unterscheiden, welche Hunde von seinem Mut zu beeindrucken waren und welche nicht. Jedenfalls hoffte ich das.

Den Mut verloren hatte er durch diese Begegnung mit einem Hund, der es offenbar »ernster meinte« als die anderen, übrigens nicht. Schon wenige Tage nach seiner »Schlappe« hatte ich wieder einen Hund winselnd das Feld räumen sehen.

Ich frage mich: Woher nahm mein Kater diesen Mut? Die meisten Katzen fliehen. Er blieb stehen. Und woher wusste er, wann es besser ist zu fliehen? Warum setzte er sich überhaupt der Gefahr aus, wenn er sich durch einen einfachen Sprung über den Zaun sofort in Sicherheit hätte bringen können? Ich glaube nicht, dass es Abenteuerlust war, dass es ihm Spaß gemacht hat, sich einem Hund in den Weg zu stellen. Ich bin mir sicher, dass er Angst hatte, wenn so eine Bestie auf ihn zustürmte. Aber irgendetwas zwang ihn, seine Angst zu überwinden und dem Fluchtreflex zu widerstehen. Vielleicht verfügte mein mutiger Kater über eine Art Wertesystem, das ihm sagte: Das hier ist dein Revier, darauf haben fremde Eindringlinge nichts zu melden, und wer es dennoch probiert, kriegt deine Krallen zu spüren.

Großes Gewicht bekommt die Frage nach dem Mut, sobald man sie auf Menschen, Gruppen, Völker anwendet. Warum kuschen die meisten Menschen vor ihrem Chef? Warum schweigen so viele in der U-Bahn, oder sehen weg, wenn ein paar Rechte einen Schwarzen anpöbeln oder Teenager einen Obdachlosen? Warum schweigen in Deutschland ganze Dörfer, wenn einer kommt und nach der Zeit zwischen 1933 und 1945 fragt?

Ja, es gab Ausnahmen, gibt immer Ausnahmen. Es gibt Mensche



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