Balàka, BettinaDer Zauberer vom Cobenzl

Hardcover

Haymon Verlag Ges.m.b.H. (2023)

248 Seiten; 22 mm x 130 mm

ISBN 978-3-7099-8207-5

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Der Zauberer vom Cobenzl

Langtext
Zwei Frauen, eine spricht die Sprache der Musik, die andere die der Wissenschaft.Reichenbach zwischen Aufstieg und Fall: ein Imperium erbaut auf Licht, der Mann, dem es gehört, gestrickt aus Hunger. Es ist das Jahr 1844 und in Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach brennt der Wissensdrang so nah an der Oberfläche wie Kometen kurz vor dem Einschlag. Er sucht unerbittlich nach der Bestätigung seiner These: der Existenz von "Od". Jene wie ein Feuerschein aus allen Dingen und Lebewesen strömende Kraft, die zu sehen nur wenigen vergönnt ist. Reichenbach ist ein Emporkömmling der ersten Klasse, klammert an der Leiter, die Ruhm verspricht. Adelstitel, Renommee und Schloss hat er sich hart erarbeitet. Von Rückschlägen geprägt, ist er es gewohnt, dass die Gerüste seiner Existenz stets zu bröckeln drohen. Von Stuttgart und Tübingen über Blansko in Mähren hat das Schicksal ihn und seine zwei Töchter Hermine und Ottone nach Wien, zum Schloss Cobenzl, verschlagen. Dort ist Reichenbach dem "Od" auf der Spur, unterstützt durch Hermine, die sich wie der Vater der Forschung verschrieben hat. Experimente mit "Sensitiven" sollen beweisen, was Reichenbach bereits weiß. Welche Möglichkeiten hat man als Frau des 19. Jahrhunderts wirklich?Es sind die Zeiten, die Hermine und Ottone im Wege stehen, aber auch neue Wege für sie aufschlagen denn die Revolution rüttelt nicht nur Europa wach - sondern auch die Töchter Reichenbachs. Sie stehen dem Patriarchen entgegen: beide voller Wut und Ambitionen, beide verliebt in Männer, die ihnen nahestehen und doch ferngehalten werden. Beide über zwanzig und unverheiratet. Und dennoch: jedes einzelne "Nein", jede Ablehnung, den Wünschen und Bedürfnissen der Töchter Raum zu geben, jede Missachtung und Missbilligung des Vaters hallt tief bis in die Knochen. Und errichtet gleichzeitig ein Schloss, das nicht von Mauern und Zauber aufrecht gehalten wird, sondern durch Säulen aus Resilienz und Widerstand. Wer wird die erste sein, die ausbricht? Bettina Balàka spielt mit allen Arten von Feuer Beim Zauberer am Cobenzl spitzt sich die Lage immer weiter zu. Wird er die ewigen Zweifler überzeugen können? Wird er seine Töchter, die sich nicht mehr dem neigen, was der Vater sich wünscht, versöhnlich stimmen? Wird ihm der Aufstieg ein letztes Mal gelingen? Ist das "Od" - dem er so gänzlich verfallen scheint - sein Untergang? Oder sind es seine Töchter? Mit "Der Zauberer vom Cobenzl" schnürt Bettina Balàka eine Geschichte aus Magie und Wissenschaft, Feuer und Forschung und der Befreiung einer Frau, die ihrem Vater in nichts nachsteht.

Bettina Balàka zeigt einmal mehr, wie spielerisch sie lebendige Figurenzeichnung, geschichtliches Wissen und feinsinnigen Humor zu großer Literatur verflicht. Geboren 1966 in Salzburg, lebt sie als freie Schriftstellerin in Wien. Balàka wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Theodor-Körner-Preis (2004), dem Salzburger Lyrikpreis (2006) und dem Georg-Trakl-Förderungspreis für Lyrik (2018). Bei Haymon erschienen zuletzt: "Die Prinzessin von Arborio" (2016) und "Kaiser, Krieger, Heldinnen. Exkursionen in die Gegenwart der Vergangenheit" (2018). Im August 2023 erschien Balàkas neuer Roman "Der Zauberer vom Cobenzl" bei Haymon.


Unterhaltsam und anspruchsvoll
Obwohl Bettina Balàka mit „Der Zauberer vom Cobenzl“ ihr 21. (!) Buch veröffentlicht, ist es (soweit ich mich erinnere) mein erster Roman dieser preisgekrönten österreichischen Schriftstellerin.
Es wird aber nicht mein letzter bleiben, denn dieser feinsinnige historische Roman hat mir ziemlich gut gefallen!

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist Europa in Aufbruchsstimmung. Erfindungen und Entdeckungen werden gemacht, und die westliche Menschheit wähnt sich kurz vor den Enthüllung der letzten Geheimnisse des Universums.
Neue Wissenschaften sollen alten Aberglauben ersetzen und neue Techniken das Leben erleichtern anstatt der Religion. Aus dieser Zeit lässt Balàka ihre Ich-Erzählerin Hermine aus ihrem Leben und aus weiblichen Blickwinkel berichten.
Sie und ihre Schwester Ottone wachsen nach dem frühen und qualvollen Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater auf. Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach ist ein typisches Kind seiner Zeit und wird Zeit seines Lebens auf der Suche nach einem Beweis für die Existenz von „Od“ [Alles in der gesamten Natur druchdringendes Dynamid] sein.

Auch Balàkas Erzählerin brennt leidenschaftlich für die Naturwissenschaften und hilft ihrem Vater bei ihren Forschungen. Doch wie kann eine Frau zu dieser Zeit, in der die Gesellschaft einen anderen Platz für Frauen vorsieht, in diesem Feld eigenständig bestehen?

„Ich war ein seltsames Tier, ein Fabelwesen, eine Chimäre. Es machte mich stolz und einsam zugleich.“

Dieser Roman bietet mir auf vielen Ebenen Zugangsmöglichkeiten. Balàka beleuchtet nicht nur das Verhältnis Mensch und Wissenschaft sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Vater und den Töchtern und das Band der Schwestern untereinander.
Besonders gefiel mir das Gefühl sehr authentisch in eine ganz andere Zeit und eine andere Gedankenwelt einzutauchen.

Unterhaltsam und anspruchsvoll zugleich, ein toller literarischer und historischer Roman!

Geschichte einer Familie im 19.Jahrhundert

Bettina Balaka lässt Hermine, die Tochter von Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach, die Geschichte der Familie erzählen. Von der Liebe zur Wissenschaft, dem Drang nach Selbstbestimmtheit der beiden Schwestern und den Umbrüchen im Europa des 19.Jahrhundert.
Ausgezeichnet recherchiert, in wunderbarer Sprache ein Lesegenuss!

Willkommen auf Schloss Cobenzl
In ihrem neuen Roman lädt uns Bettina Balàka zu einem Besuch auf dem Schloss Cobenzl im 19. Jahrhundert ein. Dort lebt Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach mit seinen Töchtern Hermine und Ottone. Während der Vater sich in seinen naturwissenschaftlichen Theorien verrennt, haben seine Töchter die Freiheit sich ihren eigenen Interessen zu widmen, was bei Hermine die Botanik und bei Ottone die Musik ist. Doch im Zuge der Revolution zerbricht auch das familiäre Gefüge und die beiden jungen Frauen suchen ihre Freiheit. Sie lassen das Schloss Cobenzl und seine grünen Weiten hinter sich, um ein selbstbestimmtes Leben in Wien zu führen.

Dieses Buch ist nicht nur eine spannende Familien- und Emanzipationsgeschichte, sondern erweckt auf wunderbare Weise ein Stück Lokalgeschichte zum Leben. Große Leseempfehlung!

Der Zauberer vom Cobenzl
von Lucia Kirchner-Krämer
Historische Roman-Biografien von Frauen, die zu ihrer Zeit nicht - oder nicht genügend - gewürdigt wurden, gibt es derzeit viele auf dem Markt - und das auch zu Recht. Bettina Balakas Buch sticht allerdings in jeder Hinsicht hervor: Es ist zwar die Geschichte der Botanikern Hermine von Reichenbach, die zu ihren Lebzeiten anonym veröffentlichen musste. Aber es ist genauso die Geschichte ihres Vaters, Karl von Reichenbach, einem Chemiker, Naturforscher und Industriellen, der im Laufe seines Lebens von der faktenbasierten Forschung in eher esoterische Dimensionen abgerutscht ist. Es ist auch die Geschichte des Wissenschaftsbetriebs des Biedermeier und dann ab der Revolution von 1848, die vieles verändert hat. Und die ihrer Schwester Ottone, die auf ihre eigene Weise Loslösung vom Elternhaus sucht und die ihr nicht gelingt.
In einer unglaublich schönen, poetischen Sprache schildert Balaka sehr eindringlich Leben und Streben im 19. Jahrhundert. Überschrieben sind die Kapitel mit Wortschöpfungen aus dem Wissenschaftsbetrieb, auch Hermine hat ihren Forschungsgegenstand, Pflanzengefäße, benannt. "Als Frau habe ich keinen Namen in der Wissenschaft, doch mein Kind, meine Arbeit, lebt selbstständig fort."
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