Gael FayeKleines Land

Allgemeine Handelsware

Piper (2017)

224 Seiten

ISBN 978-3-492-05838-4

Besorgungstitel, lieferbar voraussichtlich innerhalb von 14 Tagen

Kleines Land

Langtext
"Bevor all das geschah, von dem ich hier erzählen werde, gab es nur das Glück, das nicht erklärt werden musste. Wenn man mich fragte, wie geht es dir, habe ich geantwortet: gut." Damals traf sich Gabriel mit seinen Freunden auf der Straße, erlebte seine Kindheit wie in einem paradiesischen Kokon. Bis seine Familie zerbrach und fast zur selben Zeit sein kleines Land, Burundi, bei einem Militärputsch unvorstellbare Grausamkeiten erdulden musste. Und seine Mutter den Verstand verlor. 20 Jahre später erst, nach der Flucht mit seiner Schwester nach Frankreich, kehrt Gabriel in eine Welt zurück, die er längst verschwunden glaubte. Doch er findet dort etwas wieder, das er für unwiederbringlich verloren hielt...


Berührender Entwicklungsroman
Mit klarer und lebhafter Sprache schildert Gael Faye die Kindheit von Gabriel, der im Burundi der Neunzigerjahre aufwächst. Während der erste Teil des Romans sich auf die glücklichen Jahre, die einer kleinen Idylle gleichen, fokussiert, behandelt der zweite Teil den krassen Gegensatz der blutigen und brutalen Auseinandersetzungen zwischen Hutu und Tutsi. Als Sohn eines Franzosen und einer Ruanderin gerät Gabriel zwischen die Fronten und muss lernen, dass man sich nicht vor allem verstecken kann...

Gael Faye erzählt von den Grauen des Krieges, von der Suche nach Identität, von den kleinen Samen unrechten Tuns, die sich zu Blumen des Bösen entwickeln.
Ein beeindruckender und authentischer Roman für Leser, denen bspw. "Underground Railroad" (Colson Whitehead) gefallen hat.

Junge französische Literatur mit afrikanischen Wurzeln
Der kurze französische Roman über Kindheit, Bürgerkrieg und den Verlust der Heimat, hier konkret Burundi, kann mit seiner gut gemachten, musikalisch wirkenden Sprache überzeugen. Der Stil erinnert an eine Afrika-spezifische Art des italienischen Neorealismus.

Die Kindheit des Erzählers Gabe scheint bis zum Alter von 11 Jahren paradiesisch, aber da aus der Gegenwart in Frankreich zurückdenkend erzählt wird, ahnt man schon, dass dieser Zustand mit dem nahenden Bürgerkrieg 1994 bald enden wird.
Zwischen Hutu und Tutsi kommt es in Ruanda zum blutigen Konflikt, der auch auf das Nachbarland Burundi ausstrahlt. Es kommt zu schockierend brutalen Massakern, in der auch Gabe und seine Familie hineingezogen werden. Diese Erlebnisse werden Gabe auch im Exil nicht mehr loslassen.

Das Buch ist ein Debüt und wurde in Frankreich mit dem Prix Goncourt des Lycéens ausgezeichnet.
Man kann in Lesepausen einen Soundtrack zum Buch zusammenstellen, mit dem im Roman erwähnten Sänger Geoffrey Oryema oder dem Autor selbst, der auch HipHop-Musiker ist.

Kleines Land
Frankreich bringt zur Zeit großartige Literaten hervor: Gael Faye, Leila Slimani, Yasmina Reza, etc. Gael Faye musste mit 13 Jahren Burundi verlassen. Als Sohn einer Tutsi Mutter, die aus Ruanda vertrieben wurde und eines Franzosen, war seine Sicherheit in einem Land, indem jeder Putsch von Morden, Vergewaltigungen, ethnischer Säuberung gefolgt wird, nicht mehr möglich. Es ist das Ende seiner Kindheit, einer Zeit, die ihm sehr viele schöne Momente beschert hat. Faye beschreibt Burundi als ein Land, indem ein Kind glücklich aufwachsen kann, obwohl der Krieg vor der eigenen Haustür nicht haltmacht. Diese glücklichen Tage überwältigen den Leser und man könnte dem Erzähler ewig zuhören.
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