Walter MoersDer Bücherdrache

E-Book (EPUB)

Penguin Verlag (2019)

176 Seiten

ISBN 978-3-641-23423-2

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Kurztext / Annotation
Die Buchlinge sind wieder da!
In den Katakomben von Buchhaim erzählt man sich eine alte Geschichte vom sprachmächtigen Drachen Nathaviel. Angeblich besteht er aus lauter Büchern, die von der mysteriösen Kraft des Orms durchströmt sind. Die Legende besagt, der Bücherdrache habe auf jede Frage die richtige Antwort.

Der Buchling Hildegunst Zwei, benannt nach dem zamonischen Großschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz, macht sich eines Tages auf den Weg in den Ormsumpf, wo Nathaviel hausen soll. Dabei wagt er sich in Bereiche der Katakomben, in denen es von Gefahren wie den heimtückischen Bücherjägern nur so wimmelt. Und er ahnt nicht, dass die größte Gefahr, die ihm droht, vom Bücherdrachen selber ausgeht.

Dies ist ein Roman, der im legendären Bücherreich Zamonien spielt. Folgende weitere Zamonienromane sind bislang erschienen:

Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär

Ensel und Krete

Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Der Schrecksenmeister

Das Labyrinth der Träumenden Bücher

Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr

Weihnachten auf der Lindwurmfeste

Der Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz ist der bedeutendste Großschriftsteller Zamoniens. Sein Schöpfer Walter Moers hat sich mit den Romanen rund um Mythenmetz und den fantastischen Kontinent Zamonien weit über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinaus in die Herzen der Leser und Kritiker geschrieben. Alle seine Romane wie «Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär», «Die Stadt der Träumenden Bücher», «Der Schrecksenmeister», «Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr», «Weihnachten auf der Lindwurmfeste» und «Der Bücherdrache» waren Bestseller.



Textauszug
Ein Mythos
und sechs Klassiker

rzähl einfach, was du wirklich erlebt hast!«, forderte ich ihn auf. »Eine Geschichte aus deinem Leben.«

»Eine Geschichte aus meinem Leben?« Hildegunst Zwei sah mich irritiert an. »Ich habe nichts erlebt. Null. Ich bin ein Buchling. Wir lesen. Wir schlafen und träumen. Buchlinge haben kein aufregendes Leben.«

»Komm schon!«, versuchte ich ihn aufzumuntern. »Jeder hat was erlebt. Du bist ein Bewohner der Katakomben. Ihr schürft nach Diamanten. Ihr sucht nach seltenen Büchern. Ihr treibt euch auch außerhalb der Ledernen Grotte herum. Denk nach! Dir muss doch mal was Außergewöhnliches passiert sein. Eine aufregende Situation. Gefährliche Daseinsformen. Mörderische Bücherjäger. Gefräßige Harpyre. Riesige Insekten mit üblen Absichten. Irgendwas.«

Hildegunst Zwei dachte angestrengt nach. Dann schien ihm etwas einzufallen.

»Also ... na ja ... da war diese Geschichte mit Nathaviel.«

»Nathaviel?«

»Ja. Der Ormdrache. Oder der Bücherdrache. Nathaviel eben. Er hat viele Namen. Also, das war ziemlich ...« Er stockte.

»Die Geschichte vom Bücherdrachen?« Ich winkte ab. »Nein, das zählt nicht. Das ist doch nur ein Mythos. Davon habe ich schon oft gehört. Du sollst keine erfundene Geschichte nacherzählen. Sondern etwas, das dir selber widerfahren ist.«

»Das ist nicht erfunden. Es ist eine wahre Geschichte.«

Ich horchte auf. »Tatsächlich? Na, dann lass mal hören!«

»Ähm ...«, machte Hildegunst Zwei und schob einen Finger unter seine Unterlippe, wie es die Buchlinge gerne tun, wenn sie angestrengt nachdenken. »Das war ... Also das fing eigentlich mit einer Schulstunde an.«

»Ihr habt Schulunterricht hier unten?«

»Klar. Die Alten unterrichten die Jungen. Habt ihr das da oben nicht?«

»Doch, haben wir. Obwohl ... ich hatte hauptsächlich Privatunterricht. Bei meinem Dichtpaten Danzelot von Silbendrechsler. Er ...« Ich unterbrach mich selbst. »Egal. Weiter.«

»Na ja«, fuhr Hildegunst Zwei fort. »Viel Unterricht haben wir eigentlich nicht. Nur das Nötigste: Schreiben, Lesen, Zählen. Und Grammatik. Alte Sprachen. Angewandter Antiquarismus. Buchdruck. Typographie. Außerdem Katakombenmythologie - das ist das, was ihr wahrscheinlich als Geschichtsunterricht bezeichnen würdet. Aber Katakombenmythologie ist keine exakte Wissenschaft. Na, du weißt schon: Legenden. Märchen. Mythen. Lagerfeuergeschichten. Und meine Geschichte fängt in einer Katakombenmythologiestunde an. Der Lehrer erzählte uns den Mythos von Nathaviel, dem Bücherdrachen.«

»Also doch: ein Mythos.«

Hildegunst Zwei sah mich missmutig an. »Ja ja ... Aber das ist nur der Beginn der Geschichte. Der Rest ist mir wirklich passiert.«

»Entschuldigung. Leg einfach los!«

»Danke. Nun, der Lehrer erzählte uns die Geschichte von einem riesigen Bücherwurm, der tief unten im Ormsumpf haust. Da, wo die wirklich alten, besonders wertvollen Bücher der Katakomben verrotten.«

Der Ormsumpf. Darüber hatte ich in Colophonius Regenscheins Buch »Die Katakomben von Buchhaim« gelesen. Wenn ich mich recht entsann, wurde auch der Ort selbst von Regenschein als 'mythisch' beschrieben, als fiktives und romantisch verklärtes Gegenstück zur real existierenden Müllhalde von Unhaim, wo hauptsächlich wertlose Bücher vergammelten. Diese Halde, das wusste ich, gab es wirklich, denn ich war dort gewesen. Der Ormsumpf aber - das schien mir ein typisches Bücherjägermärchen. Ein fiebriger Wunschtraum jener Art, wie ihn Elfenbeinhändler von Elefantenfriedhöfen fantasieren. Eine Einbildung, hervorgebracht von der unstillbaren Gier nach immer selteneren und kostbareren Büchern. Was Hildegunst Zwei da erwähnte, klang wie die Katakombenversion der sattsam bekannten Legende von der überquellenden Schatzkammer, in der alle möglichen Kostbarkeiten für arbeitsscheue und gesetzlose Subjekte auf einem riesigen Haufen zur freien Verfügung liegen. Ich erinnerte mich



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