Esther Duflo; Abhijit V. BanerjeeGute Ökonomie für harte Zeiten

E-Book (EPUB)

Penguin Verlag; Public Affairs (2020)

560 Seiten

ISBN 978-3-641-25152-9

EPUB sofort downloaden
Downloads sind nur für Kunden mit Rechnungsadresse in Österreich möglich!

Kurztext / Annotation
Wirtschaftsnobelpreis 2019 und Deutscher Wirtschaftsbuchpreis 2020! Zwei preisgekrönte Ökonomen über Versagen und Verantwortung der Wirtschaftswissenschaftler
Ungleichheit, Armut, Migration, freier Handel, Wirtschaftswachstum und Umweltfragen sind die Probleme, die weltweit täglich die Schlagzeilen beherrschen. Hierzu wären Wissen und Rat von Wirtschaftswissenschaftlern dringend gefragt. Die für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Armutsforschung bekannten Ökonomen Esther Duflo und Abhijit Banerjee halten in diesem Buch ihren Kollegen provokant den Spiegel vor: Katastrophale Krisen wie die Lehman-Pleite haben sie verschlafen, oft verstellen ideologische Vorbehalte den Blick, und bei Streitthemen wie dem Euro haben sie sich gescheut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Duflo und Banerjee zeigen anschaulich, was gute Ökonomie stattdessen zur Lösung der dringenden Weltprobleme beitragen kann.

Esther Duflo, geboren 1972 in Paris, zählt zu den einflussreichsten Ökonomen der Welt. Sie ist Professorin für Armutsbekämpfung und Entwicklungsökonomie am Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo sie zusammen mit Abhijit V. Banerjee das 'Poverty Action Lab' gründete, das ein weltweites Netz von Soziologen und Ökonomen koordiniert. Duflo erhielt 2011 die John Bates Clark Medal, die nach dem Nobelpreis als wichtigste Ehrung für Wirtschaftswissenschaftler gilt und 2015 den angesehenen Prinzessin-von-Asturien-Preis. 2019 wurde sie gemeinsam mit Abhijit V. Banerjee mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.

Textauszug

KAPITEL 1

MEGA: Make Economics Great Again

Eine Frau erfährt von ihrem Arzt, dass sie nur noch ein halbes Jahr zu leben hat. Der Arzt rät ihr, einen Wirtschaftswissenschaftler zu heiraten und nach South Dakota zu ziehen.

Die Frau: »Werde ich dann wieder gesund?«

Der Arzt: »Nein, aber das halbe Jahr wird Ihnen ziemlich lang vorkommen.«

Wir leben in einem Zeitalter wachsender Polarisierung. Von Ungarn bis Indien, von den Philippinen bis zu den Vereinigten Staaten, von Großbritannien bis Brasilien, von Indonesien bis Italien ist aus der öffentlichen Diskussion zwischen der Linken und der Rechten mehr und mehr ein lautstarkes gegenseitiges Beschimpfen geworden, bei dem hemmungslos ausgeteilte Ruppigkeiten einem praktisch keine Möglichkeit mehr lassen zurückzurudern. In den Vereinigten Staaten, wo wir leben und arbeiten, kommt es heute seltener denn je vor, dass ein Bürger bei einer Wahl, bei der mehrere Ämter zu besetzen sind, seine Stimmen auf Kandidaten unterschiedlicher politischer Parteien aufteilt.1 81 Prozent derjenigen, die sich mit einer Partei identifizieren, haben eine negative Meinung von der anderen Partei.2 61 Prozent der Anhänger der Demokraten sagen, Republikaner seien rassistisch, sexistisch und intolerant. 54 Prozent der Republikaner nennen Demokraten gehässig. Ein Drittel aller Amerikaner wäre enttäuscht, wenn ein naher Verwandter jemanden von der anderen Seite heiraten würde.3

In Frankreich und Indien, den beiden anderen Ländern, in denen wir viel Zeit verbringen, wird der Aufstieg der politischen Rechten in den Kreisen der liberalen, »aufgeklärten« Elite, in denen wir verkehren, in zunehmendem Maße als eine drohende Apokalypse dargestellt. Man ist fest davon überzeugt, dass die Zivilisation, wie wir sie kennen, auf der Grundlage von Demokratie und rationalem Diskurs, in Gefahr ist.

Als Sozialwissenschaftler ist es unsere Aufgabe, Tatsachen und Interpretationen von Tatsachen vorzulegen, von denen wir hoffen, dass sie dazu beitragen werden, diese Gräben zu überbrücken, indem jede Seite den Standpunkt der jeweils anderen besser versteht und sie so zu einer Art vernünftig begründetem Dissens, wenn schon keinem Konsens gelangen. Eine demokratische Gesellschaft kann mit verschiedenen Meinungen leben, solange man sich gegenseitig respektiert. Aber Respekt verlangt ein gewisses Maß an Verständnis für denjenigen, der anderer Meinung ist.

Das besonders Beunruhigende an der gegenwärtigen Situation ist die Tatsache, dass der Raum für solche Gespräche immer kleiner zu werden scheint. Es kommt augenscheinlich zu einer »Tribalisierung« der Anschauungen nicht nur in Bezug auf Politik, sondern auch im Hinblick auf die Frage, was die wichtigsten gesellschaftlichen Probleme sind und was man gegen sie tun kann. Bei einer großangelegten Erhebung zeigte sich, dass die Anschauungen der Amerikaner in Bezug auf eine breite Palette von Themen sich wie Weinbeeren an einer Traube scharen.4 Personen, die gewisse Grundüberzeugungen teilen, etwa über Geschlechterrollen oder hinsichtlich der Frage, ob sich harte Arbeit immer auszahlt, haben offenbar zu einer ganzen Reihe von Fragen - von Einwanderung bis zu internationalem Handel, von Ungleichheit bis zu Steuern und zur Rolle des Staates - die gleiche Meinung. Diese Grundüberzeugungen sagen ihre politischen Anschauungen verlässlicher vorher als ihr Einkommen, ihre demografische Gruppe oder ihr Wohnort.

Diese Themen stehen im Zentrum des politischen Diskurses, nicht nur in den Vereinigten Staaten. Zuwanderung, Handel, Steuern oder die Rolle des Staates sind in Europa, Indien, Südafrika oder Vietnam genauso umstritten. Aber Meinungen zu diesen Fragen basieren allzu oft ausschließlich auf bestimmten persönlichen Wertvorstellungen (»Ich bin für Zuwanderung, weil ich ein großmütiger Mensch bin«, »Ich bin geg



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet