Stephanie HaerdleSpritzen. Die Geschichte der weiblichen Ejakulation

Taschenbuch

Edition Nautilus (2020)

288 Seiten; m. 14 Abb.; 209 mm x 126 mm

ISBN 978-3-96054-215-5

versand- oder abholbereit innerhalb von 3 Werktagen

Spritzen. Die Geschichte der weiblichen Ejakulation

Textauszug
Die weibliche Ejakulation demonstriert eindrucksvoll, dass Gegensatzpaare, die seit über 200 Jahren zur Beschreibung des weiblichen und männlichen Körpers und Geschlechtscharakters verwendet werden, absurd sind. Wer einer Squirting-Queen beim Spritzen zusieht, wird althergebrachte Vorstellungen des weiblichen Körpers begeistert über Bord werfen. Aktiv und passiv, gebend und empfangend, stark und schwach, eindringend und einlassend, fickend und gefickt - diese Zuschreibungen gründen nicht in den Körpern selbst, sondern sind kulturelle Festlegungen, die ein ideologisches Ziel verfolgen.
Ein neuer Blick auf unsere Körper und andere Benennungen sind nötig. Die einfache Umkehrung alter Zuschreibungen ist hingegen selten hilfreich. Nein, weibliches Spritzen ist kein »Schlüssel zur endgültigen Emanzipation« und es ist bestimmt keine »postfeministische Pflicht«. Viele Frauen ejakulieren nicht, der weibliche »cum shot« lässt sich nicht zum Symbol der sexuell aktiven und selbstbestimmten Frau verklären. Und welcher Frau ist mit noch mehr Druck und (feministischer) Pflichterfüllung im Bett eigentlich geholfen?

Langtext
Die Geschichte der weiblichen Ejakulation ist auch eine Geschichte des weiblichen Körpers, seiner Abwertung und Bejahung

Auch Frauen ejakulieren beim Sex? Aber ja doch! Bis zu 69 % aller Frauen spritzen beim Kommen. Trotzdem wird die weibliche Ejakulation auch heute noch kontrovers diskutiert. Für die Einen ist sie ein Mythos, für die Anderen sexueller Alltag. Was weiß man wirklich über diesen Aspekt weiblicher Lust, welche Forschungsergebnisse gibt es und weshalb liegen noch immer so viele Details im Dunkeln?
Die Suche nach Spuren und Zeugnissen führt bis weit in die vorchristliche Zeit und rund um den Erdball. Jahrtausendelang war die weibliche Ejakulation ein selbstverständlicher Teil sexuellen Erlebens. In Europa wurde sie überhaupt erst ab dem späten 19. Jahrhundert belächelt, tabuisiert und schließlich weitgehend vergessen - bis die Vorstellung einer ejakulierenden Frau geradezu obszön wurde.
Feministinnen der zweiten Welle entdeckten den »Freudenfluss« begeistert wieder - oder attackierten ihn als frauenfeindliche Männerphantasie. Ejakulations-Performerinnen wie Shannon Bell, Annie Sprinkle oder Deborah Sundahl vermittelten ihre Kenntnisse rund um das weibliche Abspritzen via Video, Performance oder Workshop, bis das »Squirting« schließlich das Mainstream-Pornobusiness eroberte und dort für Milliardenumsätze sorgte.

»Spritzen« ist eine lustvolle Reise: Stephanie Haerdle vermittelt ihre Erkenntnisse höchst interessant und unterhaltsam und zeigt, wie sehr der Wunsch nach Kontrolle der Weiblichkeit unsere Wahrnehmung und unser Wissen über die Jahrhunderte bis heute beeinflusst.

Haerdle, Stephanie
Stephanie Haerdle, geboren in Freiburg, studierte Neuere deutsche Literatur, Kulturwissenschaft und Gender Studies (M. A.) in Berlin, wo sie auch heute lebt. 2007 erschien ihr Buch »Keine Angst haben, das ist unser Beruf! Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen« (AvivA Verlag).