Rezensionen

Rezensionen von M.Luise Hopfgartner

... und ihr Umfeld - 3 Sterne

Alles über Heather, von Matthew Weiner

Der auktoriale Erzähler nimmt den Leser / die Leserin an der Hand und führt ihn / sie über fünf Stufen von einer anfänglichen zeitgenössischen New Yorker Mittelschichtsbeziehung über zwei Erzählstränge hin zu einem überraschenden und mit Thrillercharakter versehenem Schluss.
„Alles über Heather“ erzählt die Entwicklung der Tochter und beleuchtet mindestens so genau die Innenwelten der Eltern, deren Wünsche, Träume und Unmöglichkeit, letztlich miteinander zu kommunizieren. Ein gemeinsames Geheimnis lässt sie am Ende doch zusammenbleiben.
Der einfach, mit dickem Pappkarton und kantig aufgemachte Roman vermittelt stilistisch schnell den Eindruck einer Vorstufe eines Drehbuches. Und dieser Film führt in die Welten der Polaritäten, der Gegensätze von arm und reich, gut und böse, überbehütet und verwahrlost, Mann und Frau, Liebe und Brutalität.
Ein kurzweiliger Roman, übersetzt aus dem Englischen von Bernhard Robben, erschienen im Rowohlt-Verlag 2017
Leserunde Heyn - Isabella und Gerhard Hopfgartner
Autor: Georg Thiel

Szenen aus dem Fotolabor - 4 Sterne

Leserunde Heyn, Isabella und Gerhard Hopfgartner

Ausgelöst von einem Schwarz-Weiß-Foto, - ein Junge kniet auf der Straße und schreibt „Jud“ auf die Hauswand, unter Aufsicht eines Uniformierten mit Hakenkreuz-Binde am Arm -, fädelt der Ich-Erzähler Szene für Szene auf und gibt dem Leser Einblicke in die 60er Jahre. Die gegenwärtigen Beziehungs-, Gesellschafts- und Politikmiseren werden erst verständlich durch die Rückschau, die bis in den entlegensten Ort Österreichs führt.
Entsprechend der Arbeitsweise eines Fotografen arbeitet der auktoriale Erzähler die Konturen seiner „Mitmenschen“ genau heraus und lernt im Erkennen der anderen sich selbst immer besser kennen.
Ein kurzweiliger Roman, der den Leser trotz der grundlegend düster durchschimmernden Grundfarbe ob der Thematik von Schuld und Sühne immer wieder durch Formulierungen und Ideen aufzuheitern weiß. Etwa, wenn er Gebisse von alten Menschen beschreibt, die so aussehen, als wären sie seit Generationen weitervererbt worden.
Der Autor überrascht im Jahre 2018 mit Detailwissen aus dem Jahre 1958 und malt dabei ein österreichisches Geschichtsbild von anno dazumal. Ein lesenswerter Versuch und gelungener Mosaikstein, sich mit der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich auseinanderzusetzen.

Jud, ein szenenreicher Roman, erschienen 2018 im Braumüller-Verlag.