Lauren GroffDie Weite Wildnis

Hardcover

Claassen Verlag GmbH (2023)

288 Seiten; 28 mm x 130 mm

ISBN 978-3-546-10035-9

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Die Weite Wildnis

Besprechung
»Es ist, als verwandele man sich lesend langsam in Moos oder in einen Baum. Natur als Droge. Toll.« Volker Weidermann Die Zeit 20231116

Langtext

"Lauren Groff hat gerade den Abenteuerroman neu erfunden." - Los Angeles Times

Eine kühne literarische Expedition in die amerikanische Wildnis und das Leben einer Pionierin 

Ein Mädchen allein, frierend, auf der Flucht. Hinter ihr liegen Hungersnot und die Brutalität der Menschen, unter denen sie aufgewachsen ist; um sie herum fremdes Land und seine Bewohner, die sie fürchtet, weil sie es so gelernt hat; vor ihr das Unbekannte. 

Nordamerika im frühen 17. Jahrhundert: Englische Siedler, fromm, überheblich und fähig zur schlimmsten Gewalt, nehmen das Land in Besitz. Das Mädchen gehörte zu ihnen, doch nun ist sie allein. Die Wildnis ist hart, sie kämpft ums Überleben und beginnt, infrage zu stellen, was man ihr beigebracht hat. Haben die Menschen hier nicht ihre eigenen Götter, ihre eigenen Namen für die Dinge? Wozu brauchen sie die Europäer? Ist sie nicht selbst nur ein fremdes, zerbeultes Wesen in einer Welt, die ihrer nicht bedarf? Und während sie die Natur zu lesen lernt, wächst etwas Neues in ihr: ein anderer Sinn, eine Liebe, die nicht besitzergreifend ist. 

Die weite Wildnis ist die packende Geschichte einer Pionierin, einer Visionärin: Mit ihrer eigenen, gewaltigen Sprachmacht und dem Pathos biblischer Geschichten erzählt Lauren Groff das abenteuerliche Leben einer jungen Frau, die lernt, zuerst von der Natur zu leben und dann mit ihr - und die dabei eine neue, freie Sicht auf die Welt gewinnt.  


"Lauren Groffs Roman folgt einer jungen Frau aus der sogenannten Zivilisation in die Wildnis, wo sie lernt, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist - und sie nicht beherrschen zu wollen. Die weite Wildnis ist voller unvergesslicher Szenen und steht in einer großen nordamerikanischen Erzähltradition, die Groff zugleich gegen den Strich bürstet." - Nicole Seifert

"Lauren Groff nutzt die Spielräume verschiedener Genres genial aus, um hochpolitische Romane zu schreiben, die direkt ins Herz unserer Gegenwart treffen." - Denis Scheck

"Lauren Groff muss eine Zauberin sein. Auch Wochen nach dem Lesen denke ich an so gut wie nichts anderes als diesen Roman und seine unvergleichliche Hauptfigur. "Die weite Wildnis" ist ein ergreifendes, sprachlich und intellektuell bestechendes und dazu noch hochspannendes Buch." - Daniel Schreiber



Lauren Groff, 1978 geboren, lebt in Gainesville, Florida. Ihr Roman Licht und Zorn ist einer der größten Erfolge der amerikanischen Literatur der vergangenen Jahre. Er stand ebenso wie Matrix und ihre Erzählungen auf der Shortlist des National Book Award.



Stefanie Jacobs, geboren 1981, lebt und arbeitet als freie Übersetzerin in Wuppertal. Für ihre Übersetzungen von Lauren Groff, Jonathan Safran Foer, Edna O'Brien, Mirandy July und vielen anderen Autor:innen wurde sie mehrfach auszeichnet.




The Revenant meets Stephen King „Das Mädchen“.
Soeben beendet und ich bin noch immer ganz ergriffen. Lauren Groff ist für mich (und nicht nur für mich) wahrlich eine der großen aktuellen amerikanischen Erzählerinnen!

Groff wählt diesmal die Zeit der amerikanischen Besiedlung im 17. Jahrhundert, um ihre Protagonistin durch tiefgreifenden inneren wie äußeren Wandel zu schicken.

Es ist ein namenloses Dienstmädchen, das aus einem Siedlerfort vor Hunger, Krankheit und Unterdrückung in die Wildnis davonläuft.

In der Wildnis warten ebenfalls Hunger und Krankheit auf sie, aber sie ist frei.
Doch das sind nicht die einzigen Gefahren…

“Die Welt, das wusste das Mädchen, war noch schlimmer als wild, die Welt war gleichgültig.
Es kümmerte sie nicht, was mit ihr geschah, es konnte sie nicht kümmern, nicht im Geringsten.
Sie war ein Sandkorn, ein Sprenkel, ein Flugstaub im Spiel des Windes.”

The Revenant meets Stephen King „Das Mädchen“.

In alter amerikanischer Erzähltradition des klassischen Abenteuerromans bedient sich Groff bei den Regeln des Genres und schafft gleichzeitig etwas komplett neues. In den Weiten der Wildnis und völlig auf sich allein gestellt, sind die Gedanken des Mädchens keiner Konvention und gesellschaftlichen oder religiösen Regeln mehr unterworfen. Immer mehr Glaubenssätze werden abgeworfen und das Mädchen streift ihren alten monotheistischen Gottesglauben genauso ab wie die letzten Kleider, die ihr noch aus dem kleinen, alten Leben geblieben sind.

Groff kombiniert die spannende, klassische Survival Geschichte des Mädchens mit ihrer inneren Entwicklungsgeschichte. Wobei mich die letztendliche Kernbotschaft am Ende des Romans sehr überrascht und auch persönlich berührt hat.

War in „Matrix“ und in „Licht und Zorn“ noch ein gewisser Hang zur Weitschweifigkeit zu erkennen, hat Groff ihren Stil in „Die weite Wildnis“ noch einmal verdichtet und das tut dem Spannungsbogen in meinen Augen sehr gut.

„Die weite Wildnis“ war für mich eine begeisternde und den Mensch in seiner Essenz erkennende Erzählung, die mich komplett fesselte.

Sehr, sehr lesenswert!

Nicht was ich mir erhofft hatte
von _Le4_
Im Buch flieht ein Mädchen aus einer Siedlung im heutigen Amerika. Sie flieht vor dem Hunger und der Verzweiflung und wählt lieber das isolierte Leben in der Wildnis, als weiter dort zu bleiben.

Ich hatte sehr hohe Erwartungen an die Geschichte, da das Buch “Matrix” der Autorin letztes Jahr eines meiner Highlights war. Leider wurde ich enttäuscht.
Die Geschichte folgt dem Mädchen zum einen im Jetzt, wo sie aus ihrer Siedlung flieht und zum anderen sehen wir Teile aus ihrer Vergangenheit.
Es gibt einige Punkte, die ich gelungen finde. So wird anschaulich dargestellt, was für eine Furcht Frauen vor Männern hatten und was letztere sich in früheren Zeiten einfach herausgenommen haben.
Die Beschreibungen der Autorin sind sehr roh, was mir persönlich auch in diesem Buch wieder gut gefällt. Den Blick auf Religiosität fand ich spannend. Wir sehen, wie das Mädchen sich mit ihrem Glauben auseinandersetzt, was zum einen durch ihre Erinnerungen und zum anderen durch ihren Überlebenskampf in der Wildnis beeinflusst wird. Es ist hierbei durchaus faszinierend zu sehen, dass die schlimmsten Dinge im Buch von Menschen ausgehen.
Insgesamt fand ich das Buch jedoch leider nichtssagend, was enttäuschend war. Es gibt wenig am Buch, bei dem ich das Gefühl habe, dass es mich langfristig berühren wird. Das einzige, was sich mir leider immer wieder aufdrängt, ist eine verstörende Stelle zum Ende hin, an die ich mich eigentlich lieber nicht erinnern wollen würde.
Ich hatte mir vom Buch auch einen genaueren Blick auf Kolonialismus erhofft, was aber sehr oberflächlich und sekundär geblieben ist.

Ich hatte hohe Erwartungen an das Buch und bleibe leider enttäuscht zurück. Es ist wahrlich nicht furchtbar, aber es ist mir persönlich zu nichtssagend.

Nichts für schwache Nerven
Lauren Groffs neuer Roman ist nichts für schwache Nerven. In einer teils altertümlich, gar biblisch anklingenden Sprache erzählt sie vom Überlebenskampf eines jungen Mädchens in der Wildnis Amerikas. Der Weg, den sie sich durch die Natur bahnt, ist alles andere als romantisch. An jeder Ecke lauern Gefahren, und wir erfahren in drastischer Deutlichkeit, was es kostet, dort am Leben zu bleiben. Schonungslos lesen wir von Körperflüssigkeiten, Gewaltausbrüchen, den unvorstellbarsten Grausamkeiten, die Menschen sich antun können. Es ist ein Verdienst der Autorin, dass sich das Buch nicht in Hoffnungslosigkeit verliert. Durch das Buch ziehen sich auch Betrachtungen über das Verhältnis von Mensch und Natur, über Einsamkeit, und langsam, aber sicher entfaltet sich eine Art spirituelle Lehre. Gerade gegen Ende hin ist das Buch mehr Evangelium als Abenteuerroman. Das ist durchaus kein Nachteil. Allerdings verfängt diese Versuchsanordnung nicht über die gesamte Länge der Erzählung. Die Handlung ist repetitiv, die Atmosphäre teils statisch. Am Ende ist man froh, bis zum Schluss durchgehalten zu haben. Aber ein bisschen kämpfen musste man doch.

Es werde Schmerz, und es ward Schmerz
von cosmea

Lauren Groffs neues Buch “Die weite Wildnis“ ist ein historischer Roman. Die Protagonistin ist ein Waisenkind, das von ihrer Dienstherrin im Alter von 4 oder 5 Jahren aus dem Waisenhaus geholt wird, damit sie sich um die neugeborene kleine Bess kümmert. Der zweite Mann der Frau, ein Pastor, verlässt England mit der Familie, um an der amerikanischen Ostküste als einer der neuen Siedler zu leben. Viele Engländer sterben schon in den Stürmen während der Überfahrt, sehr viele mehr während des harten Winters an Hunger oder Krankheiten im belagerten Fort. Das Mädchen, von den grausamen Frauen im Heim Lamentatio Venal genannt, damit die Schande ihrer Herkunft nie in Vergessenheit gerät, erlebt im Fort schlimme Dinge. Eines Tages flieht sie, weil die Gefahren ihr dort viel größer erscheinen als alles in der unbekannten Wildnis dort draußen. Als Leser verfolgen wir, wie klug sie sich Nahrung verschafft und Schutz unter Felsen, in Höhlen oder zwischen Baumstämmen sucht. Sie bekommt einen neuen Blick auf die Welt, lernt die Schönheit der Natur mit ihren Pflanzen und Tieren zu lieben und lässt den Leser an ihren Erinnerungen an die Vergangenheit teilhaben. Nach allem, was ihr widerfahren ist, verliert sie ihren Glauben und stellt die Existenz Gottes in Frage. Schließlich war auch der Pastor nur ein gefährlicher Heuchler, dem es immer nur um den eigenen Vorteil ging. Das Mädchen schafft es durch ihre überragende Intelligenz allen Gefahren zu trotzen, leidet aber unter ihrer Einsamkeit. Mit dem holländischen Glasbläser auf dem Schiff hat sie die Liebe ihres Lebens verloren. Zurück bleiben Trauer und Schmerz (S. 254).
Die Autorin erzählt die Geschichte ihrer Protagonistin in packender Sprache, überzeugt durch wunderbare Passagen über Landschaft und Klima und lässt auch Kritik an den skrupellosen Europäern einfließen, die sich anmaßen, die neue Welt in Besitz zu nehmen und alles zu zerstören, die Natur genauso wie fremde Zivilisationen, in diesem Fall die First Americans, die Ureinwohner. Ich habe den Roman gern gelesen, hätte mir aber schon etwas mehr Handlung gewünscht. Auch hat mich die Qualität der Übersetzung mit ihrer gewollt altertümelnden Sprache gestört, die leider auch unzählige Fehler enthält („vom Hunger gehagert“, S. 7 – soll das Deutsch sein?). Eine dennoch überwiegend positive Leseerfahrung.

Hart erkämpfte Freiheit
von Emmmbeee
Ein Mädchen flieht durch die Wildnis vor ihren Verfolgern. Es ist Winter, Nordamerika, 17. Jahrhundert, und als Dienstmagd hat sie die englischen Aussiedler begleitet. Wovor sie flieht und was alles ihr bereits geschehen ist, erfährt die Leserin erst nach und nach in Rückblenden, die sie entsetzen.
Also … ich war ja schon von Lauren Groffs „Matrix“ hellauf begeistert, und auch ihr vorliegender Roman „Die weite Wildnis“ ist ihr sehr gut gelungen, kann es aber meiner Meinung nach nicht mit „Matrix“ aufnehmen. Aus der Distanz betrachtet könnte man dem zustimmen. Es geschieht eigentlich nicht viel, es ist einfach die Beschreibung der Flucht einer jungen Frau, beginnend im eisig kalten Winter, ohne Nahrung und warmer Kleidung.
Dennoch: Die plastische Schilderung geht nahe, man fiebert mit, wenn die Lage gefährlich wird, wenn die junge Frau (denn zu der wurde sie schon als Kind gemacht) fast erfriert, dem Tod nahe, körperlich stark eingeschränkt und krank ist. Wie in „Matrix“ erweist sich die Protagonistin als sehr stark und zäh.
Groff versteht es, Spannung aufzubauen und zu halten. Dabei ist ihr Sprachstil unspektakulär und ruhig, an vielen Stellen der damaligen Zeit angepasst. Sie hat sich wohl auch viel mit Pflanzen und ihren Wirkungen befasst, auch mit den vielen Möglichkeiten, welche die Natur bietet. Die erklärenden Rückblenden mit den Ungeheuerlichkeiten der Vergangenheit steigern sich, bis der Grund dieser Flucht sich auftut.
Das Buch empfehle ich jedem, der sich beim Lesen gern in die Vergangenheit begibt und dort immer neue Seiten aufblättern will.

Großartiger poetischer Roman!
von Franziska Fiske

Dies ist mein erster Roman von Lauren Groff was ich gelesen habe, und war sehr gespannt wie es für mich sein wird. Das Cover hatte mich hier schon sofort angesprochen, auch der Klappentext fand ist sehr interessant!
Ihre Schreibweise ist so unglaublich poetisch und meisterhaft, dass man es nicht weglegen möchte. So ein Roman, mit so einer Erzählweise hatte ich noch nie gelesen. Es gibt kaum Dialoge, eher Gedankensträngen und tolle detaillierte Welt.
Kurzer Inhalt ihres neuen Romans:
Hier handelt es sich um ein junges Mädchen im 17. Jahrhundert, ein Teil einer englischen Einwandergruppe, die in die weite Wildnis flüchtet und ums Überleben kämpft. Währenddessen erfahren wir über ihre Erinnerungen und Träume mehr über die Gründe ihrer Flucht und ihr Leben.

Ein großartiger Roman, mit großer Erzählkunst und herzergreifend.

Allein in der Wildnis
von Bücherfreundin
Der neue Roman der amerikanischen Autorin Lauren Groff spielt im 17. Jahrhundert in Nordamerika. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junges Mädchen, Lamentatio Venal genannt, das im Alter von 4 Jahren in England von der Frau eines Goldschmieds aus dem Armenhaus geholt wird und als Dienstmagd arbeitet. Ein Jahr später wird die kleine Bess geboren, um die sich Zett, wie die Herrin Lamentatio nennt, fortan kümmert. Später wandert die Familie, die Dienstherrin ist inzwischen mit einem Pfarrer verheiratet, in die Neue Welt aus.

Nun befindet sich das Mädchen auf der Flucht Richtung Norden. Es ist Winter, das Mädchen, "sie ist 16, 17 oder 18 Jahre alt" friert und ist hungrig. Sie kämpft ums Überleben, jeder Tag stellt sie vor neue Herausforderungen. Ständig ist sie auf der Suche nach Essbarem und Gefahren durch wilde Tiere und Verfolger ausgesetzt. Verletzungen und Fieber zwingen sie zu Ruhepausen, sie hat Visionen und Halluzinationen. Sie lässt ihre Vergangenheit Revue passieren und erinnert sich an ihr hartes Leben in der kolonialen Siedlung, an die Gewalt, der sie hilflos ausgesetzt war, an Krankheiten und Nahrungsmangel. Auch der junge Glasbläser aus Holland, in den sie sich auf der Überfahrt nach Amerika verliebte, ist in ihren Gedanken. Nach und nach enthüllt sich Lamentatios Leben, das voller Entbehrungen war, und wir erfahren den erschütternden Grund für ihre Flucht. 

Die Autorin schildert sehr eindrucksvoll den Überlebenskampf des Mädchens in der rauen und kargen Wildnis und ihre wachsende Verzweiflung in sehr spezieller und auch bisweilen drastischer Sprache. Ich fand es nicht angenehm, immer wieder detailreiche Schilderungen der Verdauungsvorgänge zu lesen. Die Beschreibung der Einsamkeit und Trostlosigkeit des Mädchens, ihr Kampf ums Überleben in der Wildnis und ihre Auseinandersetzung mit dem Glauben gehen unter die Haut und haben mich sehr berührt. Faszinierend fand ich die Darstellung der kargen Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten mit ihren jeweiligen Wetterverhältnissen.

Die Überlebensgeschichte hat mir gut gefallen, sie ist spannend und hat mich sehr berührt. Leseempfehlung für dieses außergewöhnliche Buch, das ich mir sehr gut als Vorlage für einen Film vorstellen kann.

Flucht in die Freiheit
von MeinSohnPrinzAndreas
Virginia in den spärlichen Anfängen einer Kolonie: Ein junges Mädchen entflieht der Siedlung, die man zuvor vielleicht als ihre Heimat bezeichnen hätte können. Was sie getan hat, ist anfangs nicht klar. Wir wissen nur, dass es etwas bedeutungsschweres und unverzeihliches sein muss, denn die Kälte des amerikanischen Winters und die allgegenwärtige Gefahr des Todes sind der englischen Siedlung scheinbar vorzuziehen. Und so beginnt für das Mädchen jeden tag auf neues ein Kampf um die Freiheit, jeden Schritt und Atemzug aufs neue zu tun.

Ohne große Erklärungen wird die Leserschaft sogleich in die abgehetzte Flucht und die rasenden Gedanken der Protagonistin geworfen. Gestochen scharf bekommt man jede Empfindung, den Schmerz und die Bitterkeit des Hungers und der Kälte des ersten Fluchttages präsentiert, ohne genau zu wissen, wer das Mädchen ist, und was es getan hat. Erst langsam, mit Voranschreiten der Flucht des Mädchens - immer weiter in Richtung Norden - erfahren wir so banale dinge wie Herkunft und Namen des jungen Mädchens, und was nun eigentlich der Grund für diese Geschichte ist. Je tiefer wir in der Geschichte sind, umso mehr merken wir, dass das nebulöse Konstrukt rund um die Person im Zentrum des Buches sich immer weiter auflöst, im Umkehrschluss die Person selbst durch die Entbehrungen des Alltags in der Natur immer weiter zu entgleiten scheint, physisch und psychisch abbaut. Und so Baut sich die Geschichte in einem weiten Bogen auf und ebenso sanft wieder ab, wobei gerade der finale Punkt der Geschichte unabweichbar und ebenso schmerzhaft ist.

Neben der akribischen Beschreibung der Gedanken des Mädchens auf der Flucht spielen vor allem auch die Umgebung, in der wir uns Befinden, das Setting - die Natur eine zentrale Rolle. Wir erleben in detailreicher Schilderung den Übergang von Winter zu Frühling, das Erwachen der Tier und Pflanzenwelt in einer heute längst verlorenen Intensität. Und fast ist man gewillt, sich an die Stelle des jungen Mädchens zu wünschen, nur um diese Reinheit der Empfindungen auf sich einströmen zu lassen.

Und auch, wenn das Buch nur mit diesem einzigen Handlungsstrang auskommt, so ist es dennoch keineswegs ruhig oder langweilig. Brausend steigern sich die Geschehnisse der Flucht hin, peitschen die Geschichte voran, sei es nur, ebenso wie die Protagonistin selbst beim Lesen auf den nächsten Sonnenuntergang hinzufiebern, nur um zu erfahren können, ob all die Mühen und der Schmerz es gelohnt haben, und das Licht des neuen Tages erneut auf sie herunterscheint. Dabei kommt die Geschichte im Wald fast gänzlich ohne andere Menschen aus, die Natur ist vielseitig genug, um Motor für Spannung zu sein.

Insgesamt einfach ein gelungenes Buch, das mich wirklich gefesselt, mit seiner rohen Schönheit verzaubert und mich mit seinen intelligenten, teilweise auch tieftheologischen Gedankenansätzen gebannt hat.
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