Rezensionen

Tell

Autor: Joachim B. Schmidt

Erschienen 2022 bei Diogenes
ISBN 978-3-257-07200-6
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Großartiges Kopfkino - 5 Sterne

Wilhelm Tell - viel wusste ich ja nicht über ihn. Nur, dass sich die Geschichte in der Schweiz ereignete und, dass da irgendetwas mit einem Apfel und Pfeil und Bogen war.
Schmidt erzählt die Geschichte indem er sie von 20 verschiedenen Personen erzählen lässt. Klingt kompliziert - ist es überhaupt nicht. Ich wurde von der Geschichte regelrecht aufgesogen und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Fazit: spannend erzählte Geschichte die mir oft ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert hat, obwohl sehr viele sehr ernste Themen darin zur Sprache gekommen sind.
Absolute Leseempfehlung!
von HEYN Leserunde Manuela Meierhofer - 2022-06-26 18:32:00

Kein Titel - 5 Sterne

von - 2022-05-15 18:12:50

Gänsehaut - 5 Sterne

Die Geschichte von Wilhelm Tell ist ein schweizer Nationalmythos um seinen Kampf gegen die Fremdherrschaft der Habsburger. In dieser Version ist Tell jedoch eher ein Antiheld.

Die Geschichte wird in aller Tragik und Brutalität der Zeit erzählt, in der sie spielt. Das macht das Geschehen sehr nah. Die Übergriffe und die Angst der Einzelnen werden deutlich. Ohne Erbarmen und in einer sehr sachlichen Erzählung wird ausführlich auf Missbrauch (auch auf Kinder!), Übergriffe und Todesfälle eingegangen. Das ist nicht überraschend bei einem solchen Drama, aber trotzdem Triggerwarnung! Gerade die Gewalt in der Kirche und Entwicklungen zwischen Einzelnen danach haben mich sehr getroffen.
Es ist gut nachvollziehbar, wie das Leben der Dorfbevölkerung und das Leben auf den Höfen funktioniert, obwohl die Erzählung nicht das Räumliche miteinbezieht. Auch die Äußerlichkeiten der Menschen werden kaum beschrieben. Es wäre bei dieser dichten Erzählung bestimmt auch zu viel gewesen. Alles geschieht im Miteinander. Schnell habe ich mich im Geschehen wiedergefunden und mit den Charakteren mitgefiebert. Unerwartet sympathisch wirken einige Figuren, obwohl sie in der Geschichte den Platz auf der dunklen Seite haben. Das ist eine Stärke des Autors, dass er Figuren wachsen lässt oder in ihnen was hervorbringt, was sie von einer anderen Seite zeigt. Dazwischen sind aber auch Charaktere zu finden, die nur gut oder schlecht sind. Das passt gut in diesen Mythos.
Was zwischen Tell und dem Pfarrer beispielsweise geschieht ist tief berührend. Es passieren unerwartete Wendungen. Gerade um den unnahbaren Tell geschehen die größten Gänsehautmomente.

Die Geschichte hat mich in ihrer Nahbarkeit und Unausweichlichkeit sehr angesprochen. Trotzdem hier ein Mythos nacherzählt wird, hat das Geschehen viel Berührung zu aktuellen Themen. Die Brutalität ist extrem und schwer zu ertragen. Aufgewogen wird es durch die einfühlsamen Charakterisierungen. Beeindruckend.

Leseempfehlung! Ein Klassiker frisch aufgemacht. Tragisch, unausweichlich und beeindruckend.
von Marianna T. - 2022-05-08 14:09:00

Tell reloaded - 5 Sterne

Sicherlich kennt jeder den Apfelschuss von Wilhelm Tell. Das Drama von Friedrich von Schiller wurde hier neu von Joachim B. Schmidt spannend und einnehmend dargestellt. Ich kenne die Original-Version noch nicht und bin völlig unvoreingenommen in die Story gestartet.
Von dem Autor habe ich bereits "Kalman" gelesen und habe seinen außergewöhnlichen Schreibstil in diesem Roman wiedererkannt. Seine Art, öfter ein Kapitel mit einem humorvollen Satz zu beenden, begeistert mich immer wieder.
Wilhelm Tell wird hier als Eigenbrötler und schroffen Bergbauer dargestellt. Nachdem er und seine Familie von den Habsburger Soldaten drangsaliert wurden, gerät er in Streit mit dem Landvogt Gessler, in deren weiteren Verlauf Tell seinem Sohn mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf schießen muss.
Die ganze Story ist so intensiv geschrieben, dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen möchte. Die damaligen Zustände wurden ergreifend beschrieben und die teilweise brutalen Szenen ließen mich das ein oder andere Mal schlucken.
Kurze Kapitel aus Sicht von unterschiedlichen Charakteren sorgen für schnelle Perspektivwechsel und entfalten so einen hypnotischen Sog.
Ich gebe für diesen tollen Roman eine klare Leseempfehlung mit 4,5 Sterne.
von gerlisch - 2022-04-02 20:45:00

Durch diese hohle Gasse... - 5 Sterne

Den Inhalt muss man hier nicht erzählen, denn jeder kennt die Geschichte von Wilhelm Tell und viele haben sich in der Schule mit wechselnder Begeisterung durch Schillers Machwerk gemüht.
Aber kann man diese Story nicht auch anders erzählen? Als packenden Alpen-Thriller? - Man kann!
Joachim B. Schmidt hat sämtlichen Staub aus dem Schiller-Drama geblasen und einen atemlosen Thriller daraus gemacht. Durch ständig wechselnde Erzählpositionen bekommt die Geschichte noch mehr Tiefe und Rasanz. Mag mancher Germanist auch die Nase rümpfen - so macht der Tell einfach richtig Spaß!
von Alexander Kornell - 2022-03-28 12:58:53

Die Tell-Saga als literarischer Pageturner - 5 Sterne

Mit Schweizer Gemütlichkeit hat dieser Roman nichts zu tun. Mit einem Affentempo legt Schmidt, der Schweizer Autor, der in Island wohnt, hier die Tell-Saga als literarischen Pageturner vor. Auch nordische Mythen suchen sich ihren Platz in der Zentralschweiz. In beinahe 100 schnellen Sequenzen jagen 20 verschiedene Protagonisten wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Das ganze noch garniert mit einem Hauch Frau Hitt. Dass das ein Erfolg wird, steht in Stein gemeißelt.
von Robert - 2022-03-25 10:36:22

"Aufwärts will er, immer aufwärts, wie ein glühender Funke überm Feuer" (S. 15) - 5 Sterne

Tell? Das Thema ist doch hinlänglich bekannt.
Warum also nach Schiller noch ein Buch über die Schweizer Legende lesen?

Weil Joachim B. Schmidt uns eine altbekannte Geschichte als spannende Charakterstudie neu präsentiert.
Er lässt in schnellen Sequenzen Tells Mitmenschen zu Wort kommen. So lernt man nach und nach einen Tell kennen, der sehr realistisch erscheint: ein eigenwilliger Mann, mit Ecken und Kanten, kein netter Mensch, schwierig, extrem stur und seinen eigenen Prinzipien folgend. Bewundernswert und gleichzeitig unsympathisch – aber zutiefst menschlich.

Temporeich, wortgewaltig und intelligent – es ist ein Vergnügen, diesen Roman zu lesen!
von MiriamBrandl - 2022-03-21 19:25:00

Die Tell-Sage - neu erzählt - 4 Sterne

Joachim B. Schmidts Roman “Tell“ ist eine neue Version der Tell- Sage, die den meisten aus Schillers Drama bekannt ist. Der Autor kann die Legende verändern und weiterspinnen, weil es keine verbürgten Quellen gibt, die beweisen, dass es Tell, den Apfelschuss und den Tyrannenmord tatsächlich gegeben hat. Schmidt erzählt seine Geschichte in 100 kurzen Abschnitten, die 10 Kapiteln zugeordnet sind und aus 20 verschiedenen Perspektiven, wobei Tell selbst erst gegen Ende des Romans zu Wort kommt. Wir lernen seine Mutter und Schwiegermutter, seine Frau Hedwig sowie seine Kinder, außerdem Pfarrer Taufer und seine Haushälterin, Landvogt Gessler, den brutalen Schurken Harrer und diverse Soldaten kennen. Tell und seine Angehörigen kämpfen hoch oben in den unwirtlichen Bergen ums Überleben, als die Soldaten ihnen die Vorräte und den Leiterwagen rauben und Tells Mutter umstoßen, die durch ihr Eingreifen ein Massaker verhindert. Die Mutter wird an den Folgen des Sturzes sterben. Als wesentlicher Bestandteil der Legende bleibt der von Gessler als Bestrafung angeordnete Apfelschuss erhalten, den Tells Sohn Walter überlebt. Tell hatte sich geweigert, den von Harrer auf einer Stange befestigten Gesslerhut als Huldigung an den Habsburger König zu grüßen. Tell wird verhaftet und soll hart bestraft werden. Er überlebt als einziger eine Bootsfahrt über den See. Später versucht er, Gessler und Harrer mit der Armbrust zu töten und entkommt schwer verletzt zu Pfarrer Taufer. Von dort verschwindet er in die Berge und ward nie mehr gesehen.
Die Charakterisierung der Figuren ist sehr gelungen. Der anfangs eher unsympathische Tell, ein gewaltbereiter, mürrischer Eigenbrötler, wird im Laufe des Romans sympathischer. Er trauert um die tote Mutter, gibt sich die Schuld am Tod des geliebten jüngeren Bruders Peter, der bei einem Jagdausflug von einem Schneebrett in die Tiefe gerissen wurde und wurde genauso wie Vater Taufer von dessen Vorgänger missbraucht. Auch Gessler ist nicht einfach ein Bösewicht, sondern wird dargestellt als ein willensschwacher, zögerlicher Mann, der Grausamkeit hasst, sich aber vor seinen Soldaten keine Blöße geben darf. Sehr gut finde ich auch die Einbeziehung von Landschaft und Klima und die Darstellung der damaligen Lebensbedingungen der rechtlosen, der Willkür der Obrigkeit ausgesetzten Bauern.
Der geschichtliche Hintergrund – die Auflehnung gegen die Fremdherrschaft der Habsburger und die Gründung der Eidgenossenschaft – wird eher gestreift als vertieft dargestellt. Mir hat der spannende, sehr lesbare Roman dennoch sehr gut gefallen.
von cosmea - 2022-03-12 17:37:00

Tell -ganz anders - 5 Sterne

Tell neu in einer modernen Form erzählt. Als ich das erste Mal davon erfuhr, war ich recht skeptisch, allerdings auch ziemlich neugierig. Und ich muss gestehen, die Neugierde hat sich gelohnt. Joachim B. Schmidt ist es gelungen die Geschichte "Tell" in ein neues Format zu pressen. Wir erleben einen anderen Tell, nicht den Schweizer Volkshelden, sondern einen schweigsamen, eigenbrötlerischen Bergbauern, welcher mit seiner Umwelt nicht viel anzufangen weis, sich lieber in den Bergen aufhält und auf Jagd geht. Auch zu seiner Familie hat er kein besonders gutes Verhältnis. Doch plötzlich ändert sich alles in seinem Leben. Zuerst der Tod seiner Mutter, mit verursacht durch die Schergen der Habsburger. Dann der Zwang zum Apfelschuss durch Gessler und seine Verhaftung, die Flucht durch den See und die Rache an Gessler und Harras. Dies alles wird uns in kurzen Episoden durch die handelnden Personen übermittelt. So tauchen wir in unterschiedlichen Zugängen in das Geschehen ein und erleben es hautnah mit. Hinreißend und temporeich geschrieben, nie kommt Langeweile auf, man erlebt und leidet mit. Selten wurde Geschichte so lebendig übermittelt, man wird von der Handlung regelrecht gefangen genommen und man steht beim Lesen selbst irgendwie mittendrin. Ein gelungenes Werk, welches man erst aus der Hand legt, wenn man es zu Ende gelesen hat.
von goejos - 2022-03-08 17:18:00

Kein Titel - 5 Sterne

Die Alpen - stolze Bauern - ein Apfel - eine bekannte Geschichte großartig erzählt!
Nach 'Kalmann' wieder ein wunderbares Buch von Joachim B. Schmidt.
Die Bezugnahme des Klappentextes auf einen "Blockbuster in Buchform" kann ich übrigens nur bestätigen!
Ein Pageturner - spannend und mitreissend wie ein toller Film!
von HEYNi Katja Wassermann - 2022-03-08 11:48:23