Rezensionen

Die Vergessenen
Roman. »Meisterhafte Erzählkunst verbindet sich bei dieser Autorin mit psychologischer Spannung.« Süddeutsche Zeitung

Autor: Ellen Sandberg

Erschienen 2017 bei Penguin Verlag München
ISBN 978-3-328-10089-8
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Ein grandioses Buch, das jeder lesen sollte - 5 Sterne


Das vorliegende Buch ist für mich eines der wichtigsten und packendsten Romane dieses Lesejahres!
Es ist bereits viel, sehr viel darüber geschrieben worden, deshalb nutze ich ausnahmsweise für den Inhalt den Klappentext: „1944. Kathrin Mändler tritt eine Stelle als Krankenschwester an und meint, endlich ihren Platz im Leben gefunden zu haben. Als die junge Frau kurz darauf dem charismatischen Arzt Karl Landmann begegnet, fühlt sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen. Zu spät merkt sie, dass Landmanns Arbeit das Leben vieler Menschen bedroht – auch ihr eigenes.
2013. In München lebt ein Mann für besondere Aufträge, Manolis Lefteris. Als er geheimnisvolle Akten aufspüren soll, die sich im Besitz einer alten Dame befinden, hält er das für reine Routine. Er ahnt nicht, dass er im Begriff ist, ein Verbrechen aufzudecken, das Generationen überdauert hat ...“
Grundlage des Buches ist die akribische Recherche historischer Faktoren bestimmter Örtlichkeiten, verbunden mit der fantasievollen Ausgestaltung von Geschehnissen, die dennoch auch jenseits der Fiktion in ähnlicher Weise geschehen sein könnten. Genau das hebt den Roman aus dem Romanhaften heraus und macht uns Leser schaudern, aber auch nachdenklich werden über die Frage, die uns letztlich die Protagonisten stellen: Was hätte ich in dieser oder jener Situation getan? Es ist leicht, sich heute vorzugaukeln, man hätte damals moralisch lobenswert gehandelt. Aber wie integer sind wir noch unter Angst, unter Lebensbedrohung?
Dass hinter dem Pseudonym Ellen Sandberg die erfolgreiche Autorin von Kriminalromanen Ingrid Löhnig steckt, spürt man diesem tiefgründigen Roman auf jeder Seite an. Der Handlungsaufbau ist routiniert ausgearbeitet, die Protagonisten sind psychologisch nachvollziehbar gezeichnet. Der Roman ist insgesamt so packend geschrieben, so intensiv in seiner Wirkung, dass man sich dem Buch nicht entziehen kann und geradezu atemlos von Seite zu Seite getragen wird.
Fazit: Gekonnt geschrieben und eindringlich in Szene gesetzt wird in diesem Roman ein Kapitel aus einer noch nicht so lang vergangenen Zeit des Grauens. Der Autorin ist es meisterhaft gelungen, einen außerordentlich wichtigen und gleichzeitig fesselnden Roman zu schreiben, der lange, lange über das Lesen hinaus in uns Wirkung zeigt. Ein grandioses Buch, das jeder, wirklich jeder lesen sollte!
von heinoko - 2018-10-28 06:49:00

Fesselnder Roman, der zum Nachdenken anregt - 5 Sterne

Manolis Lefteris führt in München ein angesehenes Autohaus. Keiner weiß, dass er außerdem der Mann ist, der ganz besondere Aufträge erledigt. Dieses Mal soll er Unterlagen besorgen, die auf keinen Fall in die falschen Hände geraten dürfen. Manolis hält diesen Auftrag für reine Routine, doch dann entwickelt er sich anders als gedacht. Manolis kommt einem unglaublichen Verbrechen auf die Spur, das seit Jahrzehnten ungesühnt ist und muss eine Entscheidung treffen.

Ellen Sandberg, die Krimifans eher unter dem Namen Inge Löhnig kennen dürften, erzählt diesen interessanten und zum Nachdenken anregenden Roman, auf verschiedenen Zeitebenen. Im Jahr 1944 verfolgt man die erschütternden Beobachtungen, die die Krankenschwester Kathrin in einer sogenannten Heil- und Pflegeanstalt macht. Dieser Handlungsstrang wechselt sich mit dem aktuellen Geschehen, in dem sich Manolis Lefteris auf die Suche nach den geheimnisvollen Dokumenten macht und dabei auf die Journalistin Vera Mändler, eine Nichte Kathrins, trifft.

Der Einstieg in diesen Roman verläuft zunächst eher gemächlich, da man sich erstmal mit den unterschiedlichen Strängen und den jeweiligen Akteuren vertraut machen muss. Beide Perspektiven sind aber von Anfang an interessant, da man erfahren möchte, wie sich das alles verbinden wird. Im weiteren Verlauf nimmt die Handlung dann auch deutlich an Fahrt auf. Denn im aktuellen Strang spitzen sich die Ereignisse zu und in der Perspektive, die sich in der Vergangenheit zuträgt, mag man kaum glauben, was man dort erfährt.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm lesbar. Es gelingt der Autorin hervorragend, Protagonisten und Handlungsorte so zu beschreiben, dass man sie vor Augen hat. Deshalb kann man mühelos in die Geschichte eintauchen. In beiden Handlungssträngen fiebert man mit den Protagonisten mit und macht sich Gedanken, wie das alles enden wird. Auch wenn man glaubt, das Ende vorherzusehen, wird man durch unvorhersehbare Wendungen überrascht, sodass man förmlich in den Sog der Ereignisse gerät.

Ich habe mich beim Lesen dieses Romans ausgesprochen gut unterhalten, da ich mühelos in die Geschichte eintauchen konnte und früh in den Sog der Handlung geriet. Dadurch mochte ich das Buch nur ungern aus der Hand legen und habe es deshalb beinahe in einem Rutsch gelesen. Ich habe dabei mit den Protagonisten mitgefiebert und mochte manchmal kaum glauben, was dort geschrieben stand. Vor allen Dingen deshalb, da ich mir immer vor Augen hielt, dass die Ereignisse in der fiktiven Heilanstalt, ja tatsächlich an anderer Stelle geschehen sind. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala bekommt das Buch alle fünf Bewertungssterne, da es mich berührt und zum Nachdenken angeregt hat.
von KimVi - 2018-03-09 11:31:00

Generationsübergreifende Familiengeschichte - 5 Sterne



Was die Krimiautorin mit „Die Vergessenen“ vorgelegt hat, ist eine aufregende und bemerkenswerte Familiengeschichte, die generationsübergreifend und mit Krimielementen angelegt ist. Dabei geht die Handlung bis ins Jahr 1944 zurück und beleuchtet ein beschämendes Stück deutsche Geschichte, bei der die Leidtragenden Kinder und Hilflose waren.
Das Buch versammelt Schicksale von Menschen, die alle durch die Ereignisse der Jahrzehnte zurückliegenden Vergangenheit geprägt und auch belastet sind.
Es gibt den Plot um 1944 mit der Krankenschwester Kathrin, die in einem Pflegeheim arbeitet. In der Gegenwart sind es zwei Protagonisten, der verdeckt arbeitende Detektiv Manoli und die Journalistin Vera. Beide recherchieren und ihre Anliegen sind eng miteinander verbunden. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Handlungsstränge erhält der Plot eine dichte Konsistenz, die wirklich bemerkenswert ist.

Die Autorin nutzt die Vorteile einer routinierten Schreibweise ohne dabei auf Emotionalität und Sensibilität zu verzichten. Diese Schreibweise ist mir sehr willkommen, so werden die Figuren in einer angemessenen Tiefe charakterisiert.
Als Leser werden mir die Figuren wichtig, die alle nicht perfekt sind und die unter der Situation leiden.

Man merkt auch, wie wichtig der Autorin der Stoff war.
Das Resultat ist ein sehr lesenswerter, emotional packender Roman voller innerer Spannung.
von yellowdog - 2018-02-19 18:07:00

Wir sollten nicht vergessen - 5 Sterne

Kathrin Mändler ist gerade 17 Jahre alt, hat ihre Ausbildung abgeschlossen und bekommt 1944 eine Stelle als Krankenschwester in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg. Hier trifft sie auf den charismatischen Anstaltsleiter Dr. Karl Landmann. Sie, die sich selbst als graues Mauerblümchen fühlt, nimmt seine Avancen schnell an. Bis sie erkennt, was sich hinter den Mauern der Anstalt abspielt.
Ihre Nichte Vera Mändler beginnt sich 2013 für ein Dossier zu interessieren, das ihrem Cousin Christian wahrscheinlich das Leben gekostet hat. Diese brisanten Unterlagen soll ihre Tante haben.

Aber auch Manolis Lefteris, der sehr sympathische Inhaber eines Münchner Autohauses und Auftragnehmer für besondere Fälle, interessiert sich für seinen Auftraggeber für diese Unterlagen und untersucht alles, um sie in seinen Besitz zu bekommen.


Unter dem Pseudonym Ellen Sandberg schreibt eine meiner deutschen Lieblingsautorinnen Inge Löhnig einen spannenden, interessanten, mich faszinierenden und berührenden Roman über die Geschehnisse in einem kleinen Dorf in Griechenland 1944 und in einer Heil- und Pflegeanstalt aus den letzten Kriegsjahren. Es ist eine Geschichte, die die beiden Handlungsstränge aus der Vergangenheit mit dem Heute verbindet. Eine Geschichte mit einer ganz andere Form der Spannung: aufgeladen, unvorstellbar und erschreckend.
Es geht um Recht, Gerechtigkeit und unsere Justiz, die immer wieder die Augen zugedrückt hat; um Schuld, Schweigen und Sühne; um sexuelle Hörigkeit, Verdrängen und Macht; um Seilschaften, die bis in unsere heutige Zeit reichen. Nach einigen Stellen musste ich mich erst mal wieder fassen um weiterlesen zu können, so sehr hat mich die Erzählung seelisch mitgenommen. Vor allem, weil ich mir immer wieder sagen musste, dass dieser Roman sich an historische Fakten hält. Das war für mich hier und da nur schwer auszuhalten.

Es geht hier zum großen Teil um eine Heil- und Pflegeanstalt in denen Kinder und Erwachsene mit Behinderungen während der Kriegswirren gut aufgehoben sein sollten. Aber leider ging es damals in diesen Häusern wohl zum Teil ganz anders zu. Diese Menschen wurden als lebensunwürdig, als Idioten bezeichnet, sie „nahmen unseren treuen Soldaten das Essen weg“. Solche Aussagen machen mich traurig, wütend und fassungslos. Ganz langsam wurden diese Menschen zu Tode gepflegt.

Es ist mir trotz einiger Stellen, wo ich doch eine Pause brauchte um das Gelesene zu verarbeiten, sehr schwer gefallen, dieses Buch doch immer mal wieder aus der Hand zu legen. So eine spannende, fesselnde und berührende Geschichte habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Und sie wird noch lange in mir nachwirken. Vor allem, wenn ich bedenke, wir lange die Geschehnisse von damals ihre Arme zu den heute lebenden Familienangehörigen noch ausstrecken.

Aber auch etwas anderes hat mich stark beschäftigt: Manolis Lefteris – der Mann, der für seinen Auftraggeber (fast) alles tut. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie es sein kann, dass ich diesen Mörder sympathisch finde. Ich denke, es ist der Mensch, der mir einfach gefällt, der sich für Unrecht einsetzt und der für seine Familie alles tun würde.

Ellen Sandberg hat einen Roman geschrieben, den ich spannender und fesselnder finde, als manchen Krimi. Keine leichte Kost, aber absolut lesens- und empfehlenswert!
von gaby2707 - 2018-01-23 20:26:00

Die Vergessenen - 1 Sterne

Die Geschichte beginnt mit dem Auftrag, den der Münchner, ein Mann für besondere Fälle, Manolis Lefteris erhält.
Er erhält die Weisung für einen Mandanten versteckte alte Akten zu beschaffen. Manolis ahnt nicht, dass er dabei ein Verbrechen aufdeckt, das Generationen überdauert hat.
Auch Vera, eine Journalistin, ist auf der Suche nach Akten, die Geschehnisse behandeln, die zur NS-Zeit in einer psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalt vor sich gingen.
Ihre Tante trat 1944 dort eine Stelle an und meinte endlich ihre Lebensaufgabe gefunden zu haben. Vor allem von dem charismatischen Chefarzt Karl Landmann ist sie begeistert.
Das ändert sich als sie auf schreckliche Taten hinter den Klinikmauern stößt.
Ein spannender und fesselnder Roman auf der Suche nach Recht und Gerechtigkeit und der Frage: Wo endet Schuld, wo beginnt Versöhnung?
von Ingrid Mair - 2018-01-18 11:43:00

Spannend und interessant - 4 Sterne

Ellen Sandberg ist das Pseudonym von Inge Löhnig, deren Krimis sich gut und interessant lesen. Mit dem Roman „Die Vergessenen“ wird eine besondere schwere Zeit beschrieben.
1944 arbeitet Kathrin Mändler in der Klinik in der behinderte Kinder und auch Erwachsene als nicht lebenswert eingestuft werden.
2013 fragt sich ihre Nichte Vera, ob die Tante an den Morden beteiligt war, die Tante hatte einen Schlaganfall und kann nicht befragt werden.
Manolis Lefteris, ist ein Mann für besondere Aufträge. Er ist hinter Akten her, die bei Kathrin sein sollen.
Der Roman ist spannend und wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her.. Die Vergangenheit ist eine grausame Geschichte, in der die Verursacher nicht zur Verantwortung gezogen werden. Diese Berichte von 1944 lesen sich erschütternd, obwohl ich schon davon wusste. Besonders unfassbar sind dann immer das es so viele Personen gibt, die das richtig fanden.
Ellen Sandberg hat einen wahren Krimi, mir einem Thema, das nicht in Vergessenheit geraten darf, geschrieben. Witzigerweise begegnen wir Kommissar Dühnford, aus den Krimis Inge Löhnigs, hier kurz auf einer Treppe.
Dieser Roman lässt den Leser nicht los.
Er hat eine fesselnde und spannende Atmosphäre.
Eine empfehlenswerte Lektüre.


von begine - 2018-01-12 17:14:00

Die Vergessenen - 5 Sterne

Ellen Sandberg, das Pseudonym für die erfolgreiche Krimiautorin Inge Löhnig, wagt sich auf neues Terrain. Ihr Mut muss belohnt werden! "Die Vergessenen" beruht auf wahren Begebenheiten in der NS-Zeit in München im Rahmen der Kinder- Euthanasie. Es wurden in der ehemaligen Heil-und Pflegeanstalt Eglfing-Haar mindestens 2025 Menschen mit psychischer oder körperlicher Behinderung ermordet. Ebenso in Distomo / Griechenland, hier verübten SS-Angehörige am 10. Juni 1944 ein grausames Massaker an der Zivilbevölkerung. Zugegeben, der Stoff ist keine leichte Kost. Sandberg versteht es geschickt, diese Geschichte mit der heutigen Zeit zu verweben. Das Geschehene wird vom „Angeklagten“, seiner Geliebten, Vera und Manolis vom jeweiligen Standpunkt aus geschildert.
Zuerst erhält man Einblick in das Doppelleben Manolis Lefteris. Zeitgleich tauchen die Erinnerungen der Krankenschwester Kathrin Mändler an München 1944 auf. Es gilt ein Verbrechen aufzuklären, Akten werden gesucht, .....Vera, die Nichte Kathrins und Journalistin, entdeckt zufällig das brisante Material, klärt die Zusammenhänge auf und will Gerechtigkeit erreichen. Eine interessante Geschichte, bis zur letzten Seite spannend erzählt. Empfehlenswert!
von Christine Mansbart - 2018-01-05 10:21:00

Spannend und berührend, besser geht es nicht - 5 Sterne

Die Vergessenen ist ein Roman der sich mit der Aufarbeitung von NS-Verbrechen an Menschen in Heil- und Pflegeanstalten beschäftigt. Dieses Thema hat Ellen Sandberg ausgezeichnet in dem Roman verpackt. Von der ersten bis zur letzten Seite war Spannung vorhanden. Aufgrund dieser und der sehr guten und flüssigen Schreibweise hatte ich das Buch sehr schnell durchgelesen. Die einzelnen Charaktere sind gut beschrieben und gerade Vera und Manolis waren mir als Leser sympathisch. Die Vorgänge in den Jahren 1944/1945 in Winkelberg sind eindrücklich beschrieben und berühren sehr. Auch Manolis Lebensgeschichte (bzw. vor allem auch die seines Vaters) ist sehr emotional.
Aber eine Stelle im Buch hat mir auch ein Lächeln auf den Mund gezaubert, als nämlich ein gewisser Kommissar Dühnfort einen kurzen Auftritt hatte, der ja Hauptdarsteller in der Krimireihe von Ellen Sandberg ist, die sie nicht unter ihrem hiesigen Pseudonym schreibt.
Zum Cover des Buches muss ich sagen, dass mir dieses sehr gut gefällt. Schlicht gehalten und es passt gut zum Inhalt.
Fazit: Für mich einer der besten Bücher des Jahres 2017!