Rezensionen

Alles, was wir sind
Roman

Autor: Prescott, Lara

Erschienen bei Aufbau Verlage GmbH & Co. KG
ISBN 978-3-352-00935-8
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Anders als erwartet - 3 Sterne

"Alles, was wir sind", erschienen im Rütten & Loening Programm des Aufbau-Verlags, war der erste Roman, den ich von Autorin Lara Prescott lesen durfte und noch ehe ich die Lektüre überhaupt begann, kam ich nicht umhin, die überaus hochwertige und optisch aufwendige Buchausstattung zu bestaunen. – Ein bedruckter Folienumschlag, der sich wunderbar vom ebenfalls bedruckten Buchdeckel abhebt, ein edles Innencover, ein Lesebändchen…nobler geht es kaum. Es wird sofort deutlich, dass dieses Werk sich von der Masse der anderen aktuell veröffentlichten Bücher abheben wird. - "Episch!", ging es mir durch den Kopf und genau solch eine Begeisterung erwartete ich mir auch vom Inhalt. Im Vorfeld hatte ich schon viel von diesem auf wahren Tatsachen beruhenden Roman gehört, der bereits seinen internationalen Siegeszug angetreten hatte.

Vielleicht kennt nicht jeder Leser den Namen Boris Pasternak, aber sein Lebenswerk, der Roman "Doktor Shiwago", dessen Verfilmung Mitte der Sechziger Jahre gleich fünf Oscars gewann, ist ein Stück Kulturgeschichte. Tatsächlich sollte in der damaligen Sowjetunion die Veröffentlichung Pasternaks Romans mit allen Mitteln verhindert werden, wovon nicht nur er selbst, sondern vor allem seine Geliebte (und Muse) Olga Iwinskaja betroffen war. Trotz mehrerer Jahre Gefangenschaft, die sie aufgrund ihrer Bekanntschaft mit Boris in einem weit von Moskau entfernten Gulag unter desaströsen Bedingungen verbringen muss, bleibt sie ihm treu und unterstützt ihn in seinem Schaffen. In den USA leitet die CIA derweil eine sanfte Propagandawelle ein, indem sie gedruckte Exemplare des Romans heimlich nach Russland zurückschmuggeln will, um die Menschen dort aufzurütteln und somit das Sowjetregime quasi von innen, vom eigenen Volk ausgehend, zu schwächen.

Erzählt wird sowohl aus Ost- als auch aus West-Perspektive, jeweils mit immer wechselnden Protagonisten als Hauptstimme des jeweiligen Kapitels. Insbesondere die Beleuchtung des Alltags und der Spionagetätigkeiten diverser Agenten/-innen in den USA fand ich unheimlich spannend, da das alte Washington D.C. der 50er Jahre faszinierend real von der Autorin zum Leben erweckt wurde, auch im Hinblick auf die damalige Gesellschaftsordnung. Frauen waren noch weit von der heutigen Gleichberechtigung entfernt und vor allem in den Kapiteln der Stenotypistinnen wird dies deutlich. Die junge Irina wird aufgrund ihrer russischen Abstammung von der Agency für Spionagetätigkeiten angeworben und von der charismatischen Agentin Sally (die meine Lieblingsfigur in diesem Roman war) entsprechend ausgebildet. Hierbei lag der Fokus allerdings größtenteils auf Irinas Privatleben – sie verliebt sich in jemanden, mit dem eine Beziehung unmöglich scheint…

So interessant die Hintergrundgeschichte zur Veröffentlichung des legendären Romans Pasternaks ist, so fremd blieben mir die Charaktere in Lara Prescotts Werk. Möglicherweise lag es an der Vielzahl der Figuren oder am permanenten Wechsel der Erzählstimme - oftmals hatte ich zu Kapitelbeginn Probleme zu erkennen, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Beinahe alle Protagonisten waren mir schlichtweg unsympathisch. Olga opfert ihr Lebensglück auf mehr als nur eine Weise für Boris (- der wiederum nur für seinen Roman lebt -), vernachlässigt sogar ihre Kinder darüber. Boris Pasternak mag ein großer Schriftsteller gewesen sein, aber menschlich wird er hier als selbstsüchtiger, rücksichtsloser Narzisst dargestellt; sein Erfolg geht ihm über alles, bedeutet ihm mehr als Olga. Sein Ego ist ihm wichtiger als Olgas Sicherheit, wichtiger als das Wohl seiner (sowie ihrer!) Familie. Ich hätte Olga vor Wut über ihre devote, naive Haltung ihm gegenüber am liebsten schütteln wollen!

Über das Werk "Doktor Shiwago" hatte ich mir insgesamt mehr Detailinformationen erhofft. Warum genau war der Roman der Sowjetregierung solch ein Dorn im Auge? Welche Kritik hat er am Staat geübt? Stattdessen nahmen allerlei 'Nebenschauplätze' einen dermaßen großen Raum ein, dass die Hauptthematik etwas verblasste und die Geschichte mich letztlich nicht so fesseln konnte, wie ich es mir erhofft hatte. Speziell im Mittelteil zogen sich einige der Passagen in die Länge und lenkten vom Hauptfokus ab. Leider hat der wundervolle, mal poetisch schöne, mal nüchterne Schreibstil der Autorin nicht ausgereicht, um diese negativen Punkte auszugleichen. Den realen, in die fiktive Rahmenhandlung eingebetteten geschichtlichen Fakten liegt gewiss eine aufwendige Recherchearbeit zugrunde, das wird mehr als deutlich; dennoch hatte ich das Gefühl, als Leserin gerade mal an der Oberfläche der Informationen zu kratzen. Für Kenner von "Doktor Shiwago" ist das Werk sicherlich interessant, sozusagen als Ergänzung. Im allgemeinen Vergleich mit anderen historischen Romanen würde "Alles, was wir sind" (aufgrund der bereits angesprochenen Oberflächlichkeit und Emotionslosigkeit) allerdings den Kürzeren ziehen.
von Furbaby_Mom - 2020-02-09 23:43:00

weibliche Spionage im 2. Weltkrieg - 4 Sterne

Der Debütroman „Alles, was wir sind“ von Lara Prescott ist eine Geschichte über Spionage während des 2. Weltkriegs, die sich um das Buch Dr. Schiwago von Pasternak rankt. So gibt es auf amerikanischer Seite eine Personengruppe, die das Buch unbedingt in ihren Besitz bringen will, während die sowjetische Seite genau das zu verhindern sucht.
Hauptspione und Protagonistinnen sind die amerikanische Sally Forrester und sowjetische Irina Drosdov. Dabei geht es um eine geschmuggelte Kopie von Dr. Schiwago, die in die USA gelangt und als Vorlage für viele weitere Kopien dienen soll, um die öffentliche Meinung in der UdSSR zu beeinflussen.

Mein Fazit:
Mir gefällt dieser Roman ausnehmend gut. Beeindruckend mit wie viel Einfühlungsvermögen die Autorin die damaligen gesellschaftlichen Strukturen nachzeichnet, insbesondere im Hinblick auf die Geschlechterrollen am Arbeitsplatz in Amerika. In der UdSSR hingegen wird ein Bild des Angst- und Überwachungsregimes gezeichnet.Mir hat diese Geschichte großes Lesevergnügen bereitet.
von bibuschka - 2020-01-02 14:31:00

Literatur- und Zeitgeschichte in einem spannenden Gewand - 4 Sterne

„Alles was wir sind“ ist ein Roman der wirklich alles in sich hat: Liebe, Literatur, Spionage, Spannung, … Was ich besonders interessant fand, ist, dass ein Klassiker der Weltliteratur im Mittelpunkt stand und dazu authentisch erzählt wurde. Da es aber zwischendurch doch etwas anstrengend zu lesen war, gibt es vier Sterne.
Boris Pasternak schreibt gerade an seinem Roman Dr. Shiwago – was der Staat nicht gerne sieht, soll es doch einen sehr kritischen Inhalt haben. Deswegen wird seine Geliebte Irina befragt und schließlich in ein Arbeitslager gesteckt. Erst Jahre später kommt sie zurück zu ihrer Familie und zu Boris. Zeitgleich wird in einer Agency in den USA versucht, den Roman in die Hände zu bekommen, um ihn zu veröffentlichen. Wobei zwei Spioninnen ganz besonders im Mittelpunkt stehen.
Der Roman wechselt immer zwischen Russland und den USA, später auch zu anderen Schauplätzen, hin und her. Am Anfang fand ich es etwas schwer reinzukommen, weil es so viele unterschiedliche Charaktere beziehungsweise Charaktergruppen gibt, aus deren Sicht berichtet wird. Aber irgendwann merkt man, wie intelligent das alles eigentlich aufgezogen wurde. Jeder, aus dessen Sicht berichtet wird, bekommt einen Titel, zum Beispiel „Die ---„ Da sich das aber im Laufe der Geschichte ändern kann, wird der erste Titel durchgestrichen und ein neuer, passenderer Titel ergänzt. Wenn man die verschiedenen Beobachter kennengelernt hat, ist das wirklich nett zu lesen, man muss nur erst alles durchschauen. Der Schreibstil ist im Großen und Ganzen ganz angenehm, aber zwischendurch ein klein bisschen anstrengend. Es ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchlesen kann.
Die Charaktere für dieses Buch sind sehr spannend gewählt und ganz unterschiedlich, oft auch außergewöhnlich. Vor allem die Frauenfiguren, um die es hier größtenteils geht, haben oft starke Charaktere und versuchen sich den Männern gegenüber durchzusetzen.
Da Buch vereint Literatur- mit Zeitgeschichte und webt dabei noch spannende persönliche Geschichten mit ein. Es ist vielleicht nicht immer einfach zu lesen, aber trotzdem hoch interessant und spannend. Eine klare Leseempfehlung.
von Lealein1906 - 2019-12-27 13:49:00

Geschichte eines Buches - 4 Sterne

Die junge amerikanische Schriftstellerin Lara Prescott vermittelt aufgrund ihrer intensiven Recherche über den Background des Romans Dr. Shiwago und den Beteiligten, ein Bild über die fünfziger Jahre in der Sowjetunion.
Es ist natürlich schon ein westlicher Blick. Autoren wie Wassili Grossman oder Warlam Schalamow schaffen wohl ein realistischeres Bild dieser Zeit und den Bedingungen des Gulag.
Dennoch ist Alles, was wir sind ein spannendes Buch, geschickt konstruiert und mit guten Figuren, vor allen Olga, die eine Freundin von Boris Pasternak war und wechselnd die Rollen als Muse, Sendbotin und Mutter einnimmt.
1958 erhält Boris Pasternak den Literaturnobelpreis, doch er darf ihn nicht annehmen.
Das überwiegend nicht aus Sicht Boris Pasternak, der Autor des Doktor Shiwago, erzählt wird, ist die richtige Entscheidung. Am besten gefallen mir die Abschnitte, die von Olga geschildert werden. Aber auch die Idee mit den Stenotypistinnen ist gut.
Gut, dass dieser Roman die Entstehungs- und Publikationsgeschichte des berühmten Buches, das ja auch bekannt verfilmt wurde, einmal so umfassend darstellt.
von yellowdog - 2019-12-14 14:07:00

Hatte eine andere Vorstellung - 4 Sterne

Der Kalte Krieg zieht auf, und Worte werden zu Waffen. Olga Iwinskaja, Geliebte des großen Boris Pasternak, wird verhaftet. In Moskau will man verhindern, dass Pasternaks Roman Doktor Shiwago erscheint, doch Olga hält an ihrer Liebe zu Boris fest.
Zugleich will die CIA mit einer einzigartigen Waffe den Widerstand in der Sowjetunion wecken – mit Literatur, mit Doktor Shiwago. Für die Mission wird die junge Irina angeworben und von der Agentin Sally ausgebildet. Es beginnt eine gefährliche Hetzjagd auf ein Buch, das den Lauf der Welt verändern soll.

Eine große Geschichte über geheime Heldinnen, die Kraft der Literatur und – die Liebe.

Ich weiß nicht so recht was ich anhand der Leseprobe erwartet hatte, aber definitv keinen so anspruchsvollen Roman.
Das Cover ist im Orginal noch viel schöner als auf dem Bild, der Schutzumschlag ein Hingucker.
Die Geschichte ist Total berührend geschrieben, ist halt nicht ganz so mein Genre, ich konnte mich nicht so gut in die Protagonisten hineinversetzen.
Dennoch ein absolut gutes Buch, nur halt nicht unbedingt für mich.

Davon hatte ich mir mehr versprochen - 3 Sterne

„Doktor Schiwago“, der Welterfolg des russischen Autors Boris Pasternak, war der Lieblingsfilm meiner Mutter, den wir uns zusammen bestimmt 5 x, wenn nicht öfters, im Kino angeschaut haben, steht im Mittelpunkt dieses Romans von Lara Prescott.
Dann bekam ich die Leseprobe zu „Alles, was wir sind“, die mich sehr angesprochen hat. Genau so wie der Klappentext. Also musste ich auch dieses Buch lesen.
Leider haben sich meine vielleicht zu hohen Erwartungen an das Buch nicht erfüllt.

Unterteilt wird die Geschichte in zwei Erzählstränge, gegliedert nach Osten 1949 – 1961 (Sowjetunion-Moskau) und Westen 1956 - 1959 (USA-Washington).
Im Osten finde ich es sehr spannend, zu erfahren, wie das Buch Dr. Schiwago von Boris Pasternak entstanden ist. Die Hauptfigur Lara lehnt sich stark an Pasternaks Geliebte Olga Iwinskaya an, die bis zu seinem Tod an seiner Seite bleibt und erduldet aus Liebe zu ihm sogar einige Jahre Arbeitslager.
Im Westen lerne ich zwei Stenotypistinnen der CIA, Irina Drozdov und Sally Forrester, kennen. Zwei Frauen,

Lara Prescott erzählt in einer anschaulichen, sehr detailreichen Sprache, bei der ich allerdings Vieles für überflüssig und nicht der Geschichte dienlich empfinde. Was ich auch nicht mag ist, dass der Westen nur aus positiven Aspekte besteht, wogegen der Osten düster, grau und grausam gezeichnet wird. Auch die Personen, denen ich hier begegne haben keine Tiefe, ich komme nicht an sie heran, sie bleiben mir fremd.

Sehr gut gefallen hat mir die Aufzeichnung des Weges, auf dem Dr. Schiwago über einen Mailänder Verlag zur Veröffentlichung in die USA gelangt ist. Ich bekomme viele Hintergrundinformationen, die gut recherchiert scheinen und die ich bisher alle nicht kannte. Auch dass dieses Buch als „Waffe“ gesehen wurde, hat mich fasziniert. Dass der gesamte Roman aus Sicht der Frauen erzählt wird, finde ich schon bemerkenswert. Waren sie doch zu der Zeit alles andere als anerkannt.

Meine Gefühle gegenüber dem Buch sind sehr gespalten. Die eine Hälfte sehe ich als gute Unterhaltung mit viel Wissenswertem. Bei der anderen Hälfte habe ich mich gelangweilt durch die Seiten und Kapitel gequält. Trotzdem bin ich froh, das Buch gelesen zu haben.
von gaby2707 - 2019-11-19 10:12:00

Alles, was wir sind - 5 Sterne

Auf dieses Buchereignis haben alle sehnsüchtig gewartet: Was als ein unbedeutender Wikipedia-Eintrag daherkommt, hat Lara Prescott in eine großen Roman umgewandelt. „Dr. Shiwago“ kennen viele noch in der Urfassung, mit Julie Christie in der Hauptrolle. Die Ereignisse um die Veröffentlichung des Romans sind nicht so bekannt. Mitten im kalten Krieg schreibt Boris Pasternak, der berühmte russische Dichter, eine Liebesgeschichte zwischen Lara Antipowa und Juri Shiwago, doch es geht auch um den Krieg, Propaganda und Verfolgung. Spannend fand ich auch den „westlichen“ Teil des Romans. Die Stenotypistinnen, die in der „Agency“ (CIA) arbeiten, geben dem Roman eine starke weibliche Stimme. Auch Olga, Pasternaks Geliebte, erlebt ein grauenvolles Schicksal. Alles super recherchiert und stimmig ausgearbeitet, sodass man nach der Lektüre den Wunsch verspürt, noch tiefer in die Materie einzutauchen!
von Barbara Kumpitsch - 2019-11-18 11:41:00

Leider nicht wie erhofft - 3 Sterne

Der kalte Krieg. Zwei Großmächte setzen alles daran ein Buch zu veröffentlichen bzw. Dies um jeden Preis zu verhindern. Es geht um das berühmte Buch Doktor Shiwago. Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt. Einmal aus der des Dichters und seiner Lebensgefährtin Olga, die für ihren Geliebten bereits 3 Jahre im Gulag war und aus der Perspektive der Spioninnen der USA. Beide Erzählperspektiven sind zwar interessant aber irgendwie bin ich leider mit dem Buch nicht warm geworden. Es plätschert für mich dahin, obwohl es spannend sein müsste und die Themen auch wirklich spannend sind. Es ist in einem einfachen Schreibstil geschrieben und ich denke das es viele Leser ansprechen wird, doch mich konnte es leider nicht so mitreißen.
von inya - 2019-11-15 18:38:00

Doktor Schiwago ist gefährlich - 4 Sterne


Die us-amerikanische Schriftstellerin Lara Prescott hat für ihren Roman „Alles, was wir sind“ in Archiven Recherchiert.
Sie lässt die Protagonistin Olga Iwinskaja ihre Erlebnisse mit ihrem Geliebten Boris Pasternak erzählen. Sie lebt in Moskau. Sie gilt als Vorlage der Lara in Pasternaks Roman Dr Schiwago. Um dieses Buch gibt es *Ärger, Olga wurde zu Arbeitslager verurteilt.
Pasternak kam mir etwas eigenartig vor. Das Olga so an ihm hängt kann ich nicht verstehen, schließlich ist er verheiratet.

Dann ist da noch Irina, die gleich nach der Einreise ihrer Mutter in Amerika geboren wurde. Sie wurde von der CIA bearbeitet.

Die Autorin hat einen guten Schreibstil. Sie zeigt die russische Politik und auch die amerikanische Intrige.

von begine - 2019-11-09 09:18:00

Hat mich nicht vollends überzeugt - 3 Sterne

Dieser Roman ist während des Kalten Krieges angesiedelt, in dem sich die USA und die UdSSR bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstehen. Es ist die Zeit der Spionage und Gegenspionage. Man arbeitet auf beiden Seiten an der Eroberung des Weltraums. Mit dem Sputnik haben die Sowjets vorerst die Nase vorn.

Zahlreiche Sowjetbürger versuchen das Land zu verlassen. Nur wenigen gelingt dies. Familien werden auseinander gerissen.

Soweit das historische Umfeld, nun zum Inhalt:

Boris Pasternak schreibt an einem historischen Roman, der angeblich Regime kritische Passagen enthält. Doch statt den Schriftsteller direkt zu belangen, verhaftet man seine Geliebte Olga, verhört und verurteilt sie zu mehreren Jahren Lagerhaft. Obwohl Olga misshandelt wird und Boris‘ Kind verliert, schweigt sie über den Inhalt des Romans.

Parallel dazu versucht der Westen dieses Werk in die Finger zu bekommen. Das Credo lautet „Worte sind Waffen“. Federführend in den USA ist der als „Agency“ bezeichnete Geheimdienst, dem neben den üblichen männlichen Spionen auch zahlreiche, gut ausgebildete Frauen, die häufig als Stenotypistinnen getarnt, angehören.

Als es gelingt, ein Exemplar aus der UdSSR herauszuschmuggeln, wird das Buch vorerst in Italien gedruckt. Anlässlich der Weltausstellung in Brüssel 1958 werden, hunderte Exemplare auch ins Russische übersetzt und wieder in die UdSSR zurück geschmuggelt. Hier hat die Agency wieder ihre Finger im Spiel. Der Erfolg lässt sich nicht mehr aufhalten. Doch als Pasternak den Literaturnobelpreis erhält, eskaliert die Situation.

Meine Meinung:

Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Die Idee, rund um den Schriftsteller Boris Pasternak und seinen „Dr. Schiwago“ einen Roman zu schreiben finde ich sehr gut. Allerdings pendelt die Autorin immer wieder zwischen der Liebesgeschichte (Olga/Boris) und dem Spionageroman hin und her. Das, und die vielen detaillierten Beschreibungen der Menschen in der Agency, haben stellenweise die Lust am Weiterlesen eingeschränkt.
Gut gelungen, wenn auch mehr Aufmerksamkeit erfordernd, ist der Wechsel zwischen USA und UdSSR. Anhand der angeführten Jahreszahl und der Ortsangabe, weiß der Leser immer, wann und wo er ist. Nicht ganz so klar ist die Perspektive, da es mehrere „Ich-Erzählerinnen“ gibt.

Warum Olga nach wie vor bei dem verheirateten Pasternak bleibt, obwohl der sie und ihre Kinder mehrmals der Gefahr wieder verhaftet zu werden, verstehe ich persönlich ja nicht. Wahrscheinlich verbindet die beiden ein Abhängigkeit, die für Außenstehende kaum zu verstehen ist.

Gut gelungen ist die Darstellung der beklemmenden Lebensumstände in der UdSSR.
Die latente Gefahr, wegen eines angeblich Regime kritischen Satzes verhaftet zu werden, ist deutlich spürbar. Dagegen scheint das Leben in den USA ein ständiges Party-Leben zu sein.

Der Schreibstil ist stellenweise sperrig und viel zu detailverliebt. Denn, ob Sally mit BH ins Bett geht, weil sie meint, ihre Brüste würden schlaff, ist für die Handlung bedeutungslos. Solche Stellen gibt es häufig, verwirren aber nur. Möglicherweise liegt es auch an der Übersetzung.

Fazit:

Ein nicht ganz leicht zu lesender Roman, der weder Liebes- noch Spionageroman ist. Leider kann ich dafür nur knappe 3 Sterne vergeben.-
von Bellis-Perennis - 2019-10-28 11:12:00