Rezensionen

Eine Fingerkuppe Freiheit
Historischer Roman | Aus dem Leben des Louis Braille | Über den Erfinder der Blindenschrift

Autor: Thomas Zwerina

Erschienen 2024 bei HarperCollins Hamburg;HarperCollins Hardcover
ISBN 978-3-365-00552-1
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Prägeschrift neu gedacht aus der Sicht der Blinden - 5 Sterne

Ein tolles Buch über den Erfinder der Blindenschrift Louis Braille. Empfindsam zu Papier gebracht vom Germanisten Thomas Zwerina, der selbst im Alter von 13 Jahre erblindete.
Ein Roman, der das Leben von Louis Braille nachzeichnet. Es beginnt mit seiner Kindheit auf dem Land im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Spannend ist das Leben in den schönsten Bildern beschrieben und man spürt förmlich die warmen Sommertage. Er wird älter, beginnt mit 12 Jahren die Schrift zu ersinnen und schon im Alter von 16 Jahren, im Jahr 1825, war die neuartige Schrift fertig. Bis dato existierenden nur Blindenschriften, die schwer lesbar waren. Seine Innovation war bahnbrechend und ist bis heute eine Errungenschaft, die Blinden eine große Hilfestellung ist. Was ich wirklich spannend fand ist die Resistenz, der er sich stellen musste. Viele Institution und Gelehrte waren strikt gegen seine neue Idee. Obwohl er aus seiner Blindheit, aus einer Not heraus genau die richtige Idee hatte und die Prägeschrift neu dachte aus der Sicht der Blinden. Dieses innovative Prinzip der Punktekombination aus 6 einzelnen Punkten. Wahnsinn!
Toll, prägnant geschrieben und sehr erhellend! Ich fand dieses Buch sehr gut und hilft mir auch meinen Horizont zu erweitern und das Verständnis, dass diese Schrift nicht nur zum Lesen notwendig ist, sondern eben auch ein Arbeitsmittel. Eine einfach Form mit 6 Punkten, die Blinde befähigt ihre Gedanken zu Papier zu bringen.
Sehr sehr lesenswert und eine Bereicherung um das Lebenswerk von Louis Braille!
von nil_liest - 2024-05-16 18:04:00

sehr interessant - 4 Sterne

In "Eine Fingerkuppe Freiheit" erzählt der Autor Thomas Zwerina, der selbst im Alter von 13 Jahren nahezu komplett sein Augenlicht verlor, von dem genialen Erfinder der Blindenschrift, dem Franzosen Louis Braille. Louis, der im Januar 1809 in einem kleinen Ort nahe Paris geboren wurde, verletzt sich als 3-jähriger in der Werkstatt seines Vaters so schlimm , dass er vollständig erblindet.

Der Dorfpfarrer, der erkennt, wie intelligent der kleine Junge ist, kämpft , trotz einiger Widerstände dafür, dass er als einziges blindes Kind in die Dorfschule gehen darf. Sein Wissensdurst ist so groß, dass er in dieser Dorfschule irgendwann nicht mehr ausreichend gefördert werden kann und so überzeugt der Pfarrer Louis Eltern, den inzwischen 10-jährigen auf ein Blindeninstitut in Paris gehen zu lassen. Nach anfänglichem Heimweh lebt sich der Junge dort auch gut ein und im Laufe der nächsten Jahre entwickelt er dort eine Schrift aus 6 erhabenen Punkten, mit denen er das gesamte Alphabet darstellen kann und wodurch es für Blinde endlich möglich ist, zu lesen.
Bis sich seine Erfindung allerdings wirklich durchsetzen konnte, musste Louis mit so einigen Schwierigkeiten zurecht kommen.

Ich wusste zwar, was die Braille-Schrift ist , aber ich hatte, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wer diese Schrift erfunden hat und seit wann es diese schon gibt. Aus diesem Grund war ich nach dem Lesen des Klappentextes schon sehr neugierig auf dieses Buch und es war auch wirklich sehr interessant, so viel über das Leben und die Arbeit von Louis Braille zu erfahren. Der Schreibstil war manchmal etwas gewöhnungsbedürftig . Manches wurde fast zu ausschweifend erzählt, andere Passagen wieder hätte ich mir etwas ausführlicher gewünscht. Doch im Großen und Ganzen hat mir "Eine Fingerkuppe Freiheit" gut gefallen, ich fand es interessant, den Erfinder der Blindenschrift ein bisschen näher kennenzulernen und ich würde das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen.
von PeLi - 2024-03-29 19:45:00

Die fassbare Schrift - 4 Sterne

Eine Fingerkuppe Freiheit, Romanbiografie von Thomas Zwerina, erschienen im HarperCollins Verlag
Ein Roman über Louis Braille, den Erfinder der Sechs-Punkt-Schrift.
Der 1809 geborene Louis der Sohn des Sattlers Braille, verletzt sich mit drei Jahren die Augen und erblindet infolge. Zum Glück hat der Junge Wohltäter, den Pfarrer und den Lehrer seines Wohnortes, die ihn fördern, ihm erstes Wissen vermitteln und sie finden in ihm einen hochbegabten Schüler. Das INJA Institut für Blindenbildung in Paris, ermöglicht es ihm Musiker und Lehrer zu werden. Angeregt durch den Artillerieoffizier Charles Barbier, entwickelt Braille, trotz der Widerstände die ihm immer wieder entgegengebracht werden, die taktile Blindenschrift, die auch heute noch auf der ganzen Welt genutzt wird.
Das Buch besteht aus 25 überschaubaren Kapiteln, diese sind mit einem Titel versehen, der auf den jeweiligen Inhalt hinweist. Mir ist aufgefallen, dass das Buch sehr poetisch, mit einer seltsamen Wortwahl geschrieben ist. Manche Phrasen wirken etwas linkisch, ich dachte das wäre einer eventuellen unvorteilhaften Übersetzung geschuldet, doch das Buch lag mir in Originalsprache vor. Hier einige Beispiele: „Den Nasenmuskel genießerisch ausstrecken", "seine Auffassung in das unschuldige Porzellan klöppeln", "das Papier gab einen humorlosen Laut von sich".
Doch dann ist mir etwas klar geworden, was mir vor meiner Lektüre nicht bewusst war. Thomas Zwerina ist selbst im Alter von 13 Jahren erblindet. Dieses Buch, das Setting und auch den Plot, erfahre ich durch die „Augen“ eines Blinden. Ich bin beeindruckt.
Ich habe das Buch weiterhin genossen, ich bin sehr angetan von der Geschichte, des hochbegabten Braille, die Entstehung dieser Sechs-Punkt-Schrift ist ein geniales Meisterstück und obwohl er zeitlebens gegen die Widerstände ankämpfen musste die seiner neuartigen Methode entgegengebracht wurde, ist sein Namen auch heute noch weltberühmt. Braille konnte den weltweltweiten Erfolg seiner Erfindung allerdings nicht mehr miterleben. Er starb mit nur 43 Jahren an Tuberkulose.
Der Plot ist spannend und nachvollziehbar, die meisten Figuren sind sympathisch. Einige, vor allem den Protagonisten würde ich sogar als charismatisch bezeichnen. Die Figuren handeln plausibel und authentisch. Brailles Gegner Dufau, dagegen war mir unangenehm, statt den blinden Schülern das erleichterte Lesen nach Brailles Methode zu ermöglichen, hat er aus Neid und Missgunst, auf die Beschulung mit der schwer zu erlernenden Prägeschrift bestanden.
Der Titel und der Autorenname auf dem Umschlag sind in erhabener Schrift gedruckt, immer wieder habe ich bei der Lektüre versucht Buchstaben zu ertasten. Zusätzlich wäre es eine gute Idee gewesen, dies auch in Braille-Schrift zu tun.
Von mir 4 Sterne und eine Leseempfehlung.
von Ele - 2024-03-22 11:52:00

Wunderbare Hommage an Louis Braille, den Erfinder der Blindenschrift - 5 Sterne

In seinem Debütroman "Eine Fingerkuppe Freiheit" widmet sich Thomas Zwerina, der 2018 sein Augenlicht vollständig verloren hat, dem Leben von Louis Braille, dem Erfinder der Blindenschrift.

Louis Braille wird 1809 in dem kleinen französischen Ort Coupray als Sohn eines Sattlers geboren. Als er drei Jahre alt ist, verletzt er sich in der Werkstatt seines Vaters mit einer Ahle am rechten Auge so schwer, dass er erblindet. Infolge von Entzündungen verliert er Monate später auch auf dem gesunden Auge seine Sehkraft. Als Louis sieben Jahre alt ist, nimmt der Priester des Orts die überdurchschnittliche Intelligenz des Jungen zum Anlass, den Dorfschullehrer zu überreden, ihn in seine Schule aufzunehmen. Louis ist ein wissbegieriger Schüler mit hervorragendem Gedächtnis und wird mit 10 Jahren in ein Blindeninternat in Paris aufgenommen. Die "Nachtschrift", eine neuartige Schreibmethode, die der ehemalige Offizier Charles Barbier für Kinder entwickelt hat, dient ihm als Grundlage für seine Blindenschrift, die aus nur 6 erhabenen Punkten besteht.

Der Autor erzählt Louis' Geschichte in einer sehr besonderen, anspruchsvollen und wunderschönen Sprache, die mich sofort begeistert hat. Es war spannend, die Entwicklung des jungen Louis zu verfolgen, der es durch seine Intelligenz, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit schaffte, eine leicht lesbare Schrift für Blinde zu entwickeln. Es hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Leidenschaft Louis an seiner Blindenschrift tüftelte und sie mit nur 16 Jahren fertigstellte - was für eine Leistung! 

Nicht nur Louis als Hauptperson, auch die Nebenfiguren sind sehr bildhaft und authentisch gezeichnet. Ich mochte so viele von ihnen, neben dem liebenswerten und bescheidenen Louis ganz besonders seine Eltern, die immer für ihn kämpften, denen seine Schulbildung wichtig war und die ihn vor einem Leben als Bettler bewahren wollten. Ich mochte auch den Priester und den Lehrer in Coupray sowie die beiden Pariser Freunde Hippolyte und Gabriel. Die Beschreibung des Lebens blinder Kinder im 19. Jahrhundert ist Thomas Zwerina sehr eindrucksvoll gelungen, hochinteressant fand ich auch den Einblick in die damals für Blinde übliche Technik der Reliefdrucke und die Probleme, die die Kinder damit hatten.

Der warmherzig erzählte Roman, der einen Zeitraum von 43 Jahren umfasst, hat mir sehr gut gefallen. Ich habe mitgelitten, als Louis sein Augenlicht verlor, habe mich gefreut, dass er neben seinen liebevollen Eltern auch engagierte Förderer hatte, und ich habe mitgefiebert, als er unermüdlich an seiner 6-Punkte-Schrift arbeitete, die allen blinden Menschen den Zugang zur Literatur ermöglichen sollte. 

Absolute Leseempfehlung und wohlverdiente 5 Sterne für dieses großartige Buch, das mich beeindruckt, gefesselt und zutiefst berührt hat!
von Bücherfreundin - 2024-03-11 15:32:00

Total interessant - 5 Sterne

Zum Inhalt:
Louis Braille ist blind, was ihn nicht daran hindert Neues zu erlernen, wenn es auch schwieriger ist als für Menschen die sehen können. In Frankreichs nationaler Blindenanstalt kommt ihm die Nachtschrift von Charles Barbier in die Hände, was ihn fasziniert und schließlich gelingt es ihm die erhabenen Zeichen zu lesen und ihm wird klar, dass das der Schlüssel zum Wissen für alle Blinden sein kann.
Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht habe, wie eigentlich die Blindenschrift entstanden ist und war umso erstaunter, dass der "Erfinder" selbst blind war. Was für ein unglaubliches Kind Louis doch gewesen sein muss und später als Erwachsener nicht minder. Ich fand das Buch total interessant und gut zu lesen. Wahrscheinlich werden ich die einem doch mal unterkommenden Braille-Schriften mit anderem Auge betrachten.
Fazit:
Total interessant
von brauneye29 - 2024-03-08 12:35:00

Beeindruckend - 5 Sterne

Auch wenn mir die aus sechs Punkten bestehende Brailleschrift, die international genutzt wird durchaus bekannt war, wusste ich bisher nichts über ihr Zustandekommen.
Louis Braille, ihr Erfinder, ist bereits mit fünf Jahren erblindet. Er besucht die Blindenschule in Paris. Sein Wissensdrang ist groß und seine Möglichkeiten sind kompliziert und begrenzt.
Mit Hilfe der Nachtschrift des Artilleriehauptmanns Charles Barbier erstellt er ein vereinfachtes System, das zu der später bekannten Brailleschrift wird.
Dem Autor Thomas Zwerina, der inzwischen selbst erblindet ist, gelingt es hier gut, die Schwierigkeiten eines blinden Menschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts darzustellen. Dabei bedient er sich einer ausufernden Sprache, die perfekt in die Zeit passt, aber ein wenig anstrengend zu lesen ist.
Ich hätte gerne noch mehr über Louis Braille als Menschen erfahren. Seine Lebensgeschichte wird hier sehr kompakt dargestellt und ich meine, dass dem Buch ein paar Seiten mehr gut getan hätten.
Dennoch hat das Buch einen guten Einblick in die Probleme und Schwierigkeiten blinder Menschen gegeben und dabei gleichzeitig den Protagonisten gelungen in den Vordergrund gerückt.
von Pusteblümchen - 2024-03-06 21:24:00

Spezieller Erzählton - 2 Sterne

"Eine Fingerkuppe Freiheit" verspricht, faszinierende Einblicke in das Leben von Louis Braille zu bieten, dem Erfinder der Blindenschrift Braille. Leider war der historische Roman von Thomas Zwerina für mich aber eine enttäuschende Lektüre, die die Versprechen aus der Inhaltsbeschreibung nicht erfüllen konnte.

Der größte Makel dieses Romans liegt im Schreibstil, den ich oft als altmodisch, kitschig und aufgesetzt empfunden habe. Anstatt den Leser in die Welt des 19. Jahrhunderts zu versetzen, ertränkt der Autor die Geschichte in ausschmückenden Metaphern und unpassenden Vergleichen. Ein Beispiel dafür ist die Passage: "Pigniers Herz vollführte einen Wettstreit an langen Seilen. Am Ende riss das Seil, und er holte den hohlen Kürbis der Verwunderung wieder vom Kompost zurück und füllte ihn mit Sanftmut und Neugier." Und auch wenn der Autor diesen Ton im Nachwort als groteske Überzeichnung kennzeichnet: Solche überladenen und künstlichen Beschreibungen kommen auf jeder Seite mehrmals vor und lassen den Roman für mich wie eine Karikatur historischer Literatur wirken. Auch im Nachwort ist der Ton immer noch geschwollen und jeder Satz wird durch gleich mehrere Adjektive und Nomen ausgeschmückt. Durch diesen Ton blieben auch die Charaktere für mich blass, da ich mich nicht gut einfühlen konnte.

Ein kleines, weiteres Problem liegt in der Inkonsistenz der historischen Genauigkeit. Während einige Aspekte von Louis Brailles Leben akkurat wiedergegeben werden, werden andere Ereignisse und Details weggelassen. Dies fällt zwar unter künstlerische Freiheit, allerdings hat mir ja gerade die künstlerische Umsetzung nicht gefallen.

Dennoch kann man dem Roman sein historisch adäquates Fundament zu Gute halten. Die Darstellung von Louis Brailles Kampf gegen seine Blindheit und sein unermüdliches Streben nach Bildung und Unabhängigkeit sind für mich gut deutlich geworden. Insgesamt hinterlässt "Eine Fingerkuppe Freiheit" jedoch einen zwiespältigen Eindruck. Während die Grundidee des Romans viel Potenzial hat, wird dieses durch einen mangelhaften Schreibstil und eine inkonsistente historische Darstellung zunichte gemacht. Leser, die nach einer präzisen und fesselnden Darstellung von Louis Brailles Leben suchen, werden hier leider enttäuscht sein.
von Lu - 2024-02-27 20:56:00