Rezensionen

Bei euch ist es immer so unheimlich still
Roman | »Unterhaltsam und bewegend - ein tolles Buch.« NDR Kultur

Autor: Alena Schröder

Erschienen 2023 bei DTV
ISBN 978-3-423-28339-7
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Bei euch ist es immer so unheimlich still - 4 Sterne

Alena Schröders neuer Roman „Bei euch ist es immer so unheimlich still“ ist gleichzeitig Fortsetzung und Ergänzung zu ihrem ersten Buch „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“. Hier treffen wir alte Bekannte wieder und wir erfahren, was in der Zeit, zwischen der Handlung im ersten Buch, passiert ist. Aber auch wenn man das erste Buch nicht gelesen hat oder sich nicht mehr an alles erinnern kann, ist die Geschichte angenehm und unterhaltsam zu lesen. Und auch wenn dieses Buch, sowohl was den Titel als auch den Inhalt anbelangt, zwar weniger originell aber etwas gemütlicher ist als sein Vorgänger, ist es was Sprache und Unterhaltungswert anbelangt durchaus lesenswert. Mir hat es gefallen und ich möchte es auch gerne weiterempfehlen.
von Barbara Pernter - 2023-11-06 09:35:44

Eines der wenigen Bücher, das ich mehrmals lese - 5 Sterne

Das Buch spielt im Wesentlichen in zwei Zeitebenen.
Einmal in der Nachkriegszeit, den 50er Jahren. Evelyn war Ärztin und ist endlich Mutter und hat doch nun alles, was man sich als Frau nur wünschen kann.
Ihren geliebten Beruf muss sie aber nun aufgeben und wie pures Glück liest sich ihr Leben wahrlich nicht.
Das Buch transportiert schön den damaligen Zeitgeist und wie eindeutig Schubladen für Frauen damals funktionierten.
Nicht nur für Evelyn, sondern auch für ihre kinderlose Schwägerin, die ebenfalls die Erwartungen an sie nicht erfüllen wollte.
Ich fand es zwar beklemmend, das Eintauchen in die miefige Zeit, aber auch so absolut überzeugend beschrieben, dass ich allen Figuren nah war, obwohl sie doch so unterschiedlich waren.

Die zweite Zeitebene ist noch nicht so lange zurück, 1989, und Evelyns Tochter wird nun selbst Mutter und verlässt das wilde Berlin, um ihre Mutter zu besuchen.
Mit Silvia wurde ich nicht ganz so warm, auch sie hat ihr Päckchen zu tragen und die Distanz zwischen Mutter und Tochter, die mittels Hannah, der dritten Generation langsam abgebaut wird, war beklemmend greifbar.

Das Buch ist so stark im Eingehen auf die unterschiedlichen Aspekte der Mutterschaft.

Die Zeitreise von der Nachkriegszeit bis zur Wende war spannend und unterhaltsam zugleich, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe erst gegen Ende kapiert, dass es sich hierbei um eine Fortsetzung des Buches "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" handelt.
Jetzt muss ich die beiden Bücher noch einmal lesen, ohne Abstand, gleich direkt hintereinander.
Das mache ich so gut wie nie, schließlich warten so viele neue Bücher auf mich.
Hier aber schon - denn das sind zwei besondere Bücher, die man zwar gut auch solo lesen kann, die aber zusammen noch mal etwas ganz Besonderes sind.
von Marie aus E. - 2023-10-31 23:01:00

Meine Erwartungen waren hoch - 4 Sterne

Bewertet mit 3,5 Sternen

Zum Buch:

Silvia schnappt sich den alten Polo ihres Mitbewohners, ihr neugeborene Tochter Hannah und macht sich auf den langen Weg von Westberlin nach Ildringen bei Stuttgart. Da kommt sie her und da will sie nach einer Enttäuschung im Berlin auch wieder hin. Zu ihrer Mutter Evelyn, die dort noch immer lebt. Mittlerweile ist Evelyn im Ruhestand, aber als Silvia noch klein war, war Evelyn die Mutterrolle nicht genug und sie wollte wieder als Ärztin arbeiten.


Meine Meinung:

Ich habe das erste Buch der Autorin so gerne gelesen und bin mit hohen Erwartungen an die Geschichte ran. Erzählt wird abwechselnd die Geschichte von Silvia 1989, als sie Berlin verließ und von Evelyn beginnend in den 50er Jahren. Wie sie ihren Mann, Silvias Vater, kennenlernte und heiratete, wie sie auf das Kind wartete, als das langersehnte Kind dann da war, war Evelyn unglücklich in ihrer Mutterrolle. Es dauerte alles sehr lange war teilweise etwas zäh zu lesen und ich wusste auch lange nicht worauf es hinausläuft. Silvia fand ich anstrengend und Evelyn furchtbar kaltherzig. Ich hatte wohl auch einfach zu große Erwartungen und war am Ende doch etwas enttäuscht. Dennoch ist es eine schöne Geschichte und auch wenn Evelyn in der Frau mit blauem Kleid schon eine Rolle spielte, welche weiß ich schon gar nicht mehr, muss man das Buch nicht gelesen haben. Es sind zwei unterschiedliche Geschichten. Mich konnte das zweite Buch der Autorin, eben dieses, was ich gerade beurteile, leider nicht vollständig überzeugen undauch nicht so gut unterhalten wie ich es mir gewünscht hätte.
von Lesemama - 2023-10-31 21:57:00

„Ich will meine Mama“ - 5 Sterne

Wer „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ gelesen hat, wird „Bei euch ist es immer so unheimlich still“ lieben. Denn der erste Roman war gut, ich finde diesen zweiten sogar noch besser. Er knüpft an den ersten an, ist aber eine in sich geschlossene Geschichte und kann auch ohne Vorwissen gelesen werden.
1989. Silvia, in Berlin, soeben Mutter geworden, Vater über alle Berge und in einer WG wohnend überkommt das Gefühl nach Hause zu wollen. Nach 15 Jahren Großstadt zieht es sie zurück in das piefige Kleinstadtleben in der schwäbischen Provinz. Zurück zur eigenen Mutter, nun mit dem eigenen Kind.
Und genau das ist das Thema dieses großartig geschrieben Romans. Wie sich die Perspektive ändert sobald ein eigenes Kind vorhanden ist. Die Beziehung zur eigenen Mutter wird erneut auf den Prüfstand gestellt, eine Fragilität und eine neue andere Art der Annäherung findet statt.
Der Roman ist eine Analyse genau dieses Verhältnisses, aber sehr unterhaltsam geschrieben. Alena Schröder macht die Kommunikation so bewusst zwischen den Beiden. Das Gesagte und Nicht-Gesagte, der richtige Ton und das richtige Maß. Hier hat sie die Dynamiken klasse dargestellt.
Einfach gut wo sie auch die Mutter Evelyn beleuchtet und somit die prüden 50er Jahre ins Spiel bringt. Wie sie als Medizinerin dann nur noch auf das Muttersein reduziert wurde in der alten BRD.
Ein absolut lesenswerter Roman!
von nil_liest - 2023-10-25 17:19:00

Eine sehr berührende Geschichte - 5 Sterne

Silvia fährt 1989 mit ihrer kleinen Tochter Hannah von Berlin zurück in ihre Heimat in Süddeutschland. Jahrelang gab es zwischen Silvia und ihrer Mutter Evelyn wenig bisngar keinen Kontakt, aber Berlin gibt Silvia nicht das was sie sucht.


Ich las von der Autorin schon "Junge Frau, am Fenster sehend, Abendlicht, blaues Kleid". Kann mich aber, wenn ich ehrlich bin, nicht mehr an die Protagonisten erinnern. Daher bringt mir persönlich der Zusatz, das diese Geschichte Licht ins Dunkle bringt nichts. Dennoch hat mich dieses Buch sehr gefangen genommen und sehr gut unterhalten. Die Autorin hat einen sehr schönen Schreibstil. Mich hat die Mutter-Tochter Geschichte, die meiner Meinung nach keinen bemerkenswerten Bezug auf das erste Buch hat, jedenfalls sehr gut unterhalten. Was wir aus 'Bei euch ist es immer so unheimlich still' lernen können, redet miteinander.
Mich hat es jedenfalls gut unterhalten und ich habe es gerne gelesen.
von _ich.lese_ - 2023-10-08 11:31:00

Vielschichtiger und berührender Unterhaltungsroman - 5 Sterne

Die Journalistin Alena Schröder hatte mit ihrem Debut „ Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ 2021 einen großen Erfolg. Im neuen Roman begegnen wir zwei Figuren wieder, die wir aus dem ersten kennen. Die Autorin erzählt hier nun von der Zeit dazwischen; allerdings lassen sich beide Bücher unabhängig voneinander lesen.

Im Sommer 1989 entschließt sich die 33jährige Silvia spontan zu einer Reise in ihr schwäbisches Heimatdorf. Vor beinahe achtzehn Jahren ist sie von dort geflüchtet, hat jeglichen Kontakt zu den Eltern abgebrochen. Sie war lange in der weiten Welt unterwegs, bis sie in Westberlin heimisch wurde. Nun ist sie in einem „geliehenen“ Polo unterwegs, auf dem Beifahrersitz in einem Wäschekorb liegt ihre nur wenige Wochen alte Tochter Hannah. Der provisorische Alltag in einer WG mit diversen Jobs passt nicht zu einem Leben mit Kind, findet Silvia. Der Kindsvater hat auch kein Interesse an ihr und dem Baby. Jetzt hat sie plötzlich Sehnsucht nach der Mutter.
Nach dem Krieg folgt die elternlose Evelyn ihrer Freundin Betti nach Süddeutschland. Dort lernt sie Karl, den Bruder von Betti kennen, der traumatisiert aus dem Krieg heimgekehrt ist. Die Beiden studieren gemeinsam Medizin und heiraten. Mit der lang ersehnten Geburt von Töchterchen Silvia scheint das Glück vollkommen. Doch Evelyn fühlt sich fremd, fremd in dem Dorf, fremd in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter. Viel lieber würde sie weiter ihren Beruf ausüben. Doch wir sind in den Fünfziger Jahren. Da waren die Erwartungen an Frauen andere.
Die Handlung wechselt kapitelweise zwischen den beiden Zeitebenen. Wir lesen zum einen von der schwierigen Annäherung zwischen Mutter und Tochter. Beide Frauen müssen lernen aufeinander zuzugehen und frühere Fehler und Versäumnisse einzugestehen. Aber das fällt ihnen schwer. Sie haben nie gelernt, über ihre Gefühle zu reden.
Gleichzeitig erfahren wir auf der anderen Ebene, wie es überhaupt zum Bruch zwischen Eltern und Tochter kommen konnte.
Der Roman entwickelt von Anfang an einen Sog, der bis zum Ende nicht nachlässt. Alena Schröder hat einen angenehmen Erzählstil, lakonisch, aber trotzdem packend. Dabei lässt sie Platz für Zwischentöne. Die Charaktere sind vielschichtig und psychologisch stimmig. Durch die wechselnden Perspektiven bekommt der Leser einen tiefen Einblick in Gefühle und Motivationen der Protagonisten. So wächst das Verständnis für deren Verhalten. Auch Nebenfiguren werden liebevoll und genau geschildert.
Mit ihrer Familiengeschichte spannt Alena Schröder einen Bogen von den Fünfzigerjahren bis in die Zeit kurz vor dem Mauerfall. Dabei lässt sie sehr gekonnt die Atmosphäre der jeweiligen Zeit spürbar werden.
Es sind eine Menge Themen, die die Autorin hier anspricht, ohne dass der Roman überladen wirkt. Im Vordergrund steht eine komplizierte Mutter- Tochter-Beziehung und damit das Thema Mutterschaft überhaupt. Kann ich eine gute Mutter sein, wenn ich selbst keine Mutterliebe erlebt habe? Wie durchbreche ich solche familiäre Prägungen? Wie lässt sich Muttersein mit dem Wunsch nach Selbständigkeit und einem erfüllenden Beruf vereinbaren?
Dabei spielen Erwartungen eine große Rolle, die eigenen, sowie solche, die von außen an einen gestellt werden.
Aber auch das Schweigen in Familien wird thematisiert, die Unfähigkeit, mit unseren Nächsten zu kommunizieren. Darauf spielt der Titel des Romans an.
Und ganz nebenbei liest man vom Leben in der Provinz, von der Rückkehr in die Heimat.
Mit „ Bei euch ist es immer so unheimlich still“ ist Alena Schröder erneut ein vielschichtiger und berührender Unterhaltungsroman gelungen, den ich sehr gerne gelesen habe und weiterempfehlen kann.
von Ruth - 2023-10-04 22:41:00

Wenn Schweigen zur Zerreißprobe wird - 5 Sterne

Kurz vor dem Fall der Mauer 1989 verlässt Silvia Borowski mit ihrer erst wenige Wochen alten Tochter Hannah Berlin um in ihrem Heimatort Ildingen ihre Mutter zu besuchen und sich mit ihr zu versöhnen.
Denn vor Jahren ist Silvia einfach von zu Hause weggelaufen um in Berlin ein neues Leben zu beginnen.
Doch hier wird sie sehr schnell von ihrer Vergangenheit und der ihrer ganzen Familie eingeholt.
Alena Schröder erzählt eindrucksvoll, wie schnell eine Familie am Schweigen zerbrechen kann.
Ein Schweigen, wie es in den sechziger und siebziger Jahren gerade in den ländlichen Gegenden allgegenwärtig war..
Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt.
Einmal aus der Sicht von Silvia im Jahr 1989 und einmal aus Sicht von Evelyn aus den Jahren 1960-in die siebziger Jahre.
In "Bei euch ist es immer so unheimlich still" wird aufgegriffen, was in Alena Schröders Debütroman nicht thematisiert wurde.
Ich habe mich durch die Einflechtungen von Fernsehsendungen, Prominenten und Produkten der einzelnen Jahrzehnte sehr oft in Erinnerungen verloren.
Eine wunderbare Zeitreise.
von Mabla59 - 2023-10-04 13:38:00

Tiefgründig und berührend - 5 Sterne

Vor zwei Jahren hat Alena Schröder mich mit ihrem Debütroman "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" begeistert. Nun ist im dtv-Verlag ihr Buch "Bei euch ist es immer so unheimlich still" erschienen, die Vorgeschichte ihres Debüts.
Beide Romane können unabhängig voneinander gelesen werden, da die Handlungen ineinander abgeschlossen sind. Die Autorin erzählt die Geschichte wie bereits im ersten Buch auf zwei Zeitebenen, die gekonnt miteinander verflochten sind.  

1989, West-Berlin: Silvia, Anfang Dreißig und frischgebackene Mutter, lebt in einer Hausbesetzer-Wohngemeinschaft. Der Vater der kleinen Hannah ist verheiratet und hat kein Interesse, seine Tochter kennenzulernen. Kurzentschlossen "leiht" Silvia sich das Auto ihres Mitbewohners Dirk aus, um nach Baden-Württemberg zu ihrer Mutter zu fahren, die sie seit über 15 Jahren nicht mehr gesehen hat.

1950, Ildingen: Die junge Evelyn heiratet den traumatisierten Kriegsheimkehrer Karl. Beide studieren Medizin und treten eine Stelle im Krankenhaus an. Nach Silvias Geburt gibt Evelyn ihren Beruf auf, um sich ihrem Kind und dem Haushalt zu widmen. Doch es fällt ihr schwer, sich in die neue Rolle einzufinden, ihre Tochter ist ihr fremd, und sie vermisst ihre Tätigkeit im Krankenhaus schmerzlich.

In Alena Schröders Buch steht die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung im Mittelpunkt. Die beiden Frauen begegnen einander sehr distanziert, es fällt ihnen schwer, über die Vergangenheit und die alten Konflikte zu reden. Die Autorin beschreibt ganz wunderbar und mit viel Empathie, wie Evelyn und Silvia sich ganz langsam nach den vielen Jahren der Trennung wieder einander annähern. Nach und nach wird die Vergangenheit mit all ihren Geheimnissen und Verletzungen aufgeblättert, und es wird klar, warum Silvia vor Jahren aus dem Elternhaus geflohen ist.

Die Geschichte hat mich vom Beginn bis zum stimmigen Ende sehr gefesselt und berührt. Ich mag den schönen und intelligenten Sprachstil der Autorin und die Art, wie sie die interessanten Charaktere beschreibt, uns in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen lässt. Nicht nur die beiden Hauptpersonen, auch die Nebenfiguren, wie Karl, Betti, Rüdiger und Monika sind ganz wunderbar und authentisch skizziert. Es hat mir sehr gut gefallen, dass die Autorin auch politische und historische Ereignisse, wie die Fußballweltmeisterschaft 1954 und die Öffnung der Berliner Mauer, in die Romanhandlung hat einfließen lassen.

Absolute Leseempfehlung für diesen wunderbaren und tiefgründigen Roman!
von Bücherfreundin - 2023-09-24 17:57:00

Bei euch ist es immer so unheimlich still - 5 Sterne

Mein Versuch, diesen wirklich sehr gelungen Roman in Worte zu fassen:
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen:
1989 reist die 33jährige Silvia mit ihrer wenige Wochen alten Tochter Hannah von der DDR in ihre alte Heimat BRD zu ihrer Mutter Evelyn. 18 Jahre war sie nicht mehr zuhause gewesen. Endlich erfährt sie alles über den Unfall ihrer Tante Betti, die sie für tot gehalten hat, und für den sie sich schuldig fühlte, und versucht zu verstehen, warum ihre Mutter damals so gehandelt hat.
1950 heiratet Evelyn den Arzt Karl, der 1947 plötzlich wieder aus dem Krieg aufgetaucht ist. Auch Evelyn ist Ärztin im selben Krankenhaus wie Karl, doch zur damaligen Zeit galt ein Herr Doktor wesentlich mehr. Als endlich die ersehnte Tochter geboren wird, spürt sie neben der Erleichterung auch „eine überwältigende Angst. Das Wissen, nun für immer in Sorge sein zu müssen um dieses Wesen.“
1957 wir die „Gelinggarantie“ zum geflügelten Wort für Evelyn. Aber weder am Kochen hat sie Freude, noch am ständigen Bereitschaftsdienst als Mutter. Oft fühlt sie sich hilflos und unterfordert. Ereignisarme und gleichförmige Tage zuhause reihen sich aneinander, während ihr Ehemann Karl zum Chefarzt berufen wird. „Mama ist nicht erschöpft, Mama ist traurig. Weil sie keine Ärztin mehr sein kann wegen mir.“ Mit 10 Jahren kommt Silvia in ein Internat und muss dort vier Jahre verbringen – trotz ihrer flehenden Briefe. Heimatbesuche gibt es nur in den Ferien.
Karls Schwester Betti spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle: Sie ist alleinstehend, kümmert sich nicht um das Gerede der Leute und flitzt mit ihrem roten BMW durch die Lande. Sie leidet schwer am Selbstmord ihrer kleinen Schwester Rita.
Der Roman nennt Gefühle einer Mutter, die unzufrieden ist, obwohl sie doch alles hat. Wer kennt das nicht? So direkt und nachvollziehbar leben wir mit Evelyn mit. In den Zitaten konnte ich mich als Mutter wiedererkennen.
Es ist auch eine Mutter-Tochter-Geschichte mit all den Problemen und Missverständnissen. Letztendlich zeugt dieser Roman aber von der ganz großen Liebe zwischen Müttern und Töchtern. Ein wunderschönes Buch, das mir ausgezeichnet gefallen hat.
von Brigitte Thaler - 2023-09-15 13:11:12

Familiengeheimnisse - 4 Sterne

Dieser Roman erzählt eine Geschichte über Vergangenheitsbewältigung, Familiäre Verstrickungen und Vergebung.

Alena Schröder erzählt mit viel Fingerspitzengefühl eine interessante Familiengeschichte. Drei Generationen von Frauen unter einem Dach, die versuchen so gut es geht zusammenzuleben.

Glaubenssätze und verschiedene Wahrheiten die kollidieren und verdrängte Verletzungen die wieder zutage treten. Lügen die man sich selbst so lange erzählt bis man sie für Wahrheiten hält weil es so einfacher zu sein scheint. So lange bis das nicht mehr möglich ist und die Fassade immer mehr zu bröckeln beginnt und droht einzustürzen.

Das alles versteckt sich zwischen den Buchdeckeln mit dem so idyllischen Cover das wunderschön, aber in meinen Augen auch etwas irreführend ist.

Man würde einen ruhigen Roman erwarten, eine leichte Geschichte. Stattdessen erhält man Familiengeheimnisse, Generationenkonflikte, verdrängte Vergangenheit und tiefe Wunden die nie vollständig heilen konnten oder wieder aufgerissen werden.

Ich persönlich denke das ziemlich jede Familie unverarbeitete Traumata von Generation zu Generation weiterträgt, das es immer wieder zu schwierigen Situationen kommt und das es oftmals lange Zeit als einfacher angesehen wird darüber zu schweigen.

So lange bis eine Genertion beginnt Fragen zu stellen und sich mit der eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen um Traumata aufzubrechen.

Für mich ein toller Roman mit Tiefgang und sehr vielschichtigen, authentischen Charakteren.
von Katharina Grassmugg - 2023-09-10 14:58:00