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Nominiert für den 52. Buxtehuder Bullen

Autor: Rabinowich, Julya

Erschienen 2022 bei Hanser, Carl, GmbH & Co.
ISBN 978-3-446-27236-1
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Mut gegen Rassismus - 5 Sterne

Endlich hat Madina mit dem Rest ihrer Familie eine eigene Wohnung im Haus ihrer besten Freundin Laura. Und endlich hat sie ein neues Zuhause, wo sie sich wohl und sicher fühlen kann.

Sie blüht auf, wird mutiger und auch ihre Tante beginnt ihre Verletzungen und Traumata zu überwinden.

Doch der Friede währt nicht lange, denn am Hauptplatz finden sich immer mehr Menschen zu den Donnerstagsdemos ein, die gegen Ausländer skandieren. Immer wieder finden sich schmähende Schriftzüge auf Statuen und Hauswänden. Madina fühlt sich verletzt und möchte mit ihren Freunden etwas dagegen tun. Das Ganze eskaliert an einem schönen Frühlingsabend, den sie eigentlich auf dem Jahrmarkt verbringen wollten. Ein wütender Mob findet sich vor ihrem Hauseingang und zwingt die Bewohnerinnen sich ihren Ängsten zu stellen.

Julya Rabinowich zeigt hier mit dem Finger auf den aufkommenden Rassismus in den letzten Jahren und lässt uns ein Gefühl dafür bekommen, wie es sich für die Betroffenen anfühlt, die sich eigentlich sehr gut integriert fühlen und doch immer wieder schmerzlich darauf hingewiesen werden, dass sie niemals dazugehören werden.

Bei der Lektüre leiden wir mit Madina, denn wir freuen uns, dass sie gut in der Schule ist, die Sprache perfekt beherrscht und auch endlich Jeans tragen kann. Sie ist ein Teenager wie alle anderen im Ort und doch sticht sie immer wieder heraus und muss sich mit Problemen befassen, die ihrem Alter nicht entsprechen. Immer wieder flammen Erinnerungen auf an den Krieg, Bilder, die niemand im Kopf haben sollte und Ängste die viel tiefer liegen, als wir es uns vorstellen können.

Die Autorin geht sehr einfühlsam mit ihren Figuren um, lässt uns auch mal einen Blick in ihr Innerstes werfen und hilft uns, mehr Verständnis für Zugezogenen aufzubauen.

Die Entwicklung der Protagonist*innen ist ebenfalls sehr gelungne. Madina hat sich eingelebt, wird freier und auch mal frecher, Laura bekommt ebenfalls ein Gespür dafür, wie sich Ausgrenzung anfühlt, Tante Amina's Wunden heilen und sie wird wieder zu der Kämpferin, die sie vorher war und auch Madina's Mutter beginnt ihre Trauer zu überwinden und sich auf das neue Leben einzulassen.

Mir hat auch diese Fortsetzung sehr gut gefallen und es fehlt dem Roman nicht an Tiefe, auch wenn es ein Jugendbuch ist. Einzig die Scheußlichkeiten, die alle erleben mussten, werden nicht explizit angesprochen, aber das muss nicht sein. Das brauche ich auch als Erwachsene nicht.

Ich empfehle Madina's Geschichte allen, die sich mit der Thematik Flucht, Integration oder Rassismus auseinandersetzen wollen und allen, die vielleicht davon betroffen sind und sich von dieser Geschichte abgeholt fühlen können.

Und ich freue mich auf eine weitere Fortsetzung, die angeblich schon im Kopf der Autorin herumspukt!
von Miro76 - 2022-02-27 15:43:00