Rezensionen

Die Einladung
Roman

Autor: Emma Cline

Erschienen 2023 bei Hanser, Carl;Random House
ISBN 978-3-446-27757-1
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Simon says… - 4 Sterne

August in den Hamptons, dem Sommerfrischeort der New Yorker Upper Class. Diese Halbinsel, der Fluchtort der Superreichen, der den wohlhabenden US-Amerikanern als Wochenend- bzw. Sommerresidenz dient. Die Grundstückspreise sind weltweit die Höchsten. Und sollte sich jemand auf einen Küstenstreifen in deren Privatbesitz verlaufen haben, wird die Security losgeschickt, um diese Eindringlinge zu verscheuchen. Selbst kommt man nie auf die Idee, im Meer zu baden, wofür hat man den Pool im Garten. Der Pöbel soll sich gefälligst fernhalten, gleich wohl er dieser abgehobenen Gesellschaft zu Reichtum verholfen hatte.

Und dann möchten die alten Knacker mit frischem Blut und knackigem Fleisch zum Zeitvertreib horizontal und vertikal unterhalten werden, für Kost und Logis und anderes. Da bietet sich das 22-jährige Escort-Girl Alex besonders gut an. Gerade läuft es in der Stadt miserabel, ihre Kunden wollen nichts mehr von ihr wissen, ihre WG-Mitbewohner hassen sie, sie ist ihnen monatelang die Miete schuldig geblieben. Sie wird von ihrem Ex bedroht.
In einer Bar hat sie Simon zu ihrem, doppelt so alten Sugardaddy auserkoren. Sie spielt ihm das schüchterne Mädchen vor und bekommt den „Job“ in seinem Sommerhaus auf den Hamptons. Sie wird ausgehalten, versucht zu gefallen und keine Fehler zu machen. Doch mit Ende August ist ihre Zeit bei Simon abgelaufen, sang- und klanglos. Sie wird von Simons Sekretärin zu Bahnhof gefahren, die ich noch das Bahnticket kauft. Doch für Alex ist die Rückkehr in die Stadt keine Option. In ein paar Tagen will sie auf Simons Party „auftreten“ und hofft auf ein Revival. Doch wie die Tage bis dahin überbrücken?.
Sie mischt sich in ein Gruppe junger Urlauber und verbringt in deren Unterkunft eine Nacht. Sie schmeißt sich an einen jungen Typen, täuscht Liebe vor, bricht mit ihm in ein unbewohntes Haus ein, verbringt dort einige Tage und schlussendlich taucht sie in Simons Party auf.

Eine verzweifelte junge Frau manipuliert ihre Umwelt und sich selbst bis zum Realitätsverlust. Mitleid muss ich mit ihr nicht haben, dazu ist keine Sympathie für Alex vorhanden.

Es ist ein mitreißendes Buch, ein schreckliches Buch, voller Sommer und Untergang.
von Manfred Fürst - 2024-05-07 16:47:00

Warum ist Alex so? - 5 Sterne

Wir wissen nicht viel von Alex. Sie ist 22 Jahre alt, jobbte früher im Gastgewerbe und schlug sich so durch, zuletzt als Callgirl. Sie nimmt Drogen, wann immer es Gelegenheit gibt und rettet sich aus sich zuspitzenden Problemen wegen Schulden und Diebstahl in eine neue Beziehung mit Simon, einem etwa 50jährigen sehr wohlhabenden Mann, der sie in sein Sommerhaus einlädt. Alex sieht gut aus, kann sich durchaus raffiniert und intuitiv an die Welt der Reichen anpassen und hofft in der Nähe Simons einen angenehmen Sommer zu verbringen. Doch, ein Fehltritt – bekleidet und betrunken mit dem Mann der Gastgeberin einer Party im Pool –, und Alex verliert Simons Zuneigung. In der Hoffnung auf Versöhnung und wohl auch Liebe und nicht nur Sex schlängelt sich Alex bis zur nächsten Party am Strand entlang. Sie trickst und driftet und benutzt und hinterlässt Chaos und Zerstörung. In die von der Autorin entblößte Welt der Reichen und Schönen passt sie nicht, echte Begegnungen und Selbstreflexion sind ihr fremd, aus Raffinesse wird kindliche Sehnsucht, aus Gaunerei Kriminalität. Die Fassade bröckelt. Wird Simon sie überhaupt noch erkennen? Und wie wurde Alex zu dieser ständig nach einem Platz im Leben suchenden Frau?
von Herwig Oberlerchner - 2024-02-19 17:16:00

Kein Titel - 5 Sterne

Ich habe mit Alex, diesem jungen Callgirl, das so ziemlich alles im Leben falsch macht, mitgefiebert. Ein Scheinleben, immer angepasst an den nächsten (reichen) Mann, der die Erlösung aus Geldnöten und dem Millieu bringen sollte. Man fühlt mit ihr die Panik, die Müdigkeit die falschen Hoffnungen. Emma Cline ist ein Roman gelungen, der eine Sogwirkung erzeugt, die das Buch nicht aus der Hand legen lässt.
von HEYNi Christine Klepitsch im Unruhestand - 2023-11-21 14:24:04

Obdachlos in den Hamptons - 4 Sterne

Nach ihrem erfolgreichen Debütroman "The Girls" hat die amerikanische Autorin Emma Cline nun ihr Buch "Die Einladung" vorgelegt.
 
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 22-jährige Alex. Sie lebt in den Tag hinein und verdient ihr Geld als Callgirl. Bei ihren WG-Mitbewohnern hat sie Mietschulden, und auch ihr Exfreund Dom ist nicht gut auf sie zu sprechen. Da trifft es sich gut, dass sie den vermögenden Kunsthändler Simon kennenlernt. Er ist in den Fünfzigern und beschenkt Alex mit teuren Kleidungsstücken und Schmuck. Seine Einladung, ihn für den Monat August in sein Sommerhaus in den Hamptons zu begleiten, nimmt sie mit Freuden an und genießt den Luxus, der ihr dort geboten wird. Auf einer Party bei Simons Freunden kommt es zu einem Zwischenfall, aufgrund dessen Simon Alex am nächsten Morgen vor die Tür setzt.
 
Alex plant nun, die fünf Tage bis zu Simons traditioneller Labor Day-Party, bei der sie ihn mit ihrer Anwesenheit überraschen möchte, irgendwie zu überbrücken. Sie ist davon überzeugt, dass er sie liebt und wieder bei sich aufnimmt. Leider ist sie nahezu mittellos und führt nur eine Tasche mit sich, in der sich die Kleidung befindet, die Simon ihr geschenkt hat, und einige Gegenstände, die sie gestohlen hat. 
 
Es ist mir schwer gefallen, Zugang zu Alex zu finden. Wir erfahren nicht sehr viel über sie und ihre Vergangenheit, ihre Motive bleiben im Dunkeln. Mit ihrem Charme, ihrer Schönheit und Dreistigkeit schafft sie es immer wieder, Anschluss zu finden. Ihr Ziel ist es, auch zu den Schönen und Reichen zu gehören, aber sie wird nur als Simons austauschbare Freundin auf Zeit wahrgenommen und wenig beachtet. Selbst das Hauspersonal schaut auf sie herab. Sie ist nicht sympathisch, sie ist tablettensüchtig, lügt, stiehlt und betrügt, versucht, ihre Mitmenschen zu manipulieren. Einblicke in ihre Gefühlswelt bleiben uns verwehrt, lediglich Jack und Margaret zeigt sie ihre fürsorgliche Seite. Trotzdem tat sie mir leid bei ihren verzweifelten Bemühungen, Wege aus ihrer Obdachlosigkeit zu finden. 
 
Das Buch ist in klarer und beeindruckender Sprache geschrieben, es liest sich sehr flüssig bis zum - leider für mich - enttäuschenden Ende. 
von Bücherfreundin - 2023-10-15 18:54:00

Kurz, knackig und unbedingt empfehlenswert - 5 Sterne

Unlängst habe ich "First Class“ von Antoine Wilson gelesen und wärmstens empfohlen.
Das kann ich nun mit „Die Einladung“ auch machen - nicht nur, aber gerade für Fans von „First Class“ fast ein Pflichtbuch.
Emma Cline versteht es vorzüglich, ihre Anti-Heldin Alex durch eine Woche voller mehr oder minder großen Katastrophen zu dirigieren und mir als Leser dabei größtes Lesevergnügen zu bereiten.
Kurz, knackig und unbedingt empfehlenswert!!!!
von Mr. HEYN Helmut Zechner - 2023-09-11 16:18:47

Aus dem Leben einer Schnorrerin - 4 Sterne

Alex verbringt den Sommer mit Simon in den Hamptons. Endlich hat sich es geschafft in die Welt der Schönen und Reichen. Fast glaubt sie schon, dass sie ihre Zügel etwas lockerer lassen kann und wirklich angekommen ist. Doch der Schein trügt und nach ein, zwei kleinen Fehltritten, wird sie prompt vor die Tür gesetzt.

Dabei hatte sie sich perfekt an Simons Rhythmus angepasst. Sie war sein anschmiegsames Kätzchen, dass ihn in Ruhe ließ, wenn er seine Ruhe haben wollte. Das ist wohl der Preis, wenn man sich derartig weit nach oben schlafen will. Denn Alex lebt davon, dass sie sich aushalten lässt und hat das zu ihrem Beruf gemacht.

Würde sie ausnahmslos Reich & Schön ausnehmen, wäre da ja noch gar nichts einzuwenden. Doch sie schreckt nicht davor zurück auch ihre Mitbewohner*innen, Hausangestellte oder einfache Jugendliche auszunutzen, wenn es ihr gerade zum Vorteil gereicht. Sie ist Meisterin der Manipulation und kann relativ gut in anderen Menschen lesen. Doch sie treibt es zu weit.

Als Leserin könnte ich fast Mitleid mit ihr haben, denn sie setzt sich in den Kopf Simon zurückzuerobern und deshalb muss sie eine Woche ausharren in den Hamptons - ohne Geld und ohne Unterkunft. Da sie aber so rücksichtslos mit ihren Mitmenschen umgeht, ist es schwierig Empathie für sie aufzubringen. Manchmal blitzt ein Funken Anstand bei ihr auf, nur um schnell wieder mit dem nächsten Diebstahl zunichte gemacht zu werden. Wie und warum sie zur Edelnutte oder professionellen Schnorrerin wurde, verrät uns die Autorin nicht.

Die fehlende Vorgeschichte lässt uns die Protagonistin nie wirklich greifbar erscheinen. Ihre Persönlichkeit versteckt sich hinter ihrem Zwang einen Weg in die Upper Class zu finden und dabei geht sie über Leichen. Sie scheint keine Moral zu kennen. Hat Sex wenn es nützlich ist, steht ständig unter Drogen und giert nach Macht und Geld. Sie scheint die Moral der Gesellschaftsschicht, in die sie so dringend möchte, so überspitzt verinnerlicht zu haben, dass ihre Persönlichkeit darin aufgegangen ist.

Bei der Lektüre war ich selbst überrascht, wie gerne ich die Geschichte dieser überaus unsympathischen Person gelesen habe. Ich muss gestehen, dass ich ihr etwas Unglück gegönnt hatte und an ein Happy End hatte ich sowieso nie geglaubt. Doch das gewählte Ende hat mich auch ein bisschen unzufrieden zurückgelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe. Es lässt auf jeden Fall Interpretationsspielraum.

Da mich Emmy Cline mit ihrem Roman aber ausgezeichnet unterhalten hat, vergebe ich gerne 4 Sterne und empfehle es allen, die gerne einen kritischen Blick in die Welt der Superreichen werfen wollen.
von Miro - 2023-08-18 23:19:00

Die Einladung - 5 Sterne

Die 22jährige Alex lässt sich von verschiedenen, vor allem älteren Männern aushalten – sie verdient ihren Lebensunterhalt mit Escortservice. Als sie aus der WG geschmissen wird, weil sie die Miete dort nicht mehr bezahlen kann, trifft es sich gut, dass sie Simon kennenlernt. Er lädt sie ein, den Sommer in seinem Haus in den Hamptons zu verbringen. Für ein paar Gefälligkeiten, die nicht nur darin bestehen, sein Aufputz in exklusiven Restaurants zu sein, erhält sie schicke und teure Kleidung.
Ständige Nachrichten von ihrem Ex Dom klingen bedrohlich, Alex schuldet ihm eindeutig eine Menge Geld. Zudem wird sie von Simon fallen gelassen. Wo soll sie nun hin?
Jetzt muss sie sich nur die sechs Nächte bis zur Labor-Day-Party in seiner Villa eine Bleibe suchen, denn sie geht davon aus, dass sie wieder zu Simon zurückkehren kann und damit alles gut wird. Somit beginnt eine Odyssee und sie hantelt sich von einer Schlafgelegenheit zur nächsten.
Alex gehörte nie dazu, beschreibt sich selbst als „gesellschaftliches Ausstellungsstück“. Mit einem Lächeln im Gesicht lässt sich ihre Lebensmisere nach außen gut kaschieren. Ihren ganzen Besitz trägt sie in einer übergroßen Handtasche bei sich.
Ich hatte sehr wohl auch Mitleid mit der Protagonistin, stellte mir aber auch die Frage: Warum beklaut sie Leute, nimmt Drogen, lügt, trinkt zu viel Alkohol und sucht sich nicht einen anderen Job? Sie manipuliert Männer, das gibt ihr Macht. Nur im Wasser fühlt sie sich wirklich frei.
Wird sie es zu Simon schaffen und was wird dort passieren?
Berührende Momente, als ihr zB der 17jährige Junge aus „Siddhartha“ vorliest, aber auch viele verstörende, beklemmende Passagen machen diesen Roman zu einem intensiven Leseerlebnis!
von Brigitte Thaler - 2023-08-14 11:44:23

Arm und reich - 3 Sterne

Alex, eine junge Frau lebt davon, andere auszunutzen. Doch bei Simon einem viel älteren vermögenden Mann, hält sie sich nicht an die Regeln und steht plötzlich wieder auf der Straße. Ziellos und ohne Geld streift sie durch die Straßen um sich bis zu Simons großer Sommerparty durch zu schnorren.

Alex wird in dieser Story als Anti-Heldin dargestellt mit einem Hang zur Kleptomanie und ihrer Sucht nach Schmerzmitteln. Sie ist berechnend und lügt sich durchs Leben. Leider blieb sie mir durch ihre oberflächliche Art eher blass. Auch dadurch, dass ich eigentlich so gut wie gar nichts von ihrer Vergangenheit erfahren habe, konnte ich mit ihrer Person nicht viel anfangen. Eigentlich kann sie einem nur leidtun, denn ihr Leben ist total verkorkst, alles was sie anfängt geht irgendwie schief. Auch die anderen Charaktere werden in dieser Geschichte interessant dargestellt.

Hervorzuheben ist auf jeden Fall der Schreibstil der Autorin, der mich an die Handlung gefesselt hat. Spannung sucht man hier jedoch vergebens. Beim Ende der Story überlässt es Emma Cline dem Leser den Ausgang der Story zu interpretieren, das war nicht so meins, ich mag es lieber wenn der Plot ohne viele Fragezeichen auserzählt wird.
von gerlisch - 2023-08-13 20:21:00

Die Einladung - 5 Sterne

„Mit zwanzig war sie erstmals in die Stadt gekommen. Damals, als sie noch die Energie dazu hatte, einen falschen Namen zu verwenden, und noch glaubte, dass das, was sie tat, eigentlich nicht in ihrem wahren Leben passierte.“

Alex ist damals schnell dahintergekommen, dass sie nicht schön genug ist, um zu modeln, aber als Escort Girl, geschweige denn als Prostituierte würde sie sich selber nicht bezeichnen.

Jetzt ist Alex zweiundzwanzig und Gott sei Dank nicht mehr in der Stadt. Dort hat sie einen Scherbenhaufen hinterlassen; die Miete ewig nicht bezahlt und die Mitbewohnerinnen hintergangen, außerdem sitzt ihr Dom, den sie in größerem Stil beklaut hat, im Nacken und will sein Geld zurück.
Doch an einem toten Abend, als zunächst keine Interessenten in Sicht waren, lernt Alex den deutlich älteren, reichen Kunsthändler Simon kennen – und hier ist er, der Notausgang, von dem sie immer vermutet hat, dass er sich auftun würde.
Den Rest des Sommers wird Alex gemeinsam mit Simon in seinem Sommerhaus in den Hamptons verbringen, und dann ist die Rede davon, dass sie in seine Wohnung in der Stadt einziehen kann.
Alex hat schon früh gelernt, wie man die Leute in den Bann zieht, ein paar Unwahrheiten hier, ein paar geschönte Dinge da, Alex stellt sich genau vor, was für eine Person Simon gefallen würde, und das ist dann die Person, die sie ihm vorgibt zu sein.
„Alex‘ ganze abgeschmackte Vergangenheit wurde herausgelöst, bis es sogar ihr selbst allmählich so vorkam, als wäre nichts davon je passiert.“

All die vielen Male, die sie in der Öffentlichkeit mit doppelt so alten Männern an einem Tisch gesessen hatte, sind schon fast gar nicht mehr wahr – die Sache mit Simon ist anders, diese Sache ist echt. Oder könnte es sein.
Doch dann kommt es bei einer Party bei Simons Bekannten zu einem Zwischenfall, und am nächsten Tag teilt er ihr mit, dass es vielleicht besser sei, wenn Alex in die Stadt zurückkehren würde, er müsse arbeiten, außerdem erwarte er seine Tochter Caroline, die in Alex‘ Alter ist, zu Besuch.
Ein höflich verklausulierter Rauswurf, den Alex äußerlich ungerührt hinnimmt, innerlich jedoch steht sie vor einem Abgrund.
Aber Alex kennt Simon doch, er wird sie vermissen, er braucht nur ein paar Tage Zeit, und wenn sie zu seiner Gartenparty zum Labour Day schöner, strahlender und geistreicher denn je wieder auftaucht, wird er sie zurücknehmen.
Aber bis dahin liegen noch sechs Tage vor Alex… sechs Tage, die es in sich haben.

Mit einer Mischung aus Faszination und Belustigung, Unglauben und manchmal auch einem Gefühl des Abgestoßenseins bin ich durch die Seiten gerast. Alex‘ Unverfrorenheit, ihr Mut der Verzweiflung, ihre Dreistigkeit und gleichzeitige Naivität machen sie zu einer ganz speziellen Hochstaplerin, die einen – vielleicht sogar wider Willen – in ihren Bann zieht.
Unbedingt lesen!
von Maxie Bantleon - 2023-08-05 15:36:22

Heldin ohne Profil - 4 Sterne

Alex ist eine Prostituierte, aber niemand würde das so nennen. Sie lebt davon, dass reiche Männer sie jung und hübsch finden und sie deshalb einladen - zu einer Nacht, einem Wochenende, einem Urlaub oder noch mehr. Im Gegenzug tut sie alles, damit der Mann, der sie gerade eingeladen hat, sich mit ihr wohlfühlt. Sex steht dabei nicht im Zentrum. Doch im Augenblick ist sie auf der Flucht und froh darüber, sich bei Simon verstecken zu können, einem wohlhabenden Kunsthändler mittleren Alters, der ein Sommerhaus am Meer hat. Aber der will sie plötzlich auch nicht mehr haben, und sie steht vor dem Nichts.
Die Geschichte ist ganz aus der Sicht von Alex geschrieben. Wir begleiten sie durch Pools und Partys reicher Leute und beim geschickten Einschleichen in Gruppen von Jugendlichen, die einander noch nicht so genau kennen. Sie lernt eine Menge Leute kennen, die wie sie in den Häusern der Reichen arbeiten. Sie fühlt sich ihnen verbunden, denn auch sie verkauft eine Dienstleistung.
Was treibt diese Frau an? So richtig nah kommt man ihr nicht. Liebe ist es nicht, Macht ist es auch nicht. Selbst der Reichtum scheint ihr egal zu sein. Sie will keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Sie braucht jemanden, der sie versorgt und ihr sagt, wer sie sein soll.
Der Stil ist gut zu lesen und macht Freude. Die zwischenmenschlichen Situationen und die Personen sind sehr genau beobachtet. Die Oberflächlichkeit der Reichen und die Anpassung derjenigen, die für sie arbeiten werden anschaulich dargestellt, man ist fast dabei. Manchmal liest es sich wie eine Dystopie, in der man am besten reich auf die Welt kommt. Aber auch die Kinder der Reichen sind nicht glücklich. Sie sind ebenso unselbständig und hilflos wie Alex. Warum sollten sie auch Verantwortung übernehmen, wenn sie doch reich sind? Was könnte sie antreiben?
Die „Einladung” ist ein Angebot, auf ein eigenes Leben und eine eigene Identität zu verzichten. Weil es das ist, was Alex tut, wird auch nicht klar, wer sie wirklich ist und was sie will. Das ist ungewohnt zu lesen: eine Hauptperson ohne Profil. Wer das aushält, findet einen unterhaltsamen Sommerroman, der zum Nachdenken anregt.
von Krani - 2023-08-01 14:31:00