Rezensionen

Zeiten der Langeweile
Roman

Autor: Becker, Jenifer

Erschienen 2023 bei Hanser, Carl, GmbH & Co.
ISBN 978-3-446-27804-2
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Rückzug aus dem Internet - 3 Sterne

In ihrem Debütroman "Zeiten der Langeweile" erzählt Jenifer Becker die Geschichte der 34-jährigen promovierten Kulturwissenschaftlerin Mila, die im Oktober 2021 den Entschluss fasst, offline zu gehen. Sie will online nicht mehr gesehen werden und auch niemanden sehen. Also beginnt sie mit der Löschung ihrer Accounts in den sozialen Medien. Ersatzweise konsumiert sie daraufhin zunächst verstärkt YouTube-Videos. Nach und nach löscht sie sich immer mehr aus dem Internet, tilgt alle Spuren von sich im Netz, streamt nicht mehr, verzichtet auf Online-Banking und Online-Shopping. Ihr Smartphone ersetzt sie durch ein einfaches Handy, mit dem sie lediglich telefonieren und SMS verschicken kann. Ihre Aktion hat zur Folge, dass sie sich zunehmend langweilt. Sie hat sich eine berufliche Auszeit genommen und ist in den Sozialen Medien für andere nicht mehr erreichbar. Langsam beginnt sie zu vereinsamen ...
 
Die Autorin zeigt in ihrem Buch auf, was geschieht, wenn man sich aus dem Internet löscht, und was mit Kontakten passiert, die in den Sozialen Medien bisher eifrig gepflegt wurden. Das ist sehr interessant beschrieben, und ich fand es erschreckend, wie schnell es aufgrund andauernder Internetabwesenheit innerhalb kurzer Zeit zur Isolation kommen kann. 

Vor dem Hintergrund aktueller Themen, wie der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg, begleiten wir Mila durch ihren Alltag und blicken in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Wir erleben auch ihren Frust darüber, dass sie anscheinend von niemandem im Netz vermisst wird und ihre zunehmende Angst vor jeglicher Strahlenbelastung.
 
Das Buch liest sich für mich nur teilweise flüssig, zahlreiche Abkürzungen und Begriffe aus der digitalen Welt haben meinen Lesefluss immer wieder gebremst. Ich fand die Grundidee des Romans sehr interessant und habe mich auf die Lektüre gefreut. Das Buch ließ mich nicht nur meinen eigenen Internetkonsum auf den Prüfstand stellen, sondern machte mich auch hinsichtlich der Themen allgemeines Konsumverhalten und ökologischer Fußabdruck nachdenklich. Die vielen, mir unbekannten Begriffe, haben meine Lesefreude allerdings deutlich getrübt. 
 
Ich empfehle das Buch jungen Lesern, die mit dem Internet aufgewachsen sind und sich mit den Fachbegriffen der digitalen Welt gut auskennen.
von Bücherfreundin - 2023-10-12 18:41:00

Zeiten der Langeweile - 4 Sterne

Ich liebe es Debüts zu lesen und durchstöbere die Verlagsprogramme immer nach interessant klingenden Erstlingswerken. Bei "Zeiten der Langeweile" bin ich hängen geblieben: eine Geschichte über eine Frau, die die Langeweile wiederentdeckt, nachdem sie sich nach und nach immer mehr aus der digitalen Welt zurückzieht - mein Interesse war definitiv geweckt! Alles beginnt noch recht unterhaltsam: ein bisschen Digital Detox kann ja definitiv nicht schaden, denkt sich Mila, und lässt sich auf dieses Experiment ein. Je mehr sie sich jedoch mit unseren digitalen Spuren, die wir unweigerlich hinterlassen, beschäftigt, desto obsessiver ist sie um die Auslöschung bemüht. Und je tiefer Mila in diese Thematik eintaucht, sich nicht nur mit Suchmaschinen, Messengern und sozialen Medien beschäftigt, sondern irgendwann auch mit Elektrosmog und 5G, desto beklemmender wird die Lektüre. Dieser vollständige Rückzug beschränkt sich jedoch nicht nur auf die digitale Welt, denn er hat auch großen Einfluss auf ihr Leben in der realen Welt. Sie hat immer weniger Kontakt und Anschluss, wird immer einsamer, weshalb sie sich noch mehr mit den oben genannten Themen beschäftigt und alles wird noch extremer - ein wahrer Teufelskreis beginnt.

Ich mache übrigens ebenfalls einmal im Jahr Digital Detox und habe das Buch genau während dieser Zeit gelesen - vielleicht war es darum umso beklemmender... Jenifer Becker ist ein hochspannedes und sehr zeitgeistiges Debüt gelungen, das mich erzählerisch total abgeholt hat. Wer sich für eine literarische Herangehensweise an Themen wie Daten und Digitalisierung interessiert und/oder gerne neue literarische Stimmen entdeckt, der ist hier genau richtig!
von Verena Gruber - 2023-10-09 14:15:21

Chick Lit-Heldin, Trad Wife, Millennial oder Leben out of social Media - 4 Sterne

"Zeiten der Langeweile" heißt Jenifer Beckers Debütroman. Vielleicht täuscht der Titel, denn laut Duden handelt es sich bei Langeweile um ein unangenehmes, lästig empfundenes Gefühl, des Nicht-ausgefüllt-Seins, der Eintönigkeit, das aus Mangel an Abwechslung oder fehlender interessanter, reizvoller Beschäftigung entsteht. Mila, unsere Protagonistin, hat gerade ihre Promotion abgeschlossen - wir befinden uns in der Corona Endphase - und gibt ihre beiden letzten digital Kurse mit dem Thema: Selbstfindungsreise in der kontemporären Populärkultur und Chick Lit Heldinnen post2010. Tatsächlich bereitet sie sich aber gerade auf ein Leben komplett ohne social Media accounts vor, ohne den Zwang sich vor anderen produzieren zu müssen und ohne irgendwo ihren digitalen Fußabdruck zu setzen. Ihre größte Angst allerdings ist es, von anderen gecancelt zu werden, weil sie etwas gesagt oder getan hat oder weil sie es einmal sagen wird. Wie schwierig dieses Löschen ist, weil alles miteinander verzahnt scheint, lesen wir in drei großen Blocks. Ob und wie ein Leben ohne smartphone, Internet etc. gelingt, bleibt abzuwarten. Lesen Sie selbst...
von evaki - 2023-10-08 19:06:00

Zeiten der Langeweile - 5 Sterne

Ich war sehr neugierig auf das Buch "Zeiten der Langeweile" von Jenifer Becker. Ich finde das Buch beschäftigt sich mit einem aktuellen Thema: Social Media.
Mila, dreißig, geht offline. Das ist in unseren Zeiten überhaupt nicht einfach, vor allem wenn man unterschiedliche Artikel publiziert hat. Wir dürfen Mila begleiten als sie sich von den Social Media Kanäle zurückzieht. Schwieriger ist ihren online publizierten Artikel wieder zu löschen. Das gibt uns einen guten Einblick, wo wir überall Spuren im Internet hinterlassen und wie schwierig es ist sie zu entfernen - wenn überhaupt möglich.
Was alles als einen Akt von Befreiung angefangen hat, wird sich mit der Zeit in Angst und Entfremdung transformieren. Milas Lebensstil wird völlig anders und sie distanziert sich sogar von ihren besten Freundinnen. Ich habe bemerkt, dass sogar ich beim Lesen überlegt habe, ob ich irgendwann so ein Projekt durchziehen könnte.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es gibt einen guten Einblick wie tief unsere Spuren im Internet sind, welche Einfluss haben die Social Media Kanäle auf unseren Leben und es macht auf jeden Fall nachdenklich.
von Niko - 2023-10-06 09:51:00

Digital Detox bis zur Obsession - 4 Sterne

Mila geht offline. Und zwar nicht nur kurz, sondern so richtig: Nach und nach löscht sie alle Informationen, die über sie je im Internet zu finden waren, und kehrt auch Social Media den Rücken. Einzig eine Messenger-App nutzt sie weiter als Desktop-Anwendung, allerdings nur für ein kurzes Zeitfenster pro Tag, und auch SMS sind noch erlaubt; von Instagram, Twitter, selbst von Google-Suchen und dem Smartphone als solchem verabschiedet sie sich jedoch vollkommen. Auch auf Fotos und Video-Aufnahmen will sie fortan nicht mehr zu sehen sein, was nicht nur gesellige Abenden mit Freund*innen, sondern auch das Vors-Haus-Gehen im Allgemeinen merklich erschwert. Teil ihrer Planung ist nun immer die Überlegung, zu welcher Tageszeit ein bestimmter Ort am sichersten ist, sprich, wann dort möglichst wenige Menschen anzutreffen sind, da mit der Personenanzahl auch die Gefahr steigt, dass irgendjemand mit dem Handy Aufnahmen macht, auf denen sie absichtlich oder unabsichtlich zu sehen sein könnte.
Was harmlos beginnt und von ihrem Bekanntenkreis zunächst noch recht positiv als Detox-Maßnahme aufgenommen und unterstützt wird, entwickelt sich erschreckend schnell zur Obsession. Die Wohnung verlassen kann Mila quasi nur noch nachts, sämtliche elektronischen Geräte sind eine Gefahr. Der Kontakt zu anderen Menschen geht gegen Null.

Bald schon erinnert Mila in ihrem Verhalten und ihren Ansichten immer mehr an eine Verschwörungstheoretikerin. Kurios auch die Annähreung an ihren Bruder, der seinerseits bei Oma A. auf dem Land lebt und eingefleischter Corona-Leugner und Impfgegner ist - zwar kritisiert Mila sein Verhalten zu Beginn, die Vehemenz hinter ihrer Ablehnung lässt jedoch im Laufe der Zeit spürbar nach und sie entwickelt eine ganz eigene und auf vollkommen andere Weise radikale Sichtweise und Systemkritik.

So unverständlich einige von Milas Ansichten und Verhaltensweisen sind, so nachvollziehbar sind doch manch andere - phasenweise wird man auch als Leser*in des Romans durchaus etwas paranoid, was technische Geräte anbelangt. Die dramaturgische Gestaltung des Romans hat mir ausgesprochen gut gefallen, denn ja, es gibt einige Längen und irgendwann wiederholt sich alles für eine gewisse Zeit, aber das veranschaulicht auch extrem gut den Alltag Milas, indem einfach nichts mehr passiert. Erst beim vollständigen Verzicht auf Social Media und das Internet wird deutlich, wie groß die Bedeutung derselben in unserem Alltag geworden ist, und wie wenig da noch bleibt, wenn man nicht mal gerade etwas googeln, Musik hören oder mit irgendwem auf irgendeiner Plattform kommunizieren kann. Denn sind wir mal ehrlich, so ist es doch. Man möchte sich unterhalten? Schnell jemandem schreiben. Etwas mitteilen? Ein Post. Unterhaltung? Netflix, Spotify und Co. Etwas kaufen? Tausend Möglichkeiten. Eine Information? Google, die Wetter-App, der Onlinefahrplan. Etwas zu Essen bestellen oder irgendeine Eintrittskarte besorgen? Alles schnell per App. Die Uhrzeit? Blick auf Smartphone oder Smartwatch. Und wenn das alles wegfällt, wenn wir plötzlich analog sind, also so richtig, was bleibt dann noch übrig? Kein Wunder also, dass bei Mila schon bald nichts mehr los ist. Beim Lesen ist das vielleicth etwas langweilig, aber absolut passend und sehr realistisch und nachvollziehbar. Und darauf, dass Jenifer Beckers Roman topaktuell und am Puls der Zeit ist, muss wohl nicht weiter eingegangen werden.

Ich habe "Zeiten der Langeweile" mit einigen kleineren Abzügen sehr gerne gelesen und empfehle es gerne weiter.
von Anna625 - 2023-09-29 16:06:00

Zeiten der Langeweile - 3 Sterne

„Zeiten der Langeweile“ von Autorin Jenifer Becker ist ein Buch, das mich von Anfang an fasziniert hat. Mila, die Protagonistin des Buches, zieht sich vollkommen aus der digitalen Welt zurück - ein Thema, das bei vielen Menschen gerade durchaus aktuell ist. Die Covergestaltung finde ich dazu auch sehr gelungen , es entsteht ein stimmiger Gesamteindruck.
Dieser Roman greift gleich mehrere aktuelle gesellschaftsrelevante Aspekte auf, in einem ganz realen und scheinbar nonfiktivem Setting. Für meinen Geschmack wurden etwas zu viele Themen angerissen, andererseits spiegelt dies auch den aktuellen Zeitgeist treffend wieder.
Mir ist der Einstieg in das Buch etwas schwerer gefallen, der Lesefluss wurde mit fortlaufender Handlung jedoch immer flüssiger. Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Mila ist jedoch eine sehr gewöhnungsbedürftige Protagonistin. Ihre Wandlung habe ich gern verfolgt, bin jedoch mit der Auflösung der grundlegenden Frage (Welche Konsequenzen hat der radikale Ausstieg aus der digitalen Welt?) eher unzufrieden. Ich glaube hier liegt noch viel Potential, das nicht völlig ausgeschöpft wurde.
von CanYouSeeMe - 2023-09-19 17:48:00

Tatsächlich langweilig - 2 Sterne

Mila lebt allein in Berlin, sie hat studiert und ihr einziges Streben ist es, sich aus dem Internet zu löschen - aus Angst Hasswellen ausgesetzt zu sein. Einen realen Auslöser scheint es dafür nicht zu geben, es ist eher eine unterschwelllige Angst oder ist es Weltschmerz? Die Corona-Krise hat ihr zugesetzt, die Welt bietet ihr keine Orientierung. Es lässt sich viel vermuten und es entstehen viele Fragen. Warum ist sie so orientierungslos?
Mila wirkt insgesamt einsam und hat auch eine familiäre Geschichte, die sie noch nicht verarbeitet zu haben scheint. Psychologisch gesehen hat der Roman viel zu sagen. Es wird allerdings nicht offen thematisiert, sondern wabert eher durch die Geschichte.
Milas Obsession ist sehr tragisch. Die damit verbundene Trostlosigkeit ist zunehmend schwer erträglich. Merkwürdigerweise ist die Erzählung insgesamt eher langatmig und langweilig. Ihre permanten Beschreibungen ihres Tagesablaufes erinnern mich an Robinson Crusoe und wirken im Zusammenhang mit ihrer psychischen Entgleisung eher lapidar. Das ging für mich nicht lange gut.
Enttäuschend. Dramatik und Lamgeweile - das geht nicht zusammen.
von Marianna T. - 2023-09-14 20:24:00

Besorgniserregend - 4 Sterne

Mila möchte aus dem Internet verschwinden. Um das zu erreichen, gibt sie sich die größte Mühe, alle ihre Spuren aus dem Netz zu löschen. Aber was mit Instagram-Accounts und Hausarbeiten beginnt, wird irgendwann zu einer obsessiven Suche nach jeglichen hinterlassenen Spuren ihrerseits.

Das Buch beschäftigt sich mit den Daten und Informationen, die die Menschen im Internet hinterlassen und stellt überspitzt dar, wie die Hauptcharakterin sich reinsteigert, die Kontrolle über diese zurückzuerobern.
Im Buch werden viele sehr akkurate Beobachtungen bezüglich des Umgangs und der Probleme mit Social Media getroffen. Es sind Dinge, die mir teilweise so halb bewusst waren, aber sie so konkret zusammengetragen zu sehen, war erschreckend. Es werden viele Zustände des heutigen Lebens erforscht und wie fragwürdig diese sind. Beispielsweise, wie normalisiert es ist, dass Menschen teilweise einfach wildfremde Leute filmen und diese ins Internet stellen.
Mila beschäftigt sich im Buch immer obsessiver mit ihren Ängsten, bis diese dramatische Züge annehmen, die ich jedoch sehr gut dargestellt fand. Der Strudel aus Verschwörungen und Furcht, in den sie dabei rutscht, ist ebenso besorgniserregend wie nachvollziehbar.

Der Anfang des Buches war etwas ziellos, im Verlauf der Geschichte werden die besorgniserregenden Aspekte des Internets jedoch so gekonnt dargestellt, dass man selbst mit einem flauen Gefühl das Buch schließt.
von _Le4_ - 2023-09-11 21:12:00

Aktuelles und interessantes Thema, leider in der Umsetzung recht blaß - 3 Sterne

Irgendwie weiß ich gar nicht so recht, was ich zu diesem Roman sagen soll, außer dass er keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlässt und mich recht nichtssagend zurücklässt.

Dabei hörte sich das Thema so spannend und aktuell für mein eigenes Leben an.
Eine Frau, Mila, aus meiner Generation der Millenials, will sich nach und nach von ihrem digitalen Leben verabschieden. Der Grund dafür ist ihre gleichermaßen große Angst vor Exposure und Gecancelt werden. Auch die für immer nachverfolgbaren Spuren, die sie im Netz hinterlässt, machen ihr immer mehr Sorgen.
Mila nimmt sich sogar extra eine beruflich Auszeit („between jobs“) fängt an sich erst von Social Media Apps abzumelden, und konsumiert digitale Austeiger*innen You-Tube Channels.
Natürlich erschwert sich plötzlich jede Kommunikation und ihr soziales Netz schrumpft massiv, Mila kommuniziert mit immer weniger Menschen. Nach und nach will sie alle Spuren von sich aus dem Internet entfernen, was sich als langwierige Aufgabe herausstellt. Allmählich wird ihr auch klar, wieviele indirekte digitale Spuren und Daten sie ungewollt hinterlässt durch die Nutzung von Streaming und Online Diensten. Das alles will Mila aus Angst vor Rückverfolgung aus ihrem Leben entfernen.
Doch wie geht es ihr dabei? Wirklich besser? Was macht Mila mit der ganzen gewonnenen Zeit, wie vertreibt sie die Langeweile in ihrer Welt, die komplett digital vernetzt ist?

Ich schreibe hier bewusst „ihre Welt“, denn wo ich anfangs dachte ich hätte mit der Figur auf Grund meines Alters und meiner Social Media Nutzung einige Gemeinsamkeiten mit der Erzählerin, wird mir schnell klar, dass meine Welt doch eine andere ist.
Habe ich Sorge, meine Social Media Nutzung ist übertrieben? Ja, durchaus. Habe ich Sorgen im Netz bloßgestellt oder gecancelt zu werden? Eher nicht. Ganz einfach, weil mein Leben nicht in der Form digital abläuft, wie das der Erzählerin.
Die grundlegende Frage des Romans, nämlich wie wir frei sein können, stellt sich so in dieser Form gar nicht und wird mir für Mila zu kurz oder gar nicht beantwortet.
Die Frage könnte in Milas Geschichte oder ganz universell lauten: was gibt meinem Leben Inhalt und Sinn, unabhängig von digitalen Medien und Internet, die letztendlich auch nur Werkzeuge sind, die wir als solche begreifen und nutzten können oder nicht.

Ich konnte mich letztendlich doch nur wenig mit der Erzählerin identifizieren und konnte auch keine gesellschaftskritischen Aspekte ausmachen, die mich nachdenklich gemacht hätten. Eine tiefere Auseinandersetzung mit den vielen Fragen, die sich gerade beim digitalen Datenschutz stellen, fand mir zu wenig statt.
Ich mochte die kleine Zeitreise ein paar Jahre zurück in die Corona Zeit und die Erwähnungen einiger damaliger Phänomene hatte durchaus seinen Reiz und ist sehr zeitgeistig. Auch sprachlich ist der Roman sehr schön, wenn auch nicht herausragend gearbeitet.
Ansonsten bleibt mir der Roman einfach zu blaß und undefiniert und wird bei mir nur als mittelmäßig im Gedächtnis abgespeichert werden.
von @lust_auf_literatur - 2023-09-06 17:56:00

Beklemmend und zeitgemäß - 4 Sterne

„Zeiten der Langeweile“ ist das Debüt der in Berlin lebenden Autorin Jenifer Becker.

Die 30jährige Protagonistin Mila will aus dem digitalen Leben aussteigen. Ein Schritt, der sich als schwieriger gestaltet, als man zunächst annehmen möchte, da alle ihre Freunde soziale Medien nutzen. Außerdem begnügt sie sich nicht damit diese nicht mehr zu verwenden, sondern möchte sämtliche Spuren im Internet von sich löschen.

Die gesamte Handlung ist ein Monolog der Protagonistin. Ihre Idee sich von der digitalen Welt abzuwenden, beginnt mit dem freiwilligen Entzug der sozialen Medien. Dadurch isoliert sie sich von ihren Freunden. Nach und nach steigert sie sich immer mehr in ihr Vorhaben hinein und steckt eine Unmenge an Zeit und Arbeit in ihr Ziel.

Mit Mila hat die Autorin eine schwierige Protagonistin erschaffen, die in einigen Momenten etwas überzeichnet, aber dennoch authentisch wirkt. Ihr Rückzug aus der Online-Welt führt nicht dazu, dass es ihr gut geht, ganz im Gegenteil sie wird im Verlauf der Handlung immer manischer und verschlossener.

Sicherlich ist nicht jeder so medienaffin wie es die Protagonistin zu Beginn ist. Dennoch wird hier ein beklemmendes und erschreckendes Bild unserer Zeit dargestellt, das zum Nachdenken anregt und hoffentlich zu einem bewussteren Onlineumgang beiträgt.

Mit diesem Roman hat Jenifer Becker ein gelungenes Debüt geschrieben, dass sich mit wichtigen und aktuellen Themen unserer Zeit beschäftigt. Ich bin gespannt auf weitere Bücher der Autorin.
von Tara - 2023-08-31 19:16:00