Rezensionen

Heimwärts
Roman

Autor: Kate Morton

Erschienen 2023 bei Heyne
ISBN 978-3-453-27425-9
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Heimwärts - 5 Sterne

Wenn ein Roman das Attribut „dicker Schmöker“ verdient, dann ist das zweifelsohne „Heimwärts“, das neue Buch von Kate Morton.
Es ist tatsächlich gar nicht so einfach, über den Inhalt zu schreiben, ohne zu viel zu verraten und damit die Spannung zu zerstören, daher beschränke ich mich auf das Nötigste.

Die Geschichte springt zwischen zwei Zeitebenen und in zwei Handlungssträngen hin und her.
Der eine Handlungsstrang spielt 1959 in Tambilla, einer kleine Stadt in den Adelaide Hills, wo am Nachmittag des Heiligen Abend Isabel Turner mit ihren Kindern frohgemut zu einem Picknick aufbricht. Wenige Stunden später kommt Percy Summers, der Besitzer des Gemischtwarenladens, mit einer späten Lieferung am Picknickplatz vorbei und macht eine grauenvolle Entdeckung. Isabel und die Kinder Mathilda, John und Evie sehen so friedlich aus, „als ob sie schlafen“, aber alle vier sind tot. Und von Baby Thea fehlt jede Spur…
Der andere Handlungsstrang spielt sich 2018 in Sydney ab. Jess ist Hals über Kopf aus London angereist und ins Krankenhaus geeilt, denn dort liegt nach einem Sturz von der Dachbodentreppe ihre geliebte Großmutter: Nora Turner-Bridges, die Schwägerin der damals unter mysteriösen Umständen verstorbenen Isabel Turner.

Diese Familienverhältnisse sind Jess bis dato völlig unbekannt – wir Leserinnen wissen zu diesem Zeitpunkt schon ein bisschen mehr. Und so vermischen und verschlingen sich Gegenwart und Vergangenheit auf das Raffinierteste und die Geschichte, „zusammengeschoben wie eine Ziehharmonika“, entfaltet sich Schicht für Schicht.
Schon nach den ersten paar Kapiteln beschlich mich ein fürchterlicher Verdacht. Gleichzeitig war mir aber klar: So kann es doch unmöglich gewesen sein, wenn man von Anfang an auf der richtigen Fährte ist, wäre das ja mehr als blöd. Am Schluss gibt es tatsächlich eine Wendung, mit der ich niemals gerechnet hätte, und erst da wurde mir klar, dass die Autorin aber sehr wohl winzig kleine Fitzelchen an Hinweisen geschickt gestreut hat.

Von der hochspannenden Geschichte mal abgesehen, ist „Heimwärts“ aber auch ein Buch über komplizierte Mutter-Tochter-Beziehungen. So innig und perfekt Jess‘ Verhältnis zu ihrer Großmutter Nora ist, so schlecht und distanziert ist es zu ihrer Mutter Polly. Diese wiederum blickt auf eine schwierige Kindheit und Jugend mit ihrer Mutter Nora zurück, von der sie sich erst als erwachsene Frau distanzieren konnte.

Es gibt so viele wichtige Elemente in dieser Geschichte – das wichtigste ist sicher Nora, die als sehr selbstsichere, starke Frau und extrem liebevolle Großmutter geschildert wird, die man sympathisch findet. Im weiteren Verlauf ändert sich dieses Bild und man betrachtet Nora mit kritischeren Augen als eine manipulative und vielleicht doch nicht über jeden Vorwurf erhabene Frau. In jedem Fall ist sie eine äußerst spannende Figur!
Und wie geht man mit einer Schuld um, die einen ein Leben lang Schritt für Schritt verfolgt wie ein zuverlässiger Freund?
Was macht Familie aus, was sind die Aspekte einer jeden Identität, was ist Heimat?

Für die kommenden verregneten Tage ist „Heimwärts“ auf jeden Fall die ideale Lektüre! Also nichts wie ab auf die Couch und lesen, lesen, lesen!
von Maxie Bantleon - 2023-09-22 11:56:23

Und schon wieder ein neues Lieblingsbuch! - 5 Sterne

Ein sagenhaft spannendes Buch, das seinen Anfang nimmt bei einem beschaulichen Picknick am Weihnachtsabend in einer australischen Kleinstadt. Die Familie wird tot aufgefunden mit Ausnahme eines Säuglings im Babykörbchen.
Daraus wir ein Roman, eine Mischung aus Familientragödie und Kriminalfall, bei der es uns buchstäblich bis zur letzten Seite nicht gelungen ist, die Geschichte aufzulösen. Beruhigende 688 Seiten Spannung und Unterhaltung, ein perfekter Sommerschmöker halt 
von Elisabeth Wallinger - 2023-07-18 16:44:33

Heimwärts - 5 Sterne

Ende der 50ziger Jahre in Australien. Auf einem Familiensitz findet ein mysteriöses Verbrechen statt. Jahrzehnte später wir die Journalistin Jess ans Totenbett ihrer Großmutter gerufen. Sie begibt sich auf die Spurensuche zu den tragischen Ereignissen vor vielen Jahren - und ihrer eigenen Familiengeschichte.
von Katrin Pixner - 2023-07-12 15:26:43

Eine Familiengeschichte, die zum Nachdenken anregt - 4 Sterne

In den Adelaide Hills in South Australia löscht eine Tragödie am Heiligabend 1959 fast eine ganze Familie aus. Fast – bis auf ein Baby, das verschwunden bleibt. Die Polizei ermittelt zwar, aber der Fall insgesamt bleibt ungelöst.
Im Dezember 2018, fast 60 Jahre später, stößt die Journalistin Jess schon fast zufällig auf dieses Geschehnis, als sie ihrer Großmutter Nora bei der sie aufgewachsen ist, nach einem Unfall in Sydney beistehen will. Ihre Nachforschungen bringen sie auch ihrer eigenen Familiengeschichte immer näher.

Es hat etwas gedauert, bis ich in dieser Geschichte angekommen bin. Aber dann hat sie mich gepackt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Es ist eine sehr leise Geschichte in die ich langsam immer tiefer eintauche. Alles wird sehr ausführlich erzählt und ich versuche zu erkennen, was wichtig ist und was es für die Auflösung des Rätsels nicht braucht.
Kate Morton hat einen sehr bildhaften und eingängigen Erzählstil, der mir schnell wunderschöne, aber auch zutiefst traurige Bilder in meinen Kopf zaubert. Es ist ganz gewiss keine heile Welt Geschichte, in die sie mich hinein zieht. Sie regt mich eher zum Nachdenken an; über Familie, was bedeutet Heimat, über die Suche nach der eigenen Identität. Seite für Seite tauche ich tiefer ein und es tritt ein Geheimnis zutage, das unglaublich scheint.
Die vielen Menschen, die ich hier kennenlerne, erzählen das, was sich damals zugetragen hat, aus ihrer eigenen Sicht. So entstehen immer neue Bilder, die ich abspeichere und damit versuche mein eigenes Bild der Geschehnisse Stück für Stück zu vervollständigen. Schnell war mir zwar klar, in welche Richtung die Geschichte gehen könnte. Es aber dann schwarz auf weiß zu lesen war für mich nochmal richtig erschütternd.

Kate Morton hat mir mit „Heimwärts“ einige unterhaltsame, aber auch aufwühlende Lesestunden geschenkt, mich bewegt und an ihr Buch gefesselt. Wer gerne Romane liest, die zum Nachdenken anregen und Familiengeschichte, ein bisserl historisches und einen Hauch von Spannung vereinen, der ist hier genau richtig.
Meine Reise nach Sydney wird mich wohl noch eine Zeit lang beschäftigen.
von gaby2707 - 2023-06-20 08:23:00