Rezensionen

Lisa Fittko
Biographie einer Fluchthelferin

Autor: Eva Weissweiler

Erschienen 2024 bei HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH
ISBN 978-3-455-01681-9
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Eine Hommage an eine fast Vergessene - 5 Sterne

Ich bin Lisa Fittko (1909-2005) bereits in mehreren anderen Büchern wie jüngst „Marseille 1940“ begegnet. Meistens wird ihr Name im Zusammenhang mit dem Philosophen Walter Benjamin genannt, den sie im September 1940 als Fluchthelferin über die Pyrenäen geleitet hat. Er ist wohl der bekannteste ihrer Schützlinge. Doch wie kommt es, dass eine ebenfalls von den Nazis verfolgte Jüdin und Kommunistin zur Fluchthelferin von Dutzenden Menschen wird?

Eva Weissweiler versucht uns die manchmal ein wenig widersprüchliche Persönlichkeit von Lisa Fittko näherzubringen. Nicht immer gelingt das, denn Fittkos Aufzeichnungen sind oft Jahre später verfasst, unterscheiden sich von jenen ihrer Weggefährten. Sind die Diskrepanzen und Lücken in Fittkos Erzählungen mit Absicht herbeigeführt? Oder einem Verdrängen der Erinnerungen an eine psychisch wie physisch sehr fordernde Zeit in ihrem Leben?

Mit viel Glück und dank ihres eigenen großen Netzwerks gelingt es Lisa und ihrem Mann Hans letztlich die Flucht aus Frankreich. Den Faschismus überstehen die beiden auf Kuba, ausgebrannt von mehr als zehn Jahren im Widerstand, wie folgendes Zitat beweist:

„Wir fahren auf eine Insel, die heißt Kuba. Vater und Mutter sind frei, aber sie können nicht mit. Ich aber sitze hier und nichts rührt sich in mir. Ich habe keine Angst, ich freue mich nicht, ich bin nicht einmal traurig. Ich fühle nichts, gar nichts.“

1948 übersiedeln sie in die USA. Ihre frühere aktive Rolle als Kommunistin verschweigt sie bei der Einreise, da diese zu jener Zeit, ein Ablehnungsgrund sind. Wahrscheinlich müssen die Auslassungen in Lisa Fittkos eigenen Aufzeichnungen unter diesen Gesichtspunkten betrachtet werden. Wer als Andersdenkende und Jüdin unter dem NS-Regime gelebt hat und von ihm verfolgt worden ist, wird wohl eine gewisse Vorsicht bei den eigenen Äußerungen an den Tag legen. Bis ins hohe Alter setzt sich Lisa Fittko für ihren Traum von Frieden und Freiheit ein.

Fazit:

Lisa Fittko war bestimmt keine einfache Persönlichkeit, aber bestimmt eine couragierte. Eva Weissweiler zollt ihrem politischen Vermächtnis Respekt, wenn uns Lesern auch die Person Lisa ein wenig verschlossen bleibt. Gerne gebe ich dieser Biografie 5 Sterne.
von Bellis-Perennis - 2024-04-21 20:25:00