Rezensionen

Am Ende ist es ein Anfang
Roman

Autor: Dolly Alderton

Erschienen 2024 bei Atlantik Verlag
ISBN 978-3-455-01736-6
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Am Ende ist es ein Anfang - 5 Sterne

Eigentlich hatte ich schon ein anderes Buch parat, aber dann habe ich die ersten zwei, drei Seiten von „Am Ende ist es ein Anfang“ angelesen – und damit hatte Dolly Alderton mich am Wickel!
Bereits die ersten Punkte auf Andys Liste „Gründe, warum es gut ist, dass ich nicht mehr mit Jen zusammen bin“ sind so wunderbar skurril, dass ich sofort weiterlesen wollte.

Andy ist ein mittelalter und mittelmäßiger bis schlechter Standup Comedian, dessen Beziehung zu Jen nach vier Jahren ein ziemlich abruptes Ende nimmt, zumindest für ihn.
Diese Trennung wirft ihn, der seit seinen späten Teenagerjahren NIE ohne eine Beziehung war, völlig aus der Bahn. „Es fühlt sich an wie Weihnachten… Als würde meine Welt für eine Weile stehen bleiben.“
Wir begleiten Andy über ein halbes Jahr, das er mehr oder weniger „im Wahnsinn“ erlebt; wir erleben seine Trauer und seine Versuche, Jen zurückzugewinnen und sie zu vergessen und sie wieder zurückzugewinnen. Es ist eine Zeit mit viel zu viel Alkohol und exzessivem Ausgehen, nur um nicht alleine sein zu müssen.
Wie positioniert er sich neu in seiner Freundesclique, in der alle anderen eine feste Partnerschaft haben, zum Teil sogar verheiratet und schon Vater sind?
Es ist grotesk und gleichzeitig berührend zu lesen, wie Andy fast schon zwanghaft Jens Aktivitäten in den sozialen Medien verfolgt oder wie besessen er davon ist, von seinem besten Freund Avi, der wiederum der Mann von Jens bester Freundin ist, jedes Detail aus Jens neuem Leben zu erfahren.
Und was soll er mit all diesen Dingen und Erinnerungen machen, die ein Teil der Kultur in ihrer Beziehung waren – z.B. Tee aus sehr großen Bechern zu trinken, sich auf den Vorverkaufstag für das Glastonbury Festival zu freuen oder Trüffelchips.
„Wenn ich ein neues Liebessubgenre mit jemand anderem beginne, darf ich all das, was ich am letzten so sehr liebte, mit einbringen?“
Andy versinkt „in den Erinnerungen und dem ungelebten Potenzial dieser Beziehung“, und wie Avi so treffend formuliert: „Deine Nostalgie ist dein Gefängnis.“

Das klingt jetzt vielleicht alles ein bisschen deprimierend, aber ganz ehrlich: Das haben wir doch alle so oder zumindest so ähnlich auch schon erlebt.
Ich konnte mit Andy lachen – vielleicht nicht gerade über seine Standup Comedy, denn die ist wirklich mies – und mitfühlen; manches Mal dachte ich mir: „Er ist wirklich ein echter Blödmann!“ und dann ist er wieder so herzzerreißend wunderbar, dass es mir unbegreiflich war, wieso Jen ihn in den Wind geschossen hat.
„Am Ende ist es ein Anfang“ ist ein ganz wundervolles und unterhaltsames Buch über das Erwachsenwerden und die Chance, dass sich eben tatsächlich aus jedem Ende auch wieder etwas Neues ergeben kann. Auch wenn es schwer ist.
Am schönsten ist das Ende des Romans, wo wir auf einigen wenigen Seiten Jens Sicht auf Andy, ihre Beziehung und die Trennung erfahren. Hier ergeben sich dann einige Querverbindungen, die ganz besonders schön und berührend sind. Es waren aber definitiv zu wenige Seiten; von mir aus hätte Dolly Alderton gleichzeitig mit diesem Buch noch ein zweites veröffentlichen können, in dem wir die GANZE Geschichte noch einmal komplett aus Jens Sicht lesen können.

„Am Ende ist es ein Anfang“ ist ein Buch, das auch für Männer geeignet ist, trotz seines Covers, das wohl eher Leserinnen ansprechen soll – ganz nebenbei: Ich finde es furchtbar und es steht für mich in keinem Zusammenhang mit der Geschichte, und die Frau ist mit Sicherheit nicht Jen, aber wer ist sie dann?!
Wir können bei der Lektüre ALLE noch etwas lernen, von der phantastischen Unterhaltung mal ganz abgesehen.
von Maxie Bantleon - 2024-04-10 13:50:30