Rezensionen

Meeresfriedhof
Roman | Für Leser und Leserinnen von Stieg Larsson und Joël Dicker

Autor: Aslak Nore

Erschienen 2024 bei Kiepenheuer & Witsch
ISBN 978-3-462-00396-3
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Überzeugende Verknüpfung von realen Geschehnissen und Fiktion - 5 Sterne

Die Erfolgsgeschichte der einflussreichen norwegischen Reederfamilie Falck reicht weit in die Vergangenheit zurück und hätte mit dem Tod des Reeders Thor Store Falck 1940 enden können. Damals sank das Hurtigrutenschiff nach einer Explosion, auf dem der Reeder mit seiner zweiten Frau Vera Lind und dem kürzlich geborenen Sohn Olav reiste. Viele Passagiere, darunter etliche deutsche Soldaten, überlebten das Unglück ebenso wie der Reeder nicht.
75 Jahre später ist Olav Falck immer noch aktiv im Vorstand von SAGA, einer humanitären Stiftung, in der auch eines seiner drei Kinder, Alexandra, eine Führungsposition einnimmt. Sie hat die engste Beziehung zu der hochbetagten Großmutter. Aber da gibt es auch noch Hans, den Enkel von Thor Store Falck aus seiner ersten Ehe. Er hat einen ganz anderen Karriereweg eingeschlagen und arbeitet als Arzt überwiegend in Krisengebieten. In dieser Funktion hat er es zwar zu Ruhm gebracht, der Reichtum der Falckdynastie ist ihm und seinen Kindern aber verwehrt geblieben.
Als die Schriftstellerin Vera Lind stirbt, ist ihr Testament nicht auffindbar. Die gegensätzlichen Interessen der beiden Familienzweige prallen aufeinander, aber auch innerhalb Olavs Familie tun sich Gräben auf.

Aslak Nore hat im ersten Band der Trilogie viele verschiedene Themenbereiche miteinander verflochten. Es geht nicht nur um Intrigen, Machtstreben und Missgunst innerhalb einer Familie. Einflussnahme in internationalen Krisenherden, glaubwürdig beschriebene militärische Einsätze und Manipulationen sind ebenso Thema wie die psychischen Beschädigungen, die diese Erfahrungen bei den Menschen anrichten. Die historischen und aktuellen politischen Hintergründe, die dem Roman zugrundeliegen, sind beeindruckend beschrieben.

Zu Anfang sind die Charaktere etwas schwer einzuordnen, da ist der vorangestellte Stammbaum der Falck-Familie eine sinnvolle Hilfe, die sich aber schnell erübrigt. Es gibt keine eindeutigen Sympathieträger, die über die gesamte Länge des Romans die Rolle einnehmen könnten. Dafür sind die Hauptprotagonisten viel zu facettenreich gezeichnet. Ebenso überzeugend sind die diversen Beschreibungen der Handlungsorte.

Trotz der Komplexität und der stellenweise recht schwer zu ertragenden Beschreibungen lässt sich der Roman aufgrund des flüssigen und dem jeweiligen Inhalt gut angepassten Schreibstils gut lesen. Die häufigen Perspektiv- und Ortswechsel erfordern ein bisschen Konzentration, erhöhen aber auch die Spannung. Gleichzeitig lockern sie bedrückende Szenen auch wieder auf.

Auch wenn man noch lange auf die Fortsetzung warten muss, Meeresfriedhof verdient eine klare Leseempfehlung für Leser:innen, die sich auf diese Art von Romanen einlassen wollen.
von bedard - 2024-04-17 19:22:00

Familiendrama - 3 Sterne

Da dieses Buch als Thriller deklariert wurde, hatte ich Erwartungen an die Handlung, die diese leider nicht erfüllen konnte. Über viele Seiten erstreckt sich hier vielmehr ein Familiendrama, deren verborgenen Geheimnisse in Form eines verlorenen Testament und Skriptes auf den Grund gegangen wird und sich auf den Untergang eines Hurtigurten-Schiffes konzentriert. Die Recherchen dazu und auch der Aufbau der Handlung sind durchaus logisch, jedoch auch langatmig und dank der vielen Familienmitgliedern eher verwirrend. Nach und nach verlor ich dadurch leider immer mehr das Interesse an der Geschichte der Familie Falck. Ja, mir wurde sie irgendwann zu umständlich und sperrig. Es zog sich teilweise sehr und auch der, für Thriller übliche Nervenkitzel oder Spannung konnte ich in Verlauf des Buches leider nicht feststellen. Schade.
von Stea - 2024-04-17 18:07:00

Auftakt einer Trilogie - 4 Sterne



Der norwegische Schriftsteller Aslak Nore beginnt mit seinem Roman, Meeresfriedhof, eine vielschichtigen Anfang einer Trilogie.
Es geht um eine Familie, die eine Stiftung leitet, die aus einer Reederei erstand.
In der Familie Falk besteht aus verschiedenen Familienstrom
nge. Der Chef Olaf Falk herrscht despotisch. Seine Tochter Sascha versucht einiges aus ihrer Großmutter herauszubekommen. Die Großmutter Vera nimmt sich dann aber das Leben und das Testament ist verschwunden.
Veras Versionen ihrer Überlebensgeschichte bei einem Untergang eines Schiffes im Zweiten Weltkrieg ist etwas nebulös.
Die Figur Hans Falk ist interessant, aber richtig einordnen konnte ich ihn nicht. Bestimmt kommt vieles erst in den folgenden Teilen ans Licht.
Es ist ein Familienroman, ein Krimi und ein Spionageroman.
Es wird interessant, was uns die Trilogie am Endet bietet.

von begine - 2024-04-11 09:13:00

Kampf um Wahrheit und Macht - 5 Sterne


Während des Zweiten Weltkriegs sinkt das Hurtigrutenschiff ,,Prinsesse Ragnhild“ mit norwegischen Zivilisten und deutschen Soldaten an Bord, zahllose Menschen kommen dabei ums Leben, auch der Reeder Thor Store Falck. Wie durch ein Wunder wird seine junge Frau Vera mit dem dreimonatigen Olav gerettet, da sie mit dem Baby im Arm ins eiskalte Wasser springt. So zumindest lautet die offizielle Geschichte.
75 Jahre später wird John Omar Berg, norwegischer Elitesoldat mit Geheimdiensterfahrung, nach monatelanger Haft aus einem irakischen Gefängnis befreit. Nur durch die Unterstützung des norwegischen Militärarztes Hans Falck, den Johnny Berg vor Jahren einmal interviewt hatte, kann er nach Norwegen zurückkehren. Allerdings verlangt Hans Falck eine Gegenleistung.
Hans Falck gehört zum verarmten Bergenser Zweig der schwerreichen Reederfamilie Falck, die in Oslo unter ihrem Patriarchen Olav Falck nicht nur ihren Reichtum, sondern auch ihre Macht und ihren Einfluss vergrößern konnte. Die beiden Familienzweige leben in Streit und Missgunst. Nur Vera Falck, Olavs inzwischen 95-jährige Mutter, hat einen guten Draht zu den Bergenser Familienmitgliedern, während sie zu ihrem Sohn Olav ein sehr konfliktbeladenes Verhältnis hat. Doch nun hat sich Vera von einer Klippe gestürzt und von ihrem Testament, das sie sich kurz vor ihrem Selbstmord hat aushändigen lassen, gibt es keine Spur. Olav Falck befürchtet, dass seine Mutter womöglich die verarmten Bergenser in ihrem Testament bedacht haben könnte. Olavs Tochter Alexandra, genannt Sasha, macht sich auf die Suche nach dem Testament, stößt dabei aber auch auf Hinweise auf ein Manuskript ihrer Großmutter, das in den 70er-Jahren vom norwegischen Staatsschutz beschlagnahmt wurde. Darin soll sie ,,die Wahrheit“ über den Untergang der ,,Prinsesse Ragnhild“ und die Wahrheit über die Falck-Familie erzählen. Sasha macht sich, mit Unterstützung von Johnny Berg, auf die Suche nach der Wahrheit, die aber äußerst schmerzhaft sein könnte.
,,Meeresfriedhof“ ist der Titel von Vera Falcks Manuskript, das Stück für Stück im Roman auftaucht und damit die verschiedenen Handlungsebenen miteinander verknüpft. Da es viele Handlungsorte und zahlreiche Figuren mit ganz unterschiedlichen Motiven gibt, was den Roman sehr komplex wirken lässt, muss man aufmerksam und konzentriert lesen. Doch der Autor versteht sein Handwerk und verwebt die zu Beginn unzusammenhängend erscheinenden Handlungsstränge zu einem stimmigen und spannungsgeladenen Ganzen.
von Amena25 - 2024-04-03 16:57:00