Rezensionen

Otto
Roman. Ausgezeichnet mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis 2019, dem Debütpreis des Buddenbrookhauses 2020 und dem Ernst-Hoferichter-Preis 2020

Autor: Dana von Suffrin

Erschienen 2019 bei Kiepenheuer & Witsch
ISBN 978-3-462-05257-2
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Kein Titel - 5 Sterne

Otto - je nach Einschätzung jüdischer Familienpatriarch, schwieriger alter Mann oder einfach nur Vater von Timna und ihrer Schwester Babi - ist ein vielschichtiger Charakter, der nicht nur ein bewegtes Leben hinter sich hat, sondern auch jetzt, in seinem gebrechlichen Zustand, seine Töchter auf Trab hält.
Einem Menschen, der so viel er- und überlebt hat, gesteht man als Leserin gerne Ecken, Kanten und Schrulligkeiten zu - gerade wenn diese von ganz viel Liebe zu seinen Töchtern zeugen.
Die Sprache der Erzählung wirkt auf den ersten Blick einfach und lapidar, in ihr liegt aber eine große Tiefe, Wahrheit und eine ganze Bandbreite an Emotionen verborgen.
Auf ehrliche und humorvolle Weise macht dieses gelungene Buch eine Familiengeschichte und das Altern zum Thema.
von Andrea Jakoubi - 2020-03-21 14:09:00

jüdische Familiengeschichte - 3 Sterne

Babi und Timna haben es nicht leicht mit ihrem Vater. Seit dem letzten Krankenhausaufenthalt ist er zum Pflegefall geworden und verlangt von seinen Töchtern rund um die Uhr für ihn da zu sein. Eine schwierige Zeit für die Töchter und für die engagierte Pflegerin denn der Alte ist teilweise ein Despot.

In kurzen Szenen werden Episoden aus dem Leben der jüdischen Familie geschildert. Auch innerhalb eines Kapitels springt die Handlung zwischen Vergangenheit und Gegenwart was das Lesen nicht leicht macht. Schwarzen hintergründigen Humor habe ich leider vergeblich gesucht.

Es ist nicht leicht mit alten Menschen zurecht zu kommen und der Abschied von geliebten Menschen ist nicht leicht. Dieses Buch hat mich irgendwie ratlos zurückgelassen. Auch mit den Personen konnte ich nicht richtig warm werden.
von Ecinev - 2019-11-03 17:16:00

Zwiegespalten - 3 Sterne

"Otto" von Dana Suffrin versprach mit dem Klappentext ein sarkastisch, humoriges Buch um einen despotischen Familienpatriarch jüdischer Herkunft.

Für sein Umfeld war Otto, der pensionierte Ingenieur, schon immer eine Heimsuchung. Aber als er aus dem Krankenhaus zurückkehrt, ist alles noch viel schlimmer.
Nachdem Otto zum Pflegefall wird erwartet er von seinen Töchtern Timna und Biba eine rund um die Uhr Betreuung, die sie nicht leisten können und wollen. Stattdessen stellen sie eine Pflegerin ein, die bei Otto lebt.
Die Geschichte wird aus Sicht der älteren Tochter Timna erzählt und geht von der Gegenwart bis weit in die Vergangenheit.

Nach dem Lesen des Buches bleibe ich ziemlich zwiegespalten zurück. Das Buch hatte viel Potential welches die Autorin in meinen Augen in keinster Weise ausgeschöpft hat. Die Protagonisten sind so flach in ihrer Persönlichkeit geblieben, so dass ich keine Beziehung zu ihnen aufbauen konnte.
Es gab einige sprachliche Highlights in der Geschichte die zeigen, dass die Autorin es kann, aber weit hinter ihren Möglichkeiten zurück blieb.
Das gesamte Buch bestand für mich aus einer losen Aneinanderreihung von Familienanekdoten, die leider keinen roten Faden hatten.

Für die sprachliche Gestaltung gebe ich gerne 4 Sterne, der Inhalt bekommt leider nur zwei, so dass ich insgesamt 3 Sterne vergeben kann.
von Nele33 - 2019-09-16 12:02:00

Familiengeschichte mit speziellen Charakteren - 4 Sterne

„Otto“ ist das Debüt der Autorin Dana von Sufferin.

Otto ist ein jüdischer pensionierter Ingenieur, der im rumänischen Siebenbürgen aufgewachsen ist und von dort zuerst nach Israel und dann nach München gezogen ist. Er war zwei Mal verheiratet und aus seiner zweiten Ehe mit Ursula stammen die beiden Töchter Timna und Babi. Als er plötzlich zum Pflegefall wird, erwartet er von seinen beiden erwachsenen Töchtern, dass sie stets zur Stelle sind, wenn er sie braucht. Die gleiche Erwartungshaltung stellt er auch an seine Pflegerin aus Ungarn.

In vielen aneinandergereihten Anekdoten erfährt man nach und nach immer mehr Details aus Ottos Leben und dem seiner Familie. Berichtet wird aus der Perspektive von Timna.

Otto ist kein einfacher Charakter und seine despotische und schrullige Art, ebenso die Gemeinheiten, die er sich gegenüber seinen Töchtern erlaubt, machen ihm nicht gerade zum Sympathieträger. Er hat mich regelrecht entsetzt, worüber ich dann gleichzeitig schmunzeln musste.
Der Schreibstil der Autorin ist schon sehr besonders und ein wenig gewöhnungsbedürftig aber mir gefiel ihre minimalistische Sprache und ihr stellenweise bitterböser Humor, der immer wieder durchblitzt. Ottos Alterungsprozess und selbst die skurrilsten Situationen werden trotz der Absurdität, die darin steckt, authentisch dargestellt. Diesen Balanceakt zu halten ist der Dana von Suffrin wirklich gut gelungen.
Ich war während des Lesens hin- und hergerissen.

Die Erzählweise, der Humor und der Sarkasmus gefielen mir gut. Die Ereignisse waren traurig, komisch, absurd, schräg… von allem etwas, was dem Roman eine tolle Vielfalt gibt. Aber mir fehlten zum Teil die Zusammenhänge zwischen den Situationen, alles war so aneinandergereiht und ich hätte mir mehr Verbindung gewünscht.

Dennoch hat mich der Roman gut unterhalten. Ich habe ihn gerne gelesen und bin schon sehr gespannt auf weitere Werke der Autorin.
von Tara - 2019-09-15 14:35:00

vergeudete Lesezeit - 1 Sterne

Otto, ein jüdischer pensionierter Ingenieur wird plötzlich zum Pflegefall und er erwartet von seinen erwachsenen Töchtern Timna und Babi, dass sie rund um die Uhr für ihn da sind. Und brave Töchter, die sie sind, stellen die beiden das auch keine Sekunde infrage, dass sie immer sofort zur Stelle sein müssen, wenn "Otto" ruft.
Sie organisieren eine Pflegerin aus Ungarn , die bei Otto einzieht und die fortan ebenfalls wie eine Leibeigene behandelt wird .
In "Otto" von Dana von Suffrin erzählt die Tochter Timna über die Situation jetzt, aber auch über die Vergangenheit der Familie. Ich fand weder die jetzige Situation , noch die Erzählungen aus der Vergangenheit, besonders interessant, muss ich leider zugeben. Mir kam dieses Buch einfach wie eine willkürliche Aneinanderreihung einzelner Erlebnisse der Familie, vor, die aber allesamt einfach nur belanglos waren. Keine der Personen, die in diesem Buch vorkommen, werden mir besonders im Gedächtnis bleiben, denn dafür sind sie alle viel zu blass geblieben.

Otto selbst lernt man natürlich gut kennen und er ist mir im Laufe der Geschichten immer unsympathischer geworden. Und die Töchter , da schüttelte ich beim Lesen einfach nur immer wieder den Kopf, weil ich es nicht fassen konnte, dass man sich so behandeln lässt, ohne auch nur ein einziges Mal dagegen zu protestieren. Aber wahrscheinlich ist das sogar normal so, wenn man von klein auf die Erfahrung macht, dass alles, was der Vater sagt, gemacht werden muss.
Aber die beiden nahmen es ja sogar einfach so hin, dass sie von ihrem Vater zu hören bekamen, sie wären dumm oder dass ihnen noch schlimmere Ausdrücke an den Kopf geknallt wurden. Von Dankbarkeit , dass die Töchter ihn nicht im Stich ließen, egal, wie gemein er oft zu ihnen war, keine Spur.

Außer, dass ich genervt war von Otto, von den Töchtern, von der Pflegerin, hat diese Geschichte leider keine weiteren Empfindungen in mir wecken können. Was eigentlich verwunderlich ist bei dem Thema, um das es ging, denn es ist ja doch eine sehr traurige Situation , wenn der Vater zum Pflegefall wird. Aber die Geschichten in diesem Buch haben mich einfach nicht berührt.
von PeLi - 2019-08-25 12:18:00

Ein uncharmanter Alter - aber gut zu lesen mit einem Schmunzeln! - 4 Sterne

Ein Thema das uns alle betrifft, denn die Gesellschaft wird immer älter und unsere Eltern werden in der Regel nicht flexibler mit steigenden Lebensjahren. Daher eine gute Perspektive sich diesem Thema überspitzt fiktiv zu nähern!
Dana von Suffrin legt mit ihrem Debüt “Otto” eine Familiengeschichte vor die sich um den patriarchischen Vater kreist: Otto.
Otto hat zwei unglückliche Töchter, ist Ingenieur, gebürtiger Rumäne und „Herr über ein Reihenhaus“. Die Geschichte wird aus der Sicht seiner Lieblingstochter Timna erzählt. Otto landet im Krankenhaus und besteht auf familiärer Betreuung. Nach dem Aufenthalt wird er nicht sanftmütiger, nein, es wird noch schlimmer! Der störrische Alte bekommt eine „Mitbewohnerin“, die sich um den Haushalt kümmern soll. Organisiert natürlich von den eigenen Kindern, damit das Leben für sie wieder in normale Bahnen gelenkt wird. Valli heißt die Invasion! Da sind die Gewitter vorprogrammiert. Herrlich liest sich dieser Text. Diesen Roman muss man mit einer saftigen Portion Galgenhumor nehmen! Der patzige Alte wird herrlich portraitiert. Wahrlich ein alter Dickkopf, der seine Gedanken unreflektiert herausposaunt. Das Otto einmal ein weitsichtiger Mann war, scheint verloren gegangen. Oder ist er doch noch tief in seinem Kern vorhanden?
Der Schreibstil von Dana von Suffrin ist erfrischend und leicht zu lesen.
Fazit: Ein Thema das uns alle betrifft, denn die Gesellschaft wird immer älter und unsere Eltern werden in der Regel nicht flexibler mit steigenden Lebensjahren. Daher eine gute Perspektive sich diesem Thema überspitzt fiktiv zu nähern!
von nil_liest - 2019-08-19 14:30:00

Familiengeschichte - 4 Sterne


Der Roman „Otto“ von der Schriftstellerin
Dana von Suffrin zeigt das Leben des Familienpatriarchen Otto.

Otto ist schon ziemlich alt und krank. Nach schwerer Krankheit kommt er aus dem Krankenhaus. Er braucht Pflege, aber er ist nicht einfach. Er ist ein grantiger Patient, aber er war wohl schon immer schwierig.
Er wurde in Rumänien als Jude geboren hat in Israel die Kriege mitgemacht und dann nach München gezogen.
Er war schon nicht mehr so jung, als er seine Töchter bekam.
Mir gefällt Otto trotz allem gut. Seine Töchter haben allerdings einiges auszuhalten, aber er ist eben der Vater. Schon ihre Kindheit war anders, als bei den Klassenkameraden.

Ich hoffe Dana von Suffrin behält ihren guten Stil bei. Ich werde mir ihren Namen merken um auch ihr nächstes Buch zu lesen.

von begine - 2019-08-18 14:27:00

wehmütige Familiengeschichte mit leisem Humor - 5 Sterne

Den Roman Otto halte ich für sehr gut geschrieben. Der Stil vermag den Leser emotional zu berühren.
Dana von Suffrin schreibt ein wenig in der Tradition von Alina Bronski (Der Zopf der Großmutter), dabei verhaltener, gerade was den leisen Humor angeht. Es ist für mich keine Hommage oder Abrechnung, wie es der Klappentext nahelegt. Es ist ein Portrait eines Mannes, der wirklich eine Persönlichkeit ist, gezeichnet von seiner Tochter.

Otto ist in Siebenbürgen, Rumänien als Jude geboren, er ist dann nach Israel gekommen, bis er schließlich 1978 nach Deutschland ging, heiratete und zwei Kinder bekam.
Zu Beginn des Buches ist Otto schon alt und im Krankenhaus, er ist aber zäh und rappelt sich immer wieder auf und lebt mit seiner aus Ungarn stammenden Pflegerin Valli, die nur wenige Worte Deutsch kann.

Die Erzählerin Timna und ihre Schwester Babi haben es nicht einfach mit dem fordernden Otto, aber insgesamt entsteht doch viel Respekt vor Ottos Lebensweg, seiner Lebensklugheit und Lebensgier.

Immer wieder werden Geschichten aus Ottos Vergangenheit und Vorkommnisse aus der Familie geschildert, manchmal leise wehmütig, oft ironisch humorvoll. Es ist ein Humor, denn ich sehr mag, denn er geht nicht auf Kosten der Figuren, sondern bezieht sich auf die Komik der jeweiligen Situation.

Man muss immer wieder froh sein, wenn ein junger deutscher Autor einen eigenständigen Ton findet. Das ist bei Dana von Suffrin der Fall und ich habe den Roman gerne gelesen.
von yellowdog - 2019-08-16 18:14:00

Anfänglich schwierig - 3 Sterne

Bei diesem Buch handelt es sich um eine doch eher untypische jüdische Familiengeschichte, insbesondere derjenigen von Otto dem Vater und seinen beiden Töchtern.

Die Protagonisten blieben mir leider im ganzen Buch etwas fremd und konnte ich viele Handlungen nicht nachvollziehen. Die Personen waren größtenteils nur sehr leicht umrissen, wie z.B. der Lebensgefährte, sodass diese gar nicht wirklich greifbar waren. Otto selbst hat mich mit seiner skurrilen Art jedoch gut unterhalten. Auch seine Pflegerinnen haben mir von den Beschreibungen her sehr gut gefallen.

Die Sprache des Romans ist angenehm zu lesen. Schwierig waren für mich anfangs die Zeitsprünge und dass das Erzählte keinen wirklichen Zusammenhang zueinander zu haben scheint.

Trotzdem habe ich dieses Buch im Großen und Ganzen gern gelesen, obwohl ich mir auch ein wenig mehr Hintergrundinformationen zum Judentum gewünscht hätte.

Interessantes Debüt! - 4 Sterne

Nach welchen Kriterien wählt man als Vielleserin seine Lektüre aus? Da gibt es einerseits Lieblingsautoren*innen, deren neue Romane man sehnlichst erwartet und sofort lesen möchte, dann gibt es etablierte Autoren*innen, auf die man bisher noch nicht gestoßen ist, und die man auf Empfehlung zur Hand nimmt und dann gibt es Debütromane, die immer ein Wagnis sind. Du kennst den*die Autor*in nicht, weißt noch nicht, was dich erwartet. Aber das ist auch immer besonders spannend.

Bei diesem Debüt hier wurde ich nicht enttäuscht. Otto ist ein sehr stimmiger Roman, der alles besitzt, was ein gutes Buch ausmacht. Es gibt gut gezeichnete Charaktere, eine interessante Geschichte, die zwar nicht gradlinig erzählt wird, was aber, da es Ottos Geschichte ist, die von Widersprüchen und auch von seiner Demenz im letzten Abschnitt des Lebens gekennzeichnet ist, sehr gut passt. Auch sprachlich konnte mich Otto überzeugen.

Otto ist ein schwieriger Charakter, das war er schon immer, für seine Töchter war er ein Vater, der ihr Leben schwierig machte. Die Ehe war unglücklich, seine Jugend als Jude, der den Holocaust überlebte, um dann vor den Kommunisten aus Siebenbürgen zu fliehen und in Israel mehrere Kriege zu er- und überleben. Das alles prägt einen Menschen. Und lässt auch die nachkommende Generation nicht unbeschadet.
Inzwischen ist Otto alt und krank, aber zäh, immer wieder erholt er sich, will unbedingt seine Geschichte erzählen. Es ist kein Heldenroman und die Demenz lässt ihn auch von einer Momentaufnahme zur nächsten springen.
Erzählt wird das alles aus der Sicht der ältesten Tochter, Timna. Obwohl sie ihre Kindheit und Jugend als unglücklich beschreibt, hat sie eine enge Verbindung zum Vater, ist für ihn da und hört ihm zu.

Ein Buch mit Ecken und Kanten, kein Porträt eines Helden, eher eine von außen oft nicht erklärbare Vater-Tochter-Geschichte. Das ganze gespickt mit schwarzem Humor, einfühlsam erzählt, ohne die Sympathien der Leser*innen lenken zu wollen.

Ein gelungenes Debüt und eine Autorin, die ich im Auge behalten werde.
von Petris - 2019-08-02 16:52:00