Rezensionen

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García
Roman

Autor: Moritz Rinke

Erschienen 2021 bei Kiepenheuer & Witsch
ISBN 978-3-462-05452-1
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Wunderbares Buch - 4 Sterne

Schon das Cover hat mich mit der Melancholie, das es ausstrahlt, angesprochen - dazu der ungewöhnlich lange Titel und der Klappentext: das alles ließ auf etwas ganz Besonderes schließen und ich wurde nicht enttäuscht. Die Geschichte über den Postboten Pedro, der darunter leidet, dass durch das Internet immer weniger Briefe verschickt werden und den dann auch noch seine große Liebe verlässt und den gemeinsamen Sohn mitnimmt, ist erzählerisch unglaublich gut gestaltet. Die Charaktere sind sehr lebendig und ich habe Pedro direkt ins Herz geschlossen und bin nur so durch die Seiten geflogen. Gut gefallen hat mir auch, wie Moritz Rinke historische Details eingebunden hat. Obwohl daneben auch viele ernsthafte Aspekte vorkommen, behält sich der Roman eine gewisse Leichtigkeit bei, die mich direkt in den Bann gezogen hat. Ein wirklich toller Roman, bei dem man auch darüber, was im Leben wichtig ist oder dieses ausmacht, nachdenken muss.
von melanie82 - 2021-09-15 16:20:00

Tatsächlich ein recht langatmiger Tag - 3 Sterne

Pedro ist Postbote auf Lanzarote. Doch schon lange besteht seine Hauptaufgabe nicht mehr im Austragen von Briefen, sondern vielmehr im Verteilen von Werbeprospekten, da kaum mehr jemand echte Korrespondenzen per Post führt. Um dennoch seinen Job behalten zu können, muss er den Schein wahren und mit seiner Dienst-Honda monatlich eine gewisse Streckenzahl zurücklegen, die er jedoch kaum erreichen würde, wenn er nur seinen normalen Arbeitsweg beim Postaustragen damit zurücklegen würde. Und so fährt er regelmäßig mehrmals die Woche zu seinem zig Kilometer entfernt gelegenen Lieblingscafé, holt seinen Sohn Miguel von der Schule ab und ist auch sonst recht viel mit ihm unterwegs. Doch dann trennt sich Pedros Freundin und Mutter seines Sohnes von ihm und zieht mit dem Kind fort. Pedro ist am Boden zerstört und fsst erst wieder Hoffnung, als er auf Amado, einen Flüchtling, trifft. Gemeinsam mit ihm und seinem Freund Tenaro setzt Pedro nun alles daran, Miguel wiederzusehen.

Während Pedro mit der zunehmenden Digitalisierung und dem Verlust seines Sohnes kämpft, erfährt man nebenbei eine ganze Menge über die Geschichte der Insel, die schön in die Geschichte eingeflochten sind. Pedro und die anderen Figuren waren mir sympathisch, hätten aber durchaus noch tiefgründiger gestaltet werden können. Das Gefühl, dass sie wirklich individuelle Persönlichkeiten sind, hatte ich beim Lesen nicht - sie waren mir insgesamt einfach zu flach.

So schnell ich am Anfang des Buches in die Geschichte hineingefunden habe, so schnell wurde meine Lesebegeisterung dann auch wieder ausgebremst: Ich fand die Geschichte über weite Strecken viel zu langatmig und ohne erkennbaren Spannungsbogen, viele Ereignisse erschienen mir wahlweise irrelevant für den Fortlauf der Geschichte oder waren merkwürdig überspitzt dargestellt. Für meinen Geschmack hätte hier deutlich gekürzt werden können. So fiel es mir leider recht schwer, wirklich dranzubleiben, weil die Geschichte so gemütlich vor sich hingedümpelt ist ohne je wirklich an Fahrt aufzunehmen.

Fazit: Eine nette, sommerliche Lektüre für zwischendurch, aber die Tiefe und das entscheidende Etwas haben mir definitiv gefehlt.
von Anna625 - 2021-09-12 17:57:00

Abenteuer eines Postboten auf Lanzarote - 5 Sterne

Pedro Fernández Gárcia lebt auf Lanzarote und übt einen Beruf aus, der in Zeiten von Internet kaum mehr gebraucht wird. Ein paar Postwurfsendungen, ein paar Rechnungen, Fachzeitschriften für einen deutschen Wissenschaftler und ein paar ganz wenige Briefe. Um seine Leistung nachzuweisen, muss er nur genügend tanken. Pedro hat seine Taktiken, fährt zum Kaffeetrinken ans andere Ende der Insel, hat in seinem Gartenhaus Kanister voller Benzin. Nachdem Carlota, die Mutter seines Sohnes Miguel viel arbeitet, kümmert Pedro sich um seinen Sohn. Er bringt ihn zur Schule, vergießt dabei ein paar Tränen, flirtet mit der Mutter einer Mitschülerin, holt ihn ab, macht mit ihm Hausaufgaben und hört ihm zu. Pedro liebt seinen Sohn. Damit und mit seinem Dasein als Postbote ist er zufrieden. Nicht so Carlota. Eines Tages ist sie einfach weg. Und hat Miguel mit sich nach Barcelona genommen, Anrufe werden abgelehnt, Pakete für Miguel zurückgeschickt. Pedro ist verzweifelt. In dieser Zeit unternimmt er wieder mehr mit Tenaro, einem Jugendfreund und arbeitslosen Fischer. Dieser versucht ihn zu trösten, abzulenken und für seine völlig irrwitzigen Projekte zu gewinnen. In Pedros Leben stolpert auch noch der Geflüchtete Amado, ein Professor für Spanisch, der aus seiner Heimat Equatorial Guinea geflohen war, eine weise, sehr schöne Figur, die für Hoffnung steht, aber auch dafür, wie in Europa Geflüchtete behandelt werden. Da hat Tenaro die zündende Idee: Sie überraschen Miguel in Barcelona, gehen mit ihm ins „El Clásico“ (Fußballmatch zwischen Barcelona und Madrid), erfüllen Miguels großen Traum Messi „in Echt“ zu sehen und nehmen ihn dann gleich mit zurück nach Lanzarote. Ob ihnen das gelingt?
Diese Geschichte bildet den Rahmen für einen sehr poetischen, sehr vielschichtigen Roman voller Menschlichkeit, Tragikomik, Situationskomik und auch Gesellschaftskritik. Es finden sich Filmzitate (Il Postino z.B., an den mich schon die Leseprobe erinnert hat), Rinke zeichnet zudem ein sehr gut beobachtetes Bild der spanischen Gesellschaft mit ihrer Spaltung aufgrund der bis heute nicht aufgearbeiteten Diktatur und das Buch ist eine Liebeserklärung an die wunderschöne Vulkaninsel Lanzarote.
Der Roman liest sich wie ein Film, unterhält, berührt und macht nachdenklich. Ein sehr schönes Buch!
von Petris - 2021-08-27 08:11:00

Die Abenteuer eines Postboten auf Lanzarote - 5 Sterne

Pedro Fernández Gárcia lebt auf Lanzarote und übt einen Beruf aus, der in Zeiten von Internet kaum mehr gebraucht wird. Ein paar Postwurfsendungen, ein paar Rechnungen, Fachzeitschriften für einen deutschen Wissenschaftler und ein paar ganz wenige Briefe. Um seine Leistung nachzuweisen, muss er nur genügend tanken. Pedro hat seine Taktiken, fährt zum Kaffeetrinken ans andere Ende der Insel, hat in seinem Gartenhaus Kanister voller Benzin. Nachdem Carlota, die Mutter seines Sohnes Miguel viel arbeitet, kümmert Pedro sich um seinen Sohn. Er bringt ihn zur Schule, vergießt dabei ein paar Tränen, flirtet mit der Mutter einer Mitschülerin, holt ihn ab, macht mit ihm Hausaufgaben und hört ihm zu. Pedro liebt seinen Sohn. Damit und mit seinem Dasein als Postbote ist er zufrieden. Nicht so Carlota. Eines Tages ist sie einfach weg. Und hat Miguel mit sich nach Barcelona genommen, Anrufe werden abgelehnt, Pakete für Miguel zurückgeschickt. Pedro ist verzweifelt. In dieser Zeit unternimmt er wieder mehr mit Tenaro, einem Jugendfreund und arbeitslosen Fischer. Dieser versucht ihn zu trösten, abzulenken und für seine völlig irrwitzigen Projekte zu gewinnen. In Pedros Leben stolpert auch noch der Geflüchtete Amado, ein Professor für Spanisch, der aus seiner Heimat Equatorial Guinea geflohen war, eine weise, sehr schöne Figur, die für Hoffnung steht, aber auch dafür, wie in Europa Geflüchtete behandelt werden. Da hat Tenaro die zündende Idee: Sie überraschen Miguel in Barcelona, gehen mit ihm ins „El Clásico“ (Fußballmatch zwischen Barcelona und Madrid), erfüllen Miguels großen Traum Messi „in Echt“ zu sehen und nehmen ihn dann gleich mit zurück nach Lanzarote. Ob ihnen das gelingt?
Diese Geschichte bildet den Rahmen für einen sehr poetischen, sehr vielschichtigen Roman voller Menschlichkeit, Tragikomik, Situationskomik und auch Gesellschaftskritik. Es finden sich Filmzitate (Il Postino z.B., an den mich schon die Leseprobe erinnert hat), Rinke zeichnet zudem ein sehr gut beobachtetes Bild der spanischen Gesellschaft mit ihrer Spaltung aufgrund der bis heute nicht aufgearbeiteten Diktatur und das Buch ist eine Liebeserklärung an die wunderschöne Vulkaninsel Lanzarote.
Der Roman liest sich wie ein Film, unterhält, berührt und macht nachdenklich. Ein sehr schönes Buch!
von Petris - 2021-08-27 08:09:00

Drei Männer, eine Insel, eine Idee mit Risiken - 5 Sterne

„Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García“ ist der zweite Roman aus der Feder von Moritz Rinke, der teilweise auch in Spanien lebt. Im Mittelpunkt steht Pedro, der seinen Job an das Internet peu á peu verliert, denn er ist Postbote auf Lanzarote. Er hängt sehr an seinem geliebten Job mit der Honda über die Insel zu düsen und die Post zu verteilen und er ist gut darin zu verschleiern, dass er kaum noch zu tun hat fährt dann gelegentlich die Nobelpreisträgerroute, die Café-con-Leche-Route und noch einige mehr. Nun ist er nicht nur seinen Job so gut wie los, auch seine Frau verlässt ihn und mit ihm sein geliebter Sohn Miguel.
Das gilt es zu verhindern und hier kommen zwei weitere Spezialisten der Insel auf die Bühne des Romans: Tenaro, dessen Vater ein bekannter Fischer war, aber er selbst mit halbseidenen Geschäften versucht einen Jackpot zu knacken und im Endeffekt ein arbeitsloser Fischer ist. Und dann ist da noch Amado, ein Gestrandeter, ohne Perspektive die Insel zu verlassen. Er ist in Freiheit und in Gefangenschaft zugleich. Und dieses Trio infernale will nun mit einem ungeheuren Plan den Pedros Sohn zu ihm holen.
Der Roman ist toll geschrieben, liest sich wunderbar. Es sind unzählige Referenzen und Themen, die angeschnitten werden. Für belesene Leser:innen und Menschen mit großem Wissensschatz eine wahre Freude, ich kann mir aber auch vorstellen, dass man bei weniger Hintergrund auch an mancher Stelle Informationen vermisst. Es kommt beispielsweise der spanische Bürgerkrieg vor, Saramango, Hemingway, die Flüchtlingswelle. Ich fand es toll wie das alles hier eingeflossen ist und hat mir besondere Freude beim Lesen bereitet.
DIE perfekte Urlaubslektüre, wenn man nach Lanzarote fliegen sollte, aber das ist sicherlich schon allen klar. Aber auch sonst ein sehr sehr lesenswerter Roman, kennt man die Insel schon oder auch nicht, denn sie wird ausführlich beschrieben.
Taucht ein und lasst euch von Wind und Sonne von den drei Chaoten nach Lanzarote in Gedanken mitreißen!
von nil_liest - 2021-08-22 19:00:00

Tragikomisch - 5 Sterne



Moritz Rinkes Debütroman , Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel, war schon ein Leseerlebnis. Deshalb wollte ich den neuen Roman „Der längste Tag im Leben des Pedro Fernandes Garcia“ auch unbedingt lesen.
Der Autor versteht es eine tragikomische Geschichte mit Sprachwitz zu einer guten Roman zu bringen.
Auf Lanzarote hat der Postbote Pedro in seinem Bezirk nicht mehr viel zu tun. Es gibt fast nur Werbeprospekte und Mahnungen.
Sein Lichtblick ist sein kleiner Sohn Miguel.
Dann verlässt ihn seine Partnerin mit dem Jungen, das ist für Pedro das schlimmste.
Mit seinem Freund Tenaro gibt es interessante Dialoge. Dem fallen immer wieder obskure Dinge ein. Er ist ein arbeitsloser Fischer, kommt aber mit aberwitzigen Ideen gut durch die Zeit.
Als plötzlich der Flüchtling Armoda in seiner Küche sitzt, ist das kuriose Team komplett.

Der Roman hat mich mit den vielen Wendungen und Aktionen total gut unterhalten.


von begine - 2021-08-19 10:47:00

Ein Buch voller Geschichten in der Geschichte - 5 Sterne


Ohne Lanzarote je gesehen zu haben, gewann ich durch das Buch einen unvergesslichen farbig-plastischen Eindruck von der Insel und seinen Bewohnern. Und dieser Eindruck blieb mir am meisten hängen vom Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

Der Postbote Pedro in Yaiza hat ein ruhiges Leben, denn das Internet hat ihn seiner eigentlichen Aufgabe entledigt. Wer schreibt heute noch Briefe? Also sortiert er Werbesendungen, trägt diese gewissenhaft aus, fährt regelmäßig mit seiner Honda quer über die Insel zum Nachweis seiner Geschäftigkeit, trinkt am Hafen Café con leche, bringt seinen Sohn Miguel zur Schule und holt ihn wieder ab. Er hat sich gut eingerichtet in diesem ruhigen Leben. Carlota, seine große Liebe, aber trennt sich von ihm, zieht nach Barcelona und nimmt Miguel mit. Pedro ist am Boden zerstört. Selbst sein ziemlich verrückter Freund Tenaro, angeblich mit Hemingway verwandt, schafft es nicht, ihn aufzuheitern. Bis Amado der Flüchtling auftaucht und die drei zusammen planen, Pedros Sohn Miguel zurückzuholen.

Was das Buch auszeichnet, neben seiner eindrücklichen Schilderung von Land und Leuten, ist seine Erzählfreude. Denn in die Handlung eingestreut sind viele weitere kleine Geschichten, Lebensgeschichten, aber auch politische Geschichten, komische Geschichten und Geschichten von Vulkanausbrüchen; eine Wundertüte an Tragikomik, deren Inhalt der Autor für uns ausbreitet. Aber es geht auch um den spanischen Bürgerkrieg und aktuelles Geschehen, es geht um die Schuldfrage und um das Thema Flucht, denn der Vergangenheit kann man nicht entfliehen. Glücklicherweise ist die ausufernde, weitschweifige Erzählweise niemals langweilig, im Gegenteil. Das Buch ist kurzweilig, wie das Leben selbst, heiter und traurig, ruhig und chaotisch und auch ein wenig weise.
von heinoko - 2021-08-10 10:45:00