Rezensionen

«Mir geht's gut, wenn nicht heute, dann morgen.»
Erika Freeman: Der Roman eines Jahrhundertlebens

Autor: Dirk Stermann

Erschienen 2023 bei Rowohlt, Hamburg
ISBN 978-3-498-00374-6
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MIr geht's gut, wenn nicht heute, dann morgen - 5 Sterne

„Ich tu nie das Erwartbare… Wenn sie sagen, etwas geht nicht, mache ich es erst recht. Was ist Nein für eine Antwort? Nein ist der Anfang von Ja."

Ich kann mich noch genau an die Folge von „Willkommen Österreich“ erinnern, in der Erika Freeman zu Gast war bei Stermann und Grissemann. Schon damals dachte ich: „Was für eine interessante Frau, ihr könnte man ja noch stundenlang zuhören.“
Zum Glück dachte sich Dirk Stermann das auch und begann, sich nach der Sendung – im Dezember 2019 – regelmäßig, Woche für Woche, immer mittwochs mit Erika Freeman zu treffen.
Und so sollte das Buch zunächst auch heißen – „Mittwochs Erika“ – „aber der Verlag meinte, das würde unseriös klingen, als hätte ich mittwochs einen fixen Termin bei einer Prostituierten.“
Diese Anekdote hat Erika zu schallendem Lachen gebracht, was wunderbar zu ihrem Motto passt: „Lach, es macht dich glücklich. Und wenn nix Lustiges kommt, lach auf Kredit.“

Im Herbst 2019 ist Erika Freeman wegen einer Herzoperation nach Wien gekommen; ihre Heimkehr nach New York wurde durch die Corona-Pandemie vereitelt, und so wohnt sie zum Zeitpunkt ihrer Treffen mit Dirk Stermann schon geraume Zeit und auch weiterhin im Hotel Imperial. „Meine Rache an Adolf Hitler. Er war nur einmal im Imperial. Ich wohne hier!“
Die Treffen mit Dirk beginnen immer auf die gleiche Art: Sie überreicht ihm ein Sackerl mit Shampoo, Seife und einem kleinen Imperialtörtchen – „Aus meinem Zimmer. Sie wechseln es jeden Tag. So eine Verschwendung.“ – dann schiebt er den Tisch näher zu ihr, es gibt für Erika eine bis zum Rand gefüllte Tasse Kaffee und zwei kleine Kipferl, und sie beginnt zu erzählen.

Zum Beispiel erzählt sie davon, wie es dazu kam, dass sie zuerst internationale Politik studiert hat, aber dann zur Psychologie und Psychoanalyse gewechselt hat. Sie, die fast ihr ganzes erwachsenes Leben lang als Psychoanalytikerin gearbeitet hat und auch jetzt, mit weit über 90 Jahren, immer noch einige Patienten hat, erzählt von ihren teils beruflichen, teils privaten Erlebnissen mit (zum Teil längst verstorbenen) Hollywoodgrößen wie Marilyn Monroe, Marlon Brando und Woody Allen oder von ihren Begegnungen mit Politikern wie Golda Meir und Jimmy Carter.
Sie erzählt, wie sie 1962 einen interkulturellen Lehrkurs zur psychologischen Stärkung und Unterstützung der New Yorker Polizei entwickelt hat und zur persönlichen Beraterin der Vereinten Nationen zur Förderung Jugendlicher in Entwicklungsländern wurde.
Sie erzählt davon, wie es kam, dass die Geschichte ihrer Mutter, die gegen alle Widerstände als Mädchen zum Hebräischstudium zugelassen wurde, als Film mit dem Titel „Yentl“ und Barbra Streisand in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Vor allem aber erzählt Erika Freeman aus ihrem Leben, das selbst aus einem Film stammen könnte – wie sie mit zwölf Jahren ganz allein aus Wien über die Niederlande in die USA geflüchtet ist und in New York bei entfernten Verwandten unterkam. „Ich habe sie von Anfang an genervt. Sie haben mich nicht gemocht und nicht verstanden… Ich habe da nur geschlafen, aber nicht mit ihnen gelebt.“
Und sie erzählt von dem mehr als unwahrscheinlichen Zufall, als sich ihr New Yorker Onkel und ihr totgeglaubter Vater, dessen Spur sich vor Kriegsende im Konzentrationslager Theresienstadt verloren hatte, eines Tages am Broadway über den Weg laufen. Beim Wiedersehen mit Erika lautet die erste Frage ihres Vaters (der auch sie für tot hielt): „Was liest du?“ Keine Floskeln, keine Umarmung, nur diese Frage.

Erika Freemans Leben und ihre Erzählungen sind wie ein Kaleidoskop; wenn man ein bisschen dreht, fällt wieder ein Schnipsel und ein völlig neues Muster entsteht.
Sie sagt selbst: „Ich beginne mit meiner Geschichte, und plötzlich meldet sich ein ganz neuer Gedanke.“
Und gerade das macht dieses Buch so lesenswert und so liebenswert.
Und der Titel – „Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen“ – passt perfekt, denn:
„Pessimismus ist keine Option.“
von Maxie Bantleon - 2024-01-22 15:27:22

Dieses Buch kriegt keinen Spiegel-Bestseller-Kleber, wir haben was Besseres! - 5 Sterne

Nämlich das äußerst selten vergebene „UNBEDINGT LESEN – PICKERL“ ! Und dieses Buch kriegt es, das Großformatige, in Gold, mit allerlei Glitzer und allem was sonst noch so auffällt.
Es ist so klug, voll Empathie, voll Weisheit, Witz und Charme und setzt einer der faszinierendsten Wieder-Österreicherinnen ein mehr als verdientes Denkmal - der mittlerweile 95 jährigen Erika Freeman.
12-Jährig musste Erika Freeman vor den Nazis fliehen, alleine mit dem Zug und Schiff, von Wien nach New York, sie wuchs in Waisenhäusern auf, wurde weltberühmte Psychoanalytikerin. Auf ihrer Couch lag halb Hollywood, von Barbara Streisand bis Liv Ullmann. Wen sie nicht kennt, der kann auch nicht wichtig sein. Und dann traf sie auch noch Dirk Sterman, die beiden sehen sich immer mittwochs, reden, und aus diesen Gesprächen und Erlebnissen macht der wiederum ein so wunderschönes Buch, das jegliche düstere Novemberlaune wegzaubert.
Ich würde über dieses Buch noch gerne so viel schreiben, allein der Platz reicht nicht, daher BITTE: Lesen Sie dieses Buch! Auch wenn Sie mit meinen Zeilen nix anfangen können, den Stermann vielleicht nicht mögen, dieses Buch wird Sie überzeugen und es tut einfach so richtig gut! Ein bissl Gossip von den richtig Berühmten, viele sehr kluge Gedanken einer faszinierenden Frau, ein Kaleidoskop aus historischen Schnipseln. Einfach ein Buch, das in so verwirrenden Zeiten unheimlich gut tut!
von Stephan Lauf - 2023-12-22 11:05:42

«Mir geht's gut, wenn nicht heute, dann morgen.» - 5 Sterne

„Willkommen Österreich“ – wer diese Sendung am 29.November 2019 geschaut hat, weiß bereits, um wen es in Stermanns neuem Roman geht, nämlich um die in Wien geborene Psychoanalytikerin Erika Freeman. Sie
ist mit 12 Jahren vor den Nazis in die USA geflohen und wurde dort die Therapeutin der Schönen, Reichen und Mächtigen. Man liest den neuen Roman Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen. von Dirk Stermann
ebenso gerne wie auch seine Vorgänger.
von Lena - 2023-11-29 11:35:01

Massel - 5 Sterne

Die besondere Lebensgeschichte einer faszinierenden Frau, gespickt mit Anekdoten aus ihrem Leben, die nie ihren Humor verloren hat. Kurzweilig und feinsinnig von Herrn Stermann erzählt.
von HEYNi Isabella Lehner - 2023-10-31 12:56:08

Dirk Stermann lernt die jüdische Psychoanalytikerin Erika Freeman in seiner Fernsehsendung kennen; seitdem verbindet die beiden eine enge Freundschaft. Ein großartiges Buch über eine faszinierende Frau! - 5 Sterne

von Monika Hörner - 2023-10-20 14:09:17