Rezensionen

Lichtjahre im Dunkel
Roman | Ein Wiedersehen mit Tabor Süden und Fariza Nasri

Autor: Friedrich Ani

Erschienen 2024 bei Suhrkamp
ISBN 978-3-518-43156-6
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komplexe Erzählung - 4 Sterne

komplexe Erzählung

Krimi, oder Roman? da bin ich mir nicht so ganz sicher, der erste Eindruck würde ja nach Krimi schreien, auch das Cover ist sehr düster. Aber auf dem Cover steht ja Roman angeführt, und nach dem Lesen würde ich sagen es ist eine Mischung zwischen Krimi und Gesellschaftsroman.

Hervorzuheben ist bei diesem Buch, dass es ein sehr tiefgehendes Buch mit vielen Handlungssträngen/-ebenen ist. Der Schreibstil ist sehr komplex - manchmal war es etwas schwieriger, den Gedanken des Autors zu folgen - teilweise etwas ermüdend. Also es handelt sich hierbei sicher um keinen typischen Krimi mit hohem Spannungsbogen, dessen sollte man sich bewusst sein. Cover und Titel lassen einen teilweise etwas anderes vermuten.

Das Buch ist durchwegs düster und regt einem zum Nachdenken an.
Mir hat diese Mischung, bzw. dass es kein typischer Krimi war, aber zugesagt.
von book_love - 2024-04-29 12:10:00

Ein gelungener Roman für Fans von Friedrich Ani - 3 Sterne

Das Schreibwarengeschäft von Viola Ahorn und ihrem Ehemann Leo hat schon bessere Zeiten gesehen. Das gilt auch für deren Ehe. Als Leo nach einem Besuch seiner Stammkneipe nicht nach Hause kommt, beauftragt seine Ehefrau erst nach fünf Tagen eine Detektei mit Nachforschungen, verzichtet aber auf eine Vermisstenanzeige bei der Polizei. Der ehemalige Polizist Tabor Süden beginnt auf seine ganz eigene, gewöhnungsbedürftige Art mit der Spurensuche. Als Leos Leiche gefunden wird, kreuzen sich die Wege von Tabor Süden und seiner ehemaligen Kollegin Fariza Nazri erneut, die jetzt für die Ermittlungen zuständig ist.

Friedrich Ani bleibt auch in dem neuesten Fall für Tabor Süden seinem gewohnten Schreibstil mit seinen ganz speziellen Wortschöpfungen treu: etwas sperrig und das Erzähltempo ist ausgesprochen entschleunigt. Die meisten Charaktere sind in irgendeiner Weise beschädigt und nicht sonderlich sympathisch. Hinter der Fassade verbergen sich Untiefen. Trotzdem entwickelt man ein gewisses Mitgefühl mit ihnen. Melancholie ist der treffendste Begriff für die über allem liegende Stimmung.

Auch dieser Roman um Tabor Süden wird polarisieren. Es handelt sich um keinen klassischen, auf Spannung, rasantes Tempo und fulminantem Finale angelegten Kriminalroman. Stattdessen bekommen Leser:innen einen anspruchsvollen literarischen Roman, in dem es auch um eine Ermittlung geht, die Aufklärung aber letzten Endes gar nicht so bedeutsam ist.
Wer sich darauf einlassen mag, für den ist Lichtjahre im Dunkel absolut empfehlenswert. Alle anderen werden vermutlich enttäuscht sein.
von bedard - 2024-04-11 16:31:00

Wiedersehen mit Tabor Süden - 3 Sterne


In München verschwindet eines Tages Leo Ahorn, der Besitzer eines Schreibwarenladens spurlos. Seine Frau erfindet im Bekanntenkreis Lügengeschichten, um die Abwesenheit ihres Mannes zu erklären. Sie will auf keinen Fall die Polizei einschalten und engagiert schließlich Privatdetektiv Tabor Süden, der vor allem die Ehefrau und die Stammgäste von Leos Lieblingskneipe befragt – lange ohne jeden Erfolg. Dann wird im Kofferraum eines teuren Autos eine männliche Leiche gefunden. Die Polizei ermittelt nun ebenfalls, und für den Leser gibt es eine Wiederbegegnung mit Oberkommissarin Fariza Nasri. Die Ehe der Ahorns war praktisch beendet, und der Laden stand kurz vor der Pleite. Leo hatte eine neue Geschäftsidee und suchte vor seinem Verschwinden unter den Kneipenbekanntschaften verzweifelt nach einem Geldgeber, vergeblich. Er wurde dort stark angetrunken bei seiner Bettelei oft so laut und aggressiv, dass die Angestellte Britta ihn vor die Tür setzen musste.
Im Laufe des Romans wird die Verbindung der Schicksale von vier Menschen immer deutlicher. Dazu gehört auch der Berliner Sandro Fels aus dem Rotlichtmilieu, der Leo und den Umzugsunternehmer Georg Kramer tagelang in München beobachtet. Wie die Schicksale dieser Männer und der Ehefrau Viola Ahorn zusammenhängen, wird im letzten Drittel des Romans enthüllt und schafft die einzigen Spannungsmomente in diesem Roman, der zu Recht auf dem Cover nicht als Krimi bezeichnet wird. Das reicht mir nicht. Mir war die Darstellung insgesamt zu breit und handlungsarm. Da kann auch die kurz beschriebene Liebesbeziehung zwischen Tabor Süden und Fariza Nasri nichts mehr retten. Ich kenne viele Romane des Autors, die mir wesentlich besser gefallen haben. Insofern war Anis neues Werk für mich eine Enttäuschung.
von cosmea - 2024-04-07 16:23:00

Schicksale - 4 Sterne

Friedrich Ani ist mir schon lange sehr bekannt, ebenso sein Ermittler mit dem ungewöhnlichen Namen, Tabor Süden. Dennoch meine ich, es ist mein erster Roman, den ich vom Autor gelesen habe. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass "Lichtjahre im Dunkel" eindeutig als Roman betitelt wird, nicht als Krimi. Dies sei zu erwähnen für alle, die Dauerspannung erwarten - die gibt es hier nur manchmal.

Im Grunde geht es darum, wer den Schreibwarenhändler Leo Ahorn, der eigentlich schon fast ausschließlich auf das Postgeschäft umgestellt hat, gesehen oder gar auf dem Gewissen hat. Der Schreibwarenhändler ist verschwunden, Tabor Süden ermittelt. Dabei taucht er tief ein ins Mileu und die verschiedenen Schicksale der Verdächtigen oder Personen, mit denen sich Ahorn umgab. Besonders das "Blaue Ecke" bietet hier viele Einblicke in die Schicksale der Verdächtigen.

Friedrich Ani schreibt einen Ermittlungsroman, der eher am Rande ein Kriminalroman ist. Das Verschwinden des Schreibwarenhändlers ist nur der Auslöser für den Fortgang des Romans. Den Schreibstil möchte ich als gehoben, als einzigartig beschreiben, der sich von der Masse abhebt. Es gibt aber auch viele sehr kurze Strukturen und eine saloppe Sprache, die nicht so ganz meins ist. Damit hebt sich dieser Roman aber von der Masse ab. Wenn auch einiges gewöhnungsbedürftig ist, so hat mir "Lichtjahre im Dunkel" sehr gut gefallen.
von signalhill - 2024-03-24 23:16:00

Anspruchsvoll - 3 Sterne


"Eines Morgens wachst du auf und kapierst, wo du bist und was aus dir geworden ist."

Nach sechs Jahren Pause nimmt der Privatdetektiv Tabor Süden nun schon im 22. Band der Reihe erneut die Suche nach einer vermissten Person auf.
Als ehemaliger Kriminalpolizist schaut er dabei genau hin; hört aufmerksam zu und erkennt vor allem zwischen den gesprochenen Sätzen das existenziell Wichtige, das das Leben eines jeden seiner Gesprächspartner ausmacht.

Willkommen im "Blauen Eck". Beim Bier treffen wir auf viele skurille, vom Leben gezeichnete interessante Charaktere, wie den verrätselten Olaf, den vewirrten Buddhisten in spe Claus, auch auf den Rollkragengitarristen Heiner und den Gedankensprüngler Georg.
Viele alltäglich scheinbar unscheinbare Personen, die ihren Platz im Leben irgendwo am Rand der Gesellschaft gefunden haben.
Menschen, die vermutlich erst durch ihr Verschwinden deutlich sichtbar würden.

Der Autor Friedrich Ani nutzt eine sehr sprachgewaltige und gleichzeitig auch bildhafte Ausdrucksweise. Die mitunter langen und mehrfach verschachtelten Sätze erfordern Konzentration und volle Aufmerksamkeit beim Lesen.
Die Dialoge kommen dabei allerdings fast nie auf den Punkt, sind bisweilen ausufernd und können auf Dauer sogar ermüdend sein. Das erkennt dann auch die Hauptkommissarin Fariza Nasri durchaus selbstkritisch: "Das ist doch kein sinnvolles Gespräch, was wir hier führen." Die Inhalte der Gespräche wirken zudem zunehmend redundant.
Diverse, recht humorvolle Wort- und Satzkonstruktionen sorgen dann doch für eine irgendwie unterhaltsame und bisweilen kurzweilige Lektüre.

Wer bereits andere Titel von Friedrich Ani gelesen hat, weiß natürlich, dass er hier keinen klassischen Kriminalroman erwarten darf. Die Handlung des Romans "Lichtjahre im Dunkel" bleibt allzeit überschaubar, Spannung oder gar dramatische Wendungen sucht man vergebens. Die Erzählung zieht sich oft zäh mäandernd dahin, die eigentliche Geschichte kommt dabei kaum voran.

Das Buch selbst ist sehr übersichtlich strukturiert und gliedert sich in fünf Teile mit insgesamt 79 überschaubar kurzen Kapiteln auf.

Leseempfehlung für alle, die es mögen, sich tiefgründig psychologisch mit den Menschen an sich zu beschäftigen.
von Arambol - 2024-03-18 09:04:00

Einfach Friedrich Ani - 4 Sterne

Einfach Friedrich Ani

Inhalt:
Der Münchner Privatdetektiv Tabor Süden erhält den Auftrag, den verschwundenen Ladenbesitzer Leo Ahorn zu suchen. Doch dessen Frau Viola, die Auftraggeberin, belügt ihn von Anfang an. Was bezweckt sie damit? Schon bald übernimmt die Kripo den Fall. Fariza Nasri löst Tabor Süden bei den Ermittlungen ab.

Meine Meinung:
Friedrich Ani besticht durch einen für Krimis außergewöhnlichen Schreibstil. Er ist gehoben, aber trotzdem leicht zu lesen. Ich liebe die eingebauten Wortspiele und Neuschöpfungen sowie die wenigen regionalen Ausdrücke, die Futter für das Kopfkino sind.

Ich freute mich über ein Wiedersehen mit Tabor Süden und Fariza Nasri, die ich beide sehr mag. Allerdings spielen sie über weite Strecken keine allzu große Rolle. Hier stehen dann die Ehefrau des Verschwundenen sowie ein Nachbar und ein unerwarteter Besucher im Vordergrund. Ihre Leben, ihre Gedanken, Wünsche und Hoffnungen werden detailliert beleuchtet. Dagegen tritt die Auflösung des Verbrechens fast schon in den Hintergrund. Mich störte dies keineswegs, denn die Story ist trotzdem unglaublich fesselnd und spannend. Der Autor konnte mich durch einige unerwartete Wendungen überraschen. Nur das Ende war mir ein wenig zu offen und wirr.

von Lilli33 - 2024-03-11 19:19:00