Rezensionen

Mutter Werden. Muuter Sein.
Autorinnen über die ärgste Sache der Welt

Autor: Diverse

Erschienen 2021 bei Leykam
ISBN 978-3-7011-8197-1
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Mutter werden. Mutter sein. - 5 Sterne

Brigitte Thaler, Buchhandlung Tyrolia:
Darf frau dieses Buch mit dem Untertitel "Autorinnen über die ärgste Sache der Welt" überhaupt gut finden? Ja, und wie! Denn Mutter zu werden und zu sein ist die einschneidenste Veränderung im Leben einer Frau - es beginnt eine neue Zeitrechnung. Und: Kinder verändern den Blick auf die Welt.

"Glück vermehrt sich durch Teilung. Manchmal durch Zellteilung." Wie passend beschreibt es Franziska Hauser, aber sie schreibt auch von den Entbehrungen, va als Mutter in der DDR. Ihrer Tochter wünscht sie, "dass sie ihre Kinder nicht aus Einsamkeit bekommt, sondern lieber aus übermütiger Verliebtheit und dem Bedürfnis, das Glück zu teilen." Sandra Gugic hofft auf einen Kompromiss zwischen altem und neuen Leben, sie kann die Drohung "Du wirst schon sehen ..." von anderen Müttern oder der eigenen nicht mehr hören und wartet sehnsüchtig auf die "Ablöse". "Bücher waren mein persönliches safety blanket, Sprache mein Versteck." „Das Schreiben ist eine Übung im Rabenmuttersein […]“. Warum haben - nicht nur - schreibende Mütter ein dermaßen schlechtes Gewissen, wenn sie ihrer Berufung nachgehen? „Wenn ich nicht schreibe, bin ich nichts“ heißt es an anderer Stelle. Welche Mutter kennt nicht die „Kinderzeitmanagementprobleme“?

Es werden die vielfältigsten Fragen thematisiert: Wie ergeht es erst Frauen, die Solo-Eltern werden möchten? Die traditionelle Kleinfamilie erodiert schon lange, trotzdem wird noch an diesem Idealbild festgehalten. Mütter geben alles, es scheint aber nie genug zu sein. Wenn es Schwierigkeiten gibt, warum wird es immer den Frauen angelastet, nie den Männern? Wie fühlen sich Frauen mit Kinderwunsch, wenn dieser nicht erfüllt werden kann? Und erst alleinerziehende Mütter?

Eine Geschichte erzählt vom Lockdown, währenddessen ganz selbstverständlich den Müttern alle Aufgaben aufgebürdet werden, eine andere von der Bedeutung des Muttertags.

Der Text von Helena Adler sticht sehr positiv heraus, denn ein Kind zu bekommen, vergleicht sie mit einem „evolutionären Hauptpreis“, einem Jackpot. Verena Stauffer schreibt: „Solange ich kein richtiges Haus habe, will ich meinen Kindern eines aus Buchstaben bauen.“

Das Buch endet mit dem Manifest der Mütter.: „Wir machen was, denn zu lange haben wir geschwiegen.“ Und dann wird über Seiten aufgezählt, was Mütter so machen: „Ich will nicht ständig auf die Uhr schauen müssen.“ „Ich will nicht backen.“ Wählt euch eine Aussage aus. Diese Schlussgeschichte hat mir am besten gefallen: „Mögen die weißen alten Männer vor einer Revolution der Mütter zittern. Die Mütter haben nichts zu verlieren als ihr Schweigen. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Ihre Kinder übrigens auch. Mütter aller Länder, vereinigt euch, singt.“
Mit diesen Sätzen endet dieses wirklich absolut lesenswerte Buch!
von Brigitte Thaler - 2022-02-28 16:44:41

Mutterschaft erleben - 3 Sterne

Auf 216 Seiten lässt Barbara Rieger verschiedene Frauen zum Thema Mutterschaft zu Wort kommen. Dabei handelt es sich vor allem um Autorinnen. Natürlich sind die Texte bei so vielen Autorinnen sehr verschieden, was das Buch auch interessant macht. Einige Texte fand ich wahnsinnig mitreissend und interessant, andere konnte ich nicht ganz verstehen oder nachvollziehen. Insgesamt sind die Texte überwiegend «negativ» geschrieben, zeigen also vor allem die schwierigen Seiten der Mutterschaft. Vielleicht könnte man auch sagen, die Texte sind realistisch. Sie sind jedoch so, dass man sich als kinderlose Frau am Ende nochmal fragt, ob man denn wirklich Kinder bekommen will oder sollte. Ich weiss nicht, ob das das Ziel des Buches war, aber tatsächlich werden eher die Schattenseiten der Mutterschaft beleuchtet. Dennoch fand ich das Buch interessant zu lesen.
von skiaddict7 - 2021-10-05 08:42:00

eine gute Mischung - 5 Sterne

Das Thema Mutter werden und Mutter sein beschäftigt natürlich vor allem Frauen, die dabei sind einer Mutter zu werden oder es schon sind. Zur zweiten Gruppe gehöre ich und mich hat der Titel und das Cover direkt angesprochen. In diesem Buch erzählen viele verschiedene Frauen ihre Geschichten und ihre Sichtweisen zum Mutter werden und Mutter sein und geben damit sehr viel Spielraum und Anreize für eigene Gedanken. Ich finde es toll, dass die Beiträge in dem Buch von so vielen unterschiedlichen Frauen verfasst wurden. Auch sind die Ansätze der Auseinandersetzung mit dem Thema teilweise grundlegend unterschiedlich, so dass es nicht langweilig wird. Deshalb konnte ich mich natürlich mit einigen Texten mehr und manchen weniger identifizieren. Doch genau deshalb finde ich dieses Buch so toll, da es so vielschichtig dieses Thema beleuchtet und nie langweilig wird.
von inya - 2021-08-14 23:20:00

Möglicherweise eine Streitschrift für das Recht Mutter zu sein - 5 Sterne

Bei dem Buch handelt es sich um eine Zusammenstellung von Beiträgen unterschiedlichster deutschsprachiger Autorinnen, die eines gemeinsam haben: Sie alle haben ein Kind (oder mehrere) zur Welt gebracht uns sich dann anschließend mit den positiven und negativen Seiten davon auseinandersetzen müssen. Uns so findet sich hier eine Bandbreite, hin von Kritik am gesellschaftlichen Bild der Familie bis zu Selbstreflexion des Kinderwunsches und was es bedeutet, Kinder in die Welt zu setzen.

Sprachlich befinden sich unter den Beiträgen der Autorinnen wahre sprachliche Schätze. Man wird mitgerissen, bildet sich eine eigene Meinung bzw. erweitert diese und kommt aus dem Lachen und Weinen nicht mehr heraus angesichts der schreienden Ungerechtigkeiten, mit denen sich Frauen, insbesondere Mütter in unserer scheinbar aufgeklärten Gesellschaft herumschlagen müssen und der herzerwärmenden Geschichten, wie die Autorinnen zusammen mit ihren Kindern über Grenzen hinausgewachsen sind.

Mich am meisten begeistern konnten letztendlich aber die schon fast streiterisch und aufrührerisch anmutenden Apelle an alle Mütter, Frauen, ja an die ganze Welt. Bei den schreienden Ungerechtigkeiten, die man leider viel zu schnell wieder aus seinem Kopf versucht zu verbannen, die hier aber eiskalt angesprochen werden, blieb mir als Mann, der es wagt, sich als Feminist zu bezeichnen, nichts anderes über, als mit ausgestreckter Faust und erhobener Fahne die Barrikaden zu erklimmen, im Kampf für die Gleichheit aller Menschen. Bei armutsgefährdeten Alleinerziehenden denen die Kinder wirklich wie ein Klotz am Bein erscheinen muss, den sie vom Staat umgeschnallt bekommen, selbstzufriedenen Männern, die es wagen, die Bedürfnisse der Frau nach Selbstbestimmung durch ihr familiär destruktiv erscheinendes Verhalten und den Vorurteilen, die man sich ausgesetzt sehen muss, nur weil man unter Schweiß, Blut und Tränen ein Kind aus seinem Leib herausgepresst hat, kommt einem letztendlich das essen wieder hoch und man fragt sich, was mit unserer Welt eigentlich falsch gelaufen ist. Der Appell, der hier im Buch verpackt ist, hat mich auf ganzer Ebene erreicht und gezeigt, dass es für den Kampf für die Mutter niemals zu spät ist. Alleine deswegen, dass dieses Buch mir gezeigt hat, was es heißt Mutter zu sein, kann ich es nur weiterempfehlen und möchte es schon fast jedem Mann, dem ich begegne in die Hände drücken. Ich bin Begeistert.
von MeinSohnPrinzAndreas - 2021-08-12 22:31:00