Rezensionen

Die Rotte
Ein Roman

Autor: Marcus Fischer

Erschienen 2022 bei Leykam
ISBN 978-3-7011-8251-0
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intensiv, mitreißend österreichisch - 5 Sterne

In einer beschaulichen Siedlung in den österreichischen Bergen kommt in den frühen 70ern ein Mann abhanden. Irgendwann wird er für tot erklärt und es liegt an dessen Tochter Elfie, den heimatlichen Hof zu übernehmen. dabei wird sie von allen Seiten bedrängt, von ihrer Mutter, dem Nachbarsbauern, der auf Elfies Grund aus ist, und vom Franz, der die Elfie heiraten möchte, denn so ein Bauernhof ist nichts für zwei alleinstehende Frauen. Die Stimmung wird immer aufgeheizter, und keine der kriegsführenden Parteien lässt etwas unversucht, um an ihr Ziel zu kommen.


Marcus Fischer schafft mit diesem Roman ein Charakter- und Sittenbild der ländlichen Regionen Österreichs. Eine düstere und kalte Atmosphäre, die einen permanent an mühselige Arbeit, pergamenten Nebel und Kälte denken lässt. Hinzu kommt noch, dass sich der Autor einer ungewöhnlichen Sprache bedient, die auf Außenstehende befremdlich wirken mag, in denen man sich als Österreicher jedoch recht schnell wiederfindet. Dabei hat das Ganze aber nicht von einem kitschigen Heimatfilm, der das Leben der Bergbauern romantisieren soll, sondern viel mehr mit der rohen Gewalt der Alpen und der 70er Jahre. denn neben dem Kampf um die Vorherrschaft und das Überleben in der kleinen Siedlung sieht man sich beim Lesen auch immer wieder mit Situationen konfrontiert, die der damaligen Wirklichkeit entsprachen, über die wir heute aber nur mehr die Köpfe schütteln sollten. Sei es Alkoholmissbrauch in weiten Teilen der Gesellschaft oder der Umgang mit psychischen Erkrankungen, aber auch Misshandlung von Mensch und Tier.


Diese kleinen Details am Rande erzeugen eine authentische und überzeugende Atmosphäre, in die sich der Kampf Elfies um ihren Hof einbettet. Dabei wird vom Autor gekonnt ein Spannungsbogen gezogen, der sich mit jedem der fünf Kapitel weitersteigert, bis hin zu einem Finale, das die einen die Luft anhalten lässt, bevor es einem in ein rundes und stimmiges Ende entlässt.


Was Marcus Fischer in meinen Augen aber besonders gut gelungen ist, ist die Ausgestaltung der unterschiedlichen Charaktere, den diese sind ganz Kinder ihrer Zeit und ihrer sozialen Stellung. So haben wir mit Elfie die eingeschüchterte Kleinbäuerin, die sich auf den ersten Blick alles gefallen lässt, in der dennoch ungeahnte Kräfte schlummern. Hinzu kommt eine Sammlung an weiteren Charakteren, die jede wie auf einem Schachfeld eine bestimmte Rolle einnimmt. So haben wir mit dem Firnbichler den typischen Provinzfürsten, der großspurig meint, dass sich jeder seiner Macht zu fügen habe, mit seiner Frau als manipulative Fürstenbraut an seiner Seite. Und viele mehr, sodass sich ein authentisches Konstrukt einer Dorfgesellschaft gibt, in dem man sehr gerne für Lesestunden versinkt.


Definitiv also ein Buch, dass die Gemüter erregt und einem an der Gerechtigkeit und am Verstand längst vergangener Tage zweifeln lässt.

von MeinSohnPrinzAndreas - 2022-11-02 15:06:00

Heimatroman einmal anders - 5 Sterne

Das Gefüge einer kleinen Bergsiedlung (Rotte) gerät ins Wanken, als der Vater von Elfi stirbt. Selbstmord sagt die Polizei, aber Elfi glaubt nicht so recht daran. Denn schon bald werden sie und ihre Mutter vom benachbarten Firnbichler Bauern gedrängt, den kleinen Dreikanter und das Seegrundstück zu verkaufen. Auch als Elfi den Franz - einen von unten aus dem Dorf - heiratet, kehrt nur kurz Ruhe ein. Elfi erkennt, dass sie ihren Weg alleine gehen muss, doch man macht es ihr nicht leicht...
Ein moderner Heimatroman, in ungewöhnlichem Erzählton, der aber perfekt zur Geschichte und Umgebung passt. Ein vielversprechendes Romandebüt eines österreichischen Autors.
von Alexander Kornell - 2022-10-04 13:36:15