Rezensionen

Trabant

Autor: Stefan Sommer

Erschienen 2024 bei Müller (Otto), Salzburg
ISBN 978-3-7013-1313-6
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Verwirrend - 2 Sterne

Georg Himmel scheint nicht so recht zu wissen, wieviel noch von ihm übrig bleibt, sollte sein Vater tatsächlich eine Affäre haben. Also verlässt er die Hochzeit seines besten Freundes, der nun anscheinend ohne seinen Trauzeugen heiraten muss. Die Fahrt von Kroatien nach München mit dem Auto ist wie ein wilder Ritt durch die Nacht. Alles verschwimmt miteinander, Realität und Erinnerungen, Himmel und Erde.
Doch so sehr Georg nach Antworten in seinen Erinnerungen sucht, warum die Eltern nicht die sein sollten für die er sie hält, so sehr verirrt er sich auch. Merkwürdige Begegnungen und entflohene Agenten in der Realität gleichen seinen umnachteten Erinnerungen. Die Geschichte ist mehr als merkwürdig.
Was ist das für ein junger Mann, der da aus der Bahn geworfen durch die Nacht irrt, auf der Suche nach seinem Vater und dem Riesenstern Beteigeuze? Das und was es mit seinen Eltern auf sich hat bleibt auch nach Ende des Buches unklar.
Es ist enttäuschend, kommt nach dieser irren Geschichte, in der nichts greifbar wird, aber nicht unerwartet. Hat man sich also bis zum Ende dieses kurzen Büchleins durchgerungen, so wird es auch beim Beenden des Buches nicht belohnt.
von Marianna T. - 2024-03-24 15:43:00

Schräge Fahrt durch die Nacht - 5 Sterne

Georg Himmel ist ein Verfolgter - ihn verfolgen Ängste, seine Erinnerung und die Frage, ob seine Eltern wirklich die sind, für die sie sich ausgeben. Während er sich in Kroatien auf dem Junggesellenabschied seines besten Freundes mental auf die Traurede vorbereitet, erhält er eine fehlgeleitete SMS seines Vaters. Hat dieser etwa eine Affäre? Oder was steckt sonst dahinter, dass er "Lisa" verspricht am nächsten Morgen am Münchner Flughafen zu sein? Der Gedankenkreisel scheint unaufhaltbar, deshalb macht sich Georg mit seinem alten Corsa auf nach München. Während der langen Fahrt durch die Nacht rekapituliert er sein Leben (und das seiner Eltern...).

Stefan Sommer nimmt uns in "Trabant" mit auf eine schräge Fahrt durch die Nacht. Sein Protagonist ist voller Selbstzweifel, nichts Schlimmeres gibt es für Georg Himmel als vor anderen Personen zu sprechen und doch kommt er immer wieder in Situationen, wo er genau dies tun muss - beispielsweise in seinem Job als Moderator im Planetarium. Während der langen Autofahrt beginnen immer wieder Gedankenkreisel, die sich entweder um seine Ängste drehen oder um sein bisheriges Leben - und das seiner Eltern. Alles wird hinterfragt, alles wird zerpflückt, alles könnte doch anders gewesen sein als gedacht. Wäre dies alles nicht schon erschöpfend genug, hat er allerhand schräge Begegnungen, die sein Ziel - den Münchner Flughafen - immer in weitere Ferne rücken. Stefan Sommer beschreibt Georg Himmel so schräg, so im Abseits stehend, dass er absolut authentisch wirkt - es ist ein Leichtes, sich in diese Figur mit all ihren Zweifeln und Ängsten hineinzuversetzen. Fest und unerschütterlich steht sein bester Freund (der Bräutigam) Vedad an seiner Seite, gibt ihm Halt und lässt Georg Georg sein - eine wunderbarer Blick auf eine wahre Freundschaft.

Manchmal flitzen die Gedanken so rasend schnell, dass es schwer ist mitzuhalten. Georgs Gefühlswelt wird eindringlich geschildert, sodass alles was er tut und denkt Sinn macht. Interessant ist die abwechselnde Erzählweise - einerseits befindet sich Georg in der Gegenwart, der Nacht in der allerhand Ungewöhnliches passiert - andererseits geben Rückblicke auf sein Leben Aufschluss darüber, weshalb er wohl so ist wie er ist. Seine Eltern scheinen aufopferungsvoll zu sein, haben ihn stets gestützt, auch wenn sie seine Unsicherheiten nicht ganz nachvollziehen können. Die vielen Umzüge in seiner Kindheit machten Georg zu schaffen, nur die Verbindung zu den Eltern scheinen ihn retten zu können. Damals und heute träumt er sich immer wieder ganz weit weg, indem er in die Sterne schaut und (gemeinsam mit seinem Vater) einer Supernova nachgeht.

Man fiebert mit - was passiert noch alles auf seinem Weg? Wird er sein Ziel erreichen und was erwartet ihn dann? Der Spannungsbogen wird von Seite zu Seite straffer gespannt. Bis das Ende dann kommt und mich ratlos zurücklässt. Ich frage mich, hab ich denn hier irgendetwas verstanden? Und genau das vollendet das Buch so, wie es nicht anders vollendet werden kann. Mit vielen Fragezeichen und noch mehr Ausrufezeichen.
von Kwinsu - 2024-02-29 00:08:00

leider nicht so meins - 2 Sterne

Das Cover des Buches hat mir recht gut gefallen und es hat mich angesprochen. Deshalb wollte ich dieses Buch lesen. Doch es war von Anfang an sehr schwer für mich in diese Geschichte hineinzukommen. Denn sie ist in meinen Augen sehr verwirrend geschrieben und der Autor springt hin und her und man muss sich sehr konzentrieren. Auch die Geschichte an sich hat mich leider nicht so mitgerissen. Es geht um einen jungen Mann der gerade auf einer Hochzeit ist und dann versehentlich eine SMS von seinem Vater erhält und sich nun auf den Weg macht, um seine Familie zu retten. Dabei driftet er immer wieder ab in seine Erinnerungen an seine Kindheit und Eltern. Ich habe es zwar verstanden wohin die Reise dieses Buches gehen soll, aber leider konnten mich der Schreibstil und der Inhalt der Geschichte nicht überzeugen. Ich würde es nicht noch einmal lesen wollen.
von v_im_wunderland - 2024-02-27 12:19:00

Ein herrlicher Roadtrip durch Ängste, Sorgen, Paranoia eines jungen Lebens. - 5 Sterne

Georg Himmel hatte eine Urangst – er tat sich schwer, vor Menschen zu sprechen. Ein Handicap, welches ihm besonders in der Schule sehr zur Last fiel. Mündliche Prüfungen waren für ihn, obwohl er alles wusste, der Horror.
Er hatte sich trotzdem überreden lassen, als Trauzeuge seines besten Freundes Vedad eine Rede zu halten. Diese war natürlich glänzend vorbeireitet, aber dennoch …
Die Vorbereitungen für die Hochzeit in einem Nobelhotel in Istrien waren im Gange, als Georg eine dubiose SMS seines Vaters erhielt, gerichtet an eine Lisa. Hatte Georg die Nachricht versehentlich bekommen? Ist sein Vater schon auf dem Weg von Madeira nach München? Alles deutete auf eine Affäre hin, so interpretierte es Georg.
Kurzentschlossen setzte er sich in seinen alten Corsa (ein Fahrzeug mit Geschichte) und begab sich auf eine Roadtrip Richtung Norden. Er wollte seinen Vater am Flughafen abfangen um die Ehe seiner Eltern zu retten.
Während der Fahrt durch die Nacht, mit verschiedenen Aufenthalten an Raststationen oder ihrem alten Ferienhaus, sowie auf Umleitungen, hatte Georg viel Zeit, nachzudenken.
Er stellte alles in Frage, was er kannte. Seine Eltern, sich selbst, das ganze Leben. In Rückblenden erzählt uns der Autor von Georgs Familie, von seinem Aufwachsen, den ständig wechselnden Wohnorten, seinen Urängsten, oder auch von seiner Liebe zum Weltall.
Waren seine Eltern wirklich die, für die er sie hielt? Ist deren Ehe wirklich zerbrochen? Selbst ein Anruf bei seiner Mutter, die ja anscheinend mit ihrem Mann auf Madeira im Urlaub verweilte, sorgte nicht für die erhoffte Erleichterung. Was, wenn sie etwas verschwieg?
Mit Bangen, Hoffen, Gewissensbissen und allerlei sonstigen Gedanken fuhr Georg weiter Richtung Norden, um Gewissheit zu erhalten.
Die halbe Nacht hindurch telefonierte er mit Vedad, der zwar Verständnis für Georg aufbrachte, aber trotzdem nicht gerade erfreut über dessen Verschwinden war. Zumal die Trauringe (sehr teuer) bei Georg waren.
Der Autor spielt mit skurrilen Momenten, manchmal humorvoll, dann wieder mit den vollen, schweren Gedanken seines Protagonisten. Es gibt Momenten, da möchte man Georg beim Lesen zurufen: keep calm, du Chaot. Und dann bekommt man wieder so etwas wie Mitleid, weil er so „verfahren“ wirkte und selbst nur Fahrgast seiner Paranoia, Ängste und Zweifel war.
Es war ein außerordentlich feines Lesevergnügen, Georg durch diese Nacht zu begleiten. Und so gebe ich sehr gerne eine absolute Leseempfehlung für diesen herrlichen Roman.
von MarcoL - 2024-02-24 13:57:00

Berührend - 3 Sterne

Viele Fragen quälen Georg Himmel, als er sich nach einigen äußerst seltsamen SMS im Corsa seiner Mutter auf den Weg macht, um vorerst zumindest seinen Vater zu suchen. Gerade dient er seinem besten Freund in Istrien als Treuzeuge, als er die – vielleicht irregeleiteten Nachrichten – empfängt. Ihn überfallen Ängste und Erinnerungen, positive und negative, Sorge um die Ehe seiner Eltern, Vaters Gesundheit. Realität mischt sich mit Vermutungen und Befürchtungen. Welchen Täuschungen ist er in der Vergangenheit unterlegen? Von einer Autobahnraststätte zur nächsten geht es, man könnte das Werk ein Roadmovie quer durch Europa nennen.
À propos Himmel: Der Familienname wurde wohl nicht einfach so vom Autor gewählt, denn der Hauptprotagonist interessiert sich sehr für den nächtlichen Himmel und die sichtbaren Gestirne.
Ich muss gestehen, dass ich lange nicht so recht in den Roman hineinfand. Auch die Spannung baute sich für mich noch nicht von Anfang an auf. Dann jedoch hielt sie mich in Atem. Mir gefällt der Erzählton, die fließende, später stürmisch tosende Sprache bis zum überraschenden Ende. Naja, gar so überraschend ist die Auflösung eigentlich nicht, hat Georg doch bereits geahnt, was der Grund für das Verschwinden des Vaters und die Fröhlichkeit in der Stimme seiner Mutter bedeuten.
Ein ernsthafter Text, tief gehend, der bestimmt seine Leser findet, wenn es auch kaum die breite Masse sein wird. Denn bereits die Covergestaltung lockt nicht gerade die Blicke auf sich.
von Emmmbeee - 2024-02-17 14:18:00

für mich zu verwirrend - 2 Sterne

Dieses Buch handelt von Georg der versucht seine Familie zu retten, dies denkt er zumindest. Und so steigt er in seinen Opel Corsa und nimmt eine etwas irrsinnige Fahrt auf sich. Das Cover hat mir eigentlich recht gut gefallen und so habe ich mit dem Buch begonnen. Doch für mich war es sehr schwer in dieses Buch hineinzufinden, da die Zeitsprünge und Gedankengänge, sowie die Handlungen an sich eher verwirrend und mir nicht ganz schlüssig sind. Man erfährt viel über Georg, aber so richtig zur Handlung des Buches tragen diese Informationen nicht bei. Erschwerend kam für mich hinzu, dass das Buch so klein und kompakt ist und mit der Schriftgröße auch ein wenig gespart wurde, so dass mir allein durch die Gestaltung des Buches es mir schwer viel, dieses zu lesen. Normalweise störe ich mich nicht an solchen Dingen, aber bei diesem Buch hat es mich leider auch gestört. Es ist ambitioniert und sicher auch recht spannend für den ein oder anderen Leser, für mich leider nicht.
von inya - 2024-02-17 10:13:00

Überraschend – über das Leben & Familie - 4 Sterne

„Trabant“ ist das Debüt des in München lebenden Autors Stefan Sommer.

Georg Himmel ist gerade als Trauzeuge seines besten Freundes in Kroatien. Dort erhält er eine verwirrende SMS seines Vaters. Diese ist eigentlich an eine Lisa gerichtet und klingt als ob sein Vater eine Affäre hätte. Kurzentschlossen begibt sich Georg mit seinem alten Corsa zum Münchener Flughafen. Es folgt eine unglaubliche Reise von Istrien nach München und quer durch Georges Erinnerungen.

Der Schreibstil von Stefan Sommer liest sich leicht, obwohl mir nicht immer ganz klar war, welche Erinnerungen wirklich real oder Hirngespinste sind.
Mit Georg hat er einen authentischen und auch durchaus sympathischen Protagonisten erschaffen. Er zweifelt, wirkt hilflos, hat Ängste, merkt, dass er seine Eltern scheinbar gar nicht so gut kennt wie er dachte. Dem Autor ist es hier gelungen einen interessanten Charakter facettenreich und überzeugend darzustellen.

Die Ereignisse sind ein wenig skurril, keineswegs vorhersehbar, überraschend und unterhaltsam. Georges Reise beinhaltet durch seine Erinnerungen und Gedanken so viel mehr als ich zunächst erwartet hatte. Da sind Unglaube, Hoffnung, Ärger, Wut, Abwarten und vieles mehr, bis es letztendlich zu einem durchaus überraschendem aber sehr gelungenem Ende kommt.
von Tara - 2024-02-13 22:17:00