Rezensionen

Für-Bitten
Verstehen - verfassen - vortragen

Autor: Liborius O. Lumma

Erschienen 2018 bei Tyrolia
ISBN 978-3-7022-3681-6
Rezension verfassen

25 Schritte zur Fürbitte - 5 Sterne

Für-Bitten (verstehen.verfassen.vortragen) ist ein Praxisbuch für alle, die mit dem Formulieren und Gestalten von Fürbitten oft, immer wieder oder auch nur ab und zu beschäftigt sind. Dabei liegt die Stärke dieses 136 Seiten starken Werks nicht nur in der Praxisnähe und der laufend aufbauenden Übungen, die zwischendurch immer wieder für Auflockerung sorgen und zum Mitdenken und Kreativ-Werden motivieren, sondern auch in den profunden, aber gut verständlichen theologischen Erklärungen, die stringent aufzeigen, was (nach Auffassung des Autors) Fürbitten (nicht) sind und wie sie idealerweise auszuschauen haben. Dabei ist der Text gespickt mit Tipps, aber auch Humor und Augenzwinkern, was das Lesen erleichtert und an manchen Stellen zum Genuss macht.
Das Buch ist optisch einerseits schlicht, aber durch die konsequente Verwendung nur eines Blautons für Überschriften, Zitaten und als Unterlegung von Beispielen für das Auge angenehm klar gegliedert. So komme ich auch schon zur Gliederung, die nicht (wie man es sonst gewohnt ist) aus Kapiteln und evtl. Unterkapiteln besteht, sondern aus insgesamt 25 Schritten (exklusive Vor- und Nachwort), die darauf abzielen der Leserschaft die Kompetenz zu vermitteln, selbstständig und für die jeweilige Situation angepasst Fürbitten zu schreiben. Die Vielzahl der Schritte scheint mir nicht gerade ideal als Praxishilfe (und deshalb hat man ja wahrscheinlich das Wort „Schritt“ gewählt), denn hier wird dann eben nicht unterschieden zwischen einem theoretischen Input, einer praktischen Schlussfolgerung, Übungen oder Beispielen, was durch eine abgestufte Gliederung vielleicht besser möglich gewesen wäre. Das tut aber der Qualität und dem möglichen Einsatz des Buches keinen Abbruch und steht einer Kaufempfehlung nicht entgegen.
Hier wiegt vielleicht ein inhaltlicher Vorbehalt mehr: Liborius Olaf Lumma, Liturgiewissenschaftler an der kath.theol. Fakultät Innsbruck, macht sich stark dafür, die gebräuchliche Sicht auf die Fürbitten zu ändern: Er erarbeitet aus zwei wichtigen Quellen für das Fürbittgebet (Große Karfreitagsfürbitten und Friedensektenie) den Standpunkt, dass die sogenannten Fürbitten nicht das eigentliche Gebet der Gemeinde sind, sondern (nur) der Gebetsaufruf bzw. die Einladung zum Gebet für ein bestimmtes Anliegen. So sind dann auch erst die Stille bzw. der (Kyrie-)Ruf danach das „Allgemeine Gebet“. Diese Sichtweise macht dann aber auch die übliche Aufteilung der Bitten auf verschiedene Menschen aus der Gemeinde obsolet oder sogar widersinnig. Ob sich diese Sichtweise und neue mögliche Praxis durchsetzen wird, bleibt m.E. fraglich – auch weil man theologisch sicher auch gute Gründe dafür bringen kann, dass gerade das stellvertretende Vorlesen der Bitten durch Mitglieder der Gemeinde das Beten und das Mitfeiern der anwesenden Menschen sichtbar macht und es eher als Rückschritt gewertet werden kann, wenn Aufgaben wieder zurück von den Laien an den Klerus gehen.
Andererseits hilft dieser frische neue Blick auf das Thema Fürbitten, manchen (altbekannten) Fehler (Moralisierung, Vereinnahmung etc.) ganz bewusst aus dem Weg zu gehen und selbstbewusst kurze und prägnante Für-Bitten zu formulieren, bei denen das „Wofür“ ausreicht, und Fürbitte sogar Gebet und Aufruf dazu gleichzeitig sein kann.
Fazit: Interessantes und topaktuelles Buch für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen!
von Christoph Huber - 2018-07-04 10:23:00

Gehalt, Gestalt und Gestaltung der Fürbitten - 5 Sterne

Nach Einführungen in die Liturgie und in die Tagzeitenfeier hat Liborius Olaf Lumma erneut eine Veröffentlichung vorgelegt, die den Spagat schafft, theologisch fundiert, leicht verständlich und praxisnah zu sein. Nun hat er sich also den Fürbitten – genauer gesagt: dem allgemeinen Gebet – zugewendet. Dass ihm dieser Teil gottesdienstlicher Feiern besonders am Herzen liegt, wird an den anderen drei Fürbittbüchern deutlich, die er bereits veröffentlicht hat. Enthalten diese vor allem ausformulierten Vorschläge, geht es ihm nun um Gehalt und Gestalt(ung) von Fürbitten.
Lumma erklärt in einem ersten Teil die Ursprünge des Fürbittgebets anhand der großen Fürbitten der Karfreitagsliturgie und der Friedensektenie der ostkirchlichen Tradition. Davon ausgehend analysiert er die Struktur, die Rollenverteilung und die Bedeutung in der heutigen Liturgie.
Ein großes Anliegen ist es ihm, den Leser*innen zu zeigen, wie man mit einfachen Mitteln gehaltvolle, theologisch reflektierte, und gleichzeitig aktuelle Fürbitten verfassen kann. So plädiert er eindringlich dafür, die vorgegebenen Intentionen (Kirche, Regierende, Notleidende, Gemeinde) als Orientierung beizubehalten und nur bei guten Gründen davon abzuweichen. Des Weiteren zeigt er plausibel, weshalb es immer besser ist, sich darauf zu beschränken „für“ jemanden anstatt „um“ etwas zu beten. Dies begründet er theologisch: Für jemanden zu beten – auch für Menschen, mit denen man sich schwer tut – ist der (manchmal auch provokante) Auftrag des Christseins. Um etwas zu beten erweckt jedoch sehr schnell den Eindruck, man selbst wüsste, was Gottes Wille sei oder sein sollte. Und genau deshalb ist bei „Für“-Bitten in diesem Sinne die Zustimmung der betenden Gemeinde – und Fürbitten müssen diesem Anspruch genügen – gewährleistet.
Es handelt sich um ein Werkbuch. Das wird an den verschiedenen Übungsabschnitten deutlich, bei denen die Leser*innen aufgefordert werden, das eben Vorgestellte selbst zu probieren. Dazu nennt er erst eigene Beispiele, liefert dann Anlässe oder Halbsätze, die ergänzt werden sollen, und schließlich fordert er zu ganz selbstständigen Formulierungsversuchen auf.
Dieser Übungscharakter wird unterstützt durch den Abschluss des Buches, wo Lumma Fürbitten zu wenigen ausgewählten Anlässen aus seinen Fürbittbüchern vorstellt und seine Überlegungen dazu preisgibt. Dadurch wird es transparent, wie man abgestuft an Festlichkeit und thematisch zu den gefeierten Festen passend entsprechende Fürbitten formulieren kann.
In jeder Hinsicht ist dieses Buch ein großer Gewinn für Verantwortliche in der Gestaltung von Gottesdiensten – seien es Geistliche, Laien, Interessierte oder Theolog*innen. Wer dieses Buch gelesen hat, wird Fürbitten fortan anders verstehen, verfassen und vortragen.
von Helu - 2018-06-20 15:24:00