Rezensionen

Das Irrenhaus
Roman

Autor: Michael Krüger

Erschienen 2017 bei Haymon Verlag
ISBN 978-3-7099-7252-6
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Der Wahnsinnige unter den Irren... - 4 Sterne

Wir kennen sie alle, unsere lieben Nachbarn... Insgeheim sind doch alle ein bisschen irre. Aber das ist kein Vergleich zu dem, was den namenlosen Ich-Erzähler in Michael Krügers Roman erwartet!

Die Figuren scheinen Harold Pinters absurden Theaterstücken entsprungen zu sein: Da wittert der eine ein Riesengeschäft, indem er Friedhöfe zu Baugrund umwidmen und die Verstorbenen in kleinen Döschen in Kreisverkehr-Inseln einbuddeln will.
Da opfert der ehrgeizig-verzweifelte Derivatehändler sprichwörtlich seine eigene Haut, um den großen Deal zu landen.

Und dazwischen schwankt unsicher unser Protagonist, der sich über seine eigene Identität nicht im Klaren ist - und auch mal eine andere annimmt.

Absurd, schräg und (bis auf die etwas überbordenden Zitate) toll erzählt!
von Katharina Huchler - 2018-08-23 12:48:00

»Ich bin freier Philosoph.« - 4 Sterne

»Das Irrenhaus« war mein erstes Buch von Michael Krüger und ich muss gestehen, dass ich vom Autor bisher auch noch nichts gehört habe. Glücklicherweise durfte ich hiermit nun eine Geschichte lesen, die mich einerseits gut unterhalten und andererseits zum Philosophieren gebracht hat.

Der (namenlose) Protagonist ist eher ein Mensch der einsamen Sorte, verbringt viel Zeit alleine, stellt sich die eine oder andere tiefsinnige Frage über das Leben und beschäftigt sich, zumindest am Anfang noch, ganz bewusst mit dem Thema Langeweile bzw. inwiefern man selbige aushält ...
In seinem Alleinsein bleibt natürlich viel Raum für Gedanken - tiefsinnige, aber zum Teil auch überflüssige und irre. Wobei man sagen muss, dass der eine oder andere wahnwitzige Gedanke bestimmt durch die Umgebung und die Leute in seinem Umfeld beflügelt wurde.

~ Ein Leergelassensein von der Welt, das wollte ich erreichen. ~
(S. 7)

Jedenfalls hat man schnell gemerkt, dass das Haus, das der Protagonist geerbt hat, nicht ganz das ist, was er erwartet hat. Es ist aufgefallen, dass die Bewohner - ausnahmslos alle - irgendwie einen an der Waffel haben. Jetzt könnte man vermuten, dass die Geschichte um den Ex-Archivar doch sicher recht amüsant zu lesen war! Das stimmt, war sie auch - zumindest zu großen Teilen. Die Bewohner waren allesamt eigenartige Vögel, der Schriftsteller, in dessen Wohnung der Protagonist nun wohnt, war ein in meinen Augen ganz besonders irres Exemplar. Es verwundert nicht, dass man in so einer Umgebung, und wenn man dann auch noch meint, man müsse das Leben des Vormieters führen, selbst ein wenig dem Wahnsinn verfällt.

~ Wir laufen alle in die Irre, dachte ich, aber wenn der einzige Unterschlupf für alle Irrenden mein Haus sein sollte, dann ist es ein Irrenhaus. ~
(S. 128)

Geschrieben ist »Das Irrenhaus« auf jeden Fall recht anspruchsvoll, also in einer gehobeneren Sprache und unter anderem auch in langen, verschachtelten Sätzen, mit denen ich manchmal meine Mühe hatte. Gefallen hat mir aber vor allem genau das: der Schreibstil, der wirklich volle Aufmerksamkeit erfordert hat.
Die Handlung fand ich manches Mal leider etwas zäh, nichtsdestotrotz wurde sie durch zeitweilige witzige Szenen und Gespräche aufgepeppt und zum Ende hin entstand sogar noch richtig Psycho-Spannung, denn da schien es, als würde der Protagonist um sein Leben bangen müssen ...

Liebhabern der gehobeneren Literatur und die Tiefsinnigkeit, aber auch ein wenig Witz und Spannung zu schätzen wissen, ist dieses Buch auf jeden Fall zu empfehlen.
von Janine2610 - 2016-12-28 15:23:00

Der Wahnsinnige unter den Irren... - 4 Sterne

Wir kennen sie alle, unsere lieben Nachbarn... Insgeheim sind doch alle ein bisschen irre. Aber das ist kein Vergleich zu dem, was den namenlosen Ich-Erzähler in Michael Krügers Roman erwartet!

Die Figuren scheinen Harold Pinters absurden Theaterstücken entsprungen zu sein: Da wittert der eine ein Riesengeschäft, indem er Friedhöfe zu Baugrund umwidmen und die Verstorbenen in kleinen Döschen in Kreisverkehr-Inseln einbuddeln will.
Da opfert der ehrgeizig-verzweifelte Derivatehändler sprichwörtlich seine eigene Haut, um den großen Deal zu landen.

Und dazwischen schwankt unsicher unser Protagonist, der sich über seine eigene Identität nicht im Klaren ist - und auch mal eine andere annimmt.

Absurd, schräg und (bis auf die etwas überbordenden Zitate) toll erzählt!
von MMag. Katharina Huchler - 2016-08-16 14:24:00

Das Irrenhaus - 5 Sterne

Die meisten Romane vom ehemaligen Hanser Chef Michael Krüger habem mich eher traurig gestimmt, doch bei diesem ist die Thematik etwas leichter: Ein Mann erbt ein Haus, indem er sich dann selber einmietet, ohne sich als Besitzer zu erkennen zu geben. Er selbst hängt seinen Job an den Nagel und wird zum Beobachter, der alles in Frage stellt. Die Bewohner des Mietshauses haben so ihre Eigenheiten und mit ironischer Distanz und mit einem Augenzwinkern beschreibt Krüger dieses skurile Haus. Mit einfachen Tricks verdreht er die Welt, plötzlich hat man als Leser den Eindruck, dass seine Erinnerungen nicht auf Tatsachen festzumachen sind.
von Barbara Kumpitsch - 2016-08-01 14:13:00