Rezensionen

22 Bahnen
Roman | Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels 2023

Autor: Caroline Wahl

Erschienen 2023 bei DuMont Buchverlag
ISBN 978-3-8321-6803-2
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Nachwuchsautorin Wahl - 4 Sterne

Das Buch '22 Bahnen' von Caroline Wahl hat mich - der Sprache des Buches angepasst - geflashed. Der Schreibstil der Autorin ist (für mich) neu, anders, erfrischend, bemerkenswert. In ihrem jungen Alter schafft sie es unglaublich feinfühlig und sensibel die Familiengeschichte, die Emotionen und Charaktere der Personen zu erzählen.

Leichte Kritik muss ich allerdings an der Figur Ida, die 11 jährige kleine Schwester, üben. Teils werden ihr Worte und Taten zugeschrieben, die ich für ein so junges Mädchen unpassend finde. Außerdem ist die schnelle Weiterentwicklung des Charakters umplausibel, sowie hätte ich mir etwas mehr Tiefgründigkeit bezogen auf die Mutter gewünscht.

Ein kurzes Buch, welches man dennoch gelesen haben sollte. Parallel zum Lesen diesen Romans ist die Fortsetzung erschienen und ich freue mich bereits darauf, Idas Geschichte weiterzuverfolgen.

Von meiner Seite aus eine klare Leseempfehlung.
von lesespitz - 2024-05-03 21:49:00

Kein Titel - 5 Sterne

von Rebecca - 2024-04-17 10:33:00

Sommerlich aber sonst... - 3 Sterne

Ich wollte mir etwas Entspannendes für den Sommer lesen und ich habe mich für diesen Debütroman von Caroline Wahl entschieden – als Buchhändlerin, wollte ich auch wissen worum das Hype in Booktok ging. Ich muss leider sagen, dass ich ziemlich enttäuscht war. Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Tilda, die sich um ihre Alkoholkrank Mutter und ihre Schwester Ida kümmern muss. Tilda pendelt immer hin und her zwischen Heim bleiben, im Supermarkt arbeiten um ihre Familie finanziell helfen, und nach Berlin zu ziehen um ihre geliebte Mathe Studium weiter zu verfolgen. Schweres Thema, das so viele interessante Gelegenheiten hat eine starke Nachricht zu teilen, aber meine Meinung nach, geschattet bei den verschiede Liebesgeschichten. Ich habe der Figur von Marlene – Tildas „beste Freundin“ so blank und fade gefunden, auch wenn sie die entsprechende perfekte Familie hat. Die Wolkov (arme Wolf… ) Familie, mit ihrem tragischen Schicksal, bringt leider die Erwartete Traurigkeit und Dunkelheit in Viktor nicht. Er war mir einfach langweilig. Ida ist vielleicht der besten Figur diesem Buch – sie entwickelt sich, sie ist lustig, intelligent und ich habe sie mehrmals umarmen wollen.

Ich habe auch probiert die Idee hinter den 22/23 Bahnen zu verstehen, finde es aber ein bisschen schwach. Tilda schwimmt 22 Bahnen, aber 23 oder mehr wenn sie unsicher ist. Viktor schwimmt 23, und Tilda beobachtet ihn jedes Mal. Sie lernen sich am Schwimmbad kennen, und ich schätze deswegen ist der Roman so genannt worden. Ich glaube aber nicht, dass der Roman um Viktor/Tilda geht, sondern um Coming-of-Age, Verantwortungen, Familienkonflikte und Psychische Krankheiten. Viktor ist nicht der der Tilda überzeugt die richtige Entscheidung zu treffen, sondern Ida. Ok, sie schwimmen auch beide zusammen aber die Bahnen sind jetzt nur oberflächlich.

Die Autorin kann aber sehr gut schreiben, die Drehbuch Dialoge haben mir sehr gefallen und die Geschichte war schon erfolgreich zusammen gebaut. Ich habe einen schönen Moment verbracht, aber es fehlt mir etwas den Roman ganz zu genießen.
von linsen_liest - 2023-09-21 16:20:00

Mitschwimmer ...? - 4 Sterne

Klappentext / Inhalt:


Die Selbstermächtigung zweier Schwestern: ein fesselndes, leuchtendes Debüt
Tildas Tage sind strikt durchgetaktet: studieren, an der Supermarktkasse sitzen, sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern – und an schlechten Tagen auch um die Mutter. Zu dritt wohnen sie im traurigsten Haus der Fröhlichstraße in einer Kleinstadt, die Tilda hasst. Ihre Freunde sind längst weg, leben in Amsterdam oder Berlin, nur Tilda ist geblieben. Denn irgendjemand muss für Ida da sein, Geld verdienen, die Verantwortung tragen. Nennenswerte Väter gibt es keine, die Mutter ist alkoholabhängig. Eines Tages aber geraten die Dinge in Bewegung: Tilda bekommt eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt, und es blitzt eine Zukunft auf, die Freiheit verspricht. Und Viktor taucht auf, der große Bruder von Ivan, mit dem Tilda früher befreundet war. Viktor, der – genau wie sie – immer 22 Bahnen schwimmt. Doch als Tilda schon beinahe glaubt, es könnte alles gut werden, gerät die Situation zu Hause vollends außer Kontrolle.
›22 Bahnen‹ ist eine raue und gleichzeitig zärtliche Geschichte über die Verheerungen des Familienlebens und darüber, wie das Glück zu finden ist zwischen Verantwortung und Freiheit.
»Ich bin durch ›22 Bahnen‹ gerauscht und hellauf begeistert. Herzerwärmend, fein, gnadenlos und richtig schön zugleich.« ALINA BRONSKY


Cover:


Das Cover zeigt eine Schwimmerin die ihre Bahnen zieht, jedoch ist dies sehr kreativ dargestellt und wirkt wie ein Aquarell auf einer Leinwand. Die stilisierte und künstlerische Form des Covers macht neugierig.


Meinung:


Besonders, tiefgründig und bewegend sind die ersten Worte, die mir bei diesem Buch einfallen. Der Einstieg war nicht ganz leicht, da man mit dem doch recht direkten und teils auch philosophisch anhauchenden Schreibstil erst Kontakt aufnehmen muss, um näher hinein zu gelangen. Ist man aber erstmal drin, nimmt einen dieser gefangen.


Tilda hat es mit ihrer Familie nicht leicht und gibt so die alltäglichen Lebens - und Familienmissverständnisse gut wieder. Auch in meiner Familie gibt es so einige Eckpunkte und so konnte ich Tilda gut nachempfinden.


Inhaltlich möchte ich hier nicht allzu viel verraten und halte mich daher mit weiteren Details dazu bedeckt.


Der Schreibstil ist anders und erstmal recht ungewöhnlich. Aufzählungen, Beschreibungen und eine gewisse Kühle, die aber dennoch Emotionen zulässt, prägen diesen Stil. Auch die Dialoge sind eher geprägt von eine Art Erzählrhythmus wie in einem Film, wodurch man diesen gut folgen kann. Jedoch wirkt es dadurch auch an einigen Stellen etwas starr und nicht so nah und warm.


Die Ich-Erzählung vermittelt ein Verständnis für die Protagonisten und man kann sich dadurch recht gut in ihre Handlungen hineinfinden. Die Beschreibungen sind teils sachlich, was dadurch aber auch eigene Interpretationen zu lässt und auch einen gewissen Spielraum. Auch hatte ich hier viel Zeit zum Nachdenken und es gibt so eine gute Tiefe wieder.


Die Protagonistin ist eine starke Persönlichkeit und auch ihre Entwicklung ist gut dargestellt und ausgearbeitet. Tulsa ist der Dreh- und Angelpunkt und dreht ihre Bahnen im Kreislauf des Lebens.


Eine besondere Geschichte mit viel Tiefe, bewegenden Momenten und einer eigenen Art, das Leben zu ergreifen und in diesem zu schwimmen.


Fazit:


Tiefgründig, eigensinnig und berührend… wie man mitschwimmt im Lebenslauf.
von Claudia R. - 2023-09-06 17:00:00

22 Bahnen - 5 Sterne

Tildas Tage sind strikt durchgetaktet: studieren, an der Supermarktkasse sitzen, sichum ihre kleine Schwester kümmern - und schlechten Tagen auch noch um die Mutter. Zu dritt wohnen sie in einer Kleinstadt, die Tilda hasst. Ihre Freunde sind längst weg, nur Tilda ist geblieben, um Verantwortung zu tragen. doch dann taucht Viktor auf, der - genau wie sie - immer 22 Bahnen schwimmt. Als Tilda glaubt , es könnte alles gut werden eskaliert die Lage daheim. eine raue und zugleich zrätrliche Geschichte über ein Familienleben und wie das Glück zu finden ist - zwischen Verantwortung und Freiheit.
von Doris Dim-Knoglinger - 2023-08-13 20:19:34

Kein Titel - 5 Sterne

Dies ist die Geschichte von Tilda, die Verantwortung für ihre Schwester Ida tragen muss, weil ihre alkoholabhängige Mutter es nicht kann.
Wie weit geht Verantwortung innerhalb der Familie? Muss man die eigenen Träume hinten anstellen?
Leseempfehlung!
von HEYN Leserunde Manuela Meierhofer - 2023-07-16 20:40:00

Schöner Debütroman für junge Leser - 3 Sterne

In ihrem Debütroman "22 Bahnen" erzählt Caroline Wahl die Geschichte von Tilda Schmitt. Tilda wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter Andrea und ihrer 10-jährigen Schwester Ida in einer Mietwohnung in einer nicht benannten Stadt. Während ihre Freunde nach dem Abitur die Welt bereisten und aus der Kleinstadt wegzogen, hat die nerdige Mathematikstudentin ihre Heimat nie verlassen. Tilda pendelt jeden Tag zwischen Uni und der Fröhlichstraße, in der sie wohnt, hin und her. Sie kümmert sich nicht nur um ihre alkoholkranke Mutter, sondern auch um Ida. Da das Geld knapp ist, arbeitet sie nachmittags als Kassiererin in einem Supermarkt. Entspannung vom stressigen Alltag findet sie im Schwimmbad, das sie täglich aufsucht, um genau 22 Bahnen zu schwimmen. Dort begegnet sie Viktor, dem älteren Bruder von Ivan, mit dem sie vor 5 Jahren befreundet war. Als ihr Professor ihr eine Promotionsstelle an der Humboldt-Universität in Berlin in Aussicht stellt, gerät sie in einen Konflikt. Kann sie es wagen, diesem Ruf zu folgen und ihre kleine Schwester bei der Mutter zurücklassen?

Das Buch ist in der Sprache der Jugend in der Ich-Form aus Tildas Perspektive geschrieben und liest sich sehr flüssig. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich, dass die Dialoge wie in einem Drehbuch verfasst sind. 
Wir lernen Tilda kennen, die weitgehend auf eigene Vergnügungen verzichtet, um ihren Alltag bewältigen zu können. Liebevoll kümmert sie sich um Ida, die immer wieder den Ausbrüchen der betrunkenen Mutter ausgesetzt ist. Die Autorin beschreibt das Verhältnis der Schwestern zueinander sehr berührend. Mit Tildas Unterstützung gelingt es Ida, selbstbewusster zu werden und sich neben ihrer Malerei neuen Aktivitäten zu öffnen. Die sich langsam und sehr behutsam entwickelnde Annäherung zwischen Tilda und Viktor wird vollkommen kitschfrei beschrieben, das Ende des Buches stimmt zuversichtlich. 

Die Coming-of-Age-Geschichte hat mir gut gefallen, ich empfehle sie jedoch eher jungen Lesern.
von Bücherfreundin - 2023-07-15 12:21:00

Authentisch und echt - 5 Sterne

"Wenn wir am See waren, hatten Ivan und ich immer was zum Lesen dabei, er sogar einen Bleistift, mit dem er sich Passagen anstrich."

Dieser Satz hat mich, wie so viele andere Passagen in diesem Roman, daran erinnert, wie Lebensnah die gesamte Geschichte ist. Denn genau in dem Moment saß ich auch mit einem Bleistift in der Hand da und habe mir Passagen unterstrichen.

"22 Bahnen" ist ein Debütroman der nahegeht. Er ist realistisch, echt und ungeschönt. Ich habe die Geschichte von Tilda und Ida verschlungen und mir kaum eine Pause erlaubt.
Caroline Wahls Schreibstil ist, für mich, einzigartig, denn ich habe noch keinen Roman gelesen, der so geschrieben wurde. Dadurch, dass man alles aus der Sicht von Tilda erlebt, ist man sehr nahe an ihren Gefühlen und Emotionen. Man spürt die Verbundenheit zu ihrer Schwester und ihren Zusammenhalt. Man spürt welch eine besondere Verbindung sie haben.
Ich finde sie bewundernswert.

Eigentlich habe ich keine Worte dafür wie herausragend ich diesen Roman finde. Es harmoniert alles, vom Cover bis zum Ende.
Dieser Roman hat eine Kraft, die man sich zu Beginn nicht vorstellen kann, die aber ziemlich schnell deutlich wird. Man muss sich auf die Geschichte einlassen, dann erlebt man etwas wundervolles.
"22 Bahnen" zeigt, dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf und irgendwo immer Glück zu finden ist, auch wenn es nicht so scheint.

Bevor ich hier ende gibt es noch eine Passage, die ich unterstrichen habe und die ich hier erwähnen möchte, denn mir bedeutet dieser Dialog viel, da er Zeigt, dass ein Abschied kein Abschied sein muss.

"- Ist das ein Abschied?
- Nein, das Gegenteil.
- Ankunft?"

Ich schwimme jetzt erstmal 22 Bahnen. Oder 23. Und werde dabei weiter über diesen wundervollen Roman nachdenken.
von Jule - 2023-07-15 11:03:00

Ich fand es großartig - 5 Sterne

22 Bahnen schwimmt Tilda jeden Tag. Ihr Leben ist in strikte Abschnitte geteilt. Ihr Job an der Supermarktkasse, ihr Mathematikstudium, ihre kleine Schwester Ida und eben das Schwimmbad. Dann kommt ein junger Mann ins Schwimmbad und schwimmt genau wie sie 22 Bahnen. Es ist Viktor, der große Bruder von Ivan mit dem Tilda früher befreundet war.
Dann bekommt Tilda eine Chance nach Berlin zu gehen, zu einem Promotionprogramm. Aber kann sie Ida bei ihrer Alkoholkranken Mutter lassen?


Mich hat die Geschichte total geflasht. Von Beginn an hat mich Tilda in ihren Bann gezogen. Teilweise erzählt sie emotionslos von ihrem emotional doch sehr bewegenden Leben, das hat mich sehr berührt. Ein besonderer Schreibstil, ich habe die Geschichte von Tilda so gerne gelesen. Vor allem was sie alles für ihre kleine Schwester getan hat und wie mutig die beiden sind.
Mich hat die doch sehr emotionale Geschichte sehr gut unterhalten. Es war definitiv ein Highlight.
von _ich.lese_ - 2023-07-03 08:58:00

Beeindruckendes Debut - 5 Sterne


Die in Mainz geborene und heute in Rostock lebende Autorin hat mit 28 Jahren ein erstaunliches Debut hingelegt.
Dass Caroline Wahl hier eine fiktive Geschichte erzählt und nicht ihre eigene, betont sie mit der vorangestellten Widmung : „ Für meine Mama, die immer da ist.“
Das Leben der Ich- Erzählerin Tilda ist streng durchstrukturiert; es hat so gar nichts von einem lockeren Studentenleben. Während ihre Schulkameraden und Freunde nach dem Abitur die kleine Heimatstadt verlassen haben, um in coolen Großstädten wie Berlin oder Amsterdam zu studieren oder irgendwelchen Jobs nachzugehen, ist Tilda geblieben. Denn sie kann ihre jüngere Schwester, die 10jährige Ida nicht allein lassen mit der alkoholkranken Mutter. Nie weiß Tilda, was sie abends daheim erwartet. Liegt die Mutter völlig apathisch und betrunken auf dem Sofa oder ist sie mal wieder wegen einer Kleinigkeit ausgerastet und hat Ida grün und blau geschlagen? Dann gibt es die nächsten Abende verbrannte Spiegeleier als Wiedergutmachung.
Nachdem Tildas Vater vor Jahren die Familie verlassen hat, begann der Absturz der Mutter. Um Ida hat sich von Anfang an die große Schwester gekümmert.
Das heißt nun, dass Tilda neben ihrem Mathematikstudium noch einen Job an der Supermarktkasse hat, um den Unterhalt für die Familie zu verdienen. Kraft gibt ihr der tägliche Besuch im Schwimmbad. Hier schwimmt Tilda ihre 22 Bahnen, bevor sie heimkehrt in das traurigste Haus in der Fröhlichstraße.
Da kommt eines Tages ihr Professor mit dem verlockenden Angebot für eine Promotionsstelle in Berlin. Das stellt die junge Frau vor eine schwere Entscheidung. Hier endlich die Aussicht auf ein selbstbestimmtes Leben, da die Verantwortung für die jüngere Schwester.
Für zusätzliche emotionale Verwirrung sorgt Viktor, der genau wie Tilda seine abendlichen Bahnen schwimmt. Auch er ist eine verletzte Seele, denn er hat eine familiäre Katastrophe hinter sich. Die beiden kommen sich zögerlich näher, auch weil Tilda früher mit Viktors jüngerem Bruder befreundet war.

Caroline Wahl zieht einem von Anfang an in Bann mit ihrer Geschichte. Das liegt zum einen an der Hauptfigur, die lebensecht und sympathisch wirkt. Es ist rührend, wie fürsorglich sich Tilda um ihre Schwester kümmert, dafür sorgt, dass das Mädchen pünktlich in die Schule kommt und was Anständiges zum Essen hat. Aber sie sorgt sich genauso um deren seelisches Wohlbefinden, tröstet und stärkt sie. Ida ist introvertiert, sie geht z.B. nur an Regentagen mit ins Schwimmbad, weil sie den Kontakt mit fremden Menschen scheut. Ihre Emotionen verarbeitet sie beim Malen von phantasievollen und ausdrucksstarken Bildern.
Ein immer wiederkehrendes Motiv im Roman ist ein Spiel, das Tilda an der Supermarktkasse mit sich selbst spielt: Sie versucht den Typ Mensch zu erraten, der hier einkauft und zwar nur anhand der Waren auf dem Band. Meistens liegt sie hier ganz richtig. Und wenn dann später einige Produkte der Gut&Günstig- Varianten durch den Scanner gezogen werden, weiß der Leser, dass Tilda nun den eigenen Einkauf tätigt.
Es mag irritieren, dass die Autorin die meisten Zahlen nicht ausschreibt, sondern als Ziffern stehen lässt. Doch das passt zur Protagonistin, die als Mathematikerin Struktur und Halt in Zahlen findet. Den braucht sie, denn das Zusammenleben mit einem alkoholkranken Menschen ist unberechenbar, wie Carolin Wahl eindrucksvoll darstellt.
Eine große Stärke des Romans liegt auch in den Dialogen, die knapp, aber lebendig, z.T. ironisch und sehr jugendlich daherkommen. Dabei bringen sie Tempo in den Text, denn oft werden sie wie bei einem Theaterstück nur mit Namen und Doppelpunkt eingeführt .
Am Bild der „ Abendbrottisch-Familie“ bringt die Autorin treffend den Unterschied zwischen Tildas Zuhause und dem einer „ normalen Familie“ auf den Punkt. Bei einer Freundin erlebt Tilda während ihrer Schulzeit, was ein harmonisches Familienleben ausmacht: gemeinsames Essen mit verschiedenen leckeren und gesunden Beilagen und anregenden Gesprächen.
Solche Bilder und Sätze, die bleiben, finden sich einige im Buch.
Große Kunst ist es, dass der Roman trotz der Schwere des Themas seine Leichtigkeit behält. Mit viel Emotionen, großem Interesse und voller Spannung habe ich Tilda während diesem entscheidenden Sommer begleitet.
Es ist eine typische Coming-of-Age-Geschichte, denn nicht nur Tilda, sondern auch Ida macht eine entscheidende Entwicklung durch. Doch es ist kein Roman, der nur jugendliche Leser anspricht, überhaupt nicht.
„ 22 Bahnen“ ist das feinfühlig gezeichnete Porträt einer starken jungen Frau und die anrührende Geschichte einer liebevollen Schwestern- Beziehung. Ein vielversprechendes Debut von einer Autorin, auf deren weitere Bücher ich mich freue.
von Ruth - 2023-07-01 22:36:00