Rezensionen

Die Kinder sind Könige
Roman

Autor: Delphine de Vigan

Erschienen 2022 bei DuMont Buchverlag
ISBN 978-3-8321-8188-8
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Die Kinder sind Könige - 5 Sterne

Der neue Roman von Delphine de Vigan erlaubt, in eine Welt lebendiger Gedanken einzutauchen, die uns erlauben, das Universum zu entdecken, in welchem die Autorin weder sich noch die Umwelt schont; gleichzeitig vermag sie es, Empathie für ihre Figuren und für deren Ambiente zu erwecken. Das ist ein schwieriger Balanceakt, wofür es technische Geschicklichkeit und Talent braucht. Doch die Autorin meistert großartig diese Herausforderung und schildert eine Familie, den Hafen der Liebe par excellence, - und dennoch verwandelt sich dieser sichere Hafen oftmals in ein sinkendes Schiff… In „Die Kinder sind Könige“ wird aufgezeigt, dass selbst das, was aus guter Absicht geschieht – eine gute Absicht, die man zumindest den nächsten Verwandten nicht absprechen möchte – , nicht immer gute Ergebnisse zur Folge hat. So gibt es leider auch im familiären Umfeld zu oft toxische und gar zerstörerische Elemente: Liebe, so legt di Vigan nahe, hat Gewalt im Schlepptau, kann demnach also zu Selbstzerstörung und Isolierung führen. Gewalt ist also wie die Kehrseite der Medaille: „Gewalt steht am Beginn des Schreibens“, hat die Autorin in einem Interview gesagt. Denn das Verfassen eines Textes gleicht den Geburtswehen: Ein Text wird „geboren“, er entsteht unter Schmerzen und Schreiben ist so vielfältig wie das Leben.
von - 2022-08-03 13:54:50

Schöne neue Social-Media-World? - 5 Sterne

Mélanie fühlte sich in ihrer Familie im Vergleich zur Schwester immer ungeliebt.
Als Erwachsene liegt ihr die Social-Media-Welt zu Füßen, sie fühlt sich nun endlich geliebt und angekommen. Ihre Videos auf YouTube und ihre Instagram-Posts haben sie zur Nummer 1 der Family-Influencer in Frankreich gemacht und sichern ein sehr komfortables Familieneinkommen. Die Stars sind ihre Kinder, Sammy und Kimmy - bis Kimmy entführt wird.

Das Buch spielt zum überwiegenden Teil 2019 und hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Man erkennt die Beweggründe der Mutter und sieht ihre Sichtweise, die alles ausblendet, was nicht in ihre Schein-Lebenswirklichkeit passt.
Die Transkription der YouTube-Videos, die auf der Polizeistation nach der Entführung gefertigt wurden, sind dagegen neutral und zeigen eine andere Sicht auf die Dinge.
Das hat mir sehr gut. gefallen. Stück für Stück wird immer deutlicher, welche Auswirkungen die allgegenwärtige Medienpräsenz auf die Kinder hat.
Der Teil ist wie ein Thriller geschrieben - und so erschreckend real.

Der zweite Teil des Buches switcht in die heutige Zukunft, als die Kinder junge Erwachsene sind. Hier wird es fast noch krasser, denn die Kindheit in der Öffentlichkeit prägt die damaligen Kinderstars in einem Ausmaß, dass es Gänsehaut verursacht.

Ein erschreckender Spiegel der heutigen Online-Präsenz des Privaten, hier mit dem Fokus auf Persönlichkeitsrechten von Kindern.
Hallt nach und lässt mich fragen, wie hier in Deutschlang auf das Schutzbedürfnis von Kindern rechtlich eingegangen wird - eine Frage, die ich mir bislang gar nicht gestellt habe.
Dazu spannend und fesselnd geschrieben - ein Buch, das ich jeder Familie nur weiterempfehlen kann.
von Marie aus E. - 2022-06-10 11:55:00

Kein Titel - 5 Sterne

Die Ausbeutung von Kindern im Netz - hochaktuell, grandios und verstörend!!!
von Ute Thiel - 2022-06-09 14:14:34

Schwieriges Thema - 4 Sterne

Melanie hat schon immer davon geträumt berühmt zu sein. Big Brother und solche Fernsehformate fand sie immer ganz toll.
Nun hat sie selbst zwei Kinder und einen erfolgreichen Youtube-Chanel. Hier stellt sie ihr Familienleben vor. Ihre Tochter hat aber immer weniger Lust mitzumachen. Und eines Tages ist sie verschwunden ...

Erschreckende Vorstellungen werden in dem Buch wahr. Was tut eine Mutter nicht alles für ein bisschen fame.
Ich finde es gerade in der heutigen Zeit total realistisch,was in dem Buch passiert. Natürlich ist es überspitzt, aber dennoch sehr lesenswert und sehr spannend geschrieben.
Für mich ist es das erste Buch der Autorin, ich fand aber ihren Schreibstil sehr gut zu lesen und werde sicher noch mehr von ihr lesen.
Die Zukunftsvision fand ich dann doch ein wenig zu dramatisch, hoffen wir einfach, das es nie so endet. Ein sehr lesenswertes Buch.

Glückliche Auszeit - 5 Sterne

Happy Récré - glückliche Auszeit - heißt der Familienkanal, den Melanie bespielt seit ihre Tochter Kimmy 2 Jahre alt ist.

Melanie wollte immer berühmt sein. Als Teenager hat sie ihre Zeit damit verbracht, Reality Shows zu schauen und wollte ihren Idolen nacheifern. Sie hat es sogar mal durch ein Casting geschafft, wurde allerdings bei den Probeaufnahmen bereits wieder gefeuert. Sie war nicht extrovertiert genug. Sie war zu sehr auf ihre Grenzen fixiert.

Das sollte sich später ändern, denn Melanie tut alles, damit ihre Kinder berühmt und glücklich sind. Für ihre Vorstellungen gehören diese zwei Adjektive zwingend zusammen. Nebenbei scheffelt die Familie ordentlich Geld mit diesem Kanal, dessen Follower die Millionengrenze längt überschritten haben und schließlich durch die Decke gehen, als Kimmy vermisst wird.

In diesem Roman begleiten wir nicht nur Melanie und ihre Familie, sondern auch die Ermittlerin Clara. Eine patente Polizistin, die ebenfalls eine ungewöhnliche Kindheit hatte. Allerdings nicht im Internet. Die Kapitel über sie und ihre Arbeit fand ich sehr interessant und geben der beklemmenden Story der Geschwister Kimmy und Sammy einen Gegenpol bzw. eine kleine Auszeit von der überbordenden Veröffentlichung des Privatlebens.

Delphine de Vigan thematisiert hier die Folgen oder Traumata, die Kinder ertragen müssen, deren Leben sich in der Öffentlichkeit abspielt. Das vermeintlich sichere Zuhause wird hier zu Bühne und die Persönlichkeit geht unter in der Rolle, die es täglich zu spielen gilt.

Was mit Kimmy passiert, verrate ich hier natürlich nicht. Nur so viel: diese Geschichte ist spannend bis zuletzt. Fast ein Thriller, den die Autorin hier vor dem erneuten Hintergrund aufgezogen hat.

Für mich war das Buch ein echter Pageturner. Es ist abwechslungsreich, es bietet sich eine gewisse Themenvielfalt, es gibt einen Spannungsbogen, der nicht überstrapaziert wird und der Stil ist ansprechend zu lesen. Eignet sich auch hervorragend als Sommerlektüre!
von Miro - 2022-06-06 17:42:00

Könige und Melkkühe - 5 Sterne

Mélanie betreibt einen sehr erfolgreichen Familienkanal auf Youtube, „Happy Récré“. Hauptakteur*innen dieser Kanäle sind ihre Kinder Sammy und Kimmy. Nach jahrelangem Hinhecheln auf Ruhm und Moneten hat Mélanie den Durchbruch geschafft, zwar mit ihren Kindern, dennoch flattern die Scheinchen und die Bekanntheit täglich schwer bei der Tür herein. Millionen Follower*innen und extrem einträgliche Sponsoringverträge machen die Familie reich.
Als Tocher Kimmy älter wird hat sie immer weniger Lust sich dauernd filmen zu lassen und nett in die Kamera zu lächen. Doch Mommy-Influencerin Mélanie übersieht den Unmut und psychische Belastung ihrer Tochter, ignoriert sie förmlich, da sie die Sichtbarkeit, Klicks und Likes für ihren Selbstwert braucht. Doch eines Tages ist Kimmy verschwunden und Mélanie verfällt in einen weiteren, ganz persönlichen Wahnsinn, der auch ihre Familie in die Tiefe reißt. Die Realität rauscht bei der Türe herein wie ein ICE und mit ihr die Polizeibeamtin Clara.

Aktueller, notwendiger, eindringlicher, gefährlicher denn je – sind die realen digitalen Situationen um die neue Lektüre von Delphine de Vigan. Wie oft sehen wir sie auf Instagram … die Mommy-Influencerinnen, die laut mutmaßen, wie gerne ihre Kinder sich online zeigen und wie wichtig den Kindern das auch ist. Was für ein B.U.LL.SH.I.T. Die Unschuld der Kleinen wird bis in die persönlichen Tiefen ausgenutzt, einzig und allein, um es sich in den Dagobert-Talern gemütlich zu machen.
Die Autorin schreibt sehr stark und raffiniert über das Mysterium der heutigen Zeit, in dem Fame-Mütter ihre Kinder instrumentalisieren und diese finanziell melken, ohne Rücksicht auf Verluste. Protokollartig werden das Verschwinden und die letzten Tage im Buch beschrieben. Und das hat mich extrem gefesselt. Den Schreibstil mag ich sowieso sehr gerne und den Aufbau der Bücher auch. Wir lernen Mélanie in drei Erzählsträngen kennen, die sehr interessant die Geschichte verweben: als Jugendliche, zum Verschwinden ihrer Tochter im Jahr 2019 und in der Zukunft, im Jahr 2031. Lesend streifen wir aus verschiedenen Perspektiven der Handlungsträger*innen durch den Roman.
Da die Mutter ihre Kinder wie Kamele verhökert, ist der Titel sehr passend: Die Kinder sind Könige! … im Sinne von königlichen Melkkühen & der Ausbeutung selbiger im Netz.

Gesellschaftskritik verpackt in eine Art Krimi – well done! Ich bin total begeistert und daher eine große Leseempfehlung!
von mari_liest - 2022-04-17 15:29:00

Sharenting: schutzlose Kindheit! - 5 Sterne

Mélanie Diore träumt bereits als Jugendliche davon, durch eine Reality-Show im Fernsehen gesehen und berühmt zu werden. Aber sie ist zu unscheinbar und erhält den Rat „Sie müssen mehr Lärm machen, wenn Sie gehört werden wollen“ (S.19) So schafft sie es doch in die Show, aber der gewünschte Erfolg bleibt aus. Mélanie aber gibt nicht auf und sieht ihre Chance gekommen, als die sozialen Medien an Bedeutung gewinnen: Mit zunehmend aufwendigerer Planung und größerer technischer Perfektion präsentiert sie dort ihr Familienleben und insbesondere ihre beiden Kinder Sammy und Kimmy. Bis eines Tages ihre Tochter Kimmy beim Spielen spurlos verschwindet… Die Polizeibeamtin Clara Roussel übernimmt die Leitung der Ermittlungen.
Die Gegenüberstellung dieser beiden Protagonistinnen macht den Reiz dieses Romans aus: Mélanie ist seit Jahrzehnten ganz darauf aus, Erwartungen zu erfüllen, um beliebt zu sein; sie inszeniert sich und ihr Leben. Sie ist darauf fokussiert, zu konsumieren und zum Konsum anzuregen, alles dem Schein einer heilen, gut zu vermarktenden Familie unterzuordnen. Clara dagegen entstammt einer politisch engagierten, konsumkritischen Familie und ist über Jahre ohne Fernsehen aufgewachsen. Für die Ermittlung in ihrem neusten Fall muss sie sich in diese fremde Welt ganz neu einarbeiten. Was ihr bislang unwichtig und im wesentlichen unbekannt war, ist offenbar für viele andere wichtiger und prägender Teil des Alltags.
Der Leser geht mit auf die Reise und lernt viel über das knallharte Business mit dem schönen Schein und die Vermarktung der ungefragt in die Öffentlichkeit gezerrten Kinder. „Privatsphäre ist ein Wort, das diese Leute nicht kennen. (…) Ich glaube nicht, dass ein dreijähriges Kind davon träumt, eine YouTube-Star zu werden… Sie werden von klein auf rekrutiert wie in einer Sekte.“ (S.132)
Die Auflösung ist überraschend und unspektakulär zugleich. Am besten gefällt mir der darauf folgende letzte Teil des Buches, der einen Blick in die Zukunft wirft: Wie geht es Sammy und Kimmy als Erwachsenen mit der allgegenwärtigen Präsenz ihrer medial vermarkteten Kindheit? Wie bewertet Mélanie die zurückliegenden Ereignisse und ihre Entscheidung für ein Leben vor den Augen der Fans in den sozialen Medien?
Ein faszinierendes, spannendes Buch, das psychologisch und soziologisch interessante Aspekte des problematischen Sharentings in einem tollen Roman vereint!

von Tintenteufel - 2022-04-09 14:55:00

Wenn die Kindheit keine Kindheit mehr ist - 3 Sterne

Mein erstes Buch von der Autorin, die Erwartungen waren hoch - immerhin schwärmt wirklich jeder von ihr. Gleichzeitig hört man auch ständig, "Die Kinder sind Könige" sei anders als ihre bisherigen Romane; ob das so ist, kann ich nicht beurteilen, was ich aber sagen kann: Ich fand es gut, aber nicht vollkommen überzeugend.

Die Ausgangssituation ist die, dass die junge Mutter Mélanie gemeinsam mit ihren Kindern einen YouTube-Kanal aufgebaut hat, der mehrere Millionen Abonnenten hat, zahlreiche Klicks generiert und der Familie so das Einkommen mehr als sicherstellen kann. Mélanie selbst hat in der Vergangenheit vergeblich versucht, sich im Rampenlicht zu behaupten, nun gelingt ihr über Sohn Sammy und Tochter Kimmy auf einem ganz speziellen Weg der Einstieg in die Welt derer, die dank ihrer Internet-Präsenz bekannt sind. In den auf YouTube hochgeladenen Videos stehen Sammy und Kimmy im Mittelpunkt, sie machen Challenges, Pranks, Unboxings und vieles mehr. Die Fans sind begeistert, besonders von der kleinen Kimmy, und so werden auch auf Instagram fleißig Stories hochgeladen. So lange, bis Kimmy bei einem der seltenen Male, die sie draußen mit anderen Kindern spielen kann, plötzlich verschwindet.

Im Zentrum des Romans steht nun einerseits natürlich die Ermittlung, ganz besonders aber auch die Frage um das Wohl der Kinder über die vermutete Entführung hinaus. Kann ein Kind im Alter von 6 Jahren wirklich "wollen", dass man es ständig filmt, kann es "wollen", dass es mehrmals in der Woche stundenlang Videos aufnehmen soll, dabei viele Szenen mehrmals - und das nur, um den Menschen da draußen, die es nicht kennt und von denen es keinerlei Vorstellung hat, zu gefallen? Denn das ist Mélanies feste Überzeugung. Ihre Kinder führen ein Leben fernab von dem, wie andere Kinder in ihrem Alter es haben - Freizeit haben sie kaum, und selbst dann dürfen sie nur selten mit den Nachbarskindern spielen. Sie erfahren Ausgrenzung und Hänseleien aufgrund ihres unfreiwilligen Hobbys, gleichzeitig überbordende Liebe von wildfremden Menschen, die Fotos und Autogramme von ihnen wollen. Welche Kleidung sie tragen und mit welchen Spielsachen sie spielen, darüber bestimmen ihre Abonnenten und die Verträge mit großen Firmen. Und dazu kommt, dass nahezu alles, was sie tun, ständig öffentlich für alle einsehbar ist - Privatsphäre ist Fehlanzeige.

Im Fall der mutmaßlichen Entführung stehen die Ermittler*innen zunächst ohne wirkliche Hinweise da. Niemand hat etwas Brauchbares gesehen, auch der Entführer lässt nichts von sich hören - und so steigt die Angst, während Kimmys Überlebenschancen mit jeder Stunde sinken. An den Ermittlungen beteiligt ist unter anderem die Polizistin Clara; sie ist neben Mélanie die zweite Protagonistin des Romans und beschäftigt sich viel mit dem auf YouTube und Instagram hochgeladenen Videomaterial über Kimmy und ihren Bruder.

Die Ausgangssituation ist spannend, gerade auch, da Themen wie dieses hochaktuell und sehr problematisch sind. Denn rechtlich gesehen ist hier alles im grünen Bereich, als Zuschauer sieht und bewundert man nur die dargestellte heile Welt, hinterfragt aber kaum mal, ob diese auch der Realität entspricht und wie es wohl abseits der Kamera aussieht. Dennoch würde bei einem genaueren Blick auf die Umstände wohl niemand sagen, dass Kinder wie Sammy und Kimmy eine schöne Kindheit, oder überhaupt eine echte Kindheit, erleben; aber das will eben niemand sehen.
In dieser Hinsicht ht mir der Roman sehr gut gefallen. Gefehlt hat mir allerdings die Nähe zu den Figuren; Mélanie war mir schlichtweg unsympathisch, wobei das vermutlich auch so beabsichtigt war; mit Clara konnte ich, wenn ich sie auch etwas lieber mochte, beinahe ebenso wenig anfangen. An einigen Stellen hatte ich das Gefühl, dass der Roman zu oberflächlich bleibt, und vom allseits hochgelobten, fesselnden Schreibstil De Vigans habe ich hier noch nicht allzu viel gespürt.
Ich fand den Roman keinesfalls schlecht, meine Erwartungen waren einfach nur andere und vielleicht auch etwas zu hohe. Trotzdem habe ich die Lektüre genossen und werde sicher noch andere Bücher der Autorin lesen.
von Anna625 - 2022-04-07 16:47:00

Kinderrechte mit Füßen treten - 5 Sterne

Ich habe mich schon lange gewundert über die „Mommy-Influencer“ dieser Zeit, die ihre Kinder zum Product Placement sehr sehr gerne in die Kamera halten und mit ihnen eine perfekte Welt kreieren um damit viel Aufmerksamkeit zu bekommen und um Geld zu verdienen. Dieser Roman von Delphine De Vigan „Die Kinder sind Könige“ reflektiert genau dieses seltsame Verhalten einiger Eltern und führt das Szenario mit einem Schrecken weiter.
Wir tauchen in die Welt von Melanie Diore ein, sie ist Mutter zweier bezaubernder Kinder, Sammy und Kimmy. Diese vermarktet sie auf ihrem YouTube-Kanal um sich als perfekte Familie zu inszenieren. Denn sie selbst ist süchtig nach der Anerkennung der Welt und schert sich einen Dreck darum wie es ihren Kindern wirklich geht. Doch eines Tages ist Kimmy verschwunden und eine Suchaktion wird gestartet. Durch seine Prominenz sind alle bisherigen Ermittlungsregel ausgehebelt und es wird schwieriger mit der Community im Netz.
Spannend sind auch die Charaktere angelegt. Zum einen Melanie und zum anderen Clara, die ermittelnde Polizistin, die ihr charakterlich diametral gegenübergestellt wird. Eine interessante Reflektion.
Auch ist die Erzählstruktur sehr gelungen. Denn wir lernen 2019 die heile Welt kenne und tauchen dann in die Ermittlungen ab, um dann noch mal eine Vorspultaste zu drücken, um zu schauen was 2031 aus den beiden einstigen Kinderstars geworden ist.
Fazit: Sehr nahe am Puls der Zeit, wichtig um das Thema Kinderrechte im Netz noch mal deutlich zu machen und einfach ein super gelungener Roman!
von nil_liest - 2022-03-24 13:41:00

Unglaublich wichtiges Thema - 5 Sterne

Im Roman begegnen wir Mélanie, die schon als Kind, nach dem sie „Big Brother“ und ähnliche Formate gesehen hatte, davon träumte ebenfalls Star einer dieser Reality Shows und einem Millionenpublikum bekannt zu werden.

Als Mutter sieht sie ihre Chance gekommen: ihre Kinder Kimmy und Sammy sollen in einem Familienblog die Hauptrolle sein. Tatsächlich werden die beiden große Stars auf YouTube- und Instagram, richtige Influencer*innen. Das Geschäft ist knallhart, professionell, aber auch sehr lukrativ durch die Produktplatzierungen. Eine Community von unglaublich vielen Zuseher*innen muss bei der Stange gehalten werden und nahezu minutiös nimmt diese am Leben der beiden Kinder teil. X-Mal wird einstudiert, geprobt und gedreht, bevor die Videos und Posts ins Netz gestellt werden. Mélanie kippt total in diese Welt, aus der sie Liebe, Bestätigung und Zuspruch empfängt und viel Geld erhält. Negative Kommentare werden als Neid auf das schöne Familienleben abgetan.

Bis eines Tages Kimmy spurlos verschwindet.

In einer zweiten Erzählperspektive geht es um die Ermittlerin Clara, der diese virtuelle Welt völlig fremd ist. Sie lebt sehr zurückgezogen und kann diese Inszenierungen in den Sozialen Medien nicht nachvollziehen.

Dieser Roman greift ein so wichtiges, aber kaum beachtetes Thema auf – wie Eltern ihre Kinder benützen, um so ein Geschäft am Laufen zu halten. Es zählen nur Follower und Likes. Wer schützt diese Kinder? Es geht aber auch darum, welche Folgen ein derartiges Leben für die Kinder hat, wenn sie später erwachsen sind.

Geschrieben ist der Roman von Delphine de Vigan wie ein Krimi - analytisch, nüchtern, kühl und total spannend, kaum aus der Hand zu legen. Er zeigt auf, welche Konsequenzen ein Leben als Kinderinfluenzer*in haben kann, wie eine Mutter Likes und Follower mit Liebe verwechselt und welche Kritikpunkte bzw gesetzlichen Regelungen man dafür einführen könnte.
von Spannring - 2022-03-21 08:14:00