Rezensionen

Der Stich der Biene

Autor: Murray, Paul

Erschienen 2024 bei Kunstmann, Antje, GmbH, Verlag
ISBN 978-3-95614-581-0
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Ein Stich ins Leserherz - 5 Sterne

Wenn auf 700 Seiten nie Langeweile aufkommt, hat der Autor alles richtig gemacht.
In die Geschichte der irischen Familie Barnes hat Paul Murray alles hineingepackt, was ein gutes Buch braucht: Drama, Spannung und Humor.
Vater Dickie hat das Autohaus seines Vaters übernommen, jedoch die Geschäfte laufen schlecht. Das versetzt wiederum seine Frau in Panik, die sich an den nie enden wollenden Geldfluss schon gewöhnt hat. Die Teenagertochter Cass entdeckt, dass es neben guten Noten auch noch andere interessante Dinge gibt und der 12jährige PJ plant überhaupt gleich seine Flucht.
Raffiniert erzählt Murray abwechselnd aus der Perspektive eines anderen Familienmitglieds und legt so Schicht für Schicht neue Geheimnisse und Dramen frei.
Für den Reisekoffer nur bedingt geeignet, aber für Balkonien perfekt!
Große Empfehlung!
von Alexander Kornell - 2024-04-23 11:47:22

Familie Barnes - 5 Sterne



Der Autor Paul Murray war mit seinem Roman Der Stich der Biene, 2023 bei dem Booker Prize nominiert.
Jetzt gibt es den Roman auch auf deutsch und ich musste zugreifen.
Dann ist es eine Familiensaga, die lese ich sowieso gerne.
Es ist ein kompakter Roman von 700 Seiten und wird nie langweilig.
Er spielt in der Wirtschaftskrise 2008 in Irland
Die Familie Barnes bestehend aus dem Autohändler Dickie, seiner Frau Limelda, der 16jährigen Tochter Cass und dem 12jährigen Sohn PJ.

Von jedem Familienmitglied erfahren wir abwechselnd von ihren Empfindungen.
Der Autor hat das brillant gestaltet. Es geschehen oft brenzlige Situationen, die aber doch glimpflich ablaufen.

Der Roman hat mich total gefesselt. Ich habe mit den jeweiligen Personen gezittert.
Es ist ein bemerkenswerter Unterhaltungsroman.





von begine - 2024-03-18 18:54:00

Fesselnd - 4 Sterne

"Der Stich der Biene" ist ein fesselnder irischer Roman, der die turbulenten Zeiten der Familie Barnes einfängt, als ihr Autogeschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder wird erzählt, wie die Familie in diese Situation geraten ist und nun damit umgeht.

Da ist Dickie Barnes, der Geschäftsführer und Inhaber des Autohauses, der sich immer weiter in die Natur zurückzieht, anstatt sich den Problemen seines Unternehmens zu stellen. Imelda, seine Frau, versucht, mit ihrer Vorliebe fürs Shoppen umzugehen. Die achtzehnjährige Cassie, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang der Familie, indem sie sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag betrinkt. Ihr Bruder PJ hingegen plant, von zu Hause wegzulaufen, um sich mit einem Fremden aus dem Internet zu treffen.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte nach wenigen Seiten einen Sog entwickelt, sodass man unbedingt erfahren muss, welche weiteren Schichten der Probleme es in der Vergangenheit und Gegenwart der Familie Barnes zu entdecken gibt. Insgesamt ist der Ton entgegen der Verlagsankündigung vor allem melancholisch bzw. stellenweise auch resignativ. Angesichts der thematischen Schwere der Probleme der Familie - Rezession, Klimawandel, Eheprobleme, Gewalt usw. - ist das aber nur realistisch. Geärgert hat mich stellenweise die Übersetzung: So wird erst spät klar, dass mit „Fußball“ gälischer Fußball, ein Mix aus Rugby und Fußball, gemeint ist, außerdem wird bei jedem Familienmitglied konsequent von „Backen“ statt „Wangen“ gesprochen, hier hätte ich z.B. in den Kapiteln aus der Sicht des Viellesers Dickie Barnes eine gewähltere Wortwahl erwartet. Zudem sollte man wissen, dass die Kapitel aus Imeldas Sicht ohne Satzzeichen geschrieben sind, wodurch man Imeldas Gedankenfluss besonders nahe kommt. Beides, Übersetzung und formale Gestaltung, haben bei mir aber keine negativen Auswirkungen auf den positiven Gesamteindruck des Romans gehabt.
von Lu - 2024-03-10 19:20:00

Eindringlich & brilliant - 5 Sterne

„Der Stich der Biene“ ist das Portrait einer irischen Familie des in Dublin lebenden Autors Paul Murray.
Der Einstieg ist dramatisch. Ein Mann erschießt seine Familie und im Anschluß sich selbst. Warum ? Wie kam es zu dieser Tragödie ?
Im Nachbarsdorf wohnen Cass und Elaine, zwei Freundinnen mit vielen Gemeinsamkeiten, äußerlich aber vollkommen verschieden. Beide wollen weg. In weitere Einzelheiten über den Inhalt möchte ich mich gar nicht verlieren. Dafür passiert einfach viel zu viel.
Bereits auf den ersten Seiten werden die - teils ein wenig eigenwilligen - Charaktere sehr anschaulich und authentisch dargestellt. Die Ereignisse sind aus dem Leben gegriffen und ich war schnell mitten in der Story.
Der eindringliche, intensive Schreibstil des Autors, der auch immer wieder humorvolle Momente enthält, liest sich unterhaltsam. Die Handlung steckt voller unvorhersehbarer Wendungen, die mich überrascht haben und dafür sorgten, dass ich unbedingt erfahren wollte, wie es für die einzelnen Charaktere weitergeht. Dabei blieb allerdings das ungute Gefühl, dass jeder von ihnen auf ein Unheil zusteuert.
Es ist ein sehr eindringliches Portrait einer irischen Familie, verstörend, tragisch, aber auch zum Lachen, in dem Paul Murray zahlreiche Themen des alltäglichen Lebens miteinbezogen hat. Es geht um Familie, Geheimnisse, Veränderungen, gesellschaftliche Normen, Armut, Privilegien und vieles mehr.
Das Ende kam ein wenig plötzlich, da hatte ich mir nach 700 Seiten ein wenig mehr erhofft. Dennoch ist es zuvor ein so grandios geschriebener Roman, dass ich froh bin, ihn gelesen zu haben.
von Tara - 2024-02-25 19:44:00