Rezensionen

Orangen für Dostojewskij
Roman

Autor: Michael Dangl

Erschienen 2021 bei Braumüller
ISBN 978-3-99200-297-9
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Orangen für Dostojewskij - 5 Sterne

„Was hatte ihm das Schicksal
in den letzten vierundzwanzig
Stunden in die Hände gelegt,
dachte Dostojewskij … Vom
Größten der Musikzunft zu
einer Zusammenarbeit eingeladen“.
Die angedachte Casanova-
Oper hat es nie gegeben,
aber möglich wär’s schon: Hier
trifft der große Schwermütige
jedenfalls auf den großen
Lebenslustigen, Rossini, und die
lichtdurchflutete Serenissima,
Venedig. Sie werden für ihn
Lebensquell und Jungbrunnen.
Historischer Roman und
Künstlerbiographie in einem:
grandios!
von Unsere Magazin Redaktion - 2021-07-04 12:16:00

Schwermütig - 3 Sterne

Dostojewskij begegnet auf seiner Reise durch Europa Rossini - in Venedig und das ist reine Fiktion. Aber eine spannende Fiktion! Doch Spannung hat das Buch nicht zu bieten.

Dostojewskij und Rossini teilen ihre Kreativität und Sinnlichkeit, wobei der zweite das Leben in vollen Zügen genießt, der erste nach einer Gefangenschaft in einem russischen Straflager sich schwermütig durchs Leben schleppt. Aus Dostojewskijs Sicht erzählt, bekommt die Geschichte einen deutlich schwermütigen Charakter. Das und die gemächliche Erzählung sorgen dafür, dass die Geschichte kein Ende nimmt. Und das auf fast 500 Seiten, davon gefühlt mindestens 200 unnötig. Dazu kommen merkwürdige Begegnungen mit speziellen Charakteren. Alles ist etwas entrückt.
Trotzdem hat die Geschichte ihren Reiz. Gerade die ausführlichen Beschreibungen der italienischen Kultur, der Beteiligten und der Stadt selbst machen das Ganze plastisch. Die speziellen Charaktere sind faszinierend und die geschichtlichen Bezüge sind interessant. Es entsteht eine berührende Atmosphäre.

Fazit: endlos und schwermütig, auf fast 500 Seiten. Die italienische Atmosphäre kommt nicht dagegen an.
von Marianna T. - 2021-04-21 16:29:00

Faszinierend - 4 Sterne

Zum Inhalt:
Dostojewski hat immer davon geträumt einmal Venedig zu besuchen. Als er sich den Wunsch erfüllt, ist er bereits 4 Jahre alt und steckt sowohl beruflich als auch privat in einer Krise. Bedingt durch seine Probleme begeistert die Schönheit Venedigs ihn zunächst nicht. Erst durch die Begegnung mit Rossini beginnt er wahrzunehmen, was um ihn herum vor sich geht.
Meine Meinung:
Das bemerkenswerte an diesem Buch ist eigentlich, dass man sich total vorstellen kann, dass es genau so gewesen sein könnte. Klar gibt es den ein oder anderen Fakt auf den sich der Autor stützt, aber im Grunde ist das Buch reine Fiktion, aber es hätte so sein können. Sehr angetan war ich auch von der Art, wie das Buch geschrieben ist. Auch wenn ich mich erst schwer getan habe mit dem Schreibstil, irgendwann hatte der Autor mich und ich musste einfach immer weiter lesen.
Fazit:
Faszinierend
von brauneye29 - 2021-03-02 14:18:00

Kein Titel - 5 Sterne

Dostojewski besucht mit 40 zum ersten Mal Venedig und erfüllt sich damit einen Kindheitstraum. In einer persönlichen Krise erreichen ihn Schönheit und Lebendigkeit Venedigs aber nicht. Planlos umherirrend widerfährt ihm eine phantastische Begegnung: Der weltberühmte Komponist Gioachino Rossini lädt den im Westen noch unbekannten, zufällig vorbeischlendernden Autor zu einem Abendessen ein: Der barocke Genussmensch verzaubert den grüblerischen, schwermütigen Asketen an diesem Abend und in den drei folgenden Tagen mit Lebensfreude. Trotz ihrer charakterlichen Gegensätze, Rossini komponiert praktisch im Vorbeigehen, Dostojewskij müht sich beim Schreiben ab, erleben wir die Annäherung zweier hochsensibler Künstlerseelen: In den Gesprächen sind immer wieder Ideen und Anklänge an Werke Dostojewskis herauszulesen. Man möchte sofort seine gesamten Werke lesen und dazu die Musik von Rossini hören.
von Andreas Besold - 2021-02-08 11:15:00

Lagunenwasser - 3 Sterne

Selten kommt es vor, dass ich mich auf das Weiterlesen eines Buches nicht freue. Hier war es leider so. Mit Wissbegier bin ich eingestiegen. Ich war gespannt, etwas über die Menschen Dostojewskij und Rossini zu erfahren, vor den Kulissen meiner Lieblingsstadt Venedig. Das fiktive Aufeinandertreffen der beiden so gegensätzlichen Künstler erschien mir als interessantes Grundkonzept. Für mich ging es allerdings nicht auf.
Der Roman rankt sich um nur eine Handvoll Begegnungen zwischen Genussmensch Rossini und Dostojewskij. Vor allem das erste zufällige Zusammentreffen wirkte auf mich fast märchenhaft konstruiert und nicht raffiniert herbeigeführt. Überhaupt findet sich Dostojewskij hier in einem merkwürdigen Venedig, in dem ein vollkommen Fremder, mit dem Rücken zu unserem Protagonisten in einem Café sitzend, diesen als Russen erkennt und munter drauflos monologisiert. Dostojewskij selbst blieb mir fremd und farblos, obwohl ich ein Faible für leicht skurrile Personen habe. Während seiner Unternehmungen mit Rossini wird denn überbordend viel parliert, philosphiert und gegessen, so dass die Erzählung dahinplätschert wie Lagunenwasser. Das Angebot, das Rossini dem Schriftsteller macht, erzeugt keine Spannung, da ein entsprechendes literarisches Werk eben nicht existiert. Dieser Handlungsstrang, eigentlich Dreh- und Angelpunkt, versickert denn auch auf äußerst unspektakuläre Weise.

Die Geschichte erleben wir ausschließlich durch Dostojewskijs missmutige Augen. Recht merkwürdig mutet es dann an, wenn behauptet wird, etwas liege ihm in den Genen, Jahrzehnte, bevor dieser Begriff überhaupt geprägt wurde.
Am wunderlichsten wirkten auf mich aber die Protagonistinnen. Frauen schienen für Dostojewskij nur als abwesende, problembehaftete Ehefrauen oder Geliebte zu existieren, zeternde Nachbarinnen, Prostituierte oder sinnenfrohe Naturgeschöpfe, die sich liebend gern doppelt so alten Misanthropen an den Hals werfen. Allesamt austauschbar und beliebig. Wenigstens Venedig konnte mein Interesse durchweg aufrecht erhalten.
von Sago - 2021-01-24 16:59:00

Ein großartiger Roman über eine fiktive Begegnung - 5 Sterne

Die Hauptfiguren dieses Buches sind Dostojewskij und Rossini.

Fjodor M. Dostojewskijs Romane haben mich lange sehr beschäftigt. Es tut gut ihn hier als Romanfigur wiederzutreffen.

Orangen für Dostojewski ist nicht der einzige Roman mit Dostojewskij als handelnde Figur. Das gab es schon in Ein Sommer in Baden Baden.
Aber bei Michael Dangl wirkt er sympathischer und nachdenklicher. Natürlich ist er ein grüblerischer Mensch.
1862 ist er auf Auslandsreise in Venedig. Seine Begegnung mit dem Komponisten Rossini ist fiktiv, aber ein guter Einfall. So wird der Roman auch mehr auf eine Episode begrenzt. Dostojewskijs ganzes Leben würde mehrere Romane füllen.

Die Begegnung der ungleichen Männer ist herzlich. Gioachino Rossini ist ein empathischer Mensch und schafft es in ihren Gesprächen den Schriftsteller aus der Reserve zu locken. Was ist Rossini für eine großartige Figur! Diese Passagen sind pure Lesefreude.
Aber nicht nur die Dialoge, auch die Beschreibungen Venedigs dieser Zeit sind sehr interessant.
Faszinierend auch die Idee einer Möglichkeit der Zusammenarbeit dieser beiden Größen. Dostojewskij hätte ein Libretto für eine komische Oper Rossinis schreiben können.
Das ist nicht zustande gekommen, Michael Dangls schöner Roman aber schon. Ein Roman, der sowohl die Literatur als auch die Musik feiert.
von yellowdog - 2021-01-23 09:02:00

Was gewesen wäre wenn ... bravourös gelöst - 5 Sterne


Eine reale Stadt, nämlich das traumhaft schöne Venedig, wurde als Bühnenbild des Romans gewählt. Und eine fiktive Begegnung zwischen Dostojewskij und Rossini als Drehbuch. Das hat was. Und es war alles andere als einfach, was sich der Autor da vorgenommen hatte. Er hat die Aufgabe meiner Meinung nach mit Bravour absolviert.

Der kranke Fjodor Dostojewskij erfüllt sich einen langgehegten Wunsch, nämlich Venedig zu besuchen. Doch er findet keinen Zugang zu der Lebendigkeit und Lebensfreude der Stadt. Er findet sich nicht zurecht, versteht die Sprache nicht, bleibt weiter gefangen in Schwermut. Erst als er Rossini begegnet, diesem rein barocken Genussmenschen, sozusagen seinem Antipoden, erfährt Dostojewskij einen neuen Schub ins Leben, ins Genießen. Wobei auch intellektuelle Gespräche über Kunst und Können, über Kultur und Geschichte zur Freude dienen und die Annäherung dieser zwei so völlig unterschiedlichen Künstler durchaus auch komische Seiten hat.

Der vielschichtige Roman von Michael Dangl ist nicht geeignet zum reinen Konsumieren. Er verlangt nach dem Leser, der sich Zeit nimmt, der sich einfühlt und sich verführen lässt zu den Gedankenausflügen, die der Autor mit uns unternimmt. Wie gerne bin ich ihm gefolgt, weil man die immense Recherche-Arbeit auf jeder Seite neu und mit Hochachtung erspürt. Hier ist ein Schriftsteller nicht nur seiner Idee nachgefolgt, sondern hat diese Idee perfekt in Roman-Szene gesetzt, so überaus eindringlich, so lebendig, so plastisch und so intellektuell herausfordernd, dass ich mit zunehmender Begeisterung Seite um Seite las. Die Sprache ist mitunter etwas sperrig, mit Satzeinschüben das Lesen verkomplizierend, so als käme der Autor selbst aus der Zeit Dostojewskijs, als kenne er ihn aus persönlichen Begegnungen. Neben hinreißenden Bildbetrachtungen verzauberte mich der Autor mit seinem profunden Wissen, was Literatur, Malerei und Musik gleichermaßen betrifft, und mit seinem gewaltigen Talent, Geschehnisse und Personen zu intensivem Leben zu erwecken, sodass der Leser hautnah am Geschilderten teilnimmt. Dieses Buch ist ein Glücksfall für alle, die einen Roman zu schätzen wissen, der Sprache und Kunst und Intelligenz auf bestmögliche Weise verbindet.
von heinoko - 2021-01-18 12:53:00

Dostojewskij - 4 Sterne

Fjodor M. Dostojewskij ist ein russischer Autor. Ich habe schon einige Bücher von ihm gelesen und diese haben mich auch sehr beeindruckt.
Dieses Buch ist natürlich fiktiv, aber trotzdem habe ich das Gefühl ihn etwas besser kennen zu lernen. Außer ihm geht es auch um den italienischen Komponisten Gioachino Rossini und dem österreichischem Schauspieler und Autor Michael Dangl.

Ich mochte die Art wie die Geschichte erzählt wird. Die Handlung ist realtiv ruhig. Es geht viel um Gespräche und Erlebnisse. Um Empfindungen und die Vergangenheit. Manchmal wird es schon fast philosophisch.
Es gab allerdings auch ein paar Stellen wo ich mich etwas gelangweilt.
Da hätte ich mir etwas mehr Dynamik gewünscht.

Insgesamt war es ein Buch was sich zwar etwas gezogen hat, mich am Ende aber irgendwie doch beeindruckt hat und ich froh bin es gelesen zu haben.
von WasBleibtIstJetzt - 2021-01-17 22:53:00

Vivat - 4 Sterne



Der Schriftsteller Michael Dangl lässt zwei bedeutende Männer in Venedig aufeinandertreffen.

Der Roman „Orangen von Dostojewskij“
ist reine Erfindung, Theoretisch könnten hätte er Rossini kennen lernen können, aber dafür gibt es keine Beweise.

Der Autor lässt Dostojewskij durch Venedig stolpern. Da er kein Italienisch kann, verläuft er sich oft und wir lernen Venedig aus seiner Sicht kennen. Seine Gedanken sind Interessant. Vorher hat er trotz seiner Epilepsie Krankheit und wenig Geld.
Deutschland und England besucht.

Als er jetzt Rossini trifft, gibt es interessante Dialoge. Diese fünf Tage gingen schnell vorbei, es passierte aber viel.

Am Ende wird die Geschichte noch poetisch, über die Gedanken, die die Dostojewskij sich machte.

Michael Dangl lässt den Roman im Epilog gut ausklingen.
So wurde ich gut unterhalten..

von begine - 2021-01-17 10:00:00

Reise in die Vergangenheit - 5 Sterne

„Orangen für Dostojewskij“ ist ein fiktiver Roman über den russischen Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski und den italienischen Komponisten Gioachino Rossini von dem österreichischem Schauspieler und Autor Michael Dangl.

Dostojewski und Rossini waren zur gleichen Zeit in Italien, ob sie sich jemals begegnet sind… Beweise gibt es dafür keine, aber möglich gewesen wäre es.

Nachdem Dostojewski zehn Jahre im Arbeitslager in Russland verbracht hat, erfüllt er sich einen Traum, macht eine Reise nach Westeuropa und geht nach Venedig. Kurz bevor er wieder abreisen will begegnet er dem Komponisten Rossini, dessen Leben in einem krassen Gegensatz zu seinem steht. Rossini lebt das ausschweifende Leben eines Künstlers und es kommt zu langen, intensiven Gesprächen über Kunst und Kultur. Auch die historischen Ereignisse rücken immer wieder in den Vordergrund und man erfährt neben den Fakten über die Künstler eine Menge über die geschichtlichen Hintergründe gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Der Schreibstil ist durch die vielen Dialoge recht lebendig, gleichzeitig aber auch sehr ruhig und informativ. Man Spürt wie viel Recherchearbeit der Autor in diesen Roman gesteckt hat, nicht nur in das Leben der Künstler, sondern auch in die historischen und politischen Ereignisse.
Durch viele Details und Nebengeschichten liest sich das Buch abwechslungsreich und spannend. Ich habe diese Zeitreise und diese Mischung aus Fiktion und Fakten genossen, da mich das Buch sprachlich und inhaltlich begeistert hat.
von Tara - 2021-01-16 19:44:00