Rezensionen

Rezensionen von Sago

Autor: A. C. Wise

Jenseits von Nimmerland - 5 Sterne

"Er forderte Liebe als einen Schild, ohne zu begreifen, dass die Liebe auch ein Schwert sein kann, das weit schärfer schneidet als jeder Piratensäbel. Zu lieben bedeutet, etwas zu verlieren zu haben, und das ist etwas, was Peter wohl nie verstehen wird, Wendy indessen nur allzu gut."

Was wurde aus Wendy Darling, die Peter Pan einst gemeinsam mit ihren Brüdern ins Nimmerland zu den verlorenen Jungs entführte? Wendy ist nun erwachsen und selbst Mutter. Doch Peter ist noch immer ein Kind, entschlossen, eine neue Mutter für die Jungs zu finden. Und das soll ausgerechnet Wendys Tochter Jane sein...

Wunderbar düster schreibt A.C. Wise die berühmte Erzählung um Peter Pan fort. Und nicht nur der verführerische Peter trägt hier äußerst dunkle Züge. Auch Nimmerland ist voller Abgründe und gefährlicher Geheimnisse. Selbst das reale London war für Wendy ein Ort der Finsternis, denn in Rückblenden erfahren wir, dass Wendy, da sie Nimmerland nicht vergessen wollte, sogar in eine Klinik eingesperrt wurde.

Stilistisch auf hohem Niveau schildert die Autorin, wie Wendy zu ihrer eigenen Stärke finden muss, um Peter endlich die Stirn zu bieten und ihre Tochter zu retten. Das Buch hat mich begeistert, daher freue ich mich, dass es noch eine Fortsetzung über Captain Hook geben wird.
Autor: Leigh Bardugo

Wilde Magie - 5 Sterne

"Wie sollte sie Liebe und Verlangen auseinanderhalten? Es war, als hätte man Salbei neben Fingerhut gepflanzt und wollte die Blätter voneinander unterscheiden, wenn noch keine Blüten zu sehen waren. Beide hatten medizinische Eigenschaften, doch man musste sie auseinanderhalten können. Santangel war gefährlich, aber konnte er ihr gefährlich werden?"

Spätestens mit diesem Buch hat Leigh Bardugo endgültig zu ihrer vollendeten stilistischen Kraft gefunden. Auch inhaltlich hat mich die Story absolut mitgerissen und begeistert.

Spanien zur Zeit der Inquisition. Das Küchenmädchen Luzia besitzt eine wilde Form der Magie, die sie für einfache Haushaltzauber einsetzt. Als ihre gelangweilte Herrin Valentina ihr auf die Schliche kommt, verfällt sie auf die Idee, Lucia im Interesse des eigenen gesellschaftlichen Aufstiegs als Wundertäterin zu präsentieren. Doch das bleibt nicht unbemerkt. Schon bald wollen andere intrigante Mächtige Luzias Kräfte für sich nutzen, allen voran Don Victor, der stets in Begleitung des fürchteinflößenden Dieners Santangel erscheint. Und Santangel scheint mehr Dämon als Mann zu sein...

Leigh Bardugo nimmt sich viel Zeit für die Figurenzeichnung und Entwicklung ihrer Protagonisten, was für mich der Geschichte absolut zugute kommt. Egal ob sie die Entwicklung von Luzias Kräften schilderte, Santangels schillerndes Geheimnis aufdeckt oder atmosphärisch dicht eine Zeit wieder zum Leben erweckte, in der Wunder und Betrug nicht nur kaum unterscheidbar, sondern auch die Gefahr des Scheiterhaufens bargen - ich war stets gleichermaßen fasziniert.
Autor: Howard, Scott Alexander; Burger, Anke Caroline

Bollwerk gegen das Nichtsein - 5 Sterne

"Wir sind das Bollwerk gegen das Nichtsein. Dagegen, so vollständig ersetzt zu werden, dass um das Verlorene nie getrauert wird."

So sieht sich selbst das Conseil, der Rat, der in den Tälern im Debütroman des promovierten Philosophen Scott Alexander Howard Regierung und Kirche zugleich ersetzt.

Mit den Tälern, in denen alles identisch existiert, allerdings zum einen in der Gegenwart und zum anderen jeweils 20 Jahre in der Vergangenheit und 20 Jahre in der Zukunft, erschafft Howard ein unwiderstehliches Gedankenexperiment. Wie weit sind Menschen bereit zu gehen, wenn sie den schlimmsten Moment ihres Lebens verändern könnten und welchen Preis sind sie dafür bereit zu zahlen?

Unter ganz besonderen Bedingungen erlaubt das Conseil Übertritte in die andere Zeit, aber nur um einen geliebten Verstorbenen noch einmal zu sehen oder einen Nachfahren, den man durch vorzeitigen Tod nicht mehr kennenlernen konnte. Als die junge Odile eines Tages in den maskierten Besuchern aus dem Zukunfts-Tal die Eltern ihres Schulfreundes Edme erkennt, ahnt sie, dass Edme bald sterben muss. Ausgerechnet Edme wird zu ihrer ersten Jugendliebe. Doch Odile selbst ist Anwärterin für das mächtige Conseil und in Edmes Schicksal einzugreifen strengstens verboten....

Howard gelingt ein unglaublich vielfältiger Roman von beeindruckender Tiefgründigkeit, den man von Beginn an, auch während man nicht darin liest, nicht mehr aus dem Kopf bekommt. So sehr wird man von den darin aufgeworfenen Fragen auch persönlich berührt. Ist der erste Teil des Romans noch geprägt von bittersüßem Coming of Age, liefern die folgenden Teile und die Beschreibung des teils gnadenlosen Regimes eine Tristesse von niederdrückendem Ausmaß. Dabei zeichnet sich Howards Stil stets durch sprachliche Schönheit und Bildhaftigkeit aus.

Auch das gelungene Ende überzeugt so sehr, dass man sich unwillkürlich fragt, wann man aufhören wird, darüber nachzudenken oder von der Geschichte zu erzählen. Ein Buch, wie man es leider nur sehr selten zu lesen bekommt.
Autor: Jennifer Alice Jager

Unwiderstehlich - 5 Sterne

"Nichts ist so unwiderstehlich wie der Kuss einer Nixe," verspricht der Klappentext. Ich behaupte, wenn man originelle Fantasy mit Dark Academia Vibes mag, wird man diesem Buch nur schwer widerstehen können!

Devin wurde von ihrer Granny immer eine diffuse Angst vor Nixen eingeredet. Aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, sie selbst könnte eine Nixe sein und gar andere in Gefahr bringen. Als ihr Schwarm nach einem Kuss mit ihr ins Krankenhaus eingeliefert werden muss, findet Devin sich unversehens an der verborgenen School of Myth and Magic wieder, wo sie ihre Kräfte in den Griff bekommen soll. Aber Devins Nixenerbe droht tatsächlich dunkler zu sein als das anderer Nixen. Und etwas Unheilvolles scheint ihr an dir Schule gefolgt zu sein...

Die Grundidee mag nicht neu sein, aber die Umsetzung hat mich mitgerissen. Die Schule und all die Wesen, die sie besuchen sind so farbenprächtig und überzeugend geschildert, dass man Bilder vor Augen hat. Devin ist mit ihrer Mischung aus Unsicherheit und Schlagfertigkeit authentisch und sympathisch ersonnen. Und wo hat man schon einmal einen gutherzigen, attraktiven Faun getroffen, der der Untermieter eines Katers ist?

Devins Abenteuer sind so spannend, dass ich keinen Cliffhanger am Ende gebraucht hätte, um mir den zweiten Teil der Dilogiie jetzt schon vorzumerken.
Autor: Louise Fitzgerald

Versprochen - 5 Sterne

Was für eine originelle und wirklich bezaubernde Idee! Völlig aufgedreht sein, ausgerechnet wenn es Schlafenszeit wird, das kennen nicht nur Kinder und leidgeprüfte Eltern, sondern auch die absolut zuckersüßen Tiere in diesem Buch. Vor allem in den Fuchs, bei dem der buschige Puschelschwanz aus dem Schlafanzug herausragt, habe ich mich beim Vorlesen verliebt.

Kinder müssen hier versprechen, dass sie nach der Geschichte tatsächlich einschlafen werden. Dafür muss dann im Gegenzug auch die allerbeste Vorlesestimme aufgeboten werden.

Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt, die tatsächlich nur aus zehn Worten besteht, stellt dann auch nicht den Kern des Buches da. Vielmehr müssen sich die niedlichen Tiere des Buches ebenso mit einigen Ritualen auf das Einschlafen vorbereiten wie die Kinder im wahren Leben. Und das gelingt mit Hilfe des Buches wirklich oft viel leichter.
Autor: Gugger, Rebecca

Zauberworte - 5 Sterne

Was für große Erwartungen hatte Oscar an die Schatzkiste, die er da gefunden hat. Alles mögliche Wunderbare hätte darin sein können und dann sind es einfach nur Wörter. Was soll Oscar mit diesen langweiligen Aneinanderreihungen von Buchstaben bloß anfangen? Als er enttäuscht "quietschgelb" zusammenknüllt und einfach wegwirft, springt allerdings unvermutet ein knallgelber Igel aus dem Gebüsch....

Zunächst hat mich die Art wie Oscar gezeichnet wurde, nicht so ganz angesprochen, aber dann fand ich das Buch einfach zauberhaft. Kinder können hier spielerisch so viel über die Macht der Wörter lernen, erfassen, wie man sorgsam mit ihnen umgeht, erleben, wie es ist, wenn einem irgendwann die Worte fehlen und wie man sich einfach neue Wörter erschaffen kann. Was für eine wunderbare Idee, die beeindruckend originell umgesetzt wurde.


Autor: Kira Licht

Funke der Zeit - 4 Sterne

Diese Idee sprüht wirklich Funken: Was wäre, wenn man in der Zeit zurückreist, ausgerechnet auf die Titanic, um dort eine wertvolle Kette zu stehlen, um die Schulden der Familie zu bezahlen? Wenn einem ein anderer Zeitreisender dorthin folgt, um den Gegenstand zu stehlen, der Zeitreisen überhaupt erst möglich macht? Und was wenn sich diese beiden dann ineinander verlieben?

Was für umfangreiches Material Kira Licht gesichtet hat über die Jungfernfahrt der Titanic, die bekanntlich so tragisch endete, merkt man der Geschichte wohltuend an. Sie schildert die Kulisse atmosphärisch dicht, so dass man unmittelbar Bilder vor Augen hat. Und natürlich wird es unglaublich dramatisch, wenn der Untergang beginnt.

Lilly ist die Kettendiebin mit viel Familiengefühl, Damien ihr Widerpart, der sich durchringen soll, Lilly zu schaden, um seiner Schwester zu helfen. Denn wenn ihr das Utensil entwendet wird, mit dem sie in die Gegenwart zurückreisen kann, ist sie verdammt, mit unterzugehen.

Die Story hat mich so weit eingefangen, dass ich unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Zumal ich mir kaum vorstellen kann, was es mit dem titelgebenden Mr. Darcy im zweiten Teil auf sich hat.

Kleinere Kritikpunkte kann ich aber nicht verhehlen: Zum einen haben wir hier wieder einmal eine instant love, die sich rasend schnell entwickelt. Zudem sind Lilly und Damien unglaublich sympathische Charaktere. Warum es sie derart wenig quält und beschäftigt, dass sie wissen, Mensch und Tier, die ihnen auf der Titanic schnell ans Herz wachsen, werden in kurzer Zeit ihr Leben verlieren, konnte ich nicht recht nachvollziehen. Ich bin sicher, dass der zweite und abschließende Band diese Mankos wettmachen wird. Darauf freue ich mich.
Autor: Jens Schumacher

Wer Bücher liest, ist selber schuld - 5 Sterne

Eigentlich ist das Buch ja für Lesemuffel gedacht und soll sie davon überzeugen, dass Lesen doch Spaß macht. Meiner Meinung nach hat man aber auch Freude an dem Buch, wenn man Bücher bereits mag. Die Spinne Karoline Kneberwecht ist wirklich putzig, wie sie in Knalltürkis auf braunem Grund Scheinargumente aufführt, warum Lesen einfach nur langweilig ist.

Vertausche etwa nur einen Buchstaben und gleich gibt es Chaos, behauptet sie zum Beispiel und beweist es gleich mit Wortpaaren wie Rind/Kind. Das weckt ganz nebenbei ein Bewusstsein für Sprache.

Integriert sind auch kleine Leseaufgaben wie Lückentexte, die für die Altersgruppe ab sieben Jahren angemessen sein dürfte. Dieses Buch möchte man wirklich nicht, wie von Karoline befohlen, ins Regal zurückstellen und verstauben lassen, sondern gleich zum nächsten greifen.
Autor: Katharina Seck

Das Gewicht der Worte - 4 Sterne

"Was war sie denn schon ohne ihre Fähigkeit, Geschichten zu erzählen? Was war dann noch von ihr selbst übrig?"

Katharina Seck kannte ich als Autorin bereits durch einige ihrer Fantasy-Romane. In diesem Buch erzählt sie die Geschichte der jungen Autorin Ida, der Worte und Inspiration abhanden gekommen sind. Doch irgendwie muss sie ja Geld verdienen und so nimmt sie eine Stelle als Haushaltshilfe auf dem Land an. Die alte, alles andere als umgängliche Hausherrin Ottilie ist eine ebenso große Herausforderung wie das heruntergekommene Anwesen. Aber beide Frauen vereint immerhin die Liebe zu Büchern. Kann Ida den Zugang zu ihrer Erzählstimme wiederfinden, indem sie den Spuren von Ottilies Vergangenheit folgt?

Katharina Seck nimmt sich sehr viel Zeit, Ida bei Ottilie ankommen zu lassen und bedient sich eines Stils, der sich einer modernem Erzählweise bewusst entzieht. Es ist ein Buch der leisen Töne, das für mich vor allem immer dann seinen Zauber entfaltete, wenn es die Liebe zu Büchern in den Mittelpunkt stellte. Die Frage, die in mir beim Lesen entstand, beantwortet die Autorin im Nachwort: Es ist ein bisschen auch ihre eigene Geschichte.

Autor: Ann Leckie

Wenn Götter sprechen lernen - 5 Sterne

"Vielleicht war die Dauer des eigenen Lebens nicht wichtig. Vielleicht kam es nicht darauf an, wie lang oder kurz die eigene Zeit war, sondern mit wem man sie verbrachte."

Was für ein Leseerlebnis! Endlich wieder ein Fantasy-Roman, der aus der Masse heraussticht. Die Autorin Anne Leckie wird auf dem Buchumschlag von Patrick Rothfuss hochgelobt. Und tatsächlich erzählt Leckie wunderbar anders. Das beginnt schon bei der Perspektive, die am Anfang rätselhaft bleibt. Denn stets wird hier der Protagonist Eolo vom Erzähler direkt angesprochen:"Als ich dich das erste Mal sah, kamst du zu Pferde zwischen den Bäumen hervor."

Wer berichtet hier? Es dauert eine Weile, bis man die Antwort erhält. Zunächst folgt man Mawat, dem Sohn des Statthalters von Iraden, und seinem Adjudanten Eolo, die nach Iraden zurückkehren. Mawats Vater ist verschwunden, dabei hätte er sich als Sprachrohr des Rabengottes selbst opfern müssen. Obwohl Mawat sein Nachfolger gewesen wäre, hat sich sein Onkel bereits dazu ernannt...

Geheimnisse, Intrigen und eine fast mystische Erzählung über erwachende Götter - eine Geschichte die in vielerlei Hinsicht an Originalität kaum zu überbieten ist. Die Hobbit Presse hat sie zudem, vor allem in der ersten Auflage mit Farbschnitt, wunderschön verpackt.