Rezensionen

Evelyn

Autor: Karina Sainz Borgo

Nacht in Caracas - 5 Sterne

Caracas brennt und mittendrin kämpft Adelaida für sich selbst, denn sie hat nichts und niemanden mehr. Die Not zwingt sie zu grausamen Dingen und so schmiedet sie einen Plan wie sie dem Elend in Caracas entkommt. Dabei geht sie wortwörtlich über Leichen. Präzise und auf wenigen Seiten komprimiert breitet Karina Sainz Borgo eine Geschichte über Venezuela im Ausnahmezustand aus. Fesselnd und grausam zugleich.
Autor: Johanna Holmström

Die Frauen von Själö - 5 Sterne

40 Jahre stehen zwischen der Geschichte von Kristina und Ellie, zwei Frauen, die auf einer kleinen Insel im Schärenmeer vor der Küste Finnlands in Abgeschiedenheit leben. Kristina hat ihre beiden Kinder ertränkt und landet deshalb auf Själö im Heim für Frauen mit psychischen Störungen. Ellie kommt aus einem ganz anderen Grund auf die Insel, will aber unter keinen Umständen bleiben. Als dritte Figur beschreibt Johanna Holmström die Krankenschwester Sigrid, für die die abgeschiedene Insel ein wenig zur Heimat geworden ist.

Hochamt in Neapel - 5 Sterne

Kritiker und Buchliebhaber werden Vergleiche mit Dan Brown anstellen, Denis Scheck hat der Althistoriker und Lektor bereits für sich gewonnen. Von der Lahr verstrickt gekonnt Wissenschaft mit Politik und entführt uns in die Heimat der Camorra. Wir starten allerdings in Rom: Ein Zöllner wird überfahren – der Mörder begeht Selbstmord. Gleichzeitig wird man in Neapel über das Fehlen von Dokumenten eines früheren Kardinals aufmerksam. Wer möchte, kann sich auch den Vorgängerroman Das Grab der Jungfrau zu Gemüte führen - kein Muss.
Autor: Paulo Coelho

Veronika beschließt zu sterben - 5 Sterne

Eine unvorhersehbare Geschichte - Veronika beschließt zu sterben von Paulo Coelho. Wenn Veronika das beschließt, kann sie das auch ruhig machen. Nicht vorherzusehen war, dass eine Schwester des Klosters, in dem sie übernachtete, sie dabei unterbrach. Mit einer Überdosis an Medikamenten wollte sie sich ins Jenseits katapultieren, wurde dann aber leider in eine Psychiatrie eingeliefert. Wie kam es aber zum Suizidversuch? Im einleitenden Teil des Buches beschreibt sie, wie satt sie es hatte, auf alles warten zu müssen: auf den Bus, auf den einen oder anderen Termin usw. Wie oft passiert es uns selbst, dass wir z.B. auf das langersehnte Wochenende warten? Veronika machte diese Philosophie des Wartens wahnsinnig. Bis sie sich mit Ihrer Diagnose „Warten auf den Tod durch Herzstillstand“ tatsächlich zu den Wahnsinnigen gesellte. Einem Ort, wo jeder das tun konnte, was er wollte - ohne jegliches Kopfschütteln durch Dritte. So lernte sie einen klavierspielenden Epileptiker kennen und befriedigte sich zu allem Überfluss noch selbst vor ihm. Ein etwas skurriles Buch, das uns eigentlich etwas ganz Einfaches mitteilen möchte! Um an die Botschaft des Buches zu gelangen empfehle ich die gesamte Lektüre des Bestsellers. Du willst mehr über Book Broker erfahren? Dann hier entlang: www.bookbroker.wordpress.com
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Autor: Daniel Glattauer

Gut gegen Nordwind - 5 Sterne

Diese Emmi, diese Emmi – Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer.
Bei Gut gegen Nordwind handelt es sich um ein Buch, das für mich mit vielen Erwartungen verbunden war. Einige Menschen hatten es mir bereits empfohlen, meine Mitbewohnerin war begeistert als sie es in meinem Zimmer entdeckt hatte und während ich es las, hörte ich von vielen weiteren sehr unterschiedliche Meinungen dazu. Einige sahen das Buch in meiner Tasche und sagten: „Oh, das Buch musste ich in der Schule lesen – absoluter Mist!“ oder etwa „Du liest Gut gegen Nordwind? Das Buch ist einfach fantastisch!“ Dementsprechend war ich während meiner Lektüre teilweise irritiert. In Einem waren sich alle recht einig: Es liest sich schnell und gut. Es handelt sich um einen E-Mail Roman, d.h. das Buch besteht ausschließlich aus E-Mails. Die Idee finde ich klasse! Die Geschichte beginnt damit, dass Emmi ein Zeitungsabonnement abbestellen möchte und die Mails versehentlich an einen anderen Empfänger sendet: Leo. Das ganze passiert drei Mal, dabei fragt man sich schon ob das noch realistisch ist, aber okay, lassen wir die Geschichte ins Rollen kommen. Auch alles Weitere ist sehr skurril, aber durchaus denkbar. Emmi und Leo schreiben sich von belanglosen bis intimen Mails steigernd über ein Jahr hinweg. Der Sinn und Zweck dahinter ist den Schreibenden selbst nicht ganz klar, vor allem, da es sich um ein sehr kontrastreiches Paar handelt: Emmi ist die angeblich Schöne, arrogante, aber in der realen Welt sehr schüchterne Frau, die eigentlich „glücklich verheiratet“ ist. Leo ist Sprachforscher, unglücklich getrennt und wird gerne rückfällig, was seine Ex Marlene betrifft. Während des Lesens machte sich in mir immer wieder dieses Gefühl breit, dass diese Emmi unberechenbar ist. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass sie ihre „glückliche“ Ehe aufs Spiel setzt und mit Leo durchbrennt, aber tatsächlich kommt es nicht so, soviel sei verraten. Das Buch enthält einige spannenden Wendungen, vor allem zum Schluss! Was da kommt, hatte ich mir wirklich nicht erwartet. Na? Schon neugierig geworden? Ich kann die Lektüre empfehlen, auch wenn ich von Emmi erstmal genug habe, die Frau machte mich beim Lesen wahnsinnig! Die Herkunft des Buchtitels war auch recht interessant, verrät aber nichts über den Inhalt. Die drei Worte „gut gegen Nordwind“ kommen im Buch genau zwei Mal vor. Emmi schreibt, dass sie keinen Nordwind verträgt, der abends in ihr Zimmer bläst und lenkt sich mit Emails von Leo ab – Leo ist also „gut gegen Nordwind“. Die Fortsetzung zum Buch: Alle sieben Wellen. Du willst mehr über Book Broker erfahren? Dann hier entlang: bookbroker.wordpress.com
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Autor: Friedrich Dürrenmatt

Der Besuch der alten Dame - 5 Sterne

Bald im Tiroler Landestheater zu sehen – Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt. Beinahe pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum der Uraufführung der Tragikomödie am 29. Januar 1956 im Schauspielhaus Zürich, verwandelt sich ab dem 16. Januar auch die Bühne des Tiroler Landestheater in die Stadt Güllen (man achte auf die Ähnlichkeit zu Gulden). Die Stadt ist nämlich der Schauplatz einer Geschichte, die mich beim Lesen aufgrund seines Dilemmas sehr gefesselt hat, mehr soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden. Anders als bei manch anderem Stück sind die Rollen klar verteilt und es besteht kaum Verwechslungsgefahr. Das ewige Hin-und-her-Blättern zu den ersten Seiten mit der Personenauflistung bleibt dem Lesenden tatsächlich erspart. Genauso wird die Ausgangslage des Stücks deutlich definiert, ohne lange Umschweife: Die Stadt Güllen, die einst sogar Goethe besuchte, ist bankrott und sieht ihre letzte Hoffnung im Besuch der alten Dame – eine Milliardärin, die ihre Heimatstadt nach langer Zeit wieder besucht. Es zieht sie aber nicht aus Heimweh zurück nach Güllen, sondern aus Rache. 1910 musste Klara Wäscher die Stadt verlassen, verurteilt als Dirne. Alfred Ill (englisch für krank?), ihr damaliger Liebhaber, hatte sie geschwängert. Vor Gericht verleugnete er dies. Um seine Aussage glaubwürdiger zu machen, bezahlte er noch zwei weitere Männer für eine Aussage vor Gericht, dass sie behaupten auch mit ihr geschlafen zu haben. Nun kehrt Klara als Claire Zachanassian und als siebenfache Ehefrau mit einem Butler, den zwei bezahlten, mittlerweile verstümmelten „Falschaussagern“ und einem Sarg zurück. Ihr Beweggrund für die Rückkehr war der Wunsch nach Gerechtigkeit oder nennen es Rache: „ich kann sie mir leisten [die Gerechtigkeit]. Eine Milliarde für Güllen, wenn jemand Alfred Ill tötet.“ (Dürrenmatt 1998, S. 49) Der Bürgermeister ist entrüstet über das Kopfgeld, das auf seinen guten Freund und geplanten Nachfolger ausgesetzt worden ist und lehnt das Angebot im Namen der Stadt ab. Claire entgegnete darauf ein schlichtes: „Ich warte“. Der Lehrer versucht noch die Frau zu mehr Menschlichkeit zu bewegen, worauf sie antwortet: „Die Menschlichkeit, meine Herren, ist für die Börse der Millionäre geschaffen, mit meiner Finanzkraft leistet man sich eine Weltordnung. Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich sie zu einem Bordell.“ (Dürrenmatt 1998, S. 91) Nicht viel später laufen viele Bewohner mit neuen (gelben) Schuhen herum, der Polizist hat einen neuen goldenen Zahn und allgemein leistet sich jede/r Bewohner/in von nun an auch mal etwas Teureres. Alfred Ill wird verrückt, während alle um ihn herum ganz ruhig bleiben. Auch die Presse stattet Güllen einen Besuch ab, kommt in dem Stück aber nicht gut weg. Die Tragikomödie birgt viel Wahres in sich und vergleicht die titelgebende Frau mit Medea (eine Figur der griechischen Mythologie, die ebenso rachesüchtig war). Wer die Gattung gut kennt, weiß auch wer am Ende zu Fall kommen muss – mehr möchte ich über das Stück nicht verraten, dafür lohnt es sich ins Theater zu gehen. Du willst mehr über Book Broker erfahren? Dann hier entlang: www.bookbroker.wordpress.com Du findest den Buchblog auch auf Facebook und auf Instagram!
Autor: Isabel Allende

Ein unvergänglicher Sommer - 5 Sterne

Drei ungleiche Charaktere begeben sich auf eine abenteuerliche Reise mit einer gefrorenen Leiche im Kofferraum. Doch dient dieses Ereignis, welches Lucía, Richard und Evelyn verbindet, lediglich als Klammer. Wir erfahren nämlich so einiges (und viel Unerfreuliches) über die "Flüchtlinge", die uns mit ihren Schilderungen nach Guatemala, Chile und Brasilien entführen. Doch beginnt die Erzählung in Brooklyn mit einem wilden Schneesturm und einem Unfall und endet mit einer späten Liebe.

Die Wahrheit über das Lügen - 5 Sterne

Ein Vater, der zu viel arbeitet und zu wenig Zeit mit der Familie verbringt, Kinder, die glauben, auf ewig befreundet zu bleiben, eine Schriftstellerin, die den Erfolg der Liebe vorzieht ... Jede einzelne der 10 Erzählungen berührt, regt zum Denken an und stellt die Frage in Raum, ob wir uns vielleicht ein bisschen selbst belügen. Wer Betroffenheit beim Lesen verspürt, ist selber schuld. Ich freue mich, dass uns Benedict Wells mit dem Erzählband das Warten bis zu seinem nächsten Roman erträglicher macht.

Konklave von Robert Harris - 5 Sterne

Konklave ist Nerverkitzel pur. Der Leser kann sich von Beginn an in die Hauptfigur, den Dekan Lomeli hineinversetzten. Welch‘ große Bürde doch auf ihm lastet – der Papst ist vor kurzem verstorben und er muss nun die anstehende Papstwahl koordinieren. Das, obwohl er vor kurzem aus seinen Ämtern zurücktreten wollte, der Heilige Vater dies aber nicht zuließ. Wir erleben beim Lesen also eine Papstwahl hautnah mit – 118 Kardinäle eingeschlossen in der Casa Santa Marta, die ganze acht Mal in der Sixtinischen Kapelle ihr Stimme abgeben mit dem Eid:







„Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.“







Von Wahlgang zu Wahlgang habe ich mitgefiebert und habe mich auch dabei erwischt, wie ich einige Seiten vorgeblättert habe, um einen Blick auf das Ergebnis des darauffolgenden Wahlganges zu erhaschen. Der Roman ist außerdem mit sehr gut recherchierten Fakten rund um Päpste aus der Vergangenheit gespickt. Äußerst beeindruckend sich auch die Predigten, die die Favoriten des Konklaves schwingen. So auch die des Dekans Lomeli:







„[…] Gewissheit ist der tödliche Feind der Einheit. Gewissheit ist der tödliche Feind der Toleranz. Selbst Christus war sich am Ende nicht gewiss. […] Unser Glaube ist genau deshalb etwas lebendiges, weil er Hand in Hand geht mit dem Zweifel. Gäbe es nur Gewissheit und keinen Zweifel, dann gäbe es kein Geheimnis und wir brauchten den Glauben nicht.“



(Harris 2016, S. 123)







Tedesco, Adeyemi, Tremblay, Bellini… Sie alle wollen die Schlüssel Petri, doch kommen mit der Zeit dunkle Geheimnisse ans Licht. Lomeli ermittelt geschickt, obwohl sie von der Außenwelt abgeschirmt sind bis sich eine zwei Drittel Mehrheit für einen neuen Papst entschieden hätte. Für Aufregung sorgte auch die Anwesenheit Benitéz’ – der Erzbischof von Bagdad, der vom Papst kurz vor seinem Tod zum Kardinal in pectore ernannt wurde.







Das Ende verspricht sehr interessant zu werden und es ist beeindruckend, wie Robert Harris den Bogen von der Erzählung zum aktuellen Weltgeschehen und den Diskursen spannt. Für seine Recherchen war er selbst im Vatikan zu Besuch und konnte mit einem Kardinal sprechen, der bereits an einem Konklave teilgenommen hatte. Ein Ereignis, dem wir wohl nie beiwohnen können, außer man liest das Buch.







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Der Seelenbrecher von Sebastian Fitzek - 5 Sterne

Sebastian Fitzek ist zur Zeit wieder in aller Munde, da vor Kurzem sein neuer Thriller Das Paket auf den Markt kam. Im Oktober habe ich den Autor auf der Frankfurter Buchmesse getroffen und mir meinen ersten Fitzek signieren lassen: Der Seelenbrecher. Seine Neuerscheinung war zum Zeitpunkt der Messe noch nicht veröffentlicht, also habe ich mich von ein paar Fans beraten lassen und zum Seelenbrecher gegriffen. Die Warteschlage bei der Signierstunde des Autors war unendlich lang – bis zu zwei Stunden Wartezeit waren angesagt.



Während des Wartens habe ich mich also ein bisschen mit den Fans unterhalten und in einem sind sie sich alle einig: Kein Thriller des Autors erfülle nicht die Erwartungen – somit war ich gespannt, wie sehr mich der Seelenbrecher fesseln würde. Der Einstieg in die Erzählung war etwas verwirrend und brutal zugleich, für einen Thriller aber durchwegs üblich. Es lässt sich bereits vermuten was der Seelenbrecher anstellen kann.



Die Rahmenerzählung des Thrillers handelt von einem Professor, der in einer alten Psychiatrie Studenten damit beauftragt eine Patientenakte zu lesen. Auf dem Umschlag der Akte steht in roten Lettern: Der Seelenbrecher. Seine Vorgehensweise ist brutal – mittels Hypnose schafft er es seine Patienten in eine Art „Todesschlaf“ zu versetzten in der der Betroffene zwar äußerlich nicht ansprechbar erscheint, doch innerlich vollkommen wach ist. Wenn man es nicht schafft den Patienten aus diesem Schlaf herauszuholen, stirbt er.



Die Akte, die die Studenten lesen, handelt in erster Linie von Caspar der sich in der Teufelsbergerklinik befindet, einer privaten psychiatrischen Anstalt. Er leidet an einer totalen Amnesie und hat keine Ahnung weshalb er dort gelandet ist. Eine aufmerksame Krankenschwester (Sophia) kümmert sich um ihn und scheint ihm etwas über seine Identität mitteilen zu wollen, doch will sie damit noch warten. Kurze Zeit später beginnt das Drama in der Klink – Der Seelenbrecher treibt sein Unwesen und hat nur ein Ziel, er will Sophia. Ein paar Menschen gruppieren sich auf der Flucht vor dem Seelenbrecher, können aus der Anstalt nicht fliehen, da sie eingeschlossen sind und erleben das schlimmste Weihnachten ihres Lebens.



Eine Besonderheit innerhalb des Thrillers sind die Rätsel. Bei jedem Opfer des Seelenbrechers ist ein kleiner Zettel mit einem Rätsel darauf zu finden (z.B. was wirft man weg wenn man es braucht und holt es zurück, wenn es nicht mehr benötigt wird?). Überhaupt der ganze Thriller baut auf einem Rätsel zu Beginn auf – soviel sei verraten. Am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten in die Erzählung hineinzukommen, doch das letzte Viertel war tatsächlich sehr spannend. Und Achtung, es wartet eine wirklich überraschende Wendung auf euch! Eine Besonderheit von Fitzek’s Büchern sind die darin enthaltenen Gimmicks. So ist ein Post-It beim Seelenbrecher auf Seite 346 zu finden.







Mein Fazit: Im gesamten nicht vom Hocker-hauend, doch charakterisiert den Seelenbrecher eine raffinierte Erzähltechnik.







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