Rezensionen

HEYNi Christine Klepitsch im Unruhestand

'Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt', sagte Jorge Luis Borges in einem Essay. Ich möchte das auf unsere Buchhandlung ausweiten: Die Beschäftigung mit Büchern und Menschen, die Bücher lieben, macht mir große Freude. Deshalb lese ich mich auch jetzt im 'Unruhestand' noch gerne durch viele Neuerscheinungen und schreibe Rezensionen für Sie.
Autor: Nadine Olonetzky

Kein Titel - 5 Sterne

Eine bemerkenswerte, autobiografische Erzählung. Mit den Fotoalben ihres jüdischen Vaters, der zwanghaft alles im Bild festhielt, rekonstruiert die Autorin ihre Kinheit in der Schweiz. Beinahe nebenher erzählt er der jugendlichen Tochter vom Schicksal seiner jüdischen Familie. "Als das alles vorbei war, machte er sich daran, seine Gegenwart in Bilder zu bannen und sich eine neue Geschichte und Heimat zu bauen." In deutschen Archiven wird sie fündig, es gibt eine Unzahl von Dokumenten die Familie des Vaters betreffend. Zweitausend Seiten, die nicht nur das grausame Verschwinden dieser Menschen in Konzentrationslagern nachzeichnen, sondern auch die beschämenden und vergeblichen Versuche der Überlebenden, eine Wiedergutmachung zu erlangen. Beeindruckend!
Autor: Terhi Kokkonen

Spannung, Macht und Manipulation - 5 Sterne

Irgendwo im verschneiten, idyllischen Lappland, ein geheimnisvoller Unfall, ein Luxushotel mitten im Nichts. Eine trügerische Idylle, wie man bald an der Spannung feststellt, die zwischen den beiden Protagonisten besteht. Aber es ist nicht nur die Geschichte einer dysfunktionalen Beziehung. Das Hotel hat merkwürdig unzuvorkommendes Personal, die junge Rezeptionistin ist genervt von den Gästen, die despotische Chefin lässt den depressiven Hotelarzt wöchentlich zum Sex antreten. Der Spannungsbogen dieses Romans ist brillant aufgebaut, die Bluttat geschieht auf der ersten Seite und doch möchte man unbedingt wissen, wie es dazu kam. Ein Pageturner von besonderer Qualität.
Autor: Margaret Atwood; Douglas Preston

Was für ein Projekt! - 5 Sterne

Margret Atwood ist auch als Herausgeberin ein Garant für großartige Literatur. Diese 36 Geschichten, geschrieben von verschiedenen Autor*innen, die erst am Schluss genannt werden, lesen sich nicht wie eine Anthologie, es ist eine stimmige Erzählung aus einer schwierigen Zeit. Die Ausnahmesituation der Pandemie wird hier zur Inspiration, die Bewohner des Hochhauses, bestehend aus den unterschiedlichsten Menschen, werden zu Erzähler*innen im Lockdown. Witziges, Merkwürdiges, Poetisches und Unheimliches wird nachts, am Dach des Hauses, in Geschichten gegossen. In den Erzählungen dieser unfreiwilligen Schicksalsgemeinschaft zeigt sich die Vielfalt menschlichen Daseins. Ein großartiges Lesevergnügen!
Autor: Johanna Hedman

Beeindruckendes Erstlingswerk - 5 Sterne

Ein ruhiger, langsamer Roman über drei junge Menschen in einer Welt voll zwischenmenschlicher Unsicherheit. Es geht um Freundschaft, Intimität und um die Abgründe zwischen Innenleben und Außendarstellung der Protagonisten. Jahre nachdem das Trio sich entfremdet hat taucht Francis, die Tochter von Thora und August, bei Hugo in New York auf. In Rückblicken entstehen zwei warme, strahlende Sommer in Schweden und eine romantische Dreiecksbeziehung, die nur von kurzer Dauer ist.
Es ist ein allgemeingültiger Roman über den Weg, den wir vielleicht nicht eingeschlagen haben, die Menschen, die wir hätten sein können, und die Beziehungen, die uns prägen und noch lange nach ihrem Ende verfolgen.
Autor: Schumacher, Katrin

Eine poetische, geheimnisvolle Liebesgeschichte - 5 Sterne

Eine Erzählung wie ein opulentes Gemälde. Wunderbar durchkomponiert, mit poetischer Sprache und geheimnisvoller Handlung, mit unzähligen Anspielungen aus der Weltliteratur, hat mich dieser Roman fasziniert. Mirren und Kato sind Künstlerinnen und ein Liebespaar wobei die geschlechtliche Identität von Mirren für mich unklar bleibt. Ihr gemeinsames Refugium, eine baufällige Hütte ist so fragil wie ihre Beziehung. Es rieselt aus den von ihnen weiß bemalten Wänden und doch wird diese "Bude" wie sie sie nennen, der Mittelpunkt ihrer Liebe und das Sinnbild der Angst vor Verlust und Vergängnis.
Autor: Joana Osman

Palästinensische Familiengeschichte - 5 Sterne

Beeindruckend, wie Joana Osman mit lakonischer Distanz die Fluchtgeschichte ihrer palästinensischen Familie erzählt.1948 zum Spielball der Weltpolitik geworden, flieht die Familie in den Libanon und später in die Türkei. Wurden Sie vertrieben oder haben sie Palästina freiwillig verlassen? "Fragen Sie meine Familie, so ist die Antwort eindeutig, aber sie wird meist nicht mit Worten gegeben, sondern mit Tränen" lässt die Autorin keinen Zweifel daran. Anhand der Tagebücher ihres Großvaters beginnt Osman eine Spurensuche im Nahen Osten und zeichnet die Schicksale ihrer Vorfahren literarisch nach. Eine intellektuelle, oft humorvolle palästinensische Stimme und ein autofiktionaler Roman, höchst empfehlenswert. Das Buch erschien kurz vor dem Überfall der Hamas auf Israel.
Autor: Kingsolver, Barbara; Gunsteren, Dirk van

Was für ein Roman! - 5 Sterne

Wie in Dickens' David Copperfield erzählt der anfangs kindliche Held rückblickend aus seinem Leben. Und das ist starker Tobak. Früh verwaist durchläuft er das Elend und die Brutalität diverser Pflegeeltern, die ihn hungern und schuften lassen. Das ländliche Virginia mit Tabakfeldern, Arbeitslosigkeit und Opioidkrise bildet den
Hintergrund dieser großartigen Erzählung. Dickens lässt David Copperfield zum Schriftsteller werden, Demon Copperhead (dessen richtiger Name Damon Fields ist) ist ein begabter Comic Zeichner. Allen Widrigkeiten zum Trotz bleibt er ein mitfühlender Mensch und entwickelt eine Resilienz, die ihn - so lässt der Schluss vermuten - in eine positive Zukunft führen wird. Ich habe diesen Roman verschlungen!
Autor: Hjorth, Vigdis

Ein Mutter-Tochter Roman der besonderen Art - 5 Sterne

Warum die achtzigjährige Mutter zur sechzigjährigen Tochter keinen Kontakt haben will, bleibt ein Geheimnis. Ein undurchsichtiges Familiendrama schwingt mit, wenn die Tochter obsessiv Kontaktaufnahme sucht. Vigdis Hjorts Roman thematisiert eine vergiftete Beziehung und obwohl es biografische Details gibt, muss man den Text doch als Fiktion lesen - so will es die Autorin. Die Verwendung authentischer Personen, Familienmitglieder, hat ihr viel Kritik eingebracht, nicht nur aus der eigenen Familie. Lesenswert!
Autor: Haruki Murakami

Was bin ich also? Das ist die große Frage. - 5 Sterne

Es beginnt mit einer zarten Liebesgeschichte und mündet in eine poetische, philosophische Erzählung voller geheimnisvoller, magischer und rätselhafter Wendungen. Die literarische Mischung aus Mystik, Fantasy und Wirklichkeit ist einzigartig und wird nicht nur Murakami Fans begeistern. Absolut empfehlenswert!

Autor: Murakami, Haruki

Was bin ich also? Das ist die große Frage. - 5 Sterne

Es beginnt mit einer zarten Liebesgeschichte und mündet in eine poetische, philosophische Erzählung voller geheimnisvoller, magischer und rätselhafter Wendungen. Die literarische Mischung aus Mystik, Fantasy und Wirklichkeit ist einzigartig und wird nicht nur Murakami Fans begeistern. Absolut empfehlenswert!